VwGH 89/07/0199

VwGH89/07/019917.5.1990

B-AG gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 6. November 1989, Zl. 14.530/16-IB/89 betreffend wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde E).

Normen

AVG §52 Abs2;
AVG §68 Abs1;
AVG §76 Abs1;
AVG §76;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §50 Abs1;
AVG §52 Abs2;
AVG §68 Abs1;
AVG §76 Abs1;
AVG §76;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §50 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten 2. und 3. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Marktgemeinde E, die mitbeteiligte Partei dieses Verfahrens (im folgenden kurz MP), ist Inhaberin der ihr mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19. Jänner 1967 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung zur Einleitung der mechanisch geklärten Abwässer aus ihrem Ortsbereich in die Donau. Das dieser wasserrechtlichen Bewilligung zugrunde gelegene und in der Folge auch ausgeführte Projekt sah die Einleitung der Abwässer unter teilweiser Mitbenutzung eines Kanalstranges der Gemeinde K (nunmehr Marktgemeinde L an der Donau) und unter Verwendung eines von der MP errichteten Einlaufbauwerkes vor. Im Zuge der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Errichtung des Donaukraftwerkes Z, in dessen Rückstauraum das Einlaufbauwerk der MP gelegen war, kam es im Jahre 1981 zur Zerstörung des Einlaufbauwerkes der MP. Zur Vermeidung von Mißständen durch frei austretende Abwässer wurde der die Abwässer der MP transportierende Kanal ohne Zutun der MP in das Kanalnetz des Gemeindeverbandes "Abwasserbeseitigung Raum P-XY" eingebunden.

Mit Bescheid vom 21. September 1983 verpflichtete der Landeshauptmann von Niederösterreich gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 die MP zur Sicherstellung einer biologischen Reinigung ihrer kommunalen Abwässer bis spätestens 31. Dezember 1989. Diesen Bescheid behob die belangte Behörde auf Grund einer Berufung der MP gemäß § 66 AVG 1950 ersatzlos mit der Begründung, daß der Landeshauptmann von Niederösterreich nicht darauf Bedacht genommen habe, daß die Abwässer der MP nicht mehr direkt in die Donau eingeleitet würden, sondern im Rahmen der Anlagen des angeführten Gemeindeverbandes gereinigt würden. Im Zuge des weiteren, vom Landeshauptmann von Niederösterreich durchgeführten Verfahrens, in dessen Verlauf die MP wiederholt auf ihrem Recht zur direkten Einleitung ihrer Abwässer in die Donau bestand und einen Beitritt zum genannten Gemeindeverband ablehnte, ließ die Behörde vom Ingenieurkonsulenten Dipl.Ing. K.P. ein Gutachten über die Problematik der Wiedererrichtung einer Ablaufleitung für die direkte Einleitung der Abwässer der MP in die Donau bzw. über einen Beitritt der MP zum genannten Gemeindeverband samt Gegenüberstellung der Kosten dieser Maßnahmen erstellen. Mit Bescheid vom 24. Februar 1989 enteignete der Landeshauptmann von Niederösterreich gemäß den §§ 60, 63, 117 und 118 WRG 1959 zu Gunsten der Beschwerdeführerin das wasserrechtlich bewilligte Einlaufbauwerk der MP. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, als Entschädigung für diese Enteignung S 1,447.540,-- an die MP zu bezahlen und die mit S 89.980,-- bezifferten Kosten des von der Behörde bestellten Sachverständigen zu entrichten. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei in Bedingung 115 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides der belangten Behörde vom 1. März 1979 für das Donaukraftwerk Z verpflichtet worden, zu Recht bestehende Abwasserbeseitigungsanlagen anzupassen.

Diese Bescheidauflage lautet:

"115. Zu Recht bestehende Abwasserbeseitigungsanlagen, die durch die Errichtung oder den Betrieb des Kraftwerkes unbrauchbar oder beeinträchtigt werden, sind so umzubauen, daß sie den durch den Kraftwerksbau neu geschaffenen Verhältnissen entsprechen und in ihrer bisherigen Leistungsfähigkeit erhalten bleiben."

