VwGH 88/05/0264

VwGH88/05/026411.12.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde von 46 Beschwerdeführern, alle vertreten durch Mag. L, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 7. November 1988, Zl. MDR-B XX-17/87, wegen Nichtigerklärung eines Bescheides, Wiederaufnahme, Zuerkennung der Parteistellung und Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Parteien: 1) X-Warenhandel Gesellschaft m.b.H. & Co KG,

2) Y-Handelsgesellschaft m.b.H.), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §825;
AVG §52;
AVG §63 Abs1;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwRallg;
WEG 1948;
WEG 1975;
ZPO §477 Z5;
ABGB §825;
AVG §52;
AVG §63 Abs1;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwRallg;
WEG 1948;
WEG 1975;
ZPO §477 Z5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchteil I 2) (Abweisung der Zuerkennung der Parteistellung) und II (Zurückweisung der Berufung gegen die Baubewilligung) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 23. Juli 1987 wurde der zweitmitbeteiligten Partei (Mieterin der erstmitbeteiligten Partei) gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) die teilweise nachträgliche Bewilligung erteilt, nach dem mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plan auf der Liegenschaft in Wien, Z-Straße nn, EZ nnn1 der KG W, die nachstehend beschriebene Bauführung vorzunehmen:

"Die Raumteilung im Keller der Stiege 2 wurde im Bereich der Lagerräume geändert, wobei die errichteten Scheidewände nunmehr brandbeständig ausgeführt werden sollen. Weiters wurde die Raumteilung im Bereich der Lagerräume im Erdgeschoß der Stiegen 1 und 2 lt. Plan abgeändert. In der Trennwand zwischen dem Lagerraum im Erdgeschoß und dem anschließenden Garagengebäude im Hof wurde eine Türöffnung hergestellt und eine hochbrandhemmende Türe versetzt. Zwischen dem Lager der Stiege 1 im Erdgeschoß und der Wohnung Nr. 5 im 1. Stock der Stiege 1 wurde eine Verbindung in Form einer stählernen Stiege geschaffen. Das Kabinett derselben Wohnung an der Hausecke wird als Büro gewidmet. Die Qualifikation dieser ursprünglich mit 4 Aufenthaltsräumen (außer der Küche) ausgestatteten Wohnung geht durch die Umwidmung von zweien dieser Räume (1 x Büro, 1 x Stiege + Vorraum) nicht verloren.

 

Im Gefolge der Bewilligung der bereits vor längerer Zeit ausgeführten Verbindungsstiege soll nunmehr die Abtrennung des Stiegenraumes von der verbleibenden Wohnung durch Errichten einer brandbeständigen Mauer bzw. Versetzen von brandhemmenden Türen in dieser Mauer und an Stelle der vorhandenen Türe zu dem Büro, vollzogen werden.

 

Weiters sollen im Lagerbereich im Erdgeschoß der Stiege 1 neben dem Müllraum Sanitärräume geschaffen werden."

 

Mit Schreiben vom 1. September 1987 beantragte der Verwalter des Hauses namens der Beschwerdeführer (der übrigen Wohnungseigentümer des Hauses) die Nichtigerklärung dieses Bescheides, in eventu die Zuerkennung der Parteistellung und die Wiederaufnahme des Verfahrens unter Beiziehung sämtlicher Miteigentümer als Parteien des Verfahrens. Die Beschwerdeführer als Miteigentümer der Liegenschaft seien zu Unrecht dem Verfahren über die Erlangung der Baubewilligung für die zweitmitbeteiligte Partei nicht beigezogen worden.

