VwGH 89/06/0159

VwGH89/06/015926.4.1990

N gegen Tiroler Landesregierung vom 25. Juli 1989, Zl. Ve-551-497/1, betreffend Übertretung der Bauordnung.

Normen

BauO Tir 1978 §25 lita idF 1984/019 ;
BauO Tir 1978 §3 Abs1 idF 1984/019 ;
BauO Tir 1978 §3 Abs2 idF 1984/019 ;
BauO Tir 1978 §53 Abs1 lita idF 1984/019 ;
BauRallg;
BauO Tir 1978 §25 lita idF 1984/019 ;
BauO Tir 1978 §3 Abs1 idF 1984/019 ;
BauO Tir 1978 §3 Abs2 idF 1984/019 ;
BauO Tir 1978 §53 Abs1 lita idF 1984/019 ;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein Beamter des Gendarmeriepostens O erstattete am 10. Februar 1989 Anzeige, im Oktober/November 1988 sei ohne Baubewilligung auf dem Grundstück Nr. 1121/1, KG U, eine Holzhütte im Ausmaß von 2,40 x 2,40 x 2,50 m (mit Türe und Fenster sowie Giebeldach aus Brettern mit Teerauflage) errichtet worden. Als Verantwortlicher sei der Beschwerdeführer ermittelt worden, der am 10. Februar 1989 angegeben habe, er habe als Obmann des Fremdenverkehrsvereines U. vom Grundeigentümer die Berechtigung erwirkt, das Grundstück für Vereinszwecke zu verwenden (Sommer Kinderspielplatz, Winter Eislaufplatz). Man sei an ihn herangetreten, am Platz als Unterstand und zum Einstellen von diversen Sachen eine Hütte zu errichten. Nach Absprache über Ausführung und Größe habe er die Aufstellung veranlaßt. Sie sei durch zwei Jugendliche (in den Monaten Oktober/November 1988) erfolgt. Wegen des geringen Ausmaßes und da sie lose auf den Erdboden gestellt sei, habe er angenommen, sie bedürfe keiner Baubewilligung. Ergänzend gab die Gendarmerie am 7. März 1989 bekannt, daß die Arbeiten vornehmlich an den Wochenenden von Anfang Oktober bis Mitte November 1988 vorgenommen worden seien.

Mit Ladungsbescheiden vom 15. März 1989 und vom 12. April 1989 wurde dem Beschwerdeführer eine Übertretung nach § 53 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 25 lit. a der Tiroler Bauordnung (TBO) zur Last gelegt.

