Normen
AVG §13a;
AVG §39a Abs1;
AVG §61 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art8;
MRK Art5;
MRK Art6 Abs3 litc;
MRK Art6 Abs3 lite;
MRK Art6;
VolksgruppenG 1976 §16 idF 1976/575;
VStG §48 Abs1 Z7;
VStG §49 Abs1;
VwRallg;
AVG §13a;
AVG §39a Abs1;
AVG §61 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art8;
MRK Art5;
MRK Art6 Abs3 litc;
MRK Art6 Abs3 lite;
MRK Art6;
VolksgruppenG 1976 §16 idF 1976/575;
VStG §48 Abs1 Z7;
VStG §49 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 22. Jänner 1986 einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z. 5 GewO 1973 schuldig erkannt. Diese Strafverfügung hat der Beschwerdeführer am 1. März 1986 eigenhändig übernommen.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Einspruch wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 20. Mai 1986 gemäß § 49 Abs. 1 VStG 1950 als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Strafverfügung sei dem Beschwerdeführer am 1. März 1986 rechtswirksam zugestellt worden. Die in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung mit zwei Wochen angegebene Einspruchsfrist habe daher mit Ablauf des 17. März 1986 geendet. Da der Einspruch jedoch erst am 20. März 1986 eingebracht worden sei, sei er als verspätet eingebracht zurückzuweisen gewesen.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 7. April 1987 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Feststellungen der Erstbehörde, wonach er einen Bescheid am 1. März 1986 übernommen und seinen Einspruch erst am 20. März 1986 eingebracht habe, nicht bekämpft. Was sein Vorbringen betreffe, wonach Art. 6 MRK unmittelbar anwendbares Verfassungsrecht darstelle und die Strafverfügung ihm deshalb in seiner Muttersprache hätte zugestellt werden müssen, sei in Übereinstimmung mit der Erstbehörde festzustellen, daß die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik Österreich sei (Art. 8 B-VG). Eine gesetzliche Verpflichtung, darüber hinaus die Rechtsmittelbelehrung in der Muttersprache des jeweiligen Beschuldigten abzufassen, bestehe nicht. Der Berufung habe daher keine Folge gegeben werden können.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser hat mit Beschluß vom 5. Oktober 1987, Zl. B 528/87-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf ordnungsgemäße Rechtsbelehrung nach § 13 a AVG, auf Beiziehung eines Dolmetschers nach § 39 a AVG sowie auf ordnungsgemäße Rechtsbelehrung nach § 61 in Verbindung mit § 39 a AVG verletzt. Er bringt in Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, durch die Unterlassung einer Übersetzung habe der Beschwerdeführer nicht gewußt, daß es sich bei dem ihm zugestellten Schriftstück um eine behördliche Strafverfügung gehandelt habe. Weil die Behörde ihre Pflicht verletzt habe, den Beschwerdeführer über die materielle Rechtslage zu belehren, sei er um die Möglichkeit gekommen, entsprechende substantielle Einwendungen vorzubringen. Wegen des Umstandes, daß die Rechtsmittelbelehrung nicht in einer für ihn verständlichen Sprache abgefaßt worden sei, habe er es auch verabsäumt, fristgerecht gegen die Strafverfügung Einspruch zu erheben. Die Kombination dreier Verstöße gegen Schutzvorschriften habe sich für den Beschwerdeführer im Ergebnis entscheidungswesentlich zu seinen Lasten ausgewirkt. Weiters werde auch noch vorgebracht, daß das Verfahren gegen Art. 6 MRK verstoßen habe.
Richtigerweise müßte das VStG 1950 vorsehen, daß ein Einspruch gegen eine Strafverfügung nur dann wegen Verspätung zurückgewiesen werden könne, wenn die Behörde in der Strafverfügung ihrer Pflicht zur materiellen Rechtsbelehrung, zur Rechtsmittelbelehrung und zur Übersetzung in eine fremde Sprache ordnungsgemäß nachgekommen sei.
Gemäß § 48 Abs. 1 Z. 7 VStG 1950 muß in der Strafverfügung auch "die Belehrung über den Einspruch (§ 49)" angegeben sein.
Nach § 49 Abs. 1 VStG 1950 kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung schriftlich, telegraphisch oder mündlich Einspruch erheben und zugleich die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch ist bei der Behörde, von der die Strafverfügung erlassen wurde, einzubringen.