Weiters erhob der Verwalter namens der Beschwerdeführer Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid vom 4. September 1987, wobei er ausführte, daß die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer jedenfalls für zwei Baumaßnahmen erforderlich sei:

"1) Die Bewilligung einer Verbindung zwischen dem Lager der Stiege 1 im Erdgeschoß und der Wohnung Top Nr. 5 im 1. Stock der Stiege 1 in Form einer stählernen Stiege, wobei ein Teil der Decke zwischen dem Erdgeschoß und dem 1. Stock entfernt wurde;

2) die Umwidmung eines Kabinetts der Wohnung Top Nr. 5 im

1. Stock der Stiege 1 in ein Büro."

 

Über die Anträge auf Nichtigerklärung und Zuerkennung der Parteistellung führte die Baubehörde erster Instanz Ermittlungen über den Einfluß der Baumaßnahmen auf die Statik durch. In einem Amtsgutachten vom 3. Dezember 1987 gab der Sachverständige der Magistratsabteilung 35 an, daß der Einbau der Stahlstiege sowie die Entfernung der Stahlbetondecke über dem Erdgeschoß auf Grund der Ausführungspläne und der dazugehörigen statischen Berechnung eines namentlich genannten Zivilingenieurs vom 6. August 1971 STATISCH MÖGLICH sei, ohne daß die Standsicherheit der übrigen Bauteile bzw. des Hauses selbst gefährdet werde. In einem weiteren Gutachten vom 1. März 1988 wurde dies insofern ergänzt, als das Ergebnis, daß der Einbau der Verbindungsstiege vom Erdgeschoß in den 1. Stock auf Stiege 1 "nicht von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses" sei, wie folgt begründet wurde:

  1. "a) Dem Einbau der Stiege ging die Entfernung der Decke über Erdgeschoß in jenem Bereich voraus, in dem die Stiege errichtet wurde. Das bedeutet eine Entlastung der die Decke tragenden Bauteile, nämlich der Unterzüge, Säulen und Fundamente um das Eigengewicht der Decke und die Nutzlast (8 kN/m2).

 

Die Stiegenkonstruktion und die Nutzlast der Stiege bringt wieder eine Belastung der Unterzüge (ca. 4,5 kN/m2).

 

Aus dem Vergleich der entfallenden (8 kN/m2) und der neu hinzukommenden Lasten (ca. 4,5 kN/m2) wird geschlossen, daß die Unterzüge, Säulen und Fundamente entlastet werden und daher zufolge des Stiegeneinbaues keine zusätzliche Beanspruchung anderer, bestehender Bauteile und somit des Hauses in seiner Gesamtheit hervorgerufen werden.

 

  1. b) Zu dem in der Berufung zu 1. (Einbau der Stiege EG - 1. Stock und Entfernung der Decke in diesem Bereich) vorgebrachten Einwand:

    'Einfluß auf die statischen Verhältnisse eines Hauses hat aber jede Änderung konstruktiver Teile, zu denen sicherlich auch die Geschoßdecken zählen, da diese die Festigkeit und Verwindungsbeständigkeit eines Hauses wesentlich mitbestimmen' wird angeführt:

    Bezüglich der 'Festigkeit des Hauses' siehe 4a).

 

Was die angeführte 'Verbindungsbeständigkeit' anlangt, wird bemerkt, daß es für die Errichtung eines derartigen Objektes einen Nachweis einer solchen nicht gibt und er daher auch nicht erforderlich sein kann. Sollte unter 'Verbindungsbeständigkeit' die aussteifende Wirkung der Decken für das Haus gemeint sein und durch die Entfernung der Decke im neu geschaffenen Stiegenbereich eine Minderung der Aussteifung desselben befürchtet werden, so ist diese Befürchtung unbegründet, da nach den Regeln der Technik auch nach Entfernung der Decke im Stiegenhausbereich die ausreichende Aussteifung des Hauses gegeben ist."

 

Hiezu wiesen die Beschwerdeführer durch ihren Vertreter darauf hin, aus dem Gutachten ergebe sich durchaus, daß der Einbau der Verbindungsstiege von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses sei, jedoch dadurch keine Gefährdung der Gesamtkonstruktion auftrete.