Entgegen der von der Beschwerdeführerin geäußerten Ansicht, daß dem zu Enteignenden Antragslegitimation nicht zukomme und daß sohin (mangels eines Enteignungsantrages der Beschwerdeführerin) eine Enteignung denkunmöglich sei, habe mit Enteignung vorgegangen werden müssen, weil andernfalls eine entschädigungslose Konfiskation eines Rechtes vorgelegen wäre.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin behob die belangte Behörde diesen Bescheid mit Spruchpunkt 1 ihres nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides vom 6. November 1989. In Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides trug die belangte Behörde der Beschwerdeführerin über Antrag der MP gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 auf, die Unterbrechung der Abwasserableitung der MP in die Donau zu beseitigen und die Abwasserbeseitigungsanlage der MP so umzubauen, daß sie den durch den Kraftwerksbau neu getroffenen Verhältnissen entspreche und in ihrer bisherigen Leistungsfähigkeit erhalten bleibe; dazu gehöre jedenfalls die Wiederherstellung des Ableitungskanales zur Donau. Für die Erfüllung dieses Auftrages wurde eine Frist bis 30. Juni 1991 bestimmt. In Spruchpunkt 3 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 76 AVG 1950 aufgetragen, die Kosten des nichtamtlichen Sachverständigen Dipl.Ing. P in der Höhe von S 89.980,-- zu ersetzen und diesen Betrag binnen drei Wochen nach Zustellung des Bescheides unmittelbar an Dipl.Ing. P auszuzahlen. Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1 aus, die Enteignung des Einlaufbauwerkes der MP habe einem Enteignungsbedarf der Beschwerdeführerin nicht entsprechen können, weil einerseits die Errichtung des Donaukraftwerkes Z auch unter Aufrechterhaltung der Abwasserbeseitung der MP möglich gewesen wäre und andererseits das Einlaufbauwerk im Zeitpunkt der Enteignung nicht mehr bestanden habe. Zu Spruchpunkt 2 führte die belangte Behörde aus, die MP habe mehrfach die Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Abwasserableitung verlangt. Damit liege der Antrag eines Betroffenen im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 vor, über den die belangte Behörde zu entscheiden zuständig sei, weil es sich um Nichteinhaltung von Auflagen eines von der belangten Behörde erlassenen Bescheides handle. Der Beschwerdeführerin sei daher die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes bzw. die Nachholung unterlassener Arbeiten dergestalt aufzutragen gewesen, daß die Ableitung der Abwässer der MP in rechtlich einwandfreier Weise wieder möglich sei.

Ausdrücklich nur gegen Spruchpunkt 2 und Spruchpunkt 3 dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, nicht ohne die Voraussetzungen des § 138 WRG 1959 mit einer Vollziehungsverfügung im Sinne dieser Gesetzesbestimmung und in ihrem Recht, nicht ohne die Voraussetzungen des § 76 AVG 1950 mit Verfahrenskosten belastet zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteilige Partei eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Die belangte Behörde hat den in Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides enthaltenen, auf die zitierte Gesetzesstelle gestützten Auftrag an die Beschwerdeführerin damit begründet, daß diese die der MP zustehende Möglichkeit der Abwasserableitung in die Donau durch Beseitigung des Auslaufbauwerkes unterbunden habe. Die Beschwerdeführerin habe es darüberhinaus unterlassen, ihrer durch den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid für das Donaukraftwerk Z festgelegten Pflicht zur Anpassung zu Recht bestehender Abwasserbeseitigungsanlagen an die durch den Kraftwerksbau neu getroffenen Verhältnisse in bezug auf die Abwasseranlagen der MP nachzukommen.