Im vorliegenden Fall wurde die gegenständliche Strafverfügung am 1. März 1986 vom Beschwerdeführer eigenhändig übernommen. Der vom Beschwerdeführer am 20. März 1986 eingebrachte Einspruch war daher nicht innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist erhoben worden. Dieser Sachverhalt wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
Zunächst ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, daß sich die Behörden gemäß Art. 8 B-VG der deutschen Sprache als Amtssprache zu bedienen haben. Der Gebrauch einer anderen Sprache als der deutschen Amtssprache ist- von sich allenfalls aus Art. 9 Abs. 1 B-VG ergebenden Fällen abgesehen - nur dort zugelassen, wo dies gesetzlich normiert ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1984, Zl. 84/04/0101, und die dort zitierte Judikatur). Weder im AVG 1950 noch im VStG 1950 ist der Gebrauch einer anderen als der deutschen Amtssprache vorgesehen.
Nach § 39 a Abs. 1 AVG 1950 ist, sofern eine Partei oder eine zu vernehmende Person der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig, taubstumm, taub oder stumm ist, erforderlichenfalls der der Behörde beigegebene oder zur Verfügung stehende Dolmetscher (Amtsdolmetscher) beizuziehen.
Auch aus dieser Bestimmung ist aber keine gesetzliche Verpflichtung der Behörde abzuleiten, eine Strafverfügung bzw. deren Rechtsmittelbelehrung - wie der Beschwerdeführer meint - in die Muttersprache eines der deutschen Sprache nicht kundigen Beschuldigten übersetzen zu müssen. Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. u. a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1989, Zl. 89/01/0248, und die dort zitierte weitere hg.
Rechtsprechung), wird durch § 39 a Abs. 1 AVG 1950 nur der mündliche Verkehr zwischen der Behörde und den Parteien geregelt. Ein Anspruch auf Verwendung einer fremden Sprache im schriftlichen Verkehr mit der Behörde wird damit nicht begründet, und zwar insbesondere auch nicht betreffend die für einen Bescheid erforderliche Rechtsmittelbelehrung.
Gemäß § 61 Abs. 1 AVG 1950 hat die Rechtsmittelbelehrung anzugeben, ob der Bescheid noch einem weiteren Rechtszug unterliegt oder nicht und bejahendenfalls, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist. Sie hat ferner auf das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages hinzuweisen.
§ 13 a AVG 1950 bestimmt, daß die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren hat.
Die Regelung über die Rechtsmittelbelehrung einer Strafverfügung nach § 61 Abs. 1 AVG 1950 in Verbindung mit §§ 48 Abs. 1 Z. 7 und 49 VStG 1950 ist als die spezielle Vorschrift im Verhältnis zu § 13 a AVG 1950 anzusehen. Daß die Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung vom 22. Jänner 1986 der vorgenannten Regelung über die Rechtsmittelbelehrung widerspreche, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen und wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Deshalb bestand zu einer weiteren diesbezüglichen Belehrung im Sinne des § 13 a AVG 1950 kein rechtlicher Anlaß (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1988, Zl. 87/08/0246, und die dort zitierte weitere hg.
Rechtsprechung).
Überdies ist aus der Bestimmung des § 13 a AVG 1950 auch nicht abzuleiten - wie in der Beschwerde vorgebracht wird -, daß die Behörde Belehrungen über die "materielle Rechtslage" zu erteilen hätte. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, bezieht sich § 13 a AVG 1950 nur auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten und nicht auf Belehrungen in der Sache selbst (vgl. u. a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1989, Zl. 88/08/0116, und die weitere dort zitierte hg.
Rechtsprechung).
Soweit schließlich die Beschwerde Ausführungen darüber enthält, daß - und zwar unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Art. 6 MRK - das Verfahren insgesamt unfair gewesen sei, so ist es dem Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Z. 1 B-VG verwehrt, auf ein derartiges Vorbringen - unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der verfahrensrechtlichen Garantien nach Art. 6 MRK, also unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte im Sinne des Art. 144 Abs. 1 B-VG - einzugehen. Soweit aber - in nicht näher konkretisierter Form - Normbedenken gegen das VStG 1950 vorgebracht werden - nach Meinung des Beschwerdeführers müßte das VStG 1950 richtigerweise vorsehen, daß der Einspruch gegen eine Strafverfügung überhaupt nur dann wegen Verspätung zurückgewiesen werden könne, wenn die Behörde in der Strafverfügung ihrer Pflicht zur materiellen Rechtsbelehrung, zur Rechtsmittelbelehrung und zur Übersetzung in eine fremde Sprache ordnungsgemäß nachgekommen sei -, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof schon im Lichte der im hg. Erkenntnis vom 11. Jänner 1989, Zl. 88/01/0187, dargelegten Erwägungen nicht bestimmt, einen Normenprüfungsantrag nach Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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