Der Beschwerdeführer bestritt bei seiner Beschuldigten-Vernehmung am 23. Mai 1989 den Sachverhalt nicht, betonte jedoch, das Verfahren hätte gegen ihn als Obmann und damit zur Vertretung nach außen berufenes Organ des Vereines eingeleitet werden müssen.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 8. Juni 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ (Obmann) des Fremdenverkehrsvereines U. in der Zeit von Anfang Oktober bis Mitte November 1988 (40. bis 45. Woche), ohne im Besitz einer rechtskräftigen behördlichen Baubewilligung zu sein, auf der Grundparzelle Nr. 1121/1, KG U., eine aus Holz bestehende Hütte errichten lassen, und dadurch eine Übertretung nach § 53 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 25 lit. a TBO sowie § 9 VStG 1950 begangen. Gemäß § 53 Abs. 2 TBO wurde über ihn eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) verhängt. Der Beschwerdeführer habe den Sachverhalt zugegeben. Die Bewilligungspflicht ergebe sich aus § 25 lit. a TBO, wonach der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden einer Bewilligung bedarf. Es treffe den Beschwerdeführer ein Verschulden in Form der Fahrlässigkeit, da er sich vor Errichtung des Baues über die bestehende Rechtslage hätte informieren müssen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. Juli 1989 wurde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung abgewiesen. Die belangte Behörde führte in der Begründung nach Wiedergabe des wesentlichen Verwaltungsgeschehens und des Berufungsvorbringens aus, gemäß § 53 Abs. 1 lit. a TBO begehe eine Übertretung, wer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Bewilligung ausführe. § 53 Abs. 2 TBO regle die Strafe. Wenn der Beschwerdeführer rüge, das Verfahren sei zunächst gegen ihn persönlich und nicht in seiner Eigenschaft als Obmann des Vereines geführt worden, sei ihm zu erwidern, daß dennoch keine Verjährung eingetreten sei. Der Sachverhalt sei dem Beschwerdeführer innerhalb der sechsmonatigen Verjährungszeit vorgehalten worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0077, ausgesprochen, daß das die Verantwortlichkeit des von Anfang an als Beschuldigten angesprochenen Beschwerdeführers betreffende Merkmal - daß er nämlich als Obmann des Vereines zur Verantwortung zu ziehen sei - auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG 1950 ohne Einfluß sei. Das Straferkenntnis enthalte die erforderliche Bezeichnung. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die Angabe der Tatzeit sei nicht präzise genug, die Hütte sei nämlich in ein bis zwei Wochen errichtet worden, wäre zu bemerken, daß ein verstärkter Senat des Verwaltungsgerichtshofes mit Erkenntnis vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A, dargelegt habe, es müsse im Spruch (im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950) die als erwiesen angenommene Tat so eindeutig umschrieben sein, daß kein Zweifel darüber bestehe, wofür der Täter bestraft worden sei. Der Beschwerdeführer müsse in die Lage versetzt werden, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Vorwurf zu widerlegen. Der Spruch müsse den Beschuldigten rechtlich davor schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Es sei richtig, daß die im Spruch enthaltene Anführung des Tatzeitraumes keine präzise Tatzeit nenne, doch reiche die Zeitangabe aus, um die Identität der Tat unverwechselbar festzustellen. Der Beschwerdeführer sei in die Lage versetzt, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten. Es bestehe auch keine Gefahr, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden, weil es sich bei der Errichtung einer derartigen baulichen Anlage in seiner Gesamtheit um eine einmaliges Verhalten handle. Zur Meinung des Beschwerdeführers, er habe keine Übertretung begangen, weil es sich bei der Holzhütte "mangels Verbindung mit dem Boden" um keine bauliche Anlage im Sinne der Tiroler Bauordnung handle, sei auszuführen, daß gemäß § 3 Abs. 1 TBO bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene Anlagen seien, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich seien. Gemäß § 3 Abs. 2 TBO seien Gebäude überdeckte oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden sei gemäß § 25 lit. a TBO bewilligungspflichtig. Der Verwaltungsgerichtshof habe schon mehrmals die Bewilligungspflicht von Holzhütten bejaht. In seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1986, Zl. 86/05/0028, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine Holzhütte der Bewilligungspflicht als Gebäude unterliege. Gebäude, die von Menschen betreten werden können, erfordern stets bautechnische Kenntnisse. Damit ergebe sich die Bewilligungspflicht von Holzhütten, selbst wenn sie transportabel seien. Im Erkenntnis vom 17. Februar 1978, Zl. 741/77, habe der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, daß eine bewilligungspflichtige Bauführung auch dann vorliege (hölzerner Verkaufskiosk), wenn das Bauwerk so beschaffen sei, daß es zur Hintanhaltung von Gefährdungen eine gewisse Verbindung mit dem Boden haben müsse. Dies sei immer anzunehmen, wenn es dem Aufenthalt von Menschen diene. In diesem Sinne seien auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1986, Zl. 84/06/0152, und vom 12. Juni 1986, Zl. 86/06/0032, ergangen. Die Errichtung der Holzhütte unterliege daher der Baubewilligungspflicht. Wegen Fehlens einer solchen sei das Tatbild erfüllt. Mit Recht sei dem Beschwerdeführer als Schuldform Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Wenn er vorbringe, er habe sich vor Errichtung der Hütte bei der Baubehörde deshalb nicht informiert, weil er als Jurist besser in der Lage sei, die rechtliche Situation zu beurteilen, so sei dies nicht geeignet, ihn zu entlasten. Er wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, sich bei der für die Beurteilung dieser Rechtslage zuständigen Behörde zu informieren. Unterlasse er das in der Meinung, fachlich qualifizierter als die Baubehörde zu sein, so sei er auch für die eigenen Beurteilungsfehler verantwortlich. Es folgen Ausführungen zur Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 10/1989, von Bedeutung:

