VwGH 89/06/0163

VwGH89/06/016325.1.1990

N gegen Salzburger Landesregierung vom 31. Juli 1989, Zl. 1/02-15.924/68-1989 und 1/02-28.480/9-1989, betreffend Zurückweisung einer Berufung und eines Devolutionsantrages in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde A)

Normen

AVG §1;
AVG §56;
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
BauPolZuständigkeitsübertragung Zell am See 1968 §1 litc;
BauPolZuständigkeitsübertragung Zell am See 1968 §3;
B-VG Art132;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §63 Abs2;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §56;
AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
BauPolZuständigkeitsübertragung Zell am See 1968 §1 litc;
BauPolZuständigkeitsübertragung Zell am See 1968 §3;
B-VG Art132;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §63 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf die Zurückweisung des Devolutionsantrages durch die Gemeindevertretung von A bezieht, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist zunächst insbesondere auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1982, Zln. 82/06/0005, 0006 und 0008, vom 23. Mai 1985, Zl. 84/06/0171, und vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/06/0147 zu verweisen. Mit dem erstgenannten Erkenntnis wurde der damals angefochtene Bescheid der Salzburger Landesregierung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Mit dem zweiten Erkenntnis wurde infolge Säumnis der mit Berufung angerufenen Gemeindevertretung (als belangte Behörde) vom Verwaltungsgerichtshof der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde A vom 15. Dezember 1976 gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 behoben. Da nach dieser Behebung der Bürgermeister der Stadtgemeinde A keine neue Entscheidung fällte, hat der Beschwerdeführer an die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde als Baubehörde zweiter Instanz (und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde) einen auf § 73 AVG 1950 gestützten Devolutionsantrag gestellt. In der Zwischenzeit hatte bereits im Juli 1985 der Bürgermeister der Stadtgemeinde A unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 AVG 1950 in Verbindung mit § 3 der Delegierungsverordnung der Salzburger Landesregierung vom 9. Dezember 1968, LGBl. Nr. 101, die Bauakten an die Bezirkshauptmannschaft A als delegierte Baubehörde zur Weiterführung des Verfahrens abgetreten. Der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers wurde in der Folge gleichfalls dieser Bezirkshauptmannschaft übermittelt, welche diesen der Salzburger Landesregierung zur Entscheidung vorlegte. Mit Bescheid vom 17. April 1986 wies die Salzburger Landesregierung den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers ab. Mit dem zuletzt genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1986 wurde der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, der damalige Beschwerdeführer habe in seinem unmittelbar bei der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A eingebrachten Devolutionsantrag eine Entscheidung dieser Gemeindebehörde begehrt. In einem solchen Fall hätte die angerufene Behörde über den Antrag des Beschwerdeführers selbst dann entscheiden müssen, wenn sie der Meinung gewesen sei, sie für die Erledigung nicht zuständig. In diesem Fall wäre der Antrag wegen Unzuständigkeit bescheidmäßig zurückzuweisen gewesen. Eine Abtretung des Devolutionsantrages gemäß § 6 Abs. 1 AVG 1950 komme schon deshalb nicht in Betracht, weil er gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 unmittelbar bei der Oberbehörde selbst einzubringen sei und eine andere als die angerufene Behörde keinesfalls meritorisch entscheiden dürfe. Da der Devolutionsantrag nicht an die Landesregierung gerichtet gewesen sei, habe schon aus diesem Grunde der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben werden müssen.

