VwGH 86/14/0192

VwGH86/14/019219.9.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde der Vida M in G, vertreten durch Dr. Erwin Gstirner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 10/I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 16. Oktober 1986, Zl. B 252-3/83, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1981, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §19;
EStG 1972 §34 Abs5;
EStG 1972 §34;
EStG 1972 §19;
EStG 1972 §34 Abs5;
EStG 1972 §34;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die seit dem 10. November 1980 geschiedene - nicht mehr wiederverehelichte - Beschwerdeführerin ist alleinige Geschäftsführerin einer GmbH, deren Geschäftsanteile zu 30 % ihr und zu 70 % ihrer minderjährigen Tochter Elisabeth gehören. Neben der Tochter Elisabeth befinden sich noch zwei weitere minderjährige Kinder im Haushalt der Beschwerdeführerin.

Am 3. Oktober 1980 bürgte die GmbH zu Gunsten des Ehegatten der Beschwerdeführerin, der zu diesem Zeitpunkt noch als Konsulent für die GmbH tätig war, hinsichtlich eines Betrages von 1,100.000 S. Im Mai 1981 wurde die GmbH als Bürgin in Anspruch genommen, weswegen bereits in deren Bilanz für das Jahr 1980 eine dementsprechende Rückstellung gebildet worden war.

Mit Beschluß vom 11. Oktober 1982 versagte das Vormundschaftsgericht die pflegschaftsbehördliche Genehmigung zur Bildung der eben erwähnten Rückstellung und trug der Beschwerdeführerin auf, diese Bilanzposition bis zum März 1983 gewinnerhöhend aufzulösen. Zur Begründung führte das Vormundschaftsgericht aus, das ohne pflegschaftsbehördliche Genehmigung erfolgte Eingehen der Bürgschaft stelle keinesfalls eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung der GmbH dar, wodurch das Vermögen der minderjährigen Elisabeth M belastet werde. Die Beschwerdeführerin entsprach dem Beschluß des Vormundschaftsgerichtes und veranlaßte im März 1983 die Umbuchung der mit offenen Konsulentenhonoraren an ihren geschiedenen Ehegatten saldierten Rückstellung auf ihr Verrechnungskonto bei der GmbH.

Die Beschwerdeführerin beantragte, den auf ihr Verrechnungskonto bei der GmbH gebuchten Betrag von 937.532 S als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen, wobei sie die Ansicht vertrat, sie habe mit der Abgabe der Bürgschaftserklärung ihre Befugnisse als Geschäftsführerin keineswegs überschritten. Ihr nunmehr geschiedener Ehegatte hätte bei Weiterbestehen des Konsulentenverhältnisses die Regreßforderung der GmbH aus der Bürgschaft innerhalb von zwei Jahren abdecken können. Da das Pflegschaftsgericht jedoch die Meinung vertreten habe, sie hätte ihre Befugnisse als Geschäftsführerin überschritten, sei sie gezwungen gewesen, der GmbH den strittigen Betrag zu ersetzen. Ansonsten hätte nämlich die Gefahr bestanden, daß sie vom Pflegschaftsgericht als Geschäftsführerin abberufen worden wäre. Dies hätte wiederum zur Folge gehabt, daß sie in Hinkunft keine Einkünfte mehr aus ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin erzielen hätte können. Der von ihr im Verrechnungsweg an die GmbH geleistete Betrag stelle daher einen Aufwand zur Sicherung und Erhaltung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar. In eventu beantragte die Beschwerdeführerin, den oben erwähnten Betrag als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, führte jedoch hiezu nichts weiter aus.

