VwGH 88/17/0021

VwGH88/17/00216.7.1990

1.) Dr. Erich N und 2.) Hermine N gegen Oberösterreichische Landesregierung vom 30. November 1987, Zl. BauR-8113/2-1987 See/Ja, betreffend Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn und des Gehsteiges einer öffentlichen Verkehrsfläche (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister)

Normen

BauO NÖ 1976 §20 Abs1;
BauO OÖ 1976 §20 Abs1;
BauO OÖ 1976 §20 Abs10;
BauO OÖ 1976 §58 Abs4;
BauO OÖ 1976 §58;
BauONov OÖ 1983 Art1 Z15;
BauO NÖ 1976 §20 Abs1;
BauO OÖ 1976 §20 Abs1;
BauO OÖ 1976 §20 Abs10;
BauO OÖ 1976 §58 Abs4;
BauO OÖ 1976 §58;
BauONov OÖ 1983 Art1 Z15;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In dem an die beiden Beschwerdeführer gerichteten Bescheid des Magistrates der Stadt Linz, Baurechtsamt, vom 23. Mai 1985 heißt es:

"Auf Grund der Bestimmungen der §§ 20, 21, 58 Abs. 4 65 und 66 der O.ö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 i.d.F.d. LGBl. Nr. 59/1980, 78/1982 und 82/1983, in Verbindung mit dem seit dem 25.10.1983 rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. NO 100/6 und der im Jahre 1979 erfolgten Herstellung der Fahrbahn bzw. der im Jahre 1984 erfolgten Herstellung des Gehsteiges, der dem mit ha. Bescheiden vom 30.3.1978 und 1.8.1978, je GZ. 601/Gr-35/78, bewilligten Bauplatz, Grundstücks Nr. 459/11 der Katastralgemeinde X (insgesamt 639 m2), vorgelagerten öffentlichen Verkehrsfläche Y-Weg sind die Eigentümer dieses Bauplatzes zu nachstehenden Anliegerleistungen verpflichtet:

a) Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen:

Auf Grund des im Jahre 1979 vorgenommenen Ausbaues der Fahrbahn der vorgelagerten öffentlichen Verkehrsfläche Y-Weg ist gemäß § 20 der O.ö. Bauordnung in Verbindung mit der Verordnung der O.ö. Landesregierung vom 15.11.1976, LGBl. Nr. 65, womit der bei der Berechnung des Beitrages zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen anzuwendende Einheitssatz festgesetzt wurde, ein Betrag von S 13.904,-- an die Stadt Linz zu entrichten.

b) Beitrag zu den Kosten der Herstellung des Gehsteiges öffentlicher Verkehrsflächen:

Auf Grund der im Jahre 1984 vorgenommenen Herstellung des Gehsteiges der vorgelagerten öffentlichen Verkehrsfläche Y-Weg ist gemäß § 21 der O.ö. Bauordnung, in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Linz vom 19.10.1978 betreffend die Festsetzung des Einheitssatzes zur Berechnung des Beitrages zu den Kosten der Herstellung des Gehsteiges öffentlicher Verkehrsflächen, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz, Nr. 22, vom 27.11.1978, ein Betrag von S 11.376,-- an die Stadt Linz zu entrichten. ..."

In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, die vorgenannten Beiträge gelangten an sich mit der Bauplatzbewilligung zur Vorschreibung. Da jedoch zu diesem Zeitpunkt über das ggstl. Gebiet die Bausperre Nr. 222 verhängt gewesen sei und überdies weder die Fahrbahn noch der Gehsteig der vorgelagerten öffentlichen Verkehrsfläche ausgebaut gewesen seien, habe die Vorschreibung auf Grund der Bestimmungen des § 58 Abs. 4 der O.ö. Bauordnung bzw. des § 20 Abs. 10 leg. cit. nachträglich erfolgen müssen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung und machten darin im wesentlichen geltend, im Beschwerdefall sei die im § 20 Abs. 1 bzw. 10 O.ö. Bauordnung vorgesehene zeitliche Reihenfolge nicht gewahrt, weil der Bebauungsplan erst NACH Erteilung der Bauplatzbewilligung rechtswirksam geworden sei.

Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1985 wurde dieser Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, die öffentliche Verkehrsfläche "Y-Weg" werde im Bereich der gegenständlichen Liegenschaft vom rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. NO 100/6, welcher vom Gemeinderat am 7. Juli 1983 beschlossen und im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 19 vom 10. Oktober 1983 kundgemacht worden sei, erfaßt. Zuvor, also im Zeitpunkt der Erteilung der Bauplatzbewilligung, habe die mit Gemeinderatsbeschluß vom 10. November 1977 verhängte und im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 23 vom 12. Dezember 1977 kundgemachte Bausperre Nr. 222 gegolten, der der Bebauungsplanentwurf Nr. NO 100/6 zugrunde gelegen sei. Wie sich aus den Feststellungen des Amtssachverständigen des Magistrats Linz, Tiefbauamt, vom 3. Mai 1984 und vom 1. März 1985 ergebe, seien die Fahrbahn des Y-Weges im Bereich des Grundstückes der Beschwerdeführer im Jahre 1979 und der Gehsteig im Jahre 1984 ausgebaut worden. Im Zeitpunkt der Erteilung der Bauplatzbewilligung sei der Y-Weg in keinem rechtswirksamen Bebauungsplan ausgewiesen gewesen. Dies sei erstmals im Bebauungsplanentwurf Nr. NO 100/6 der Fall gewesen. In einem solchen Fall ermögliche es die Bestimmung des § 58 Abs. 4 O.ö. Bauordnung, daß Anliegerleistungen nach dem Rechtswirksamwerden des Bebauungsplanes nachträglich vorgeschrieben werden könnten.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Darin brachten die Beschwerdeführer unter Beibehaltung ihres bisherigen Rechtsstandpunktes weiters noch vor, die mit Bescheid des Baurechtsamtes vom 30. Mai 1978 zunächst nur widerruflich erteilte Bauplatzbewilligung sei mit Bescheid der angeführten Behörde vom 1. August 1978 in eine definitive umgewandelt worden. Die Beschwerdeführer seien ebenso wie der Amtssachverständige hinsichtlich des Zeitpunktes der Gehsteigserrichtung einem Irrtum unterlegen. Tatsächlich sei sowohl die Herstellung der Fahrbahn als auch diejenige des Gehsteiges schon im Herbst 1979 erfolgt.

Mit Bescheid vom 1. August 1986 gab die oberösterreichische Landesregierung der Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1985 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Linz. Dies im wesentlichen mit der Begründung, nach den vorliegenden Aktenunterlagen sei die Verkehrsfläche "Y-Weg" im Bebauungsplan der Landeshauptstadt Linz Nr. NO 100/6 ausgewiesen. Eine sonstige Rechtsgrundlage für eine nähere rechtliche Qualifikation dieser Verkehrsfläche liege nicht vor. Nun müsse es sich nach § 20 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung bei der errichteten Verkehrsfläche um eine ÖFFENTLICHE handeln. Die bloße Festlegung bzw. Ausweisung des Verlaufes und der Breite der Verkehrsfläche im Bebauungsplan lasse allenfalls die "Vermutung" der Öffentlichkeit zu, bringe aber eine für die Vorschreibung von Anliegerleistungen im Rechtssinn notwendige Öffentlichkeit nicht mit sich. Insoweit fehle es im gegenständlichen Fall an dem im § 20 der O.ö. Bauordnung wesentlichen Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit der genannten Verkehrsfläche. Ein weiteres Eingehen auf das Vorstellungsvorbringen sei (daher) nicht notwendig gewesen.

