VwGH 89/02/0193

VwGH89/02/019321.3.1990

N gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 12. September 1989, Zl. VerkR-10.077/2-1989-II/Bi, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1;
VStG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1;
VStG §52;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Jänner 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe "am 17.9.1988 etwa in der Zeit zwischen 12.00 und 13.00 Uhr im Stadtgebiet von Linz bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Lenkens bzw. Abstellung des Fahrzeuges etwa zum letztgenannten Zeitpunkt nächst dem Hause Linz, X-Straße Nr. 37 gelenkt, in der Folge um 16.50 Uhr am Wachzimmer Ontlstr. trotz vermuteter Alkoholbeeinträchtigung durch deutlichen Alkoholgeruch aus dem Munde, schwankenden Gang, lallende Aussprache sowie Rötung der Augenbindehäute, die von einem geschulten u. von der Behörde hiezu ermächtigten Wachebeamten geforderte Alkomatuntersuchung verweigert". Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach "§§ 5/2 i.V.m. 99/1 b StVO" begangen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Februar 1989 wurde der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung stattgegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 eingestellt.

Mit Straferkenntnis des Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Juli 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe "am 17.9.1988 um 16.30 Uhr in Linz, vor dem Hause X-Straße Nr. 37 das Moped L nnn durch Starten des Fahrzeugmotors das Moped in Betrieb genommen und in der Folge trotz vermuteter Alkoholbeeinträchtigung, durch deutlicher Alkoholgeruch aus dem Munde, schwankender Gang, lallende Aussprache sowie Rötung der Augenbindehäute, die von einem geschulten und von Behörde hiezu bes. ermächtigten Wachebeamten geforderte Alkomatuntersuchung am 17.9.1988 um 16.50 Uhr in Linz, Ontlstraße 2, WZ Ontlstraße verweigert". Er habe dadurch "§§ 5/2 i.V.m. 99/1 b StVO" verletzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung "insofern stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die verhängte Geldstrafe .... und die Ersatzarreststrafe .... herabgesetzt werden".

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst der Sache nach vor, die rechtskräftige Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Verweigerung der Atemluftprobe durch den Bescheid der belangten Behörde vom 6. Februar 1989 habe zur Folge, daß er deswegen nicht mehr hätte bestraft werden dürfen.

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen u.a. weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 sind u.a. bestimmte Straßenaufsichtsorgane berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, die gegenständliche Verwaltungsübertretung bestehe aus zwei wesentlichen Tatbestandsmerkmalen, die beide erfüllt sein müßten. Gegenüber dem Straferkenntnis der Erstbehörde vom 3. Jänner 1989 habe sich ein Tatbestandsmerkmal wesentlich geändert, weil dem Beschwerdeführer nunmehr zur Last gelegt werde, "um 16.30 Uhr in Linz, vor dem Haus X-Straße 37 ein Mofa in Betrieb genommen zu haben und dann um 16.50 Uhr am Wachzimmer Ontlstraße den Alkotest verweigert zu haben". Da auch § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 nicht nur von der Verweigerung des Alkotests, sondern auch von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 ausgehe, sei von einem völlig neuen Tatvorwurf auszugehen, der vom Einstellungsbescheid vom 6. Februar 1989 nicht erfaßt sei.

Das strafbare Verhalten bei einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 ist die Weigerung, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl eine rechtmäßige Aufforderung nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 ergangen ist. Rechtmäßig ist eine solche Aufforderung u. a. unter der Voraussetzung, daß vermutet werden kann, daß sich die betreffende Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet und in diesem Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen oder diesbezügliche Versuche angestellt hat. Die gemäß § 44a lit. a VStG 1950 im Spruch des Straferkenntnisses anzuführende "als erwiesen angenommene Tat" umfaßt aber nicht Zeit und Ort des vorangegangenen Lenkens bzw. Inbetriebnehmens sowie den Umstand, ob das Kfz gelenkt oder (lediglich auf dem Stand) in Betrieb genommen wurde; dies sind keine wesentlichen Tatbestandselemente, die in den Spruch aufgenommen werden müssen. Wann und wo die betreffende Person ein Kraftfahrzeug in Betrieb genommen oder gelenkt hat, muß sich vielmehr nur aus der Begründung ergeben, in der auszuführen ist, wieso die Verwaltungsstrafbehörde vom Vorliegen dieser Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Ablegung einer Atemluftprobe ausgeht, gegebenenfalls wieso trotz der Länge der seither verstrichenen Zeit noch im Verwaltungsstrafverfahren verwertbare Ergebnisse zu erwarten gewesen seien.

Daraus folgt, daß die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen der Verweigerung der Atemluftprobe an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit zur Folge hat, daß wegen dieser Verweigerung nur mehr im Wege der Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens eine Verwaltungsstrafe verhängt werden kann. Daraus folgt aber andererseits auch, daß die Berufungsbehörde, wenn sie meint, die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Vornahme der Atemluftprobe anders als die Erstbehörde begründen zu müssen, dies gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 auch tun kann, selbst wenn - wie hier - das Lenken oder Inbetriebnehmen des Kraftfahrzeuges auch nach Ort und Zeit konkretisiert im Spruch des Straferkenntnisses aufscheint. Sie nimmt damit keine ihr verwehrte Auswechslung der Tat vor. Die Tat, nämlich das strafbare Verhalten, bleibt gleich, nur ein Begründungselement wird geändert.

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer, ohne eine Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt zu haben (ob sie dazu berechtigt gewesen wäre, kann dahinstehen), einer Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt, hinsichtlich derer das Verwaltungsstrafverfahren bereits rechtskräftig eingestellt worden ist. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da dem Beschwerdeführer an Stempelgebührenersatz nur S 450,-- zugesprochen werden konnte, nämlich (außer den für die Vollmachtsurkunde zu entrichtenden S 120,--) lediglich S 240,-- für die beiden Beschwerdeausfertigungen (Beschwerdeausfertigungen sind unabhängig von der Zahl ihrer Bögen mit S 120,-- zu vergebühren) und S 90,-- für die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides (welcher nur in einer einzigen Ausfertigung der Beschwerde anzuschließen war).

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