Mit Bescheid vom 4. September 1987 wies der Magistrat der Stadt Wien die Anträge auf amtswegige Nichtigerklärung des Bescheides vom 23. Juli 1987, auf Zuerkennung der Parteistellung für die Beschwerdeführer in diesem Verfahren bzw. auf Wiederaufnahme des Verfahrens unter Beiziehung sämtlicher Miteigentümer als Parteien ab. Begründend führte die Baubehörde unter Hinweis auf § 63 Abs. 1 lit. c und § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO) in der Fassung der Novelle 1987 aus, daß die dort normierten Voraussetzungen dafür, daß die Erteilung der Baubewilligung lediglich die Zustimmung des betroffenen Wohnungseigentümers (und nicht auch die der übrigen Miteigentümer) erfordere, gegeben seien. Durch die nachträgliche Bewilligung der Ausführung des Gebäudes ohne eine Decke zwischen einem Raum der Wohnung Nr. 5 der Stiege 1 und dem darunterliegenden Lagerraum habe sich an den statischen Verhältnissen des Hauses nichts geändert. Diese seien gleich geblieben, lediglich die Bewilligungsverhältnisse seien dadurch verändert worden. Die Baubehörde sei der Auffassung, daß sich die statischen Verhältnisse eines (ganzen) Hauses dann veränderten, wenn die maßgebliche Veränderung der Belastung der Lastableitung dienenden Bauteile einträten bzw. neue der Ableitung der Lasten des Hauses dienende Bauteile eingebaut würden. Dies treffe aber nicht zu, da durch das Wegfallen eines Teiles der Decke über dem Erdgeschoß die ansonsten sich ergebenden Lasten gar nicht auftreten könnten. Darüber hinaus sei das Haus bereits unter Berücksichtigung der nunmehr bewilligten Verhältnisse errichtet worden.

Die Umwidmung eines Kabinetts der mit ursprünglich vier Aufenthaltsräumen (außer der Küche) ausgestatteten Wohnung Nr. 5 der Stiege 1 auf Büro vermag an der Qualifikation dieser Bestandeinheit als Wohnung nichts zu ändern, da weiterhin die hiefür nach § 90 BO erforderlichen Räume, nämlich eine Küche, ein Zimmer, ein Kabinett (mit zusammen ca. 54 m2 Nutzfläche, also mehr als 35 m2) und die vorzusehenden Nebenräume vorhanden seien. Das Gebäude befinde sich nicht in einer Schutzzone (§ 7 BO), sodaß die Bestimmungen des § 6 Abs. 17 BO nicht anwendbar seien.

Auch gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer, im wesentlichen aus den bereits in der Berufung gegen die Baubewilligung angeführten Gründen, Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde

I) über die Berufung gegen den Bescheid des Magistrates vom 4. September 1987 dahin, daß

1) die Abweisung des Antrages auf amtliche Nichtigerklärung des Baubewilligungsbescheides vom 23. Juli 1987 behoben und der Antrag gemäß § 68 Abs. 4 AVG 1950 zurückgewiesen werde,

2) die Berufung hinsichtlich der Abweisung der Zuerkennung der Parteistellung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen und dieser Bescheidteil bestätigt werde, und

3) der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens unter Beiziehung sämtlicher Miteigentümer als Parteien gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zurückgewiesen werde;

II) über die Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid vom 23. Juli 1987 dahin, daß diese Berufung als unzulässig zurückgewiesen werde.

Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß die Liegenschaft im Miteigentum mehrerer Eigentümer stehe und Wohnungseigentum begründet worden sei. Die Erstmitbeteiligte sei Miteigentümerin (Wohnungseigentümerin), Mieterin der ihr zur Nutzung zustehenden Objekte sei die Zweitmitbeteiligte, die um Baubewilligung für bauliche Abänderungen im Keller, Erdgeschoß und 1. Stock des genannten Hauses angesucht habe; dieses Ansuchen sei durch die Erteilung der Baubewilligung ohne Beiziehung der Miteigentümer der anderen Objekte erledigt worden, da diesen Miteigentümern an den von der Baubewilligung betroffenen Objekten kein Nutzungsrecht zustehe. Im einzelnen führte die belangte Behörde zu Punkt I) 1) aus, daß gemäß § 68 Abs. 4 AVG 1950 ein Bescheid in Ausübung des Aufsichtsrechtes nur von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde für nichtig habe erklärt werden können; die Behörde in erster Instanz sei hiezu nicht zuständig gewesen, sodaß dieser Bescheidteil wegen Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz zu beheben gewesen sei. Da gemäß § 68 Abs. 7 AVG 1950 auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes niemandem ein Anspruch zustehe und die belangte Behörde keinen Anlaß zur Nichtigerklärung gesehen habe, sei dieser Antrag zurückgewiesen worden.

Zur Frage der Parteistellung der Beschwerdeführer ging die belangte Behörde davon aus, daß das Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung nach Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 28/1987 eingebracht worden sei, sodaß die Bauordnung in der Fassung dieser Novelle anzuwenden sei. Durch das Bauvorhaben werde weder eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes oder der baulichen Anlage bewirkt, noch würden gemeinsame Teile des Hauses in Anspruch genommen. Die Umwidmung von Wohnungen auf Arbeitsräume, Büroräume und dgl. liege nicht vor, da entsprechend dem Antrag nur EIN Wohnraum (Kabinett) als Büro gewidmet worden sei. Eine derartige Umwidmung begründe aber nach § 134 Abs. 3 BO keine Parteistellung der Miteigentümer, da diese Bestimmung die Umwidmung ganzer Wohnungen auf Arbeits- oder Büroräume voraussetze. Ob tatsächlich die ganze Wohnung als Büro- bzw. Gefolgschaftsraum verwendet werde, sei nicht Gegenstand der Baubewilligung, da diese ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt sei, sodaß es auf das Ansuchen ankomme.

Zur Frage, ob der Einbau der Verbindungsstiege von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses sei, seien während des Berufungsverfahrens zwei Gutachten eingeholt worden. Daraus habe sich ergeben, daß der Einbau der Stahlstiege sowie die Entfernung der Stahlbetondecke über Erdgeschoß statisch möglich sei, ohne daß die Standsicherheit der übrigen Bauteile bzw. des Hauses selbst gefährdet würde. In einem weiteren Gutachten sei der Amtssachverständige zu dem Ergebnis gekommen, daß der Einbau nicht von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses sei, wobei das schon oben wiedergegebene Gutachten dargestellt wurde. Da dieses Gutachten, dem die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten seien, nachvollziehbar und durchaus plausibel sei, sei es der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Durch die restriktive Auslegung durch die Beschwerdeführer werde die Absicht des Gesetzgebers, in bestimmten Fällen weder die Zustimmung der Miteigentümer zu benötigen noch deren Parteistellung zu determinieren, vereitelt. Damit sei der Antrag um Zuerkennung der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren abzulehnen gewesen. Mangels Parteistellung der Miteigentümer sei auch deren Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens unter Beiziehung sämtlicher Miteigentümer zurückzuweisen gewesen, da gemäß § 69 Abs. 1 AVG 1950 die Zulässigkeit der Wiederaufnahme an den Antrag einer Partei geknüpft sei.

Schließlich sei (Spruchteil II) die gleichzeitig mit dem Antrag vom 1. September 1987 eingebrachte Berufung gegen die Erteilung der Baubewilligung ebenfalls mangels Parteistellung der Miteigentümer als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid in seiner Gesamtheit richtet sich die vorliegende Beschwerde, wobei sich die Beschwerdeführer durch Verweigerung ihrer Parteistellung und die Durchführung eines mangels Beiziehung sämtlicher Miteigentümer als Parteien nichtigen Verfahrens in ihren Rechten verletzt erachten.

