Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 1. Oktober 1985 erteilte die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau gemäß "§§ 98, 9, Abs. 2, 11, 12, 13, 15, 21, 22, 34, 55 Abs. 3, 111, 112 und 122" WRG 1959 der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei unter einer Reihe von Auflagen die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Wasserversorgungsanlage für das auf deren Grundstück 436/2 KG X bestehende Y-gut mit Quellfassung auf dem den Beschwerdeführern gehörenden Grundstück 454/1 KG X. Unter Punkt II.1.3 der Auflagen wurde die Errichtung eines Quellschutzgebietes im Ausmaß von ca. 200 m2 angeordnet und für die sich aus dieser Auflage ergebende Beschränkung gemäß § 34 Abs. 4 und 117 WRG 1959 eine einmalige Entschädigung von S 2.000,-- festgelegt.
Mit Bescheid vom 23. Jänner 1986 wies sodann der Landeshauptmann von Salzburg die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab. Begründend wies die Rechtsmittelbehörde darauf hin, daß die Beschwerdeführer zu der im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Verhandlung am 27. September 1985 unter ausdrücklichem Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 42 AVG 1950 geladen worden seien und an ihr mit einem Rechtsfreund teilgenommen hätten. Soweit das Berufungsvorbringen über die Stellungnahme der Beschwerdeführer bei jener Gelegenheit hinausgehe, sei es präkludiert. Dies gelte insbesondere auch für die Frage, welches Quellwasser abgeleitet werde. In der Verhandlung hätten die Beschwerdeführer nicht bestritten, daß das Wasser schon immer abgeleitet und die Anlage 1964 erneuert worden sei. Zur Frage, ob der vorhandene Freibrunnen "schon immer" bestanden habe, hätten sich die Beschwerdeführer ebenfalls nicht geäußert. Art und Lage der bestehenden Anlagenteile ergebe sich zum einen aus den dem Bescheid zugrunde gelegten Planunterlagen, welche bei der besagten Verhandlung vorgelegen seien. Gegen die Richtigkeit dieser Pläne sei bei der Verhandlung ein Einwand nicht vorgebracht worden. Das Quellschutzgebiet sowie die Entschädigung seien unter der Annahme festgesetzt worden, daß bei der gleichzeitig vorgeschriebenen Neufassung der Quelle der Quellfassungsstandort derselbe bleibe. Eine Quellfassung an wesentlich anderer Stelle sei nicht ausgeschlossen worden, dürfte aber mangels Zustimmung des Grundeigentümers nicht zulässig sein. Das Schutzgebiet sei mithin ausreichend beschrieben. Aus Vorgesagtem ergebe sich auch, daß die Annahme der Behörde, die Quellnutzung erfolgte bereits seit mehr als dreißig Jahren, wiewohl seit zwanzig Jahren mit erneuerter Anlage, nicht aktenwidrig sei. Dieser Annahme sei in der Verhandlung nichts entgegengesetzt worden. Auch hinsichtlich der Konsenshöhe sei lediglich behauptet worden, das festgesetzte Ausmaß sei nicht erforderlich. Daß damit eine ersessene Dienstbarkeit ausgeweitet würde, sei ebenfalls nicht behauptet worden. Hinsichtlich der Errichtung (richtig nach Original: Ermittlung) dieses Wasserbedarfes habe sich die Behörde auf die unwidersprochen gebliebenen Angaben des Mitbeteiligten stützen können; es seien also ausreichend Ermittlungen gepflogen worden. Insoweit daher die Berufungsausführungen nicht bereits durch § 42 AVG 1950 unzulässig seien, seien sie unbegründet. Die Befugnis der Behörde zur Vorfragenbeurteilung ergebe sich aus § 12 WRG 1959 in Verbindung mit § 38 AVG 1950.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführer in dem Recht darauf verletzt erachten, daß dem Mitbeteiligten die erteilte Bewilligung versagt bzw. dessen Antrag zurückgewiesen, zumindest eine geringere Entnahmemenge festgesetzt, daß kein Quellschutzgebiet angeordnet oder doch eine wesentlich höhere Entschädigung bestimmt, schließlich daß selbst im Bewilligungsfall die Auflagen in Richtung einer weitestgehenden Vermeidung einer Beeinträchtigung der Eigentumsrechte der Beschwerdeführer präzisiert und abgeändert werden.
Die belangte Behörde und der Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen die Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Was die behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde betrifft, ist nicht ersichtlich, warum diese als im Instanzenzug übergeordnet nicht zur Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft zuständig gewesen sein sollte. Aber auch der Wasserrechtsbehörde erster Instanz hat die Zuständigkeit im Beschwerdefall nicht insoweit, wie die Beschwerdeführer meinen, gefehlt, als die Bezirksverwaltungsbehörde im Weg einer Vorfragenbeurteilung zur Annahme gelangte, der mitbeteiligte Antragsteller habe eine Grunddienstbarkeit zur Nutzung besagter Quelle sowie zu