VwGH 89/05/0014

VwGH89/05/001421.2.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde 1) des KS und 2) der RS in W, beide vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer, Rechtsanwalt in Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Dezember 1987, Zl. BauR-8246/3-1987 Ba/Lan, betreffend einen baubehördlichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §361;
ABGB §833;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 lita;
VVG §4 Abs2;
ABGB §361;
ABGB §833;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 lita;
VVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. März 1986 wurde den Beschwerdeführern unter Berufung auf § 61 Abs. 1 der OÖ Bauordnung 1976 aufgetragen, das auf der Parzelle Nr. n1 des Grundbuches über die KG F errichtete Wochenendhaus innerhalb von acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, dass die in Rede stehende bauliche Anlage als Neubau zu qualifizieren sei und daher gemäß § 41 Abs. 1 lit. a der OÖ Bauordnung 1976 einer Baubewilligung bedürfe, eine solche jedoch nicht vorliege, und die Möglichkeit, nachträglich darum anzusuchen, nicht eingeräumt werden könne, weil die betroffene Grundfläche im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Grünland gewidmet sei.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem auf dem Beschluss des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. April 1987 beruhenden Bescheid vom 30. April 1987 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben und der erwähnte erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Die Berufungsbehörde stützte ihren Bescheid im wesentlichen auf die - im Hinblick auf die Regelung des § 18 Abs. 5 des OÖ ROG eingeholte - fachliche Stellungnahme des Bezirksbauamtes Wels vom 18. Juli 1986 sowie auf ein Gutachten der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich, Bezirksbauernkammer Wels, vom 18. August 1986. Das Bezirksbauamt Wels habe mitgeteilt, dass die Errichtung der "Gartenhütte" im Jahre 1976 auch nach der damaligen Gesetzeslage eine bewilligungspflichtige Baumaßnahme dargestellt habe, und dieses Gebäude, so wie der Sachverständige der Bezirksbauernkammer Wels in seinem Gutachten festgestellt habe, für die Pflege und Bearbeitung der gegenständlichen Parzellen nicht notwendig sei.

Mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 28. Dezember 1987 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführer gemäß § 102 Abs. 5 der OÖ Gemeindeordnung 1979 mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass die Beschwerdeführer durch den erwähnten Berufungsbescheid nicht in ihren Rechten verletzt werden.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss dieses Gerichtshofes vom 29. November 1988, Zl. B 308/88- 8, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die (auch für den Fall der Abtretung bereits ausgeführte) Beschwerde erwogen:

Gemäß § 61 Abs. 1 der OÖ Bauordnung 1976 hat die Baubehörde, wenn sie feststellt, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird, oder bereits ausgeführt wurde, dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessenen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgebenden Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bringen die Beschwerdeführer vor, dass ihre Gartenhütte mit Zustimmung der Baubehörde errichtet worden sei. Diese vor dem Inkrafttreten der geltenden Bauordnung erteilte Bewilligung sei nach wie vor gültig, da Bescheide zufolge § 62 AVG 1950 auch mündlich erlassen werden könnten. Der Beseitigungsauftrag hätte daher nicht ergehen dürfen.

In Erwiderung auf dieses Vorbringen genügt ein Hinweis auf die dieser Frage gewidmeten - zutreffenden - Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach eine mündlich erteilte Baubewilligung rechtlich unwirksam ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1981, Zl. 3569 und 3570/80), wobei davon auszugehen ist, dass Baubewilligungsbescheide auch im Geltungsbereich der OÖ Bauordnung 1875 nur schriftlich erlassen werden durften, weil im § 8 leg. cit. vorgesehen war, dass die Baubewilligung unwirksam wird, wenn binnen dreier Jahre vom Tage der Zustellung an mit dem Bau nicht begonnen wird. Die Zustellung setzt aber ein Schriftstück voraus. Im übrigen soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Beschwerdeführer in der Sachverhaltsdarstellung der vorliegenden Beschwerde ausdrücklich erwähnt haben, "beim Bürgermeister .... um die erforderlichen Bewilligungen angesucht und dabei die Auskunft erhalten" zu haben, "dass für dieses Bauvorhaben keine Bewilligung erforderlich ist". Ungeachtet der Frage der Richtigkeit einer solchen Auskunft und des Erfordernisses einer schriftlichen Baubewilligung kann eine solche Erklärung des Bürgermeisters jedenfalls nicht im Sinne der Erteilung einer Baubewilligung verstanden werden. Mit den geschilderten Erwägungen vermögen die Beschwerdeführer daher keine Rechtswidrigkeit des erteilten Beseitigungsauftrages darzutun.

