Normen
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art10 Abs1;
B-VG Art15 Abs1;
NatSchG NÖ 1977;
WRG 1959 §105 litf;
WRG 1959 §105;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art10 Abs1;
B-VG Art15 Abs1;
NatSchG NÖ 1977;
WRG 1959 §105 litf;
WRG 1959 §105;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. Februar 1985 stellte die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld als Wasserrechtsbehörde erster Instanz in bezug auf einen vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer eingebrachten Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung der Errichtung einer Wasserkraftanlage am F-bach auf dem Grundstück Nr. xxx KG H (richtig: B) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 105 lit. f WRG 1959 fest, daß die beabsichtigte Ausleitung von 120 l/sec aus dem F-bach unterhalb des "Großen Wasserfalles" (Parzelle yyy) mit Rückleitung des Betriebswassers nach dem "Kleinen Wasserfall" (Parzelle xxx) eine wesentliche Beeinträchtigung bzw. Gefährdung des Naturdenkmales "Kleiner Wasserfall" (Naturdenkmalerklärung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 21. November 1960, Zl. IX-H-71/1-1960) darstelle und somit die beabsichtigte Ausleitung des Betriebswassers zum Betrieb einer Wasserkraftanlage im öffentlichen Interesse als unzulässig angesehen werde; um die Erscheinungsform und den äußerlichen Charakter des Naturdenkmales in vollem Umfang zu erhalten, sei die angestrebte Bewilligung selbst unter Vorschreibung von Bedingungen im Hinblick auf das gegebene öffentliche Interesse nicht möglich.
Die Berufung des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer wies sodann der Landeshauptmann von Niederösterreich gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß dessen Spruch nunmehr wie folgt zu lauten habe:
"Gemäß §§ 9, 98 und 105 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215, in der Fassung BGBl. Nr. 207/1969) wird das Ansuchen des (Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer) vom 20. November 1974 um wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Wasserkraftanlage auf der Parzelle Nr. xxx, Katastralgemeinde B, durch Ausleitung einer Wassermenge von maximal 120 l/s aus dem F-bach unterhalb des 'Großen Wasserfalles' (Parzelle yyy, Katastralgemeinde B) mit Rückleitung des Betriebswassers nach dem 'Kleinen Wasserfall' (Parzelle xxx, Katastralgemeinde B) als unzulässig abgewiesen."
In der Begründung dieses Rechtsmittelbescheides wurde eine von der Berufungsbehörde eingeholte Stellungnahme eines Amtssachverständigen für Naturschutz wiedergegeben, die folgenden Wortlaut hat:
"(Der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer) beabsichtigt die Errichtung einer Wasserkraftanlage, wobei er Nutzwasser aus dem F-bach oberhalb (richtig: unterhalb) des 'Großen Wasserfalles' entnimmt und unterhalb des 'Kleinen Wasserfalles' (Schleierfalles) wieder rückführt. Nach eingehenden Untersuchungen zur Bestimmung einer Restwassermenge kommt der Sachverständige für Naturschutz zur Ansicht, daß zum Weiterbestand des Naturdenkmales 'Schleierwasserfall' = 'Kleiner Wasserfall' jegliche Änderung des Wasserangebotes abzulehnen ist. Die Wechselwirkung von Mooswachstum zur Zeit eines geringeren Wasserangebotes und des Auskristallisierens rund um die Mooswurzeln bei Überflutungswasserständen (Wasserstein - Kalktuffstein) bewirkt das Wachstum eines Kalktuffes und dies führte zum Erscheinungsbild des Naturdenkmales Schleierfall. Sollte durch ein über längere Zeit gleichbleibendes Wasserangebot dieser Rhythmus unterbrochen werden, ist mit dem Zerfall von Teilen des Naturgebildes zu rechnen. Aus diesem Grunde ist es unbedingt erforderlich, die gegenwärtigen hydrographischen Verhältnisse im Bereich des Naturdenkmales unverändert zu erhalten."
Derselbe Sachverständige habe sein Gutachten in der von der Rechtsmittelbehörde an Ort und Stelle durchgeführten Berufungsverhandlung wie folgt ergänzt:
"Das Erscheinungsbild des Schleierwasserfalles in seiner Vielfalt von breit ausladenden Kaskaden führte zur Erklärung zum Naturdenkmal. Jede Verringerung des natürlichen Wasserangebotes führt nicht nur zur Änderung dieses Erscheinungsbildes, es würde auch zur Zerstörung des Naturdenkmales führen, wenn die in der Stellungnahme von 7. Oktober 1985 schon ausgeführte Wechselwirkung zwischen Mooswachstum bei Niederwasserständen und 'Tuffwachstum' bei Überflutung unterbrochen würde. Es sind auch keine Maßnahmen oder Vorkehrungen möglich, welche zur Rettung des Naturdenkmales bei Änderung des Wasserdargebotes führen können."
Bei derselben Verhandlung habe der Amtssachverständige für Wasserbautechnik eine Stellungnahme folgenden Inhaltes abgegeben:
"Aus waserbautechnischer Sicht wird im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens nicht im speziellen auf Anlageteile bzw. technische Details der geplanten Wasserkraftanlage eingegangen, sondern versucht, bei der Klärung der Vorfrage betreffend die mögliche Beeinträchtigung des als Naturdenkmal erklärten Schleierwasserfalles mitzuwirken. In der Folge der beabsichtigten Wasserableitung vor dem Schleierfall kommen nach überschlägiger Berechnung zirka 80 bis 100 l/sec je nach Quellschüttung der den Wasserfall anspeisenden Karstquellen. Das Erscheinungsbild bzw. die Charakteristik des Naturdenkmales besteht darin, daß sich fächerförmig (schleierförmig) die Wasserfracht infolge vorhandener Kaskaden gleichmäßig über den Gesteinsrücken ergießt. Durch die Reduzierung der Wasserfracht ist eine derartige Ausbildung des Erscheinungsbildes wie bei normaler Wasserführung (zirka 200 l/sec) wahrgenommen wird, nicht mehr zu erwarten. Dies wird durch das Vorliegen von Fotografien bekräftigt, welche vergleichweise Aufnahmen bei normaler Wasserführung bzw. bei reduzierter Wasserführung darstellen. Die Aufnahme, auf welcher die reduzierte Wasserführung dargestellt wird, wurde im Zuge einer kommissionellen Verhandlung fotografiert und hält jenen Zustand fest, welcher seinerzeit als Restwassermenge beabsichtigt war. Mögliche geringe Abweichungen dieser Wassermenge können keine wesentliche Verbesserung des festgehaltenen Zustandes erwirken. Auf Grund der am heutigen Tage der Verhandlung vorgelegten Fotografien kann aus wasserbautechnischer Sicht ausgesagt werden, daß infolge einer Ausleitung von zirka 120 l/sec oberhalb des Wasserfalles dessen Charakteristik beeinträchtigt wird."
Begründend wurde sodann in rechtlicher Hinsicht auf die nach wie vor aufrechte Naturdenkmalerklärung für beide Wasserfälle aus 1960 sowie auf § 105 lit. f WRG 1959 Bezug genommen und ausgeführt:
Aus den eingeholten Gutachten folge schlüssig, daß das Naturdenkmal "Kleiner Wasserfall" - erg.: durch das besagte Vorhaben - wesentlich beeinträchtigt und gefährdet würde. Die Besonderheit des Wasserfalles bestehe in der Vielfalt breit ausladender Kaskaden, die Wasserfracht ergieße sich infolge der vorhandenen Kaskaden gleichmäßig über den Gesteinsrücken. Dadurch erhalte der Wasserfall sein charakteristisches schleierförmiges Erscheinungsbild. Würde die Wasserführung oberhalb des Wasserfalles um die beantragten 120 l/sec reduziert, würde sich das charakteristische Erscheinungsbild wesentlich ändern. An der wesentlichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Wasserfalles könne auch der Umstand nichts ändern, daß der Antragsteller bereit wäre, die Wasserentnahme an einzelnen Wochenenden in den Sommermonaten einzuschränken. Die Wasserrechtsbehörde habe ein Vorhaben im Sinne des § 105 lit. f WRG 1959 unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob ein Naturdenkmal in seiner Schönheit wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet werde, und nicht, ob dem Fremdenverkehr durch das wasserbauliche Vorhaben Nachteile entstehen könnten. Es sei somit jedenfalls während des Zeitraumes, in dem 120 l/sec aus dem F-bach oberhalb des "Kleinen Wasserfalles" ausgeleitet würden, eine wesentliche Beeinträchtigung des Naturdenkmales gegeben.
Neben diesen durch das geplante Vorhaben eingetretenen Sofortwirkungen seien auch die längerfristigen Auswirkungen des Vorhabens in Betracht zu ziehen. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die Wechselwirkung von Mooswachstum zur Zeit eines geringeren Wasserangebotes und des Auskristallisieren rund um die Mooswurzel bei Überflutungswasserständen das Wachstum des Kalktuffes bewirke und zum Erscheinungsbild des Naturdenkmales "Kleiner Wasserfall" führe. Sollte durch ein über längere Zeit gleichbleibendes Wasserangebot dieser Rhythmus unterbrochen werden, sei mit dem Zerfall von Teilen und damit der Gefährdung des Naturgebildes als solches zu rechnen.
Aus alledem ergebe sich, daß das Vorhaben dem im § 105 lit. f WRG 1959 genannten öffentlichen Interessen des Schutzes von Naturdenkmälern widerspreche.
Die Wasserrechtsbehörde sei dazu verhalten, ein geplantes Vorhaben auf seine Auswirkungen auf öffentliche Interessen hin zu überprüfen. Sei ein Vorhaben aus öffentlichen Rücksichten unzulässig, widerspreche es also den von der Wasserrechtsbehörde wahrzunehmenden öffentlichen Interessen, so sei es von ihr abzulehnen. Es habe dabei keine Abwägung zwischen mehreren öffentlichen Interessen bzw. zwischen öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden, sondern es genüge, daß ein Vorhaben einem im § 105 WRG 1959 genannten öffentlichen Interesse widerspreche. Da das Vorhaben bereits gemäß § 105 lit. f WRG 1959 unzulässig sei und auch nicht unter Vorschreibung entsprechender Bedingungen bewilligt werden könne, könnten auch die vom Antragsteller vorgebrachten Argumente, daß die Ausnutzung der Wasserkraft für diesen die einzig wirtschaftlich tragbare Alternative darstelle und die Ersetzung des Rohstoffes Öl durch die Energiequelle Wasser im Sinne des Umweltschutzes erwünscht sein müsse, nicht berücksichtigt werden.
Der Berufung habe daher nicht Folge gegeben werden können. Es sei jedoch der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zu ändern gewesen, weil über Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligung ein Vorhaben nur in der Weise entschieden werden könne, daß das Vorhaben entweder (unter Vorschreibung von Bedingungen) bewilligt oder ab- bzw. zurückgewiesen werde. Für die Erlassung eines Feststellungsbescheides finde sich keine Grundlage. Ebenso sei die Bezeichnung der Katastralgemeinde von "H" auf "B" zu berichtigen gewesen, weil sich die angeführten Parzellen in dieser letzteren befänden.
Diesen Bescheid bekämpften die Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, welcher jedoch die Behandlung ihrer Beschwerde mit Beschluß vom 25. September 1986, B 208/86, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichsthof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem Gerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, wobei sie sich in dem Recht auf Erteilung der von ihrem Rechtsvorgänger beantragten wasserrechtlichen Bewilligung verletzt erachten.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der
sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichsthof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist streitentscheidend, ob die begehrte Bewilligung im öffentlichen Interesse versagt werden durfte. Nach der im Beschwerdefall angewendeten maßgebenden Bestimmung des § 105 lit. f WRG 1959 kann ein Unternehmen unter anderem dann als unzulässig angesehen oder nur unter entsprechenden Bedingungen bewilligt werden, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung eines Naturdenkmales entstehen kann.