Mit Bescheid vom 9. April 1987 gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt Linz der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 23. Mai 1985 (neuerlich) keine Folge. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, da der Y-Weg in keinem früheren Bebauungsplan ausgewiesen gewesen sei, bilde die oben genannte Bausperre den Anknüpfungspunkt für die Anliegerbeitragsvorschreibung und ersetze gemäß § 58 Abs. 5 O.ö. Bauordnung (alte Fassung) fiktiv den Bebauungsplan. Gemäß § 1 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 25. September 1986 (Amtsblatt Nr. 1/1987) würden alle im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der gegenständlichen Verordnung in einem rechtskräftigen Bebauungsplan, einer rechtskräftigen Bausperre oder in Gebieten, für die solche Bebauungsgrundlagen nicht rechtswirksam seien, im Grundbuchskataster als öffentliches Gut der Stadt Linz ausgewiesenen Verkehrsflächen als "Ortschaftswege" gewidmet. Die gegenständliche Verkehrsfläche sei somit nunmehr jedenfalls als öffentliche Verkehrsfläche anzusehen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer abermals Vorstellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die oberösterreichische Landesregierung in Punkt 1 des Spruches der Vorstellung hinsichtlich der Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten der Herstellung des GEHSTEIGES des "Y-Weges" Folge, hob den angefochtenen Bescheid in diesem Punkt auf und verwies diese Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz.

Mit Punkt 2. des Spruches gab die belangte Behörde der Vorstellung hinsichtlich der Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten der Herstellung der FAHRBAHN der öffentlichen Verkehrsfläche "Y-Weg" keine Folge. Dies im wesentlichen mit folgender Begründung:

Auf Grund der vorliegenden Aktenlage stehe fest, daß die der gegenständlichen Anliegerbeitragsvorschreibung zugrunde liegende öffentliche Verkehrsfläche "Y-Weg" entsprechend dem seit 25. Oktober 1983 rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. NO 100/6 der Landeshauptstadt Linz ausgebaut worden sei. Zum Zeitpunkt der Errichtung der erwähnten Verkehrsfläche im Bereich der hier in Rede stehenden Liegenschaft sei die Verkehrsfläche "Y-Weg" in der entsprechenden Breite aber jedenfalls schon im Bebauungsplan-Entwurf Nr. NO 100/6 der Landeshauptstadt Linz, welche die Grundlage für die im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 23 vom 12. Dezember 1977 kundgemachte Bausperre Nr. 222 gebildet habe, ausgewiesen gewesen. Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 1. August 1978 sei sodann das dem gegenständlichen Anliegerbeitrag zugrunde gelegte Grundstück (definitiv) als Bauplatz bewilligt worden. Der Ausbau bzw. die entsprechende Errichtung des "Y-Weges" sei unbestritten im Jahre 1979 erfolgt. Sowohl die Erteilung der Bauplatzbewilligung für das genannte Grundstück als auch der Ausbau des Y-Weges seien sohin erst nach Rechtswirksamkeit der obzitierten Bausperre erfolgt. Der gegenständliche Abgabenanspruch (siehe § 58 Abs. 5 der O.ö. Bauordnung) sei daher erstmalig mit der Rechtswirksamkeit des Bebauungsplanes Nr. NO 100/6 am 25. Oktober 1983 entstanden; von einer Verjährung der gegenständlichen Anliegerbeitragsverpflichtung könne daher keine Rede sein. Sowohl der genannte Bebauungsplan-Entwurf als auch der in der Folge erlassene rechtswirksame Bebauungsplan hätten den "Y-Weg" jedenfalls als (geplante) öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen. Im Sinne des § 20 Abs. 4 des O.ö. Raumordnungsgesetzes wiesen die in dem zitierten Bebauungsplan eingetragenen Straßenfluchtlinien eindeutig die Absicht aus, den "Y-Weg" als öffentliche Verkehrsfläche anzusehen. Die im Bescheid des Stadtsenates vom 9. April 1987 zitierte Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 25. September 1986 sei so gesehen nur die Folge dieser ursprünglich festgelegten Planung gewesen. Hinsichtlich des Beitrages zur Errichtung der Fahrbahn sei eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführer daher nicht erkennbar.