Die Beschwerdeführer machen ferner geltend, dass der Spruch des Berufungsbescheides der mitbeteiligten Gemeinde lediglich die Entscheidung über die vom Erstbeschwerdeführer erhobene Berufung umfasst habe, weshalb die belangte Behörde zu "einer Entscheidung nicht zuständig" gewesen sei, da das Berufungsverfahren der Zweitbeschwerdeführerin noch zu keiner bescheidmäßigen Erledigung geführt habe.

Bei diesem Vorbringen übersehen die Beschwerdeführer, dass sie entsprechend der unbestritten gebliebenen Gegenstandsbezeichnung und der Einleitung des angefochtenen Bescheides beide gegen den Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde die Vorstellung erhoben haben, weshalb die belangte Aufsichtsbehörde zu Recht über die Vorstellung beider Beschwerdeführer entschieden hat und auch dann keine Rechte der Zweitbeschwerdeführerin verletzt hätte, wenn die Berufungsbehörde über ein allfälliges Rechtsmittel der Zweitbeschwerdeführerin noch nicht bescheidmäßig entschieden haben sollte, weil dann von einer nicht den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildenden und diesen daher auch nicht mit Rechtswidrigkeit belastenden allfälligen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Berufungsbehörde auszugehen wäre. Die spruchmäßige Entscheidung der belangten Behörde, dass "die Einschreiter" durch den Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde "in ihren Rechten nicht verletzt werden", ist unter dem in Rede stehenden Gesichtspunkt auch unter der Voraussetzung rechtmäßig, dass der bezüglich der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an die Zweitbeschwerdeführerin behauptete Mangel zutrifft. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine Vollstreckungshandlung unter der Voraussetzung, dass der baupolizeiliche Beseitigungsauftrag an einen Miteigentümer noch nicht rechtskräftig ist, auch gegen jenen Miteigentümer nicht gesetzt werden darf, demgegenüber der Auftrag schon in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1986, Zl. 84/05/0228, BauSlg. Nr. 755).

Schließlich vertreten die Beschwerdeführer die Auffassung, dass die belangte Behörde bei pflichtgemäßer Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens dem Antrag der Beschwerdeführer, das Verfahren gemäß § 38 AVG 1950 bis zur Erledigung des Baubewilligungsansuchens zu unterbrechen, hätte stattgeben müssen. Es handle sich um einen Ermessensmissbrauch, die Beseitigung der Gartenhütte vor der Entscheidung über das Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung zu fordern, obwohl der belangten Behörde die Bedenken der Beschwerdeführer gegen die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes in Bezug auf das Grundstück der Beschwerdeführer bekannt gewesen seien.

Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil § 38 AVG 1950 einer Partei keinen Anspruch auf Aussetzung des Verfahrens einräumt und ein solches Recht nur aus der jeweils in Betracht kommenden Vorschrift abgeleitet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1964, 1985/63, Slg. N.F. Nr. 6260/A). Dem vorstehend wiedergegebenen § 61 Abs. 1 der OÖ Bauordnung 1976 ist ein solcher Anspruch nicht zu entnehmen. Im übrigen ist im Hinblick auf offenkundige diesbezügliche Befürchtungen der Beschwerdeführer daran zu erinnern, dass der Auftrag auf Beseitigung der baulichen Anlage zufolge § 61 Abs. 2 der OÖ Bauordnung 1976 in den Fällen rechtswirksam wird, in denen der Eigentümer um die nachträgliche Baubewilligung fristgerecht ansucht und dieses Ansuchen entweder zurückgewiesen oder abgewiesen wird, oder der Antragsteller dieses Ansuchen wiederum zurückzieht; die im Bescheid festgesetzte Frist zur Beseitigung der baulichen Anlage beginnt in diesem Fall mit der Rechtswirksamkeit der Zurückweisung oder Abweisung oder der Zurückziehung des nachträglichen Baubewilligungsansuchens. Ferner kann nach ständiger hg. Judikatur (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1970, 195/70, Slg. N.F. Nr.7813/A) ein rechtskräftiger Abtragungsauftrag erst nach rechtskräftiger Abweisung oder Zurückweisung eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung vollstreckt werden.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. Februar 1989

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