Die Beschwerdeführer meinen zunächst, die Wahrung von Landesinteressen - zu denen jene des Naturschutzes gehören - im Vollzugsbereich des Bundes wäre verfassungswidrig. Eine von Bundesbehörden zu vollziehende Bestimmung, die jenen lediglich die Bedachtnahme auf landesgesetzliche Regelungen vorschreibt, so daß insoweit bestehende Landesinteressen berücksichtigt werden, greift jedoch nicht in die verfassungsgesetzliche Kompetenzverteilung ein (vgl. dazu die Darlegungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1984, Slg. 10292). Mit der Berücksichtigung eines durch landesgesetzliche Normen geschützten öffentlichen Interesses bestimmter Art ist auch im Beschwerdefall nicht etwa ein Abspruch in einer Landessache erfolgt. Dementsprechend hat auch der Verfassungsgerichtshof in seinem oben erwähnten Ablehnungsbeschluß vom 26. September 1986 erklärt, zur Beurteilung der von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Fragen seien spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen. Die Wasserrechtsbehörde hatte im übrigen nicht zu beurteilen, ob die Erklärung zum Naturdenkmal widerrufen werden könnte - worauf die Beschwerdeführer anspielen - sondern allein von der im Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegebenen Rechtslage - im Beschwerdefall also vom Bestehen eines rechtskräftig hiezu erklärten Naturdenkmales - auszugehen. Die Beschwerdeführer nehmen in diesem Zusammenhang auch zu Unrecht jene Stelle der Begründung der bescheidmäßigen Erklärung zum Naturdenkmal aus 1960 für sich in Anspruch, in der es heißt, durch die Unterschutzstellung werde "das Recht des Objekteigentümers" nicht beeinträchtigt und "ihm daher keinerlei Schaden zugefügt"; denn die Naturschutzbehörde konnte bei dieser Erklärung nur von damals bestehenden Rechten des Objekteigentümers und nicht von allenfalls später - 1974 - durch diesen (lediglich) angestrebten (zu verleihenden neuen) Rechten ausgehen. Ähnliches gilt für den Hinweis der Beschwerdeführer auf jene Bemerkung im selben Bescheid aus 1960, wonach der beabsichtigte Bau einer Wasserkraftanlage nicht habe berücksichtigt werden können, "da eine Abwägung der gegenständlichen Interessen nur auf der Grundlage eines konkreten Projektes möglich" sei; denn die unter anderen Umständen vorzunehmen gewesene Interessenabwägung betraf nur das naturschutzbehördliche Verfahren über die Erklärung zum Naturdenkmal; war diese rechtskräftig ausgesprochen, erübrigen sich bei deren weiter aufrechtem Bestand von vornherein Überlegungen dahin, wie unter anderen Voraussetzungen jenes 1960 abgeschlossene Verfahren hätte ausgehen können.
Daß und warum dem Vorhaben des Rechsvorgängers der Beschwerdeführer das bezeichnete öffentliche Interesse nach § 105 lit. f WRG 1959 entgegenstand, ohne daß diesem durch entsprechende Vorschreibungen hätte Rechnung getragen werden können, ist im angefochtenen Bescheid ausführlich dargetan und von den Beschwerdeführern auch nicht in Abrede gestellt worden. Wenn diese nun dementgegen meinen, die privaten Interessen des Antragstellers hätten höher veranschlagt werden müssen, verkennen sie die Rechtslage; denn eine Abwägung des diesem Vorhaben entgegenstehenden öffentlichen Interesses mit den mit jenem Projekt verbundenen privaten Interessen ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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