VwGH 89/07/0168

VwGH89/07/01682.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. HH gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 5. Jänner 1989, Zl. 3-30 H 227-89/1, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §30 Abs2;
WRG 1959 §31 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §30 Abs2;
WRG 1959 §31 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 2. August 1988 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 32 Abs. 1 WRG 1959 schuldig erkannt und über ihn gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 10.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzarreststrafe von vierzehn Tagen) verhängt, weil er als Vorstandsdirektor der Z-AG ohne wasserrechtliche Bewilligung erfolgte Einwirkungen der Sulfatzellstoffanlage auf den P-Bach zu verantworten habe.

Mit Bescheid vom 5. Jänner 1989 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 nicht Folge, änderte jedoch gleichzeitig den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahin ab, daß er nun zu lauten habe, der Beschwerdeführer sei als Vorstandsdirektor des genannten Unternehmens dafür verantwortlich, daß, wie sich aus den Emissions- und Überwachungsprotokollen ergebe, ohne wasserrechtliche Bewilligung am 16. September 1986 20 m3 Grünlaugenschlamm über die Sedimentationsanlage abgelassen worden, ferner am 30. September 1986 10 m3 Dicklauge bei der Reinigung des Endkonzentrators in den Abwasserkanal gelangt und dabei jeweils in der Folge Einwirkungen auf den P-Bach verursacht worden seien, welche die Eignung besäßen, dessen Wassergüte zu beeinträchtigen. Gleichzeitig wurde die gegenständliche Übertretung dem § 9 VStG 1950 in Verbindung mit § 137 Abs. 12 und § 32 Abs. 1 WRG 1959 subsumiert.

Begründend wurde unter Hinweis auf § 32 Abs. 1 und 2 WRG 1959 ausgeführt, das genannte Unternehmen besitze die mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 31. Jänner 1981, Zl. 15.403/17-I 5/80, erteilte wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb von Anlagen zur Ableitung und Reinigung der Betriebsabwässer sowie zur Einleitung der gereinigten Betriebsabwässer in den P-Fluß nach Maßgabe der im Bescheid enthaltenen Beschreibung; dabei sei die zulässige Menge der Abwässer mit 33.000 m3/d an Kühlwässern, 11.000 m3/d an feststoffbelasteten Abwässern sowie 26.000 m3/d an chemisch-organisch belasteten Abwässern festgelegt worden; hinsichtlich der Beschaffenheit seien Frachtbegrenzungen für COD (30 t/d), BSB 5 (10 t/d) und Feststoffe (1,5 t/d), eine Temperaturbegrenzung (33 Grad) sowie eine pH-Wert-Begrenzung (6,0 - 9,0) vorgeschrieben worden. Am 16. September 1986 seien laut Protokoll 20 m3 Grünlaugenschlamm über die Sedimentationsanlage abgelassen worden, was nach dem angeführten Bescheid nicht erlaubt sei; am 30. September 1986 habe ein Störfall zum Austritt von 10 m3 Dicklauge geführt, die über den Abwasserkanal übergelaufen sei. Dies entspreche ebenfalls nicht dem Bescheid, da nach diesem eventuell auslaufende Dicklauge einer Zisterne zuzuführen und die Ableitung in die Abwasseranlage nicht vorgesehen sei. In beiden Fällen handle es sich nach der Erfahrung des täglichen Lebens nicht um nur geringfügige Einwirkungen. Das Berufungsvorbringen, daß die Grenzwerte des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom 31. Jänner 1981 betreffend CSB und BSB durch Einleitungen nicht überschritten worden seien, habe keine rechtserhebliche Bedeutung. Es sei nicht zu prüfen, ob die in Rede stehenden Einleitungen bewilligt werden könnten, sondern allein, ob für die Einleitungen eine Bewilligung vorliege. Wie dargetan, sei dies nicht der Fall gewesen. Dem Berufungsvorbringen sei jedoch insoweit zu folgen gewesen, als eine Präzisierung des Tatbestandes und der übertretenen Norm erforderlich sei. Die Änderung von Spruch und Begründung sei ohne Verletzung formellen und materiellen Rechtes möglich gewesen, da der gesamte Akteninhalt dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und dieser selbst durch die Berufungsentscheidung nicht schlechtergesetellt worden sei. Die restlichen Ausführungen in der Begründung befassen sich mit der Bemessung der Strafe.

Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der die Beschwerde jedoch mit Beschluß vom 26. September 1989, B 253/89, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem Gerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, wobei er sich nach seinem ganzen Vorbringen in dem Recht verletzt erachtet, nicht wegen der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung bestraft zu werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Der Beschwerdeführer hat hiezu in einer weiteren Äußerung Stellung genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wurde einer Verwaltungsübertretung nach § 32 Abs. 1 WRG 1959 schuldig erkannt, wonach Einwirkungen auf Gewässer, die deren Beschaffenheit beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig sind. Dabei muß es sich, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 10. November 1981, Zl. 81/07/0113, und vom 1. Februar 1983, Zl. 82/07/0227, unter Hinweis auf Vorjudikatur ausgesprochen hat, um einen konkreten, wirksamen und beabsichtigten Angriff auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser handeln, der plangemäß durch Einbringung von wassergefährdenden Stoffen unter Verwendung von Anlagen zu der damit verbundenen Beeinträchtigung der Wassergüte (§ 30 Abs. 2 WRG 1959) führt. Ob die belangte Behörde im Beschwerdefall von der Verwirklichung dieser Tatbestandsmerkmale ausgegangen ist, läßt sich nicht eindeutig erkennen. Es fehlt insbesondere die Feststellung, daß eine regelmäßig wiederkehrende bewilligungslose Ableitung erfolgt. Es scheint eher von der Nichteinhaltung in einem Bewilligungsbescheid getroffener Anordnungen ausgegangen worden zu sein, wofür auch die Bezeichnung des Ereignisses vom 30. September 1986 als "Störfall" spricht. Auch in der Gegenschrift wird die Frage mangelnder "Vorsorge" zur Hintanhaltung von "Störzufällen" erörtert. Damit weist der Sachverhalt in die Richtung einer Übertretung nach § 31 Abs. 1 und § 137 Abs. 1 WRG 1959, bei welcher eine Gewässerverunreinigung zum Tatbestand mangelnder Obsorge gegenüber der Gewässergüte gehört. Eine (begründete) Abgrenzung dahin, daß dem Beschwerdeführer nicht die Außerachtlassung der zur Vermeidung einer Verunreinigung gebotenen Sorgfalt vorgeworfen würde, fehlt jedenfalls. Da sich die Tatbilder des § 31 Abs. 1 und des § 32 Abs. 1 WRG 1959, wie dargelegt, nicht decken, ist dadurch, daß infolge einer offensichtlichen Verkennung der Rechtslage seitens der belangten Behörde dem Beschwerdeführer unter den gegebenen sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen möglicherweise der Tatbestand einer Übertretung angelastet wurde, den er nicht erfüllt hat, in seine Rechte eingegriffen worden. Unter diesen Umständen war auf das sonstige Beschwerdevorbringen nicht mehr einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war somit, und zwar aufgrund der insofern ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, bereits deswegen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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