Normen
StbG 1985 §20 Abs1;
StbG 1985 §20 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.346,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 11. September 1984 beantragte der Beschwerdeführer, damals ein jugoslawischer Staatsangehöriger, die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Nach durchgeführten Ermittlungen und Einholung einer eidesstattlichen Erklärung des Beschwerdeführers, in der dieser versicherte, weder von einem inländischen noch einem ausländischen Gericht jemals rechtskräftig verurteilt worden zu sein, sicherte die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. Jänner 1985 dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1965 die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall zu, dass er innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Erhalt dieses Bescheides den Nachweis seines Ausscheidens aus dem jugoslawischen Staatsverband erbringe. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 4. Februar 1985 ausgehändigt. Anlässlich einer Vorsprache am 27. Jänner 1987 bei der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld wies der Beschwerdeführer auf seine bisher erfolglosen Bemühungen, das Ausscheiden aus dem jugoslawischen Staatsverband zu erreichen, hin.
Am 24. Juni 1987 langte der Bescheid der sozialistischen Republik Kroatien vom 26. März 1987, mit dem die Entlassung des Beschwerdeführers aus der Staatsbürgerschaft der sozialistischen Republik Kroatien und der sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien verfügt wurde, bei der belangten Behörde ein.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Juli 1988 wies die belangte Behörde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 2 und § 39 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StBG) ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Frist zur Beibringung des gemäß mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 7. Jänner 1985 dem Beschwerdeführer aufgetragenen Nachweises über sein Ausscheiden aus dem jugoslawischen Staatsverband habe am 4. Februar 1987 geendet. Einem Schreiben des jugoslawischen Generalkonsulates vom 3. April 1987 sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer erst am 20. Juni 1986 - also erst nach nahezu 16 Monaten nach Aushändigung des Zusicherungsbescheides - um seine Entlassung aus dem jugoslawischen Staatsverband angesucht habe. Auf Grund der verspäteten Beibringung des Entlassungsbescheides habe sein Antrag um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft abgewiesen werden müssen. Außerdem hätten neuerliche Erhebungen ergeben, dass der Beschwerdeführer anlässlich seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach gerichtlich bestraft worden sei. Der Beschwerdeführer sei jeweils vom Amtsgericht Erlangen im Mai 1975 wegen Unterschlagung zu 7 Monaten Freiheitsstrafe, im Mai 1976 wegen Unterschlagung zu einem Jahr Freiheitsstrafe, im August 1978 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu 50 Tagessätzen zu je 30 DM Geldstrafe und im Oktober 1981 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Im Oktober 1979 sei der Beschwerdeführer aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen worden. Angesichts dieser Verurteilungen wäre eine Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ohnedies nicht möglich, weil die ersten beiden angeführten Verurteilungen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 StBG einen gesetzlichen Ausschließungsgrund darstellen würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft verletzt erachtet. Wohl habe der Beschwerdeführer den Nachweis des Ausscheidens aus dem jugoslawischen Staatsverband erst nach Ablauf der ihm hiefür gesetzten Frist erbracht, doch sei dies auf eine unrichtige Auskunft seitens des jugoslawischen Konsulats zurückzuführen, derzufolge einem diesbezüglichen Antrag binnen drei Monaten stattgegeben werden sollte. Trotz der verspäteten Vorlage dieses Nachweises hätte die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft prüfen müssen. Der Zusicherungsbescheid der belangten Behörde vom 7. Jänner 1985 sei erst vier Monate nach Einbringung des Antrages um Verleihung der Staatsbürgerschaft ergangen, sodass angenommen werden könne, die belangte Behörde habe die für die Erlangung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen ausreichend geprüft. Dennoch habe die belangte Behörde die Verurteilungen des Beschwerdeführers in der Bundesrepublik Deutschland, im Zusicherungsbescheid