"§ 3

 

(1) Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind.

(2) Gebäude sind überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.

...."

 

"§ 25

 

Einer Bewilligung der Behörde bedarf:

a) der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;

..."

 

"§ 53

 

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

a) ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Bewilligung ausführt oder mit der Ausführung vor dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung beginnt (§ 36 Abs. 1);

..."

 

Der Beschwerdeführer erkennt die von der belangten Behörde wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Verfolgungsverjährung nicht eintreten konnte, obwohl der Vorwurf, als Organ des Vereines zur Verantwortung gezogen zu werden, erst im Straferkenntnis genannt wurde, als richtig an. Er meint jedoch, es liege deshalb eine Verletzung des Parteiengehörs vor. Diese Ansicht ist unbegründet. Schon gegenüber der Gendarmerie gab der Beschwerdeführer an, als Verantwortlicher des Vereines tätig geworden zu sein. Auch bei seiner Beschuldigten-Vernehmung im erstinstanzlichen Verfahren nahm er darauf Bezug. Er hatte also schon im erstinstanzlichen Verfahren, insbesondere aber auch in der Berufung die Möglichkeit, sich umfassend zu rechtfertigen und entsprechende Beweise anzubieten. Sein Beschwerdevorbringen scheint daher insoweit nicht verständlich.

Warum der Bescheidspruch (auch in Ansehung der Tatzeit) den Erfordernissen des § 44 a lit. a VStG 1950 entspricht, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt. Bei der erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Behauptung, die Errichtung der Hütte habe nicht vor November 1988 begonnen, die Fertigstellung sei erst im Dezember erfolgt, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung. Im übrigen ist auf Grund des Bescheidspruches in seiner Gesamtheit sichergestellt, daß der Beschwerdeführer wegen der Errichtung der Holzhütte nicht ein zweites Mal bestraft werden kann. Es bedurfte im gegebenen Zusammenhang auch keiner Zeugenvernehmung, zumal der wesentliche Sachverhalt klar war und Zeugen vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren nicht namhaft gemacht wurden.

Mit der Frage, warum die Holzhütte der Baubewilligungspflicht nach § 25 lit. a TBO unterliegt, hat sich die belangte Behörde ausführlich und zutreffend auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer übersieht, daß es sich bei der Holzhütte, die als Unterstand für Menschen und zur Aufbewahrung von Sachen dient, um ein Gebäude (vgl. § 3 Abs. 2 TBO) handelt, das ohne Bewilligung nicht errichtet werden darf. Des weiteren verkennt der Beschwerdeführer, daß auch die Holzhütte kraftschlüssig durch den Druck des Gewichtes mit dem Boden in Verbindung steht. Es erübrigte sich damit eine Auseinandersetzung mit seinem sonstigen Vorbringen.

Auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite vermag die Beschwerde nicht durchzuschlagen. Der Verwaltungsgerichtshof tritt den Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides vollinhaltlich bei. Im Hinblick auf die gegebene Rechtslage ist dem Beschwerdeführer als Jurist umso eher der ihm unterlaufene Irrtum vorzuwerfen. Abgesehen davon, daß es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung handeln würde, hat der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde nicht die konkrete Behauptung aufgestellt, der Bürgermeister hätte ihm ausdrücklich erklärt, die Errichtung der Holzhütte bedürfe keiner Baubewilligung.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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