Sowohl die belangte Behörde als auch die erstmitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

 

I) Zur Parteistellung (Spruchteil I 2) und II):

 

Nach § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle vom 22. Mai 1987, LGBl. Nr. 28, sind im Baubewilligungsverfahren außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien; im Falle des Wohnungseigentums ist nur der betreffende Wohnungseigentümer Partei, wenn das Bauvorhaben nicht von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses oder der baulichen Anlage ist, oder wenn das Bauvorhaben weder eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes oder der baulichen Anlage bewirkt, noch gemeinsame Teile des Hauses, der baulichen Anlage oder der Liegenschaft in Anspruch nimmt, noch die Umwidmung von Wohnungen auf Arbeitsräume, Büroräume, Verkaufsräume, Versammlungsräume, Gaststätten und Räume mit ähnlicher Funktion sowie Lagerräume betrifft.

Die Beschwerdeführer haben die ihnen danach auch als Wohnungseigentümer verbliebene Parteistellung (und das nach § 63 Abs. 1 lit. c BO in der zitierten Fassung gleichartig geregelte Zustimmungserfordernis) auf den Durchbruch durch die Decke zwischen Keller und Parterreräumen unter Errichtung einer Stiege sowie auf die Umwandlung einzelner Wohnräume in Büroräume gestützt.

Die Umwidmung einzelner Räume einer Wohnung, ohne daß diese als solche verloren ginge, kann, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, nicht der Umwidmung "von Wohnungen", also des gesamten Objektes, gleichgehalten werden. Damit besteht nach § 134 Abs. 3 BO im Verfahren zur Erlangung einer Baubewilligung (sofern eine solche überhaupt erforderlich ist) keine Parteistellung der anderen Wohnungseigentümer, und damit auch nicht das Erfordernis ihrer Zustimmung gemäß § 63 Abs. 1 lit. c leg. cit. Insofern hat die belangte Behörde die Parteistellung der Beschwerdeführer zu Recht verneint.

Anders stellt sich die rechtliche Situation hinsichtlich des Deckendurchbruches dar. Die belangte Behörde ist dabei vor allem ohne weiteres davon ausgegangen, daß gemeinsame Teile des Hauses nicht beansprucht worden seien. Mit Recht weisen jedoch die Beschwerdeführer darauf hin, daß durch den Deckendurchbruch und die Stiege zwei bisher gesonderte Objekte zu einer Einheit verbunden wurden. Wenn sie dies auch vor allem unter dem Gesichtspunkt der sich möglicherweise daraus ergebenden Nutzwertänderung sehen und dabei offenbar verkennen, daß es ihnen ungeachtet einer von einem Wohnungseigentümer erwirkten Baubewilligung freisteht, auf Unterlassung von Baumaßnahmen zu klagen, durch die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer verletzt werden KÖNNEN, solange keine Genehmigung des Außerstreitrichters vorliegt (z.B. MietSlg. Nr. 38.671 und Nr. 39.615), so sind diese Ausführungen unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme gemeinsamer Teile des Hauses von Bedeutung. Denn das besondere Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers, das sich im Wohnungseigentumsrecht manifestiert und dieses vom schlichten Miteigentum unterscheidet, erfaßt lediglich das Innere des Objektes; sowohl an den Außenmauern als auch an den Mauern zwischen verschiedenen Objekten, daher auch den Decken zwischen solchen, steht den einzelnen Wohnungseigentümern kein (ausschließliches) Nutzungsrecht zu, diese Bauteile stehen als gemeinsame Teile des Hauses in der "Nutzung" aller Miteigentümer. Für die Frage, ob eine Decke, wie sie hier durchbrochen wurde, zwischen zwei Wohnungseigentumsobjekten besteht, oder einen Vorgang im Rahmen EINES Wohnungseigentumsobjektes darstellt, kommt es ausschließlich auf die Festlegung der Objekte in der Nutzwertfestsetzung (bzw. Parifizierung nach dem WEG 1948) und den darauf beruhenden Wohnungseigentumsvertrag an, wobei durch die Einverleibung im Grundbuch eine Verdinglichung bewirkt wird. Hingegen ist bedeutungslos, ob mehrere Wohnungseigentumsobjekte zufällig im Eigentum desselben Wohnungseigentümers stehen. Nach den vorliegenden Unterlagen - die Baubehörden haben ausgehend von einer anderen Rechtsansicht jegliche Prüfung dieser Frage unterlassen - scheinen die Lagerräume im Keller und die Räume im Erdgeschoß (Wohnung?) baubehördlich als getrennte Objekte ausgewiesen und dementsprechend der Mietwertberechnung der zentralen Schlichtungsstelle des Magistrates der Stadt Wien vom 31. August 1972 zugrundegelegt worden zu sein. Damit ergibt sich aber die Parteistellung (und das Erfordernis der Zustimmung) der Beschwerdeführer schon aus der Inanspruchnahme gemeinsamer Teile des Hauses.