Hinsichtlich der Beitragsvorschreibung für die Errichtung des Gehsteiges sei bemerkt, daß nach Auffassung der belangten Behörde nicht mit Sicherheit feststehe, zu welchem Zeitpunkt die Gehsteigherstellung erfolgt sei. Wenngleich diese laut Stellungnahme des Tiefbauamtes vom 1. März 1985 im Juli 1984 erfolgt sein solle, werde im Berufungsbescheid zu den gegenteiligen Behauptungen der Beschwerdeführer nicht ausreichend Stellung bezogen. Weiters heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides wörtlich:

"Da der Zeitpunkt der Gehsteigherstellung insofern ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für eine Anliegerbeitragsvorschreibung im Sinne des § 21 der O.ö. Bauordnung darstellt, als der Gehsteig jedenfalls noch vor Rechtswirksamwerden des hier maßgebenden Bebauungsplanes bzw. der hier zugrunde gelegten Bausperrenverordnung errichtet worden sein muß. Da bei den hier durchaus stark divergierenden und des weiteren nicht näher überprüfbaren Zeitangaben nicht ausgeschlossen werden kann, daß die gegenständliche Gehsteigherstellung auch schon vor dem Jahre 1978 erfolgt sein könnte, liegt diesbezüglich ein wesentlicher Sachverhaltsmangel vor. Sohin aber konnte auch nicht ausgeschlossen werden, daß die Baubehörde bei Einholung weiterer Ermittlungen allenfalls zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, sodaß dadurch auch Rechte der Vorstellungswerber verletzt wurden."

Gegen diesen Bescheid richten sich die getrennt erstatteten, jedoch wörtlich übereinstimmenden Beschwerden der beiden Beschwerdeführer. Die Beschwerdeführer erachten sich nach ihrem Vorbringen in ihrem Recht auf Nichtauferlegung eines Anliegerbeitrages hinsichtlich der Kosten der Herstellung der Fahrbahn und des Gehsteiges der Verkehrsfläche "Y-Weg" verletzt. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, in eventu, der belangten Behörde aufzutragen, über den Antrag auf angemessene Ermäßigung der vorgeschriebenen Beiträge gemäß § 20 Abs. 9 O.ö. Bauordnung zu entscheiden.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten je eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragen.

Der Erst-Beschwerdeführer erstattete unaufgefordert eine weitere Äußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres engen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

Vorweg sei bemerkt, daß der hilfsweise gestellte Beschwerdeantrag verfehlt ist, weil dem Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über Bescheidbeschwerden lediglich kassatorische Funktion zukommt.

Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen der O.ö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976, in der Stammfassung hatten folgenden Wortlaut:

"§ 20

Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn

öffentlicher Verkehrsflächen

(1) Hat die Gemeinde nach Rechtswirksamwerden des Bebauungsplanes eine im Bebauungsplan ausgewiesene öffentliche Verkehrsfläche errichtet, so hat sie anläßlich der Bewilligung eines durch diese Verkehrsfläche aufgeschlossenen Bauplatzes (§ 4) oder der Vergrößerung eines solchen Bauplatzes oder einer solchen bebauten Liegenschaft (§ 7 Abs. 1 lit. b und c) einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung der Fahrbahn dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben.

(3) Die Höhe des Beitrages ist gleich dem Produkt aus der anrechenbaren Breite der Fahrbahn (Abs. 4), der anrechenbaren Frontlänge (Abs. 5) und dem Einheitssatz (Abs. 6).

(4) Anrechenbare Breite der Fahrbahn ist die Hälfte der im Bebauungsplan festgesetzten Fahrbahnbreite, höchstens jedoch sechs Meter.

(10) Wird eine im Bebauungsplan ausgewiesene öffentliche Verkehrsfläche von der Gemeinde erst nach Erteilung der Bewilligung eines durch diese Verkehrsfläche aufgeschlossenen Bauplatzes (§ 4) oder der Bewilligung der Vergrößerung eines solchen Bauplatzes oder einer solchen bebauten Liegenschaft (§ 7 Abs. 1 lit. b und c) errichtet, so ist der Beitrag anläßlich der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben. Die Bestimmungen der Abs. 2 bis 9 gelten mit der Maßgabe sinngemäß, daß der Beitrag erst nach der Beschlußfassung des Gemeinderates über die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche vorgeschrieben werden kann und daß der Beitrag drei Monate nach Rechtskraft der Vorschreibung fällig wird.