Mit der Begründung, sie müsse seit ihrer Scheidung nicht nur als Geschäftsführerin tätig sein, sondern auch noch einen Haushalt mit drei minderjährigen Kindern führen, beantragte die Beschwerdeführerin ferner, den Aufwand für eine Hausgehilfin von 126.681 S als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Ausübung der nichtselbständigen Tätigkeit sei zwecks Sicherstellung ihres und ihrer Kinder Unterhalts unumgänglich notwendig, weil einerseits ihr geschiedener Ehegatte keine Alimente leiste, anderseits von der GmbH wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage keine Gewinnausschüttungen erfolgt bzw. zu erwarten seien.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid entsprach die belangte Behörde den Anträgen der Beschwerdeführerin nicht, wobei sie zur Begründung nach Wiedergabe des - auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbestrittenen - Sachverhalts ausführte, die Beschwerdeführerin habe im Streitjahr keine Zahlung aus der Inanspruchnahme als Bürgin geleistet. Vielmehr sei erst im Jahr 1983 eine Umbuchung im Rechenwerk der GmbH erfolgt, was aber keineswegs zu einem Geldfluß im Streitjahr geführt habe. Es erübrige sich daher auf die Frage einzugehen, ob überhaupt Werbungskosten vorlägen bzw. der geltend gemachte Betrag in eventu als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen wäre. Bei einem wirtschaftlichen Einkommen von rund 770.000 S und einem Vermögen von über 7 Mio S könne davon ausgegangen werden, daß die Beschäftigung einer - nach der Sachlage zwar notwendigen - Hausgehilfin selbst bei einem Haushalt mit drei minderjährigen Kindern nicht außergewöhnlich sei. Da somit zur Anwendung der Bestimmungen des § 34 EStG der Tatbestand der Außergewöhnlichkeit fehle, könnte der Aufwand für die Hausgehilfin nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

In der Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde als unbegründet und kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Bürgschaft

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß sowohl Werbungskosten als auch Ausgaben, die als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können, im Sinn des § 19 Abs. 2 erster Satz EStG nur für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in denen sie geleistet worden sind. Sie meint jedoch, auf Grund des Beschlusses des Vormundschaftsgerichtes vom 11. Oktober 1982 sei die im Mai 1981 von der GmbH als Bürgin geleistete Zahlung unmittelbar ihr zuzurechnen, weswegen diese im Streitjahr auch bei ihr einen Geldfluß zur Folge gehabt hätte.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Eine Ausgabe und damit ein Geldfluß liegt nur dann vor, wenn der geleistete Betrag aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen ausgeschieden ist. Hiebei kommt es nicht darauf an, welches Kalenderjahr die Ausgabe wirtschaftlich betrifft (vgl Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch 2, Tz 17 zu § 19 EStG). Die im Mai 1981 geleistete Zahlung ist nicht aus der Vermögenssphäre der Beschwerdeführerin, sondern aus der der GmbH erfolgt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß das Verrechnungskonto der Beschwerdeführerin bei der GmbH im März 1983 rückwirkend für das Jahr 1981 mit dem strittigen Betrag belastet worden ist. Denn in einer späteren Kontobelastung kann keine Ausgabe und damit auch kein Geldfluß im Streitjahr erblickt werden. Wie bereits die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, erübrigt es sich daher auf die Frage einzugehen, inwieweit der die Vermögenssphäre der Beschwerdeführerin im Streitjahr nicht tangierende Geldfluß zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus der nichtselbständigen Tätigkeit gedient hat bzw. als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist.

2. Hausgehilfin

Die Beschwerdeführerin bestreitet zunächst, daß ihr wirtschaftliches Einkommen rund 770.000 S betrage. Unter einem wirtschaftlichen Einkommen könne nur das nach Abzug von Steuern verstanden werden. Ihr wirtschaftliches Einkommen betrage daher nur rund 490.000 S. Die Kosten der Hausgehilfin machten somit rund 26 % desselben aus. Es könne daher bei den zweifelsfrei erfolgten Veränderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse in den 80iger Jahren keine Rede davon sein, daß bei derartigen Einkommensverhältnissen auf die Beschäftigung einer Hausgehilfin üblicherweise nicht verzichtet werde. Die Beschäftigung der Hausgehilfin sei daher durch zwingende wirtschaftliche Gründe und nicht aus gesellschaftlichen Konventionen veranlaßt gewesen. Ihr Vermögen bestehe im wesentlichen aus den Geschäftsanteilen an der GmbH, die seit Jahren keine Gewinne ausschütte, sodaß keine Früchte aus diesem Vermögen für die Bezahlung des strittigen Aufwands zur Verfügung gestanden seien.