Überdies kann der Ansicht der belangten Behörde nicht gefolgt werden, daß die Parteistellung auch dann zu verneinen ist, wenn sich erst durch statische Berechnungen und Sachverständigengutachten ergibt, daß das Bauvorhaben "nicht von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses" ist. Vielmehr muß diese Bestimmung so verstanden werden, daß immer dann, wenn bestimmte Baumaßnahmen Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses haben können, die Parteistellung der übrigen Miteigentümer gegeben ist. Es wäre auch sinnwidrig, erst durch die Einholung statischer Gutachten die Frage der Parteistellung zu beantworten.

Da die belangte Behörde daher zu Unrecht den Beschwerdeführern hinsichtlich des gesamten Bauvorhabens die Parteistellung aberkannt hat, belastete sie den Spruchteil I 2) und II mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb insoweit der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

 

II) Zum Antrag auf Nichtigerklärung:

 

Zu Recht und unabhängig von der Parteistellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde den Antrag auf Nichtigerklärung der erteilten Baubewilligung zurückgewiesen. Den Beschwerdeführern schwebte bei ihrem Antrag offenbar eine dem § 477 Z. 5 ZPO entsprechende Nichtigkeit mangels Beiziehung aller Parteien vor, die dem Verwaltungsverfahren in dieser Form fremd ist. Ebenso wie dem übergangenen Nachbar steht auch dem übergangenen Miteigentümer lediglich das Recht der Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid zu, in der er alles das nachtragen kann, was er im Verfahren vor der Baubehörde erster Instanz hätte vorbringen können.

Damit war die Beschwerde hinsichtlich des Spruchteiles I 1) des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

 

III) Zum Wiederaufnahmeantrag (Spruchteil I 3):

 

Gemäß § 69 Abs. 1 AVG 1950 setzt der Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens voraus, daß ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist. Da die belangte Behörde jedoch über die Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid erst meritorisch zu entscheiden hat, liegt diese Voraussetzung nicht vor. Da der Antrag sohin aus diesem Grund zurückzuweisen gewesen wäre, sind die Beschwerdeführer dadurch nicht beschwert, daß die belangte Behörde dies aus dem von ihr angenommenen Mangel der Parteistellung ausgesprochen hat. Es war daher die Beschwerde hinsichtlich des Bescheidpunktes I 3) gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG, insbesondere § 50 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989; der darin festgesetzte Schriftsatzaufwand umfaßt auch die Umsatzsteuer, sodaß diese nicht gesondert zuzusprechen ist. Für die aufgetragene Urkundenvorlage steht, abgesehen von den erforderlichen Bundesstempeln, kein zusätzlicher Kostenersatz zu.

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