§ 21

Beitrag zu den Kosten der Herstellung des Gehsteiges

öffentlicher Verkehrsflächen

(1) Wird im Zuge einer im Bebauungsplan ausgewiesenen öffentlichen Verkehrsfläche ein Gehsteig errichtet, so hat die Gemeinde einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung dieses Gehsteiges vorzuschreiben.

(2) Hinsichtlich dieses Beitrages gelten die Bestimmungen des § 20 sinngemäß mit folgenden Abweichungen:

a) Anrechenbare Breite des Gehsteiges ist die im Bebauungsplan festgesetzte Gehsteigbreite, wenn der Gehsteig im Bebauungsplan aber nicht gesondert ausgewiesen ist, die Breite, in der der Gehsteig tatsächlich errichtet wird, in beiden Fällen aber höchstens eine Breite von drei Metern.

§ 58

Bausperre

(1) Der Gemeinderat kann durch Verordnung für ein bestimmtes Gebiet die Bausperre verhängen, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und die Verhängung der Bausperre im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung notwendig ist.

(3) Die Bausperre hat die Wirkung, daß Bauplatzbewilligungen (§ 4), Bewilligungen für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Liegenschaften (§ 7) und Baubewilligungen - ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß § 41 Abs. 1 lit. e - nur ausnahmsweise mit Zustimmung des Gemeinderates oder auf Widerruf erteilt werden dürfen, wenn anzunehmen ist, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplanes bzw. Bebauungsplanes nicht erschwert oder verhindert.

(5) Verpflichtungen, die sich bei Erteilung einer Bewilligung gemäß Abs. 3 ergeben hätten, wenn der neue oder geänderte Flächenwidmungsplan bzw. Bebauungsplan schon zur Zeit ihrer Erteilung rechtswirksam gewesen wäre, können nach dem Rechtswirksamwerden des Planes von der Baubehörde nachträglich vorgeschrieben werden, sofern die Bewilligung noch wirksam ist."

Durch die am 1. Jänner 1984 in Kraft getretene Bauordnungsnovelle 1983, LGBl. Nr. 82, ergaben sich in den zitierten Gesetzesstellen folgende Änderungen:

Im § 20 Abs. 1 hatte im ersten Satz der Ausdruck "nach Rechtswirksamwerden des Bebauungsplanes" zu entfallen.

Im § 58 Abs. 1 wurde das Wort "notwendig" durch das Wort "erforderlich" ersetzt und es wurde diesem Absatz folgender Satz angefügt:

"Der Gemeinderat hat anläßlich der Verhängung der Bausperre die beabsichtigte Neuplanung, die Anlaß für die Verhängung der Bausperre ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben."

§ 58 Abs. 3 erfuhr eine im Beschwerdefall nicht relevante, geringfügige Ergänzung.

Abs. 4 dieser Gesetzesstelle entfiel; der bisherige Abs. 5 wurde in die Neufassung wortgleich als Abs. 4 übernommen.