Auch mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat das wirtschaftliche Einkommen der Beschwerdeführerin offensichtlich im Sinn der Bestimmungen des § 34 Abs. 5 EStG errechnet. Dieses Einkommen kann jedoch zur Lösung der Frage, ab welchen Einkommensverhältnissen die Beschäftigung einer Hausgehilfin nicht mehr außergewöhnlich ist, nicht herangezogen werden. Denn es ist dabei von jenen Beträgen auszugehen, die für den Unterhalt (einer Familie) zur Verfügung stehen.

Wie in der Beschwerde auf Seite 9 ausgeführt wird, hätte das wirtschaftliche Einkommen (gemeint offensichtlich der für die Lebenshaltungskosten zur Verfügung stehende Betrag) im Streitjahr rund 490.000 S betragen. Bei dieser grundsätzlich richtigen Berechnung hat jedoch die Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt, daß sie im Streitjahr - wie sich aus Seite 1 ihrer Einkommensteuererklärung ergibt - Familienbeihilfe für drei Kinder bezogen hat, und ihr weiters steuerfreie Zinsen von rund 45.000 S zugeflossen sind. Schließlich stellen die von ihr geltend gemachten Sonderausgaben Einkommensverwendung - wenn auch steuerbegünstigte - dar. Ausgehend von der eben erwähnten Berechnung der Beschwerdeführerin ergibt sich folgender, für die Lebenshaltungskosten im Streitjahr zur Verfügung gestandener Betrag:

lt Beschwerdeausführungen

490.000 S

zuzügl Familienbeihilfe

36.600 S

zuzügl steuerfreie Zinsen

45.000 S

zuzügl Sonderausgaben

25.800 S

adaptiertes wirtschaftliches Einkommenim Sinn der Beschwerdeausführungen

597.400 S=======

Was die Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin betrifft, so ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Vermögensteuererklärungen zum 1. Jänner 1981 bzw. zum 1. Jänner 1982, daß die Beschwerdeführerin nicht nur über Geschäftsanteile an der GmbH verfügt hat. Vielmehr war sie im Besitz von Wertpapieren (Stand am 1. Jänner 1981 532.000 S, Stand am 1. Jänner 1982 488.300 S), Bargeld (Stand am 1. Jänner 1981 150.000 S, Stand am 1. Jänner 1982 50.000 S) und Forderungen gegenüber der GmbH (Stand am 1. Jänner 1981 450.193 S, Stand am 1. Jänner 1982 negativ 897.130 S). Dazu kamen noch erhebliche Vermögenswerte der Kinder der Beschwerdeführerin. So hatte beispielsweise die minderjährige Tochter Elisabeth Forderungen gegenüber der GmbH (Stand am 1. Jänner 1981 5,888.539,90 S, Stand am 1. Jänner 1982 5,967.822 S). Für diese Forderungen wurden von der GmbH Zinsen bezahlt, weswegen die Tochter Elisabeth im Streitjahr bereits im Sinn des § 140 Abs 3 ABGB selbsterhaltungsfähig war.

Bei dieser Einkommens- und Vermögenslage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Sinn der auch der Beschwerdeführerin bekannten hg. Rechtsprechung die Ansicht vertreten hat, daß die Beschäftigung einer Hausgehilfin im Streitfall nicht außergewöhnlich ist. Denn die Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes beschäftigen in aller Regel eine Haushaltshilfe.

Dem angefochtenen Bescheid haftet die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhalts nicht an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl Nr 206.

Wien, am 19. September 1989

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