VwGH 90/02/0082

VwGH90/02/008231.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. März 1990, Zl. MA 70-9/782/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §46;
StVO 1960 §20 Abs2 idF 1975/402;
VStG §44a lita;
AVG §46;
StVO 1960 §20 Abs2 idF 1975/402;
VStG §44a lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 für schuldig erkannt, weil er am 11. März 1989 um 14 Uhr 49 in Wien 9, Spittelauer Lände 15-21 ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kfz gelenkt und die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten habe. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde nahm die Begehung der Tat durch den Beschwerdeführer als erwiesen an, weil der Meldungsleger, ein Sicherheitswachebeamter der Bundespolizeidirektion Wien, als Zeuge ausgesagt hat, er habe die Fahrgeschwindigkeit des Beschwerdeführers auf Grund seiner Straßendiensterfahrung geschätzt, was ihm von seinem Standort aus möglich gewesen sei.

Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerde der Sache nach damit, daß diese Zeugenaussage nicht ausreiche, den angefochtenen Bescheid zu tragen. Sie enthalte weder einen konkreten Tatvorwurf noch eine Stellungnahme zu seinem Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren; sie gebe nicht einmal den Inhalt der Anzeige wieder.

Der Beschwerdeführer ist damit insoweit im Recht, als die Aussage ohne Kenntnis des übrigen Akteninhaltes, insbesondere der Anzeige, nicht verständlich ist. Seiner Beschwerde kann trotzdem kein Erfolg beschieden sein. Abgesehen davon, daß auch die Anzeige ein Beweismittel im Verwaltungsstrafverfahren darstellt, hat sich der Meldungsleger in seiner Zeugenaussage erkennbar auf den Inhalt der Anzeige bezogen. Darin hatte er ausgeführt, daß der Beschwerdeführer auf dem dritten Fahrstreifen die auf dem ersten und zweiten Fahrstreifen mit mindestens 50 km/h fahrenden Fahrzeuge mit deutlichem Geschwindigkeitsunterschied (mindestens 30 km/h) überholt habe. Die Fahrgeschwindigkeit sei von ihm während der Vorbeifahrt des vom Beschwerdeführer gelenkten Pkw's auf einer eingesehenen Wegstrecke von ungefähr 200 m auf Grund seiner Straßendiensterfahrung geschätzt worden. Den Standort hatte der Meldungsleger damals mit der Bezeichnung eines Gebäudes durch Ordnungszahlen angegeben. Eines förmlichen - vom Beschwerdeführer vermißten - "Tatvorwurfes" in der Zeugenaussage bedurfte es nicht.

Angesichts dieser Umstände konnte die belangte Behörde in unbedenklicher Weise als erwiesen annehmen, daß der Beschwerdeführer die in Rede stehende Verwaltungsübertretung begangen habe. Die eingesehene Fahrtstrecke ist bei weitem lang genug, um die Geschwindigkeit eines vorbeifahrenden Fahrzeuges verläßlich schätzen zu können. Der Meldungsleger ist als Sicherheitswachebeamter auch für solche Schätzungen ausgebildet worden.

Der Beschwerdeführer hat es demgegenüber unterlassen, konkret darzutun, wieso vom Standort des Meldungslegers aus eine verläßliche Schätzung nicht möglich gewesen sein sollte. In seiner während des Berufungsverfahrens - nach Einvernahme des Meldungslegers - abgegebenen Stellungnahme, auf die er in der Beschwerde Bezug nimmt, hat er zwar "zahlreiche Behauptungen aufgestellt", aber kein konkretes Vorbringen erstattet, aus welchen Gründen die belangte Behörde Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Meldungslegers hätte haben müssen. Die nicht näher begründeten Zweifel an der Straßendiensterfahrung des Meldungslegers sind aber schon im Hinblick auf die bereits genannte Ausbildung unbegründet. Da die Schätzung im Vorbeifahren erfolgte, war auch die Angabe von Fixpunkten entbehrlich. Im Hinblick darauf, daß das genaue Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung kein Tatbestandselement einer Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 darstellt, ist es ohne Bedeutung, daß der Meldungsleger die Geschwindigkeiten des vom Beschwerdeführer gelenkten und der von ihm überholten Fahrzeuge mit Ungefährwerten angegeben hat; selbst die präzise Nennung einer Geschwindigkeit wäre auf Grund der Schätzungsungenauigkeit nur als "Circa-Angabe" zu werten gewesen. Die Stellungnahme enthielt nichts, was die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, den Meldungsleger in einer ergänzenden Einvernahme mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu konfrontieren.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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