Im Beschwerdefall konnte die gegenständliche Beitragsvorschreibung zutreffenderweise nur auf die Bestimmung des § 20 Abs. 10 der O.ö. Bauordnung gestützt werden, weil die Errichtung der Fahrbahn UND des Gehsteiges jedenfalls (hinsichtlich des Gehsteiges auch nach den Behauptungen der Beschwerdeführer) im Jahre 1979, also NACH der Bauplatzbewilligung erfolgte. Die übrigen oben zitierten Bestimmungen sind nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben hinsichtlich des Beitrages zu den Kosten der Herstellung der FAHRBAHN jedenfalls in der Stammfassung anzuwenden, weil diesbezüglich der Abgabentatbestand durch die Errichtung der Fahrbahn im Jahre 1979 verwirklicht wurde. Hinsichtlich des GEHSTEIGES steht bisher nicht fest, ob er - wie die Beschwerdeführer behaupten - gleichfalls im Jahre 1979 oder - wie die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde annahmen - erst im Jahre 1984 errichtet wurde. Im letztgenannten Falle wären die zitierten Bestimmungen in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1983 anzuwenden. Dies macht jedoch im Ergebnis keinen Unterschied, weil - wie noch auszuführen sein wird - die beiden Fassungen in dem hier entscheidenden Punkt keinen relevanten Unterschied aufweisen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan hat, ist Voraussetzung für den hier gegenständlichen Abgabenanspruch die Beachtung der im Gesetz vorgesehenen zeitlichen Reihenfolge. Danach war im Falle des § 20 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung in der Stammfassung folgende Reihenfolge einzuhalten: Ausweisung der öffentlichen Verkehrsfläche im Bebauungsplan, Rechtswirksamwerden dieses Bebauungsplanes, Errichtung der im Bebauungsplan ausgewiesenen Verkehrsfläche, Bauplatzbewilligung. Lag - wie hier - ein Fall des § 20 Abs. 10 BauO vor (Errichtung einer im Bebauungsplan ausgewiesenen öffentlichen Verkehrsfläche NACH Bauplatzbewilligung etc.), so lautete diese Reihenfolge: Rechtswirksamer Bebauungsplan mit ausgewiesener öffentlicher Verkehrsfläche, Erteilung der Bauplatzbewilligung, Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche. In beiden Fällen mußte es sich um die Errichtung einer im Bebauungsplan ausgewiesenen öffentlichen Verkehrsfläche handeln, und zwar um eine Errichtung NACH Rechtswirksamwerden dieses Bebauungsplanes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 1982, Slg. N.F. Nr. 10.663/A, vom 21. November 1986, Zl. 84/17/0161, vom 20. Mai 1988, Zl. 86/17/0178, und vom heutigen Tage, Zl. 87/17/0225, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Wie der Verwaltungsgerichtshof in den zitierten Erkenntnissen vom 21. November 1986, Zl. 84/17/0161, vom 20. Mai 1988, Zl. 86/17/0178, und vom 22. Juni 1990, Zl. 87/17/0225, weiters ausgeführt hat, hat sich am Erfordernis der Einhaltung der vorhin erwähnten zeitlichen Reihenfolge durch die O.ö. Bauordnungsnovelle 1983 grundsätzlich nichts geändert. Der durch Art. I Z. 15 dieser Novelle angeordnete Entfall der Worte "nach Rechtswirksamwerden des Bebauungsplanes" im § 20 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung sollte nämlich nur bewirken, daß die Gemeinde schon vor Rechtswirksamwerden des Bebauungsplanes den erwähnten Beitrag vorzuschreiben in der Lage ist. Nach wie vor muß es sich jedoch um eine im Bebauungsplan ausgewiesene öffentliche Verkehrsfläche handeln. Eine NICHT IN AUSFÜHRUNG DIESES BEBAUUNGSPLANES erfolgte Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche stellt im Sinne dieser Rechtsprechung keinen für den Abgabenanspruch gemäß § 20 Abs. 1 O.ö. Bauordnung relevanten Umstand dar. Nichts anderes kann auch für einen nach § 20 Abs. 10 Bauordnung zu beurteilenden Fall gelten.

