VwGH 90/03/0020

VwGH90/03/002019.9.1990

N gegen Tiroler Landesregierung vom 9. November 1989, Zl. IIb2-V-7699/6-1989, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Normen

StVO 1960 §20 Abs2;
VStG §44a lita;
StVO 1960 §20 Abs2;
VStG §44a lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 27. April 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 8. November 1988 um 17.20 Uhr als Lenker des dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws auf der bezeichneten Autobahn in einem bestimmten Gemeindegebiet zwischen dem Autobahnknoten ....

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Ferner wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer an Barauslagen für die Justierung des Tachometers des Dienstfahrzeuges S 300,-- zu bezahlen habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt (§ 43 Abs. 1) oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt (§ 43 Abs. 4), darf der Lenker eines Fahrzeuges gemäß § 20 Abs. 2 StVO im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 Km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 Km/h fahren.

§ 44a lit. a VStG 1950 bestimmt, daß der "Spruch" (§ 44 Abs. 1 Z. 6 leg. cit.), wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Das heißt, daß die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht wofür der Täter bestraft worden ist. Der zitierten Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Indentifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a lit. a VStG genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (siehe das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11894/A).

Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, als Tatort hätte ein "100 %ig individualisierbarer Punkt" auf der Autobahn bezeichnet werden müssen. Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens (siehe die Zeugenaussagen vom 28. Juni und vom 6. Juli 1989) wurde die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf einer nicht ganz 3 km langen Strecke begangen. Es war nicht rechtswidrig, wenn im Spruch des Straferkenntnisses die betreffende Strecke als Tatort bezeichnet wurde.

Entsprechend den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist

aus dem Spruch des Straferkenntnisses ferner ersichtlich, daß

der Beschwerdeführer die für den West-Ost-Verkehr durchlaufende

Strecke der Autobahn befuhr. Auch unter Bedachtnahme auf das

Beschwerdevorbringen ist hingegen nicht ersichtlich, daß im

Sinne des vorstehend zitierten hg. Erkenntnisses eines

verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11894/A,

Rechtsschutzinteressen des Beschwerdeführers dadurch verletzt

worden wären, daß als Beginn der Tatortstrecke der

Autobahnknoten .... - West und als Ende der Tatortstrecke der

Autobahnknoten .... - Ost bezeichnet wurde. Einer Angabe der

Autobahnkilometer bedurfte es nicht, zumal der vorliegende

Schuldspruch eine gesonderte Bestrafung einer allfälligen in

Tateinheit begangenen Überschreitung der zulässigen

Höchstgeschwindigkeit schon vor dem Autobahnknoten .... - West

bzw. einer allfälligen nach dem Autobahnknoten .... - Ost in

Tateinheit fortdauernden Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ausschließen würde. Ferner vermag der Beschwerdeführer insbesondere auch mit den in der Beschwerde enthaltenen abstrakten Überlegungen zum Begriff eines Autobahnknotens keine Verletzung seiner Rechtsschutzinteressen darzutun. Im gegebenen Zusammenhang bedurfte es somit auch nicht der Durchführung eines Ortsaugenscheins.

Insofern der Beschwerdeführer unterstellt, es hätte die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit genau ermittelt werden müssen, geht er am Tatbild einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO vorbei, demzufolge jede Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in welchem Ausmaß auch immer strafbar ist. Es ist nicht ersichtlich, daß die als Zeugen einvernommenen Beamten durch Nachfahren in einem gleichbleibenden Abstand von ca. 100 m über eine längere Strecke (nach der Zeugenaussage vom 28. Juni 1989 nicht ganz drei Kilometer) entsprechende Wahrnehmungen über ein Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um ca. 40 km/h nicht hätten machen können.

Im Hinblick darauf, daß nach dem Tatbild des § 20 Abs. 2 StVO die vom Beschwerdeführer eingehaltene Geschwindigkeit nicht zu messen war, bedurfte es keines geeichten Tachometers, um, wie hier bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um ca. 40 km/h, zu den für die Anwendung der Bestimmung des § 20 Abs. 2 StVO erforderlichen Feststellungen zu gelangen. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1980, Zl. 2851/78 geht fehl, weil dieses Erkenntnis ein im Wege der Schätzung während der Vorbeifahrt gewonnenes Urteil über die von einem Lenker eingehaltene Geschwindigkeit betrifft, eine Vorgangsweise, die im vorliegenden Fall nicht vorliegt. Was der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1977, Slg. Nr. 8128, gewinnen will (Rechtssatz in diesem Erkenntnis dahingehend, daß - ungeachtet des Umstandes, daß gemäß § 13 Abs. 2 Z. 2 EichG von den Organen der Straßenaufsicht benützte Meßgeräte zur Bestimmung der Geschwindigkeit/etwa Radargeräte/geeicht sein müssen - eine Schätzung der Geschwindigkeit ohne Zuhilfenahme von Meßgeräten nach wie vor zulässig sei), ist nicht ersichtlich.

Die Zeugen nahmen nach ihren Zeugenaussagen von der vom Tachometer abgelesenen Geschwindigkeit von 180 Km/h einen Abzug von 10 Km/h vor. Dem Beschwerdevorbringen über die Abweichungen des Tachometers von der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit ist entgegenzuhalten, daß selbst bei einem noch wesentlich größeren Abzug von der belangten Behörde die dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO unterstellte Tatsache einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit festgestellt hätte werden dürfen. Vom Beschwerdeführer wurde insbesondere im Zusammenhang mit dem in den Stellungnahmen vom 3. August und vom 21. September 1989 gestellten Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines technischen Sachverständigen nichts vorgebracht, demzufolge die belangte Behörde auf dem Boden der Zeugenaussagen diese maßgebende Tatsache nicht als erwiesen annehmen hätte dürfen. Es war daher auch die Einholung eines Gutachtens im Sinne des Beweisantrages vom 3. August und vom 21. September 1989 entbehrlich.

Sind im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), so ist im Grunde des § 65 Abs. 3 VStG 1950 dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht worden sind.

Im vorliegenden Fall veranlaßte die belangte Behörde im Zuge der von ihr vorgenommenen Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eine Erhebung der tatsächlichen Fahrgeschwindigkeit des Dienstfahrzeuges bei einer Tachoanzeige von 180 Km/h. Hiefür wurden von der beigezogenen Fachwerkstätte S 300,-- in Rechnung gestellt. Der Beschwerdeführer trägt nicht etwa vor, daß die gegenständliche Erhebung in dem gegen ihn durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren keinen notwendigen Ermittlungsschritt dargestellt hätte, daß diese Erhebung amtsintern durchgeführt hätte werden können oder daß der in Rechnung gestellte Betrag überhöht gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Hinblick auf die Aktenlage nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde vom Vorliegen eines solchen Umstandes ausgehen hätten müssen. Die belangte Behörde durfte im gegebenen Zusammenhang somit den Tatbestand des § 65 Abs. 3 VStG 1950, daß im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen, und zwar in der Höhe von S 300,--, erwachsen sind, als erfüllt betrachten. In dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstand, daß hinsichtlich des Tachometers des Dienstfahrzeuges nicht von vornherein für die Ermittlungszwecke des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens geeignete Unterlagen vorhanden waren, hatte die belangte Behörde kein "Verschulden einer anderen Person" im Sinne des § 64 Abs. 3 VStG 1950 zu erblicken.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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