Die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A hat hierauf mit Bescheid vom 10. März 1987 den Devolutionsantrag wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß es sich bei dem gegenständlichen Hotelneubau mit Nebenanlagen um eine bauliche Maßnahme handle, für die nach der Gewerbeordnung 1973 eine Genehmigung der Betriebsanlage erforderlich sei, weshalb gemäß § 3 in Verbindung mit § 1 lit. c der Delegierungsverordnung der Salzburger Landesregierung vom 9. Dezember 1968, LGBl. Nr. 101, Baubehörde die Bezirkshauptmannschaft A sei. Weder der Bürgermeister der Stadtgemeinde A noch die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A seien zur sachlichen Erledigung des Baugesuchs zuständig. Da die Frage der Zuständigkeit jederzeit von Amts wegen wahrzunehmen sei, habe der Devolutionsantrag zurückgewiesen werden müssen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde. Diese wies die Vorstellung im ersten Teil des nunmehr angefochtenen Bescheides mit der Begründung ab, daß der mit dem Vorstellungsbescheid der Salzburger Landesregierung erfolgten Zurückweisung der Angelegenheit an die Gemeinde als Baubehörde in der Zuständigkeitsfrage keine bindende Wirkung zukomme. Diese Rechtsauffassung scheine auch dadurch erhärtet, daß die Frage der Zuständigkeit vom Vorstellungswerber in den anhängig gemachten aufsichtsbehördlichen Verfahren nie geltend gemacht worden und demnach auch nicht Gegenstand eines aufsichtsbehördlichen Prüfungsverfahrens gewesen sei. Da es sich, wie die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A in ihrem Bescheid vom 10. März 1987 richtig ausgeführt habe, bei dem Hotelneubau um eine bauliche Maßnahme handle, für die nach der Gewerbeordnung 1973 eine Genehmigung der Betriebsanlage erforderlich sei, falle die Entscheidung über das Bauansuchen gemäß § 3 in Verbindung mit § 1 lit. c der Delegierungsverordnung der Salzburger Landesregierung vom 9. Dezember 1968, LGBl. Nr. 101, in die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft A. Da die Zuständigkeit bzw. Unzuständigkeit der Behörde jederzeit von Amts wegen wahrzunehmen sei, sei die Zurückweisung des Devolutionsantrages zu Recht erfolgt. Der Beschwerdeführer sei durch diese Entscheidung in seinen Rechten nicht verletzt worden.

Mit Schreiben vom 12. März 1987 hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde A der Bezirkshauptmannschaft A die Bauakten zuständigkeitshalber zur Weiterführung des Verfahrens abgetreten. Dieses Schreiben hatte folgenden Inhalt: "Nach Entscheidung über den Devolutionsantrag des N vom 5. Februar 1986 durch die Gemeindevertretung wird der gegenständliche Bauakt "B Hotel KG" gemäß § 6 Abs. 1 AVG 1950 in Verbindung mit § 3 der Delegierungsverordnung, LGBl. Nr. 1968/101, erneut zuständigkeitshalber an die do. Baubehörde abgetreten." Unterzeichnet ist dieses Schreiben mit "Der Bürgermeister", es folgt die Unterschrift. Eine Durchschrift dieses Schreibens erging an die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers. Gegen diese Erledigung erhob der Beschwerdeführer Berufung mit der Begründung, daß die Abtretung des Verwaltungsaktes an die Bezirkshauptmannschaft A gesetzwidrig sei, da zur Entscheidung im gegenständlichen Bauverfahren die Baubehörde der Stadtgemeinde A sachlich zuständig sei. Mit Bescheid vom 25. Juni 1987 hat die Gemeindevertretung von A die Berufung als unzulässig zurückgewiesen und ausgeführt, daß dem Schreiben der Stadtgemeinde A vom 12. März 1987, mit welchem der Bauakt der Bezirkshauptmannschaft A abgetreten worden sei, kein Bescheidcharakter zukomme, weil es als bloße Mitteilung gemäß § 6 Abs. 1 AVG 1950 zu werten sei. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde, die die Vorstellung im zweiten Teil des nunmehr angefochtenen Bescheides ebenfalls abwies. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß es sich bei dem Schreiben vom 12. März 1987 nicht um einen Bescheid, sondern um eine behördliche Mitteilung ohne Bescheidcharakter gehandelt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 23. Mai 1985 aufgrund einer Säumnisbeschwerde anstelle der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A in der Sache selbst entschieden, den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters als gesetzwidrig aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Bürgermeister der Stadtgemeinde A zurückverwiesen.

An die darin zum Ausdruck gebrachte Rechtsmeinung über die Zuständigkeit der Baubehörde 1. Instanz waren die Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichtshof zunächst jedenfalls gebunden. Diese Anordnung fällt nur weg, wenn seit Erlassung des mit dem vorausgegangenen Erkenntnis aufgehobenen Bescheides die Sach- oder Rechtslage eine Änderung erfahren hat.

Gemäß § 1 lit. c der Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 9. Dezember 1968, LGBl. Nr. 101, ist die Bezirkshauptmannschaft A für die Erteilung der Baubewilligung in jenen Fällen zuständig, in denen nach der Gewerbeordnung die gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage erforderlich ist. Gemäß § 3 wird für die Stadtgemeinde A auf dem dem eigenen Wirkungsbereich zugehörigen Gebiet der örtlichen Baupolizei und der örtlichen Raumplanung die Besorgung der in § 1 lit. a bis c angeführten Angelegenheiten auf die Bezirkshauptmannschaft A übertragen. Diese Verordnung trat mit 1. Jänner 1969, somit vor Erlassung des mit dem vorausgegangenen Erkenntnis aufgehobenen Bescheides des Bürgermeisters der Stadtgemeinde A vom 15. Dezember 1976 in Kraft. Eine Änderung der Rechtslage ist daher nicht eingetreten. In seinen Erkenntnissen vom 23. Mai 1985 und vom 23. Oktober 1986 ist der Verwaltungsgerichtshof, was die Zuständigkeit des Bürgermeisters der Stadtgemeinde A betraf, angesichts der Aktenlage und des Parteienvorbringens nicht davon ausgegangen, daß es sich bei dem gegenständlichen Bauvorhaben um einen Fall handelte, in dem nach der Gewerbeordnung die gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage erforderlich ist. Zwar ist nicht auszuschließen, daß auf Grund einer Ergänzung des Projekts nunmehr eine Betriebsanlagenbewilligung erforderlich ist (in dem Erkenntnis vom 23. Mai 1985 wurde ausdrücklich ausgeführt, daß Projektsergänzungen erforderlich sein werden und auch Projektsänderungen nicht auszuschließen seien), doch enthält weder der Bescheid der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A vom 10. März 1987 noch der angefochtene Bescheid einen diesbezüglichen Hinweis. Da somit auch kein neuer Sachverhalt erkennbar ist, der im Sinne der angeführten Delegierungsverordnung eine Änderung der Zuständigkeit herbeiführen würde, hätte die belangte Behörde den Bescheid der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde A vom 10. März 1987, mit dem der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers wegen Unzuständigkeit der Gemeindevertretung zurückgewiesen wurde, beheben müssen. Da sie dies nicht tat, belastete sie den angefochtenen Bescheid in diesem Punkt mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser Bescheidteil war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Soweit sich allerdings die Beschwerde gegen die Abweisung der Vorstellung gegen die Zurückweisung der Berufung mangels Bescheidqualität des Schreibens des Bürgermeisters von A vom 12. März 1987 richtet, kommt ihr keine Berechtigung zu. Zu Recht wurde davon ausgegangen, daß es sich bei diesem Schreiben, dessen Wortlaut oben wiedergegeben wurde, um keinen Bescheid im Sinne des § 56 AVG 1950 handelt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Beschluß vom 21. März 1967, Slg. Nr. 7110/A, ausgesprochen, daß die nicht in Bescheidform ergehende Mitteilung, daß eine Eingabe "zuständigkeitshalber an eine andere Behörde abgetreten wurde" kein Bescheid ist. Da es sich bei dem mittels Berufung angefochtenen Schreiben des Bürgermeisters von A vom 12. März 1987 um eine Weiterleitung gemäß § 6 Abs. 1 AVG 1950 handelte, konnte rechtswirksam gegen dieses Schreiben keine Berufung erhoben werden. Zu Recht hat die Aufsichtsbehörde dementsprechend die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich unter Bedachtnahme auf das gestellte Kostenbegehren auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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