VwGH 90/02/0086

VwGH90/02/008629.8.1990

N gegen Landeshauptmann von Oberösterreich vom 12. März 1990, Zl. VerkR-12.830/1-1990-II/Bi, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs5 litc;
KFG 1967 §134;
KFG 1967 §49 Abs6;
VStG §19 idF 1978/117;
VStG §21;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs5 litc;
KFG 1967 §134;
KFG 1967 §49 Abs6;
VStG §19 idF 1978/117;
VStG §21;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 49 Abs. 6 KFG 1967 für schuldig befunden und hiefür bestraft wurde, einschließlich der damit verbundenen Vorschreibung von Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. März 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 12. Juni 1988 gegen 15.10 Uhr einen dem Probefahrtkennzeichen nach bestimmten Pkw an einem näher beschriebenen Ort gelenkt, wobei bei der Anhaltung festgestellt worden sei, daß 1) hinten am Kraftfahrzeug keine Kennzeichentafel angebracht gewesen sei und 2) der Beschwerdeführer den Probefahrtschein nicht mitgeführt habe. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen und zwar zu 1) nach § 49 Abs. 6 KFG und zu 2) nach § 102 Abs. 5 lit. c leg. cit. begangen. Es wurden Geldstrafen und zwar zu 1) S 400,-- (Ersatzarrest 24 Stunden) und zu 2) S 300,-- (Ersatzarrest 12 Stunden) verhängt. Weiters wurden Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

ZUR ÜBERTRETUNG NACH § 49 Abs. 6 KFG:

Die belangte Behörde stützte sich in Hinsicht auf den von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhalt, nämlich daß am Kraftfahrzeug hinten keine Kennzeichentafel angebracht gewesen sei, auf die diesbezügliche Zeugenaussage des einschreitenden Polizeibeamten, welcher angegeben hatte, bei der Überprüfung des Fahrzeuges habe weder an der Rückseite noch hinter der Heckscheibe ein Kennzeichen vorgefunden werden können. Der Angabe des Beschwerdeführers und der Zeugin M, das Kennzeichen sei "im Heckfenster" angebracht gewesen, versagte die belangte Behörde hingegen den Glauben. Dies vermag der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Kontrollbefugnis hinsichtlich der Beweiswürdigung der Behörde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als rechtswidrig zu erkennen. Zu Recht verweist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf, daß die Aussagen der erwähnten Zeugin widersprüchlich sind, da sie zunächst angegeben hatte, der Beschwerdeführer habe vermutlich übersehen, das auf der sogenannten Hutablage liegende Kennzeichen außen anzubringen, und die Zeugin diese Angabe in der Folge dahingehend "berichtigte", daß die rückwärtige Kennzeichentafel nicht dort gelegen, sondern mit den "fix angebrachten Gummizügen befestigt" gewesen sei.

Ausgehend von dem von der belangten Behörde in einem mängelfreien Verfahren festgestellten Sachverhalt erübrigt es sich daher, auf jenes Beschwerdevorbringen einzugehen, welches einen anderen Sachverhalt zum Gegenstand hat.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war es auch nicht rechtswidrig, ihn in seiner Eigenschaft als Lenker zur Verantwortung zu ziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0010). Allfällige diesbezügliche Mängel der Begründung des angefochtenen Bescheides können nicht wesentlich sein.

Der Beschwerde ist in Hinsicht auf die hier in Rede stehende Verwaltungsübertretung dennoch Erfolg beschieden: Die belangte Behörde hat (unter Aufrechterhaltung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides) in Ansehung der fehlenden Kennzeichentafel als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 ausschließlich den § 49 Abs. 6 KFG angeführt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 1985, Zl. 85/02/0014 und das obzitierte hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0010) handelt es sich bei der Bestimmung des § 49 Abs. 6 KFG um keine Strafnorm, die Regelung enthält keine Aussage darüber, wer es zu verantworten hat, wenn die Kennzeichentafeln nicht dem Gesetz entsprechend am Fahrzeug angebracht sind; vielmehr hätte es in Hinsicht auf die Bestrafung des Fahrzeuglenkers der zusätzlichen Anführung des § 102 Abs. 1 KFG bedurft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 1979, Zl. 1208/77).

Der aufgezeigte Verstoß gegen § 44a lit. b VStG 1950 belastet den angefochtenen Bescheid in Hinsicht auf Punkt 1) mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, sodaß er in diesem Umfang samt der bezüglichen Vorschreibung von Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

ZUR ÜBERTRETUNG NACH § 102 Abs. 5 lit. c KFG:

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof auch hier im Rahmen der oben aufgezeigten Kontrollbefugnis die Beweiswürdigung nicht als rechtswidrig zu erkennen. Der Polizeibeamte hatte insoweit als Zeuge ausgeführt, er habe dem Beschwerdeführer u.a. nach dem "Probefahrschein" befragt, den der Beschwerdeführer nicht hätte vorweisen können. Gegenüber dieser eindeutigen Aussage hatte die Zeugin M lediglich angeführt, ob der Polizeibeamte auch nach einer "Bescheinigung für die Probefahrt" konkret gefragt habe, könne sie nicht sagen; sie wisse nur mehr, daß der Polizist nach den "Papieren" gefragt habe. Da die belangte Behörde sohin zu Recht davon ausgehen konnte, daß der Beschwerdeführer den Probefahrtschein nicht mitgeführt hat, war es entbehrlich, auf das von einem anderen Sachverhalt ausgehende Beschwerdevorbringen einzugehen. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.

Soweit der Beschwerdeführer die Strafbemessung rügt, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde nicht verpflichtet war, von der Möglichkeit des § 21 Abs. 1 VStG 1950 Gebrauch zu machen. Eine Anwendung dieser Bestimmung kommt nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 12. September 1986, Zl. 86/18/0059) nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist; davon kann aber nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Daß dies im vorliegenden Fall zutrifft, vermag der Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht zu erkennen. Im übrigen ist auch nicht zu ersehen, daß die belangte Behörde bei Verhängung der im Hinblick auf die Strafdrohung des § 134 Abs. 1 KFG durchaus als mild zu wertenden Strafe den Ermessensspielraum überschritten hätte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin bezüglich der zu Punkt 2) angeführten Verwaltungsübertretung als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr.206/1989. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Umsatzsteuer war abzuweisen, da ein solcher neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht gebührt.

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