VwGH 89/12/0174

VwGH89/12/017423.4.1990

N gegen Vorarlberger Landesregierung vom 28. Juli 1989, Zl. PrsA-420/2/20, betreffend Vorstellung wegen Untersagung der Ausübung einer Nebenbeschäftigung gemäß § 33 Abs. 1 des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes 1988 (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Bregenz, vertreten durch den Bürgermeister)

Normen

AVG §66 Abs4;
BDG 1979 §56 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
GdBedG Vlbg 1988 §33 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §66 Abs4;
BDG 1979 §56 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
GdBedG Vlbg 1988 §33 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor der Städtischen Sicherheitswache Bregenz in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadtgemeinde Bregenz.

Mit Schreiben vom 20. März 1989 beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung zur Ausübung einer Nebenbeschäftigung als Fahrlehrer im praktischen Fahrunterricht.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Bregenz vom 5. April 1989 wurde dem Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 33 Abs. 2 des Gemeindebedienstetengesetzes 1988, LGBl. Nr. 49/1988, diese beabsichtigte Nebenbeschäftigung untersagt. Maßgebend hiefür war nach der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, daß der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seiner Überstunden monatlich durchschnittlich 200 Stunden Dienst leiste. Die zusätzliche Belastung als Fahrlehrer im Umfang von 30 bis 35 Arbeitsstunden hätte zur Folge, daß der Beschwerdeführer seinen Dienst nicht mehr ordnungsgemäß versehen könne.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer Verfahrensmängel geltend und bestritt die von der Behörde erster Instanz hinsichtlich der eingewendeten Überlastung angestellte Durchschnittsbetrachtung seiner Dienstleistung.

Dieser Berufung wurde auf Grund des Beschlusses der Stadtvertretung Bregenz vom 12. Mai 1989 mit Bescheid vom 17. Mai 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben.

Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Im Hinblick auf die besondere Eigenart der vom Beschwerdeführer als Bedienstetem der Städtischen Sicherheitswache zu erbringenden Dienstleistungen würde die Erfüllung der Dienstpflichten durch die Ausübung der beantragten Nebenbeschäftigung beeinträchtigt werden. Zum einen widerstreite die Ausübung der Nebenbeschäftigung als Fahrlehrer den dienstlichen Interessen eines Beamten der Städtischen Sicherheitswache. Die Organe der Stadtpolizei würden bekanntermaßen von der Öffentlichkeit grundsätzlich sehr kritisch beurteilt. Zum anderen könne die genannte Nebenbeschäftigung sehr leicht auch die Gefahr der Vermutung einer Befangenheit in Ausübung des Dienstes eines Stadtpolizisten hervorrufen. Der anzulegende Maßstab für die Bewilligung einer Nebenbeschäftigung als Fahrlehrer müsse deshalb unter Wahrung aller Objektivitätsgrundsätze sehr hoch sein.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde. In dieser rügte der Beschwerdeführer im wesentlichen die Verweigerung der von ihm begehrten Einsichtnahme in das Protokoll der Stadtvertretungssitzung und Feststellungs- und Begründungsmängel.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 1989 gab die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge. In der Begründung führte sie im wesentlichen aus, aus dem unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes ergebe sich, daß der Beschwerdeführer als Beamter der Städtischen Sicherheitswache Bregenz verkehrspolizeiliche Agenden wahrzunehmen habe. Seine Nebenbeschäftigung bestünde darin, als Fahrlehrer an einer ebenfalls in Bregenz situierten Fahrschule praktischen Fahrunterricht zu erteilen. Der Dienstbehörde sei daher beizupflichten, wenn sie die Ansicht vertrete, daß bei einer solchen Sachlage die gegenständliche Nebenbeschäftigung geeignet sein könne, eine Vermutung der Befangenheit des Beschwerdeführers in Ausübung seines Dienstes bei der Bevölkerung hervorzurufen und ihn in eine Lage bringen würde, in welcher seine Fähigkeit zu einer unparteiischen Entscheidung gehemmt sein könnte. In Anbetracht der täglich vorkommenden zahlreichen Verstöße vor allem gegen die straßenpolizeilichen Vorschriften bestehe nämlich nicht bloß eine sehr entfernte theoretische Möglichkeit, daß ein (als Fahrlehrer nebenbeschäftigter) Beamter der Städtischen Sicherheitswache in die Lage komme, gegen Personen, zu denen er durch seine Nebenbeschäftigung als Fahrlehrer in ein besonderes Naheverhältnis gelange, aus Anlaß eines Verstoßes gegen die genannten Vorschriften einzuschreiten. Unter der sehr naheliegenden Annahme eines solchen Einschreitens gegen eine der angeführten Personen müsse die Fähigkeit des Beschwerdeführers zur unparteiischen Entscheidung zumindest in Zweifel gezogen werden.

Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes sei die Dienstbehörde zu Recht zu der Auffassung gelangt, daß die gegenständliche Nebenbeschäftigung geeignet sein könne, eine begründete Vermutung der Befangenheit des Beschwerdeführers in Ausübung seines Dienstes hervorzurufen. Die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung sei daher zu Recht untersagt worden. Durch den Berufungsbescheid sei der Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzt worden. Die Untersagung der Nebenbeschäftigung sei allein wegen der Vermutung der Befangenheit erfolgt. Es hätte daher ein Eingehen auf die übrigen Ausführungen in der Vorstellung, ein Beamter der Verkehrspolizei müsse auf Grund seiner Tätigkeit für die Verkehrsausbildung besonders gut geeignet sein, weshalb die Ausübung der Nebenbeschäftigung dem dienstlichen Interesse des Beschwerdeführers nicht widerstreite, sowie eine Auseinandersetzung mit dem Argument der "Arbeitszeit" unterbleiben können. Auch sei der Antrag auf Einsicht in das Protokoll der Gemeindevertretungssitzung (hier: Stadtvertretungssitzung) nicht zielführend: Nach § 46 Abs. 5 des Gemeindegesetzes seien Personalangelegenheiten in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln. § 47 Abs. 6 leg. cit. normiere, daß die Einsichtnahme in Verhandlungsschriften öffentlicher Stadtvertretungssitzungen jedermann erlaubt sei. Darüber hinaus sei im Absatz 8 der zitierten Gesetzesstelle festgelegt, daß die Verhandlungsschriften über nichtöffentliche Stadtvertretungssitzungen gesondert zu führen seien. Aus diesen Bestimmungen könne ein Recht des Beschwerdeführers auf Einsichtnahme in Verhandlungsschriften über Personalangelegenheiten, welche in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln seien, nicht abgeleitet werden. Vielmehr sei dies nach den genannten Gesetzesstellen nicht vorgesehen.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in nachstehenden Rechten verletzt:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift - von der mitbeteiligten Partei wurde keine Gegenschrift eingebracht - erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes 1988, LGBl. Nr. 49, darf ein Gemeindebeamter neben seinen Amtsgeschäften keine Tätigkeiten ausüben, die seiner dienstlichen Stellung widerstreiten oder ihn in der vollständigen und genauen Erfüllung seiner Dienstpflichten beeinträchtigen oder die Vermutung der Befangenheit in Ausübung seines Dienstes hervorrufen können.

Die Vorstellungsbehörde ist verpflichtet, jede Rechtswidrigkeit, gleichgültig ob sie geltend gemacht worden ist oder nicht, sofern damit in Rechte des Vorstellungswerbers eingegriffen wird, aufzugreifen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1969, Zl. 1645/67, Slg. N.F. 7606/A).

Die Beschwerde erblickt eine Aktenwidrigkeit darin, daß die belangte Behörde in ihrer Entscheidung von einer Fahrlehrertätigkeit des Beschwerdeführers bei der Fahrschule A in Bregenz ausgegangen ist. Sie wendet ein, es sei weder im Antrag des Beschwerdeführers noch in seiner Berufung von einer Einschränkung auf die genannte Fahrschule die Rede gewesen, diese Einschränkung sei von der belangten Behörde eigenmächtig und ohne Parteiengehör vorgenommen worden.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor. Der Beschwerdeführer hatte seiner Berufung als Beilage ein Schreiben des Inhabers der Fahrschule A in Bregenz angeschlossen, in dem an das Amt der Landeshauptstadt Bregenz das Ersuchen gerichtet wurde, einer Nebenbeschäftigung des Beschwerdeführers als Fahrlehrer im Fahrschulbetrieb des Einschreiters zuzustimmen. Es kann nicht als unschlüssig angesehen werden, wenn die belangte Behörde im Hinblick auf diesen Vorgang angenommen hat, daß der Beschwerdeführer bei der erwähnten Fahrschule als Fahrlehrer habe tätig werden wollen.

Die auf diese Sachverhaltsannahme gegründete rechtliche Beurteilung erweist sich gleichfalls als nicht rechtswidrig. Da der Beschwerdeführer als Beamter der Städtischen Sicherheitswache Bregenz verkehrspolizeiliche Aufgaben wahrzunehmen hat, könnte die angestrebte Nebenbeschäftigung der Erteilung praktischen Fahrunterrichtes an einer Fahrschule in Bregenz aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen die Vermutung der Befangenheit in Ausübung des Dienstes hervorrufen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juli 1960, Zlen. 1692 und 1864 bis 1872/59).

Die belangte Behörde hat aber nicht beachtet, daß der im Beschwerdefall ergangene erstinstanzliche Bescheid dem Beschwerdeführer "die Ausübung der Nebenbeschäftigung als Fahrlehrer im praktischen Fahrunterricht", somit nicht eingeschränkt auf eine Tätigkeit bei der Fahrschule A in Bregenz, untersagt und die Berufungsbehörde durch Abweisung des Rechtsmittels des Beschwerdeführers eine damit übereinstimmende Entscheidung getroffen hat. Der Untersagungsgrund der Vermutung der Befangenheit in Ausübung des Dienstes, von dem die belangte Behörde allein ausgegangen ist, rechtfertigt aber nicht ohne weiteres ein generelles Verbot der Ausübung einer Fahrlehrertätigkeit, wie es in der Berufungsentscheidung ausgesprochen worden ist.

Da der angefochtene Bescheid demnach insofern mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet ist, mußte er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte