VwGH 90/01/0054

VwGH90/01/005419.9.1990

A gegen die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, gelegen in einer vorläufigen Beschlagnahme.

Normen

SpielapparateG Bgld 1984 §9 Abs3;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs2;
SpielapparateG Bgld 1984 §9 Abs3;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs2;

 

Spruch:

Es wird festgestellt, daß die am 20. Februar 1990 um 11.00 Uhr in Neusiedl am See erfolgte vorläufige Beschlagnahme von sieben Spielapparaten sowie die Wegschaffung dieser Apparate aus den gemieteten Räumen rechtswidrig war.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Aus den Schriftsätzen der Streitteile des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und den vorgelegten Akten ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die belangte Behörde beauftragte am 1. Februar 1990 den Gendarmerieposten Neusiedl am See, Kontrollen nach dem burgenländischen Spielapparategesetz durchzuführen. Am 19. Februar 1990 führten zwei Beamte des vorgenannten Gendarmeriepostens eine solche Kontrolle in den vom beschwerdeführenden Verein angemieteten Räumen in Neusiedl am See durch. In diesen Räumen trafen sie eine der deutschen Sprache nicht mächtige ungarische Staatsangehörige an, die vom Obmann des beschwerdeführenden Vereines zur Überwachung angestellt war. Sieben Spielapparate waren in diesen Räumen aufgestellt; drei Jugendliche spielten an diesen Apparaten. Eine Bewilligung für die Aufstellung und den Betrieb dieser Spielapparate liegt nicht vor.

Am 20. Februar 1990 um 11.00 Uhr wurden die Spielautomaten von zwei Organen des vorgenannten Gendarmeriepostens gemäß § 39 VStG 1950 vorläufig beschlagnahmt und mit einem Lkw zur Bezirkshauptmannschaft gebracht.

Gegen diese der belangten Behörde zuzurechnende Ausübung unmittelbarer behördliche Befehls- und Zwangsgewalt erhob die Beschwerdeführerin die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, nicht rechtswidrigerweise in ihrer Verfügungsmöglichkeit über in ihrem Besitze befindliche Spielapparate durch vorläufige Beschlagnahme und Wegschaffung dieser Apparate beeinträchtigt zu werden, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 39 Abs. 1 VStG 1950 kann, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, die Behörde zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen können bei Gefahr in Verzug auch die Organe der öffentlichen Aufsicht aus eigener Macht solche Gegenstände vorläufig in Beschlag nehmen. Sie haben darüber dem Betroffenen sofort die Bescheinigung auszustellen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.

Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 7. November 1983, über die Aufstellung und den Betrieb von Spielapparaten (Spielapparategesetz, LGBl. für das Burgenland Nr. 8/1984) regelt dieses Gesetz die Aufstellung und den Betrieb von Spielapparaten. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind im Sinne dieses Gesetzes Spielapparate Vorrichtungen, die zur Durchführung von Spielen bestimmt sind und gegen Entgelt betrieben werden. Gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. dürfen Spielapparate nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde aufgestellt oder betrieben werden. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen darf eine Bewilligung nur natürlichen Personen erteilt werden. Gemäß § 9 Abs. 3 leg. cit. können Spielapparate, die gegen dieses Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung oder einen Bescheid aufgestellt oder betrieben werden, unabhängig von einer Bestrafung gemäß Abs. 2 einschließlich des darin enthaltenen Geldes für verfallen erklärt werden.

Da ein behördlicher Bescheid, der eine Beschlagnahme der sieben Spielapparate angeordnet hätte, jedenfalls bis zur Einbringung der Beschwerde (3. April 1990) nicht vorgelegen ist, ist davon auszugehen, daß eine Beschlagnahme gemäß § 39 Abs. 2 VStG 1950 vorgenommen worden ist.

Die Beschwerdeführerin vertritt zunächst die Ansicht, daß auf den Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet und dessen Zweck es ist, seinen Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, ihre Freizeit durch Spiele an Sport-, Spiel- und Geschicklichkeitsapparaten bzw. an solchen Geräten zu gestalten, das bgld. Spielapparategesetz nicht anwendbar sei, weil sonst der Vereinszweck nicht erfüllt werden könnte. Das zuletzt genannte Gesetz würde dadurch in die verfassungsrechtlich gewährte Vereinsfreiheit und -tätigkeit eingreifen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß auch ein Verein im Rahmen seiner Vereinstätigkeit der österreichischen Rechtsordnung unterworfen ist und nicht außerhalb oder über derselben steht. Der beschwerdeführende Verein hat daher seine Vereinstätigkeit auch unter Berücksichtigung des vorgenannten Gesetzes zu gestalten.

Die Beschwerdeführerin ist weiters der Ansicht, die sieben Spielapparate könnten nicht als verfallen erklärt werden. Dem ist entgegenzuhalten, daß im Zeitpunkt einer vorläufigen Beschlagnahme nicht zu beurteilen ist, ob die beschlagnahmten Gegenstände tatsächlich für verfallen erklärt werden können oder nicht.

Schließlich bekämpft die Beschwerdeführerin die vorläufige Beschlagnahme mit der Begründung, daß Gefahr im Verzug nicht vorgelegen sei. Insoweit ist die Beschwerde im Recht, denn weder aus dem Akteninhalt noch aus der Gegenschrift der belangten Behörde ist zu erkennen, daß im Zeitpunkt der vorläufigen Beschlagnahme Gefahr im Verzug vorgelegen ist, die in der Wahrscheinlichkeit eines unmittelbaren Schadens bei Unterlassung der Maßnahme besteht. Eine vorläufige Beschlagnahme gemäß § 39 Abs. 2 VStG 1950 ist nur zulässig, wenn Gefahr im Verzug vorliegt. Diese Voraussetzung ist jedenfalls nicht gegeben, wenn das Organ der öffentlichen Aufsicht die Behörde informieren und damit in die Lage versetzen kann, das ordentliche Verfahren nach § 39 Abs. 1 VStG 1950 durchzuführen, was im vorliegenden Fall schon deshalb anzunehmen ist, weil die vorläufige Beschlagnahme erst am Tage nach der Kontrolle vorgenommen worden ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da für die Einbringung der Beschwerde nur Bundesstempelmarken in der Höhe von S 390,-- erforderlich waren. Für den unaufgefordert eingebrachten Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 30. Juli 1990 konnte ebenfalls kein Stempelgebührenersatz zuerkannt werden, weil dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war.

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