Soweit die belangte Behörde die der Beschwerdeführerin im Bescheid für das Donaukraftwerk Z auferlegte Anpassungsverpflichtung als Grundlage des bekämpften wasserpolizeilichen Auftrages heranzieht, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Beschwerdeführerin eben auf Grund des angeführten wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides verpflichtet ist, auf ihre Kosten die zur Durchführung des in Auflage 115. enthaltenen Anpassungsauftrages erforderlichen baulichen Vorkehrungen zu veranlassen. Der aus diesem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid berechtigten MP steht es frei, die Erfüllung dieser Verpflichtung der Beschwerdeführerin durch Beantragung der erforderlichen Vollstreckungsschritte zu erwirken. Da sohin die Durchsetzung der von der belangten Behörde als "unterlassene Arbeiten" gewerteten Anpassungsverpflichtung (Auflage 115.) der Beschwerdeführerin bereits im Rahmen eines Exekutionsverfahrens erreichbar war, erweist sich der gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erteilte wasserpolizeiliche Auftrag, mit dem lediglich ein weiterer (gleicher) Vollstreckungstitel geschaffen worden wäre, als nicht erforderlich und, da dem Grundsatz "ne bis in idem" zuwiderlaufend, rechtlich nicht gedeckt.

Im übrigen ist, soweit die belangte Behörde die teilweise Zerstörung der Abwasserbeseitigungsanlage der MP als einen die Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages rechtfertigenden Umstand erachtet, ist festzuhalten, daß die Instandhaltung oder Instandsetzung von Wasserbenutzungsanlagen gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 Aufgabe des Wasserberechtigten ist, soferne keine liquiden rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen. Eine solche rechtsgültige Verpflichtung der Beschwerdeführerin ist aber nach Ausweis der Verwaltungsakten nicht festzustellen. Allein der an sich unbestritten gebliebene Umstand, daß die Baumaßnahmen der Beschwerdeführerin die Ursache der Zerstörung des Auslaufbauwerkes der Kanalisation der MP waren, reicht nicht aus, die Beschwerdeführerin im Wege eines auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützten wasserpolizeilichen Auftrages zur Wiederherstellung der durch sie zerstörten Anlageteile zu verpflichten. Ob die Beschwerdeführerin zu Schadenersatzleistungen verpflichtet ist, ist eine nur in einem Schadenersatzprozeß vor den ordentlichen Gerichten zu beurteilende Frage. Sie kann aber nicht in einem wasserrechtlichen Verfahren gelöst werden.

Die belangte Behörde hat die in Spruchpunkt 3 des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Verpflichtung der Beschwerdeführerin, die Kosten des nichtamtlichen Sachverständigen Dipl.Ing. P in Höhe von S 89.980,-- unmittelbar an diesen auszuzahlen, auf § 76 AVG 1950 gestützt. Diese Gesetzesstelle, die den Ersatz von der Behörde bei Amtshandlungen erwachsenen Barauslagen regelt, durfte die belangte Behörde aber nur dann und insoweit als Grundlage für diese Vorschreibung heranziehen, als ihr tatsächlich Barauslagen bereits erwachsen waren, das heißt, daß sie bereits Aufwendungen gemacht, im Beschwerdefall, daß sie bereits die dem Sachverständigen zugesprochene Vergütung bezahlt hat. Dies ist nach Ausweis der vorgelegten Akten aber nicht der Fall. Die Behörde hat § 76 AVG 1950 nicht angewendet, um die Partei zum Ersatz der ihr selbst erwachsenen Barauslagen heranzuziehen, sondern um die Partei zur unmittelbaren Begleichung der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten zu verpflichten. Eine solche Handhabe bietet aber § 76 AVG 1950 nicht (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. November 1953, Slg. N.F. Nr. 3201/A).

Da die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides insgesamt von unrichtigen Rechtsanschauungen ausgegangen ist, mußte der angefochtene Bescheid in seinen Spruchpunkten 2. und 3., ohne daß auf das sonstige Beschwerdevorbringen noch weiter einzugehen gewesen wäre, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Da nunmehr eine Entscheidung in der Beschwerdeangelegenheit bereits vorliegt, erübrigte es sich, über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, abzusprechen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits einen Ersatz von Umsatzsteuer enthält und ein Ersatz von Stempelgebühren nur im gesetzlich vorgesehenen Umfang zuerkannt werden kann.

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