VwGH 90/03/0153

VwGH90/03/015319.12.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 25. April 1990, Zl. IIb2-V-7663/6-1990, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

Eichvorschriften für Achs- und Radlastmesser §9 Abs1 Z2;
Eichvorschriften für Achs- und Radlastmesser §9 Abs2 Z4;
Eichvorschriften für Achs- und Radlastmesser §9 Abs2 Z5;
KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §102 Abs1;
Eichvorschriften für Achs- und Radlastmesser §9 Abs1 Z2;
Eichvorschriften für Achs- und Radlastmesser §9 Abs2 Z4;
Eichvorschriften für Achs- und Radlastmesser §9 Abs2 Z5;
KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §102 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 27. Jänner 1989 um 10.35 Uhr den dem Kennzeichen nach bestimmten Lkw mit dem dem Kennzeichen nach bestimmten Anhänger an einer bestimmten Straßenstelle gelenkt, ohne sich in zumutbarer Weise vor Fahrtantritt davon überzeugt zu haben, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und der mit diesem zu ziehende Anhänger sowie deren Beladung den in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen, indem durch Überladung 1) das höchstzulässige Gesamtgewicht des Lkw's von 22.000 kg um 4.900 kg und 2) das höchstzulässige Gesamtgewicht des Anhängers von 16.000 kg um 2.500 kg überschritten worden seien. Er habe dadurch zu 1) und 2) Übertretungen nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG begangen. Gemäß § 134 KFG wurden über ihn Geldstrafen zu 1) in der Höhe von S 2.400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) und zu 2) in der Höhe von S 1.300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage und vier Stunden) verhängt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 102 Abs. 1 KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern ist nach § 101 Abs. 1 KFG - unbeschadet der im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Bestimmungen der Abs. 2 und 5 - nur zulässig, wenn a) das höchste zulässige Gesamtgewicht ... des Fahrzeuges durch die Beladung nicht überschritten wird.

Nach § 2 Z. 33 KFG ist höchstes zulässiges Gesamtgewicht das höchste Gesamtgewicht, das ein bestimmtes Fahrzeug erreichen darf.

Zufolge dieser Regelungen ist jedes Überschreiten des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes strafbar, und zwar ohne Rücksicht auf das Ausmaß der Überschreitung.

Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer in seiner Berufung keine bestimmten Tatsachen behauptet, denenzufolge die belangte Behörde keine Überschreitung des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes, d. h. eine Überschreitung weder in Ansehung des Lkw's noch in Ansehung des Anhängers, feststellen hätte dürfen. Vielmehr beschränkte sich der Beschwerdeführer in seiner Berufung auf die Verfahrensrüge, es sei nicht überprüft worden, ob die Abwaage auf einer ebenen Fläche erfolgt sei, und es sei ferner nicht überprüft worden, ob Lkw und Anhänger getrennt gewogen worden seien. In der Stellungnahme vom 29. Juni 1989 stellte der Beschwerdeführer die durch keine sachliche Substantiierung und durch kein entsprechendes Beweisanbot untermauerte Behauptung auf, die Abwaage sei in steigendem Gelände erfolgt, sodaß die Waage schief auf dem Boden gelegen sei. Ferner bemängelte der Beschwerdeführer neuerlich, es sei nicht festgestellt worden, ob Lkw und Anhänger beim Wiegevorgang abgekuppelt gewesen seien. Schließlich rügte der Beschwerdeführer das Fehlen einer Feststellung darüber, ob die Achslasten einzeln oder gemeinsam abgewogen worden seien.

An Beweisaufnahmen wurden im Auftrag der belangten Behörde am 18. September 1989 eine Einvernahme des Meldungslegers als Zeugen und weiters am 10. Jänner 1990 eine Einvernahme des laut Anzeige der Abwaage vom 27. Jänner 1989 beigezogenen Organs der Prüfhalle der belangten Behörde, und zwar ebenfalls als Zeuge, durchgeführt.

Der Meldungsleger bekundete, daß der Verwiegeort ebenes Gelände gewesen und mit einer Asphaltdecke versehen gewesen sei. Das Organ der Prüfhalle bekundete, daß der Ort der Verwiegung eine Längs- und Querneigung von maximal 3 % habe und eine Asphaltdecke aufweise. Ferner bekundeten beide Zeugen, daß Lkw und Anhänger getrennt verwogen worden seien. Das Organ der Prüfhalle führte hiezu weiters aus, daß die Fahrzeuge nicht voneinander abgekuppelt gewesen seien, daß die Deichsel aber frei auf und ab beweglich gewesen sei, wodurch Vertikalkräfte ausgeschlossen gewesen seien. Schließlich schilderten beide Zeugen den Wiegevorgang einerseits durch Verwendung von sechs Wiegeplatten für die drei Achsen des Lkw's und andererseits unter Verwendung von vier Wiegeplatten für die beiden Achsen des Anhängers.

§ 9 Abs. 1 Z. 2 der Verordnung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 18. November 1977, mit der die Eichvorschriften für Achs- und Radlastmesser, die zum behördlichen Gebrauch im Verkehrswesen bestimmt sind, erlassen werden - die in der Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 6. September 1988, von der der Beschwerdeführer seiner vorliegenden Beschwerde eine Abschrift beigefügt hat, herangezogen wird -, sieht vor, daß Achs- und Radlastmesser bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen nur an Stellen angewendet werden dürfen, wo die Straßenoberfläche augenscheinlich eben und frei von Fremdkörpern ist und weder in der Fahrtrichtung noch quer zu dieser eine größere Neigung als 4 % aufweist.

Auf dem Boden der vorstehend angeführten Zeugenaussagen durfte die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrundelegen, daß der Wiegeplatz im Hinblick auf seine Beschaffenheit als ebene Fläche mit einer höchstens im Toleranzbereich gelegenen Neigung für die Durchführung der Abwaage vom 27. Jänner 1989 geeignet war.

Nach § 9 Abs. 2 Z. 4 der zitierten Eichvorschriften darf bei der Bestimmung von Achslasten von Kraftwagenzügen die Anhängerdeichsel des Anhängewagens keine nennenswerten Kräfte in der Anhängevorrichtung übertragen. Nötigenfalls ist die Anhängevorrichtung zu lösen. Um aus Achslastmessungen die Masse (das Gesamtgewicht) eines Fahrzeuges zu bestimmen, muß nach § 9 Abs. 2 Z. 5 der zitierten Eichvorschrift eine gleichzeitige Messung aller Achslasten mit der entsprechenden Anzahl von Achs- und Radlastmessern erfolgen, deren Anzeigen zu addieren sind.

Der Wiegevorgang wurde im angefochtenen Bescheid entsprechend den Ergebnissen der Zeugenaussagen vom 18. September 1989 und vom 10. Jänner 1990 dargestellt. Das Organ der Prüfhalle der belangten Behörde kam in seiner Zeugenaussage vom 10. Jänner 1990 im gegebenen Zusammenhang auch ausdrücklich auf das gegenseitige Verhältnis von Lkw und Anhänger beim jeweiligen Abwiegen zu sprechen und bekundete, daß die Deichsel frei auf und ab beweglich gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof vermag - insbesondere auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen, in welchem zur Veranschaulichung ausgeführt wird, daß der Lkw niedriger stehe, wenn der Anhänger gewogen werde, und daß der Anhänger niedriger stehe, wenn der Lkw gewogen werde, und unter Bedachtnahme aber auch darauf, daß das jeweils niedriger stehende Fahrzeug beim Wiegen nicht auf den Wiegeplatten gestanden war - nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde - unbeschadet der freien, das heißt für eine Gewichtsübertragung nicht geeigneten Beweglichkeit der Anhängerdeichsel - in Rechnung hätte stellen müssen, daß das Ergebnis der Abwaage des Lkw's durch den Anhänger und dessen Gewicht bzw. umgekehrt das Ergebnis der Abwaage des Anhängers durch den Lkw und dessen Gewicht beeinflußt und solcherart gegenüber dem tatsächlichen Gewicht einerseits des Lkw's und andererseits des Anhängers zu hoch ausgefallen wäre. Ein Beweisthema, das durch die Einholung eines "Sachbefundes aus dem Gebiet Eich- und Vermessungswesen" zu klären gewesen wäre, lag im gegebenen Zusammenhang nicht vor. In Hinsicht auf die Eichvorschriften ist festzuhalten, daß nach dem vorstehend zitierten § 9 Abs. 2 Z. 4 die Anhängerdeichsel "nötigenfalls" zu lösen ist und daß angesichts der vorstehend dargelegten Ergebnisse des Beweisverfahrens keine Notwendigkeit für ein vollständiges Abkoppeln bestanden hatte.

Dem Beschwerdevorbringen ist weiters entgegenzuhalten, daß das Organ der Prüfhalle der belangten Behörde zufolge der gegen den Beschwerdeführer erstatteten Anzeige betreffend den Vorfall vom 27. Jänner 1989 beim Wiegevorgang anwesend war und in der Niederschrift über seine Einvernahme am 10. Jänner 1990 ausdrücklich als Zeuge bezeichnet wurde. Darin, daß der Zeuge seine Zeugenaussage dadurch ergänzte, daß er der Behörde am Ende seiner Zeugeneinvernahme eine Kopie seines "Befundes bzw. Gutachtens vom 27. 12. 1989" zur Verfügung stellte, ergab sich keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren erging das Straferkenntnis der Erstbehörde vom 16. April 1989. Durch die Berufung des Beschwerdeführers vom 2. Mai 1989 wurde das Berufungsverfahren anhängig, welches durch den angefochtenen Bescheid (zur "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Ansehung der Gliederung des Tatverhaltens in zwei Übertretungen nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG siehe das den Beschwerdeführer auch des vorliegenden Beschwerdeverfahrens betreffende hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1990, Zl. 89/03/0222) abgeschlossen wurde. Es liegt entgegen dem Beschwerdevorbringen keine Verkürzung des Instanzenzuges vor. Die Frage, ob während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens Aufforderungen zur Rechtfertigung als Beschuldigter durch die belangte Behörde oder durch die Erstbehörde ergingen, ist im gegebenen Zusammenhang ohne rechtliche Relevanz.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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