VwGH 88/17/0237

VwGH88/17/023712.5.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Schubert und Dr. Kramer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, in der Beschwerdesache des Dr. GS in W, vertreten durch Dr. Heinz Sacher, Rechtsanwalt in Wolfsberg, Bayerhofenstraße 172/1, gegen den Gemeindevorstand der Gemeinde G wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. pauschalierte Ortstaxe, den Beschluss gefaßt:

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §33 Abs3;
GdO Allg Krnt 1982 §69 Abs1;
GdO Allg Krnt 1982 §70;
GdO Allg Krnt 1982 §94;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §59 Abs1;
AVG §13 Abs1;
AVG §33 Abs3;
GdO Allg Krnt 1982 §69 Abs1;
GdO Allg Krnt 1982 §70;
GdO Allg Krnt 1982 §94;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §59 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das vom Bürgermeister namens der Gemeinde G gestellte Kostenersatzbegehren wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde behauptet der Beschwerdeführer, er habe gegen den Bescheid der "Gemeinde G" (richtig: des Bürgermeisters der Gemeinde G) vom 15. Oktober 1987 betreffend Festsetzung einer pauschalierten Ortstaxe Berufung erhoben. Mit Berufungsvorentscheidung der genannten Behörde vom 25. November 1987 sei der Berufung keine Folge gegeben worden. Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 1987 habe der Beschwerdeführer den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt. Die belangte Behörde habe jedoch bis zur Einbringung der Säumnisbeschwerde am 14. Dezember 1988 über die Berufung des Beschwerdeführers nicht entschieden. Zur Glaubhaftmachung dieses Vorbringens legte der Beschwerdeführer u.a. eine Ablichtung seines Vorlageantrages vor.

Mit Berichterverfügung vom 20. Jänner 1989 wurde über die Säumnisbeschwerde das Vorverfahren eingeleitet.

Mit Schriftsatz vom 15. Februar 1989 teilte der Bürgermeister der Gemeinde G mit, bei der genannten Gemeinde sei kein Vorlageantrag eingebracht worden. Der Abgabenbescheid sei in Rechtskraft erwachsen, eine Verletzung der Entscheidungspflicht könne daher nicht vorliegen. Die "Gemeinde G" stelle an den Verwaltungsgerichtshof die Anträge, die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen und der Gemeinde G Aufwandersatz zuzuerkennen.

Mit Berichterverfügung vom 8. März 1989 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, binnen vier Wochen ab Zustellung dieser Verfügung das Einlangen des Vorlageantrages vom 2. Dezember 1987 bei der Einbringungsstelle (§ 193 Abs. 1, § 205 Abs. 1 der Kärntner Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 36/1983) unter Beweis zu stellen.

Der Beschwerdeführer ist dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen.

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Einbringungsstelle für einen Vorlageantrag ist gemäß § 205 Abs. 1 letzter Satz iVm § 193 Abs. 1 der Kärntner LAO, LGBl. Nr. 36/1983, die Abgabenbehörde erster oder zweiter Instanz.

Nach § 28 Abs. 3 letzter Satz VwGG ist in der Säumnisbeschwerde u.a. glaubhaft zu machen, daß die sechsmonatige Frist abgelaufen ist. Im vorliegenden Fall war es daher Sache des Beschwerdeführers, nicht nur die Existenz des Vorlageantrages, sondern auch dessen Einlangen bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz glaubhaft zu machen (vgl. den in einem gleichgelagerten Fall ergangenen Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 1987, Zl. 87/16/0088; weiters auch die Erkenntnisse vom 21. März 1952, Slg. Nr. 2485/A, vom 20. Jänner 1983, Zl. 82/16/0119, und vom 8. Juni 1984, Zl. 84/17/0068, sowie den Beschluß vom 9. Jänner 1978, Zl. 2627/77). Wie der Verwaltungsgerichtshof weiter ausgesprochen hat, gilt eine Eingabe nur dann als eingebracht, wenn sie bei der Behörde auch tatsächlich eingelangt ist. Die Gefahr des Verlustes einer Eingabe an die Behörde geht zu Lasten der Partei (Erkenntnis vom 21. Jänner 1976, Zl. 1207/75, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). In seinem bereits genannten Erkenntnis vom 21. März 1952, Slg. Nr. 2485/A, hat der VwGH weiters zu erkennen gegeben, er erachte, wenn die Behörde das Einlangen des Parteienbegehrens überhaupt bestreite, die behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht nach jeder Richtung (und damit auch hinsichtlich des Einlangens der Eingabe bei der Behörde) als beweisbedürftig.

Dieses Einlangen seines Vorlageantrages bei der Einbringungsstelle hat der Beschwerdeführer trotz Aufforderung nicht glaubhaft gemacht, geschweige denn nachgewiesen. Aus diesem Grund war die vorliegende Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 letzter Fall VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen, welcher Beschluß nach Abs. 3 der genannten Gesetzesstelle in jeder Lage des Verfahrens zu fassen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf folgende Überlegungen:

Der Schriftsatz vom 15. Februar 1989 ist vom Bürgermeister unter Beifügung der Rundstampiglie "Gemeinde G Bezirk Feldkirchen" gefertigt. Im Text dieses Schriftsatzes heißt es unter anderem:

"Zur Säumnisbeschwerde des Herrn Dr. GS ... gegen den Gemeindevorstand der Gemeinde G wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nehmen wir wie folgt Stellung:

….

Die Gemeinde G stellt an den Verwaltungsgerichtshof die Anträge,

  1. a) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen und
  2. b) der Gemeinde G einen Aufwandersatz von insgesamt S1.310,-- für Schriftsatzaufwand, Aktenvorlageaufwand zuzuerkennen."

    § 36 Abs. 1 VwGG sieht die Vorlage der Verwaltungsakten und die Erstattung der Gegenschrift durch die belangte Behörde vor. § 59 Abs. 1 VwGG bestimmt, daß Aufwandersatz vom Verwaltungsgerichtshof (nur) auf Antrag (ergänze: der obsiegenden Partei im Sinne des § 47 VwGG) zuzuerkennen ist. Als obsiegende Partei ist im Beschwerdefall nach der Vorschrift des § 51 in Verbindung mit § 47 Abs. 2 Z. 2 VwGG die belangte Behörde anzusehen.

Gemäß § 94 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982, LGBl. für Kärnten Nr. 8, entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeindevorstand endgültig. Nach der Vorschrift des § 70 leg. cit. hat der Bürgermeister für die unverzügliche Durchführung der Beschlüsse des Gemeinderates und des Gemeindevorstandes zu sorgen. Schriftliche Ausfertigungen, denen ein Beschluß dieser Kollegien zugrundeliegt, sind vom Bürgermeister zu fertigen.

Die Allgemeine Gemeindeordnung 1982 enthält jedoch keine Vorschrift, die es dem Bürgermeister gestattete, namens des Gemeindevorstandes eine Gegenschrift im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu erstatten und darin ein Kostenersatzbegehren zu stellen, wenn dem kein Beschluß dieses Kollegiums zugrundeliegt.

Es muß daher auch eine namens des Gemeindevorstandes erstattete Gegenschrift von ihm kollegial beschlossen und ordnungsgemäß gefertigt werden. Daß dies im Beschwerdefall geschehen sei, ist dem Schriftsatz vom 15. Februar 1989 nicht zu entnehmen. Er wurde vielmehr erkennbar vom Bürgermeister namens der "Gemeinde" erstattet, die er gemäß § 69 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982 zu vertreten berufen ist, die aber als solche hier nicht belangte Behörde war. Aus diesem Grund war das vom Bürgermeister gestellte Kostenersatzbegehren zurückzuweisen (vgl. die hg. zur Rechtslage vor der WAO-Novelle, LGBl. für Wien Nr. 38/1983, hinsichtlich der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien ergangenen Beschlüsse bzw. Erkenntnisse vom 22. Februar 1982, Zl. 81/17/0205, vom 19. April 1982, Zl. 81/17/0213, und vom 14. Juni 1982, Zl. 17/2730/80; weiters zur Rechtslage nach § 51 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978, den Beschluß vom 18. April 1986, Zl. 86/17/0033).

Wien, am 12. Mai 1989

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