In seinem bereits mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 21. November 1986, Zl. 84/17/0161, hat der Verwaltungsgerichtshof weiters dargetan, daß es sich in einem Fall des § 58 Abs. 5 BauO in der Stammfassung (Abs. 4 idF der Bauordnungsnovelle 1983) nicht anders verhält, dies allerdings mit der Besonderheit, daß der Gesetzgeber in diesem Fall vom Erfordernis des Rechtswirksamwerdens des Planes auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten der Novelle 1983 nicht abgesehen hat und in diesem Fall der Bebauungsplan erst nach Erteilung der Bauplatzbewilligung rechtswirksam wird. Der Gerichtshof hat dort unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 19. Juni 1985, Slg. N.F. Nr. 6013/F, auch ausgeführt, daß dann, wenn während einer Bausperre eine definitive Bauplatzbewilligung erteilt wird, die Bausperre die gemäß § 20 Abs. 1 (hier: Abs. 10) BauO zur Pflicht gemachte Beitragsvorschreibung zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn einer öffentlichen Verkehrsfläche, welche in einem FRÜHEREN Bebauungsplan ausgewiesen war, nicht hindert. Es war jedoch verfehlt, wenn die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Partei (vgl. hiezu die Begründung des Berufungsbescheides vom 9. April 1987) offenbar aus diesen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1985 den Schluß zogen, daß dann, wenn die öffentliche Verkehrsfläche in einem früheren Bebauungsplan NICHT ausgewiesen war, die BAUSPERRE den Anknüpfungspunkt für die Anliegerbeitragsvorschreibung bilde und gemäß § 58 Abs. 5 O.ö. Bauordnung (Stammfassung) bzw. Abs. 4 (Fassung der Bauordnungsnovelle 1983) "fiktiv" den Bebauungsplan ersetze. Ebensowenig kam es entgegen der Auffassung des angefochtenen Vorstellungsbescheides darauf an, ob die gegenständliche Verkehrsfläche in einem Bebauungsplan-ENTWURF als GEPLANTE öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen war.

Dies erhellt im übrigen auch daraus, daß erst mit der Bauordnungsnovelle 1983 in § 58 Abs. 1 BauO die Verpflichtung des Gemeinderates aufgenommen wurde, anläßlich der Verhängung der Bausperre die BEABSICHTIGTE Neuplanung, die Anlaß für die Verhängung der Bausperre ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben. Im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Bausperre Nr. 222 am 13. Dezember 1977 bestand eine solche gesetzliche Verpflichtung noch nicht. Folgte man der Auffassung der belangten Behörde, dann hinge das Entstehen der gegenständlichen Beitragspflicht davon ab, ob der betreffende Gemeinderat anläßlich der von ihm verhängten Bausperre dessenungeachtet auch einen Bebauungsplan-Entwurf oder eine ähnliche Umschreibung der beabsichtigten Neuplanung in ihren Grundzügen beschlossen hätte.

Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß auch das hg. Erkenntnis vom 21. November 1986, Zl. 84/17/0161, einen Fall betraf, in welchem während der Bausperre Nr. 222 die damals gegenständliche widerrufliche Bauplatzbewilligung mit Zustimmung des Gemeinderates in eine definitive Bewilligung umgewandelt wurde und die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen auf den für das damals gegenständliche Gebiet zwischenzeitig rechtswirksam gewordenen Bebauungsplan Nr. NO 100/6 gestützt wurde. Der Gerichtshof verwies damals auf den Umstand, es sei nicht festgestellt, daß ein früherer Bebauungsplan vorgelegen und daß die Herstellung der Fahrbahn auf Grund dieses Bebauungsplanes erfolgt sei. Daß beim Nichtzutreffen dieser Voraussetzungen die Bausperre oder ein ihr zugrunde gelegter Bebauungsplan-Entwurf den Bebauungsplan ersetzen könne, ist diesem Erkenntnis nicht zu entnehmen.

