VwGH 90/02/0126

VwGH90/02/012628.11.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 6. Juni 1990, Zl. MA 70-11/1013/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5 idF 1983/174;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5 idF 1983/174;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei am 20. Oktober 1988, um 19.26 Uhr, an einer näher bezeichneten Kreuzung in Wien als Lenker "des Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen W ...... (Anhänger)" an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen und habe es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle von diesem Unfall zu verständigen. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hält der oben wiedergegebenen Spruchfassung entgegen, er sei nicht Lenker eines Anhängers, sondern eines Lkws mit einem anderen Kennzeichen gewesen, der den im Spruch genannten Anhänger gezogen habe.

Dem vom Beschwerdeführer bemängelten Spruch kann unschwer entnommen werden, daß es sich um einen Lkw-Zug, bestehend aus Lkw und Anhänger handelte, wobei von der belangten Behörde nur das Kennzeichen des Anhängers angegeben wurde. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die dem Beschwerdeführer angelastete Tat durch die Unterlassung der Anführung des Kennzeichens auch des Zugfahrzeuges nicht - im Sinne des § 44 a lit. a VStG - ausreichend umschrieben wäre; die Gefahr einer Doppelbestrafung oder einer Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers besteht nicht (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. 11894/A).

Der Beschwerdeführer meint weiters, beim Gutachten des technischen Amtssachverständigen (der Magistratsabteilung 46) handle es sich um eine "unbeachtliche und unerhebliche Willenserklärung des Organes einer am Vorfall nicht beteiligten Verwaltungsbehörde".

Hiezu ist zunächst auf die auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 52 Abs. 1 AVG hinzuweisen, wonach die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständigen) beizuziehen sind, wenn die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird. Daß im Beschwerdefall mit Rücksicht auf dessen Besonderheit andere Personen als Sachverständige heranzuziehen gewesen wären (§ 52 Abs. 2 AVG), hat der Beschwerdeführer nicht begründen können. Entgegen seiner erkennbaren Auffassung ist es ohne jede Bedeutung, daß im Gutachten einleitend "Stellung genommen" wird; im übrigen sind die Ausführungen des Amtssachverständigen ohnehin mit "Gutachten" überschrieben.

Der Beschwerdeführer bemängelt auch, das Gutachten berücksichtige seine Verantwortung nicht. Hiezu ist zu bemerken, daß die Behörde im Berufungsverfahren vor Befassung des Amtssachverständigen sowohl die Zeugen als auch den Beschwerdeführer geladen hat, um ihnen (unter Verwendung von Plankopien) Gelegenheit zur präzisen Schilderung des Unfallsherganges zu geben. Der Beschwerdeführer hat aber zwei Ladungen, in denen er zum persönlichen Erscheinen aufgefordert wurde, unentschuldigt keine Folge geleistet. Auch von der Möglichkeit, zum sodann eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen, hat er keinen Gebrauch gemacht. Abzulehnen ist aber die Verfahrensrüge einer Partei, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verwaltungsverfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz der gebotenen Gelegenheit nicht ausreichend mitgewirkt hat (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 616).

Einen Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer auch darin, daß die belangte Behörde seinen Beweisanträgen auf fotogrammetrische Auswertung der Tachografenscheibe und auf Erstellung eines Zeit-Weg-Diagrammes nicht gefolgt ist; erst nach Erledigung dieser Beweisanträge könne zur Klärung der Frage geschritten werden, ob es für ihn feststellbar gewesen sei, daß sein Fahrverhalten Ursache für die Beschädigung einer fremden Sache war.

Die Meldepflicht des Beschwerdeführers gemäß § 4 Abs. 5 StVO hat zur Voraussetzung, daß es zu einem Verkehrsunfall

Daß die soeben angeführten Voraussetzungen der Meldepflicht gemäß § 4 Abs. 5 StVO für den Beschwerdeführer gegeben waren, ergibt sich - ganz abgesehen von den für ihn noch ungünstigeren Zeugenaussagen - schon aus seiner eigenen, in seiner Berufung zusammengefaßten Darstellung. Danach habe er sein Linksabbiegemanöver unterbrochen, wobei sein Lkw ca. 1 Meter in die Gegenfahrbahn geragt sei; als der entgegenkommende Pkw ins Schleudern geraten und gegen ein neben der Fahrbahn befindliches Hindernis gestoßen sei, habe er seinen Lkw bereits angehalten gehabt.

Angesichts dieser Unfallsschilderung kann es keinem Zweifel unterliegen, daß dem Beschwerdeführer ein Zusammenhang zwischen seinem Abbiegemanöver und dem Unfall des entgegenkommenden Lenkers sehr wohl bewußt war. Der Beschwerdeführer war lediglich - wie seine Aussage vom 15. November 1988 deutlich macht - der Meinung, ihn treffe am Unfall kein Verschulden: Der von ihm gelenkte Lkw habe nur in den zweiten, nicht aber in den ersten Fahrstreifen der Gegenfahrbahn hineingeragt; der entgegenkommende Pkw sei abgebremst worden, obwohl er am Lkw mühelos hätte vorbeifahren können. Die Verschuldensfrage ist für das Vorliegen eines "ursächlichen Zusammenhanges" im Sinne des § 4 Abs. 1 und 5 StVO aber ohne Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1986, Zl. 86/18/0162).

Unter diesen Umständen kann in der Nichtaufnahme der beantragten Beweise ein wesentlicher Verfahrensmangel nicht erblickt werden. Aus einer sich angeblich aus der Tachografenscheibe ergebenden Stillstandzeit des Lkws von mindestens 8 Sekunden wäre für den Beschwerdeführer im übrigen noch nichts gewonnen, da eine solche Zeitspanne auch vor dem Beginn seines Linksabbiegemanövers gelegen sein konnte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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