VwGH 88/05/0234

VwGH88/05/023425.9.1990

N gegen Kärntner Landesregierung vom 20. September 1988, Zl. 3-Gem-727/2/88, betreffend Enteignung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X):

Normen

AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau als Straßenbehörde erster Instanz vom 7. April 1988 wurde im zweiten Rechtsgang dem Antrag der mitbeteiligten Gemeinde auf Enteignung von Grundstücksflächen zur Herstellung und Erhaltung einer öffentlichen Straße betreffend das Grundstück Nr. 760, KG Y, im Ausmaß von 1680 m2 keine Folge gegeben.

Der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nach § 66 Abs. 2 AVG 1950 Folge, hob den erstinstanzlichen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz.

Begründend führte die belangte Behörde unter ausdrücklichem Hinweis auf ihren aufhebenden Bescheid vom 10. Dezember 1987 lediglich aus, daß aus "nachstehend dargelegten" Gründen für die Berufungsbehörde das Kriterium der Notwendigkeit der Enteignung im bisherigen Verfahren in nicht ausreichender Weise durch die Behörde erster Instanz geprüft bzw. behandelt worden sei. Zur Frage des Vorliegens eines "allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnisses" werde auf die Ausführungen im Bescheid vom 10. Dezember 1987 Bezug genommen. Im bisherigen Verfahren sei nicht berücksichtigt worden, daß bereits vor der Errichtung der gegenständlichen Zufahrtsstraße durch die Kelag im Jahre 1983 eine öffentliche Wegverbindung über das Grundstück Nr. 807, KG Y, in das Y-Tal geführt hat. In diesem Zusammenhang wäre auch zu beachten, daß alle von der Behörde erster Instanz festgestellten Interessenten keine andere Möglichkeit hätten, mit Fahrzeugen zu ihren im gegenständlichen Bereich gelegenen Grundstücken zum Zwecke deren Bewirtschaftung zu gelangen.

Überdies habe die Tatsache keine Berücksichtigung gefunden, daß der Almgasthof "A-Haus", das seit 1947 betrieben werde und jährlich in der Zeit von Mai bis Oktober geöffnet sei, nur über die gegenständliche Wegverbindung erreicht bzw. versorgt werde. Dieses Almgasthaus gelte als Ausflugsziel und werde auch als Stützpunkt für Almwanderungen und Touren in der B-Gruppe in Anspruch genommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der geltend gemacht wird, daß nur ein genau umrissener Personenkreis Weginteressen, inbesondere solche agrarischer Natur habe, und daher ein allgemeines dringendes Verkehrsbedürfnis fehle.

Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte

Partei erstatteten Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Daraus ergibt sich, daß im Berufungsverfahren die Behörde grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat und nur in jenen Fällen kassatorisch vorgehen darf, in welchen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich scheint (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

3. Auflage, als Nr. 1 und 2 zu § 66 Abs. 2 AVG 1950 zitierten Entscheidungen). So räumt § 66 Abs. 2 AVG 1950 der Berufungsbehörde nicht etwa das Recht ein, die bei ihr angefochtene Entscheidung aus einem Begründungsmangel aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zu verweisen (a.a.O. Nr. 10).

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nicht einmal ein Anhaltspunkt dafür, daß die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG 1950 gegeben sein könnten, geschweige denn, daß dies ausreichend begründet wurde.

Da die belangte Behörde daher zu Unrecht nicht in der Sache selbst entschieden hat, verletzt der angefochtene Bescheid das Recht des Beschwerdeführers auf Sachentscheidung, was zur Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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