Tatsächlich lagen also im Beschwerdefall die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen nicht vor. Die vom Beschwerdeführer weiters aufgeworfene Frage der Verjährung eines solchen Abgabenanspruches stellt sich daher nicht. Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Y-Weg als ÖFFENTLICHE Verkehrsfläche anzusehen ist noch auch darauf, ob - im Sinne des ergänzenden Vorbringens des Erst-Beschwerdeführers in seinem Schriftsatz vom 23. November 1988 - die Breite der Fahrbahn im Bebauungsplan ausgewiesen war. Schließlich ist auch die vom Beschwerdeführer allenfalls angestrebte Ermäßigung der vorgeschriebenen Beiträge gemäß § 20 Abs. 9 O.ö. Bauordnung gegenstandslos. Soweit der Beschwerdeführer freilich meint, angesichts des zwischen der definitiven Bauplatzbewilligung und der Beitragsvorschreibung vergangenen Zeitraumes sei das gesetzliche Merkmal "anläßlich" nicht mehr erfüllt, ist er abermals auf das bereits mehrfach erwähnte Erkenntnis vom 19. Juni 1985, Slg. N.F. Nr. 6013/F, sowie weiters auf das Erkenntnis vom 18. April 1986, Zl. 84/17/0199, zu verweisen, wonach dieses im § 20 Abs. 1 O.ö. Bauordnung enthaltene Wort lediglich den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches bestimmt und nicht bedeutet, daß die Abgabe nur gleichzeitig mit dem Bauplatzbewilligungsbescheid vorgeschrieben werden dürfte.

Da die belangte Behörde aus den oben genannten Gründen den Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt Linz vom 9. April 1987, soweit er den Beitrag zu den Kosten der Herstellung der FAHRBAHN betrifft, nicht aufgehoben hat, hat sie ihrerseits ihren Bescheid diesbezüglich mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Dasselbe gilt aber auch hinsichtlich des Spruchpunktes 1, mit dem der Bescheid des Stadtsenates hinsichtlich des Beitrages zu den Kosten der Herstellung des GEHSTEIGES aufgehoben wurde. Diese Aufhebung erfolgte lediglich deshalb, weil nach der Aktenlage nicht feststehe, zu welchem Zeitpunkt die Gehsteigherstellung erfolgt sei, und weil die Baubehörde bei Einholung weiterer Ermittlungen zu dieser Frage allenfalls zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre.

Auch hiebei ist die belangte Behörde von einer unrichtigen Rechtsauffassung ausgegangen. Ganz abgesehen davon, daß nicht zu erkennen ist, wieso die gegenständliche Gehsteigherstellung auch schon vor dem Jahre 1978 erfolgt sein könnte - die Beschwerdeführer haben unter Vorlage von Lichtbildern lediglich behauptet, daß der Gehsteig im Jahre 1979 errichtet wurde, während die Behörden des Abgabenverfahrens von einem Zeitpunkt im Jahre 1984 ausgingen -, wurde oben schon dargelegt, daß dieser zeitlichen Divergenz keine rechtliche Bedeutung zukommt. Denn gemäß § 21 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung gelten für den Beitrag zu den Kosten der Herstellung des Gehsteiges öffentlicher Verkehrsflächen die Bestimmungen des § 20 mit gewissen, hier nicht relevanten Abweichungen sinngemäß. Daher gilt auch für den hier gegenständlichen Beitrag, daß sich am Erfordernis der Einhaltung der oben erwähnten zeitlichen Reihenfolge durch die O.ö. Bauordnungsnovelle 1983 grundsätzlich nichts geändert hat. Sowohl nach der im Jahre 1979 als auch nach der im Jahre 1984 herrschenden Rechtslage mußte auch für die Entstehung eines Abgabenanspruches nach § 21 leg. cit. unter anderem eine im Bebauungsplan ausgewiesene öffentliche Verkehrsfläche vorliegen, was im Beschwerdefall - wie dargelegt - nicht gegeben war.

Umso verfehlter ist die aus der oben wörtlich wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides trotz deren mangelhafter sprachlicher Fassung entnehmbare Rechtsauffassung der belangten Behörde, der Gehsteig müsse "jedenfalls noch vor Rechtswirksamwerden des hier maßgebenden Bebauungsplanes bzw. der hier zugrunde gelegten Bausperreverordnung errichtet worden sein", um den Abgabenanspruch zum Entstehen zu bringen. Das Gegenteil ist der Fall; auf die Bausperre kommt es - wie erwähnt - überhaupt nicht an.

Da die belangte Behörde den Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde in diesem Punkt eine unrichtige Rechtsauffassung überbunden hat, hat sie ihren Bescheid auch in diesem Punkt mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

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