nicht angeführt. Unabhängig davon seien die beiden Entscheidungen des Amtsgerichtes Erlangen vom Mai 1975 und vom Mai 1976 als einheitliche Entscheidung anzusehen und hätten nach den Vorschriften des österreichischen Tilgungsgesetzes als getilgt zu gelten. Beim Beschwerdeführer seien sohin alle Voraussetzungen des § 11a StBG gegeben, doch lägen bei ihm auch besonders berücksichtigungswürdige Gründe für die Verleihung der Staatsbürgerschaft im Sinne des § 10 Abs. 3 StBG vor, weil der Beschwerdeführer seit 1976 mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet sei, mit ihr einen zwölfjährigen Sohn habe und gemeinsam mit ihr Hälfteeigentümer einer Liegenschaft in Österreich sei. Die Position des nunmehr als staatenlos geltenden Beschwerdeführers habe sich insofern verschlechtert, als er nun einen in zweijährigen Abständen zu erneuernden Fremdenpass sowie für alle Auslandsreisen Visa benötige. Die Bezugnahme der belangten Behörde auf § 10 Abs. 1 Z. 3 StBG sei "nicht nachvollziehbar", weil gegen den Beschwerdeführer kein Strafverfahren bei einem inländischen Gericht anhängig sei. Die Verletzung von Verfahrensvorschriften sei darin gelegen, dass die Behörde die beim Beschwerdeführer gegebenen Voraussetzungen des § 11a StBG nicht von Amts wegen erforscht habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 StBG ist einem Fremden die Verleihung der Staatsbürgerschaft (Erstreckung der Verleihung) zunächst für den Fall zuzusichern, dass er binnen zwei Jahren das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates nachweist, wenn
1. er weder staatenlos noch Flüchtling im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ist,
2. weder § 10 Abs. 4 noch die §§ 16 Abs. 2 oder 17 Abs. 4 Anwendung finden und
3. ihm durch die Zusicherung das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates ermöglicht wird oder erleichtert werden könnte.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen ist die Zusicherung zu widerrufen, wenn der Fremde auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft (Erstreckung der Verleihung) erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.
Bei der Zusicherung der Verleihung der Staatsbürgerschaft handelt es sich um einen der Entscheidung über das Ansuchen um Verleihung der Staatsbürgerschaft vorgelagerten Verwaltungsakt, der für den Fremden einen nur noch durch den Nachweis des Ausscheidens aus dem fremden Staatsverband bedingten Rechtsanspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft begründet, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen um Verleihung der Staatsbürgerschaft auch die sonstigen Voraussetzungen (insbesondere des § 10 Abs. 1 leg. cit.) gegeben sind (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 23. April 1986, Zl. 86/01/0026). Unterlässt ein Staatsbürgerschaftswerber die fristgerechte Erbringung des Nachweises über sein Ausscheiden aus dem fremden Staatsverband, so hat dies zur Folge, dass einerseits der aus dem Zusicherungsbescheid erwachsene Rechtsanspruch des Staatsbürgerschaftswerbers erlischt und dass andererseits die Behörde an ihre Zusicherung nicht mehr gebunden ist. Entgegen der in den tragenden Begründungselementen des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommenden Rechtsansicht der belangten Behörde hat aber die Nichteinhaltung der für die Erbringung des angeführten Nachweises gesetzten Frist nicht zur Folge, dass das Verleihungsansuchen aus diesem Grunde abgewiesen werden müsste. Vielmehr bleibt es Aufgabe der Behörde, unter Zugrundelegung des allenfalls in der Zwischenzeit geänderten Sachverhaltes über das Verleihungsansuchen zu entscheiden.
Soweit die belangte Behörde gerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers in der Bundesrepublik Deutschland als Umstände angesehen hat, die "nach § 10 Abs. 1 Z. 3 StBG einen gesetzlichen Ausschließungsgrund darstellen würden", braucht auf diese - im übrigen hinsichtlich der Zitierung der zugrundegelegten Gesetzesstelle nicht im Einklang mit der Rechtslage stehenden - Ausführungen nicht eingegangen zu werden, weil diese wohl nur als informativer Hinweis für den Beschwerdeführer abgefasst und somit nicht den Bescheidspruch tragende Begründungselemente sind.
Da die belangte Behörde sohin die Rechtslage verkannt hat, musste der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. I lit. a Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Wien, am 29. März 1989
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