VwGH 88/13/0087

VwGH88/13/00878.2.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin, Mag. Wimmer, über die Beschwerde der EM in M, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien III, Esteplatz 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. März 1988, GZ. GA 6/3-3010/88, betreffend Aufforderung zur Namhaftmachung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §10;
BAO §20;
ZustG §10;
BAO §10;
BAO §20;
ZustG §10;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, welche ihren ständigen Wohnsitz in München hat, ist in Österreich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beschränkt einkommensteuerpflichtig. Zu der Aufforderung des Finanzamtes einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen, vertrat sie in ihrem Schreiben vom 10. Juli 1987 die Ansicht, dass die "Benennung" eines solchen nicht notwendig sei, weil die deutsche Bundespost ebenso zuverlässig wie die österreichische Post arbeite, ihr Ehemann in Deutschland Steuerberater sei und daher die "fachliche Bearbeitung" aller anfallenden Fragen gewährleistet erscheine, die Einschaltung eines österreichischen Zustellungsbevollmächtigten nur den Postlauf verlängere sowie vermeidbare Kosten entstehen lasse und schließlich "zwischen Deutschland und Österreich ... z.T. amtsähnliche Beziehungen (z.B. Anerkennung von deutschen Dokumenten in Österreich, die von einem deutschen Notar beglaubigt wurden)" bestünden. Gleichzeitig legte die Beschwerdeführerin eine Vollmacht für ihren Ehegatten, Dkfm. UM, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, München 19, Fstraße 17, vor und beantragte, von der Forderung "der Benennung eines (österreichischen) inländischen Zustellungsbevollmächtigten abzusehen".

Auf das neuerliche Ersuchen des Finanzamts an die Beschwerdeführerin vom 16. Juli 1987 einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen, verwies diese lediglich auf ihre oben angeführten schriftlichen Darlegungen vom 10. Juli 1987.

Mit Bescheid vom 20. August 1987 forderte das Finanzamt hierauf die Beschwerdeführerin auf, binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides einen in Österreich wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten bekannt zu geben. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass, falls dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachgekommen werde, werde die Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde vorgenommen werden.

Innerhalb offener Frist erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Berufung, in welcher sie im wesentlich ausführte:

Die Behörde habe "im Hinblick auf die Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten ... ein Wahlrecht". Sie habe sich mit den Argumenten der Beschwerdeführerin, warum die Namhaftmachung eines solchen Bevollmächtigten entbehrlich sei, nicht auseinander gesetzt.

Da es sich bei der Bestimmung des § 10 des Zustellgesetzes um eine Kannbestimmung handle, unterliege diese Vorschrift dem Ermessen der Finanzbehörde. Entsprechend den allgemeinen Regeln könne der Ermessensspielraum jedoch nicht willkürlich ausgefüllt werden.

Die zitierte Gesetzesbestimmung solle sicherstellen, dass Schriftstücke dem Empfänger zugingen und sachgerecht bearbeitet würden. Auf Grund "der kulturhistorischen und faktischen Gründe, ist diese Zweckbestimmung im vorliegenden Fall auch bei einer Zustellung in Deutschland gegeben". Dafür sprächen die von der Beschwerdeführerin bereits in ihrem Schreiben vom 10. Juli 1987 angeführten Umstände, auf welche neuerlich hingewiesen werde.

Das Finanzamt wies dieses Rechtsmittel mit Berufungsvorentscheidung ab. Fristgerecht beantragte die Beschwerdeführerin sodann die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und führte begründend aus:

Das Wort "kann" in der Bestimmung des § 10 des Zustellgesetzes bringe ein Ermessen der Behörde zum Ausdruck. Ob innerhalb dieses Ermessens ein Auftrag zur Namhaftmachung eines im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten ergehen solle oder nicht, hänge von der Frage ab, inwieweit ein solcher zur ordnungsgemäßen und raschen Zustellung benötigt werde. Die Beschwerdeführerin habe durch die Aufzählung von "Billigkeitsgründen" für den Verzicht auf einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten der belangten Behörde "den Weg für die Übung des Ermessens gewiesen". Bei Prüfung dieser Gründe sei sie zu der Auffassung gelangt, dass das Risiko einer mangelhaften Zustellung trotz zugestandener Kompetenz der deutschen Postverwaltung nicht nur von vorne herein gegeben sei, sondern sich durch die Verlängerung des Postweges in der Bundesrepublik Deutschland noch verschärfe. Die Verwendung von Rückscheinbriefen bei Zustellungen im Ausland sei für die österreichische Abgabenverwaltung bedeutend teurer als eine Zustellung im Inland; die Zustellung ohne Rückscheinbrief ins Ausland sei überhaupt für eine Vielzahl von Erledigungen, "wie sie im automatisierten Abgabenfestsetzungs- und Erhebungsverfahren anfallen, der Behörde nicht zumutbar". Es stünden daher den von der Beschwerdeführerin angeführten Argumenten die Zweckmäßigkeitsgründe der Kostenersparnis auf Behördenseite und das öffentliche Interesse an einer raschen, zuverlässigen Bekanntgabe von Erledigungen entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 des Zustellgesetzes kann einer sich nicht nur vorübergehend im Ausland aufhaltenden Partei oder einem solchen Beteiligten von der Behörde aufgetragen werden, innerhalb einer gleichzeitig zu bestimmenden mindestens zweiwöchigen Frist für ein bestimmtes oder für alle bei dieser Behörde anhängig werdenden, sie betreffenden Verfahren einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Wird dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachgekommen, so wird die Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde vorgenommen. Die Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen, muss einen Hinweis auf diese Rechtsfolge enthalten.

Im Beschwerdefall steht nicht in Streit, dass sich die Beschwerdeführerin nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer im Ausland aufhält und dass sie in Österreich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezieht, sodass im Inland laufend sie betreffende Veranlagungsverfahren durchzuführen sind. Auf Grund dieser Tatsachen waren die rechtlichen Voraussetzungen für die von der Finanzverwaltung gemäß § 10 des Zustellgesetzes getroffene Ermessensentscheidung gegeben. Bei derartigen Entscheidungen beschränkt sich die Überprüfung durch den Gerichtshof darauf, ob vom eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht wurde, oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmissbrauches - nicht der Fall gewesen ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1987, Zl. 85/13/0016, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde führt als Begründung dafür, dass sie im Rahmen des ihr durch § 10 des Zustellgesetzes eingeräumten Ermessens der Beschwerdeführerin den Auftrag erteilt hat, einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen, im wesentlichen die Einsparung an Zustellkosten sowie die Überlegung an, dass Zustellungen im Inland in der Regel rascher und mängelfreier erfolgen als bei "grenzüberschreitenden" Zustellungen im Ausland.

Diese Überlegungen stellen sich nach Ansicht des Gerichtshofes als durchaus sachlicher Art dar und lassen nicht erkennen, dass die belangte Behörde ihr Ermessen willkürlich gehandhabt hat. Beizustimmen ist ihr nämlich, wenn sie, ausgehend von der notorischen Tatsache, da Postsendungen in das Ausland teurer sind, als solche im Inland, auf das ihr auferlegte Gebot der "Sparsamkeit von Verwaltungsmaßnahmen" hinweist und es kann ihrer Ansicht, dass Zustellungen im Inland in aller Regel rascher und problemloser erfolgen als im Ausland, nicht ohne weiteres mit Erfolg entgegengetreten werden."

Da demnach der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet erscheint, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985. Wien, am 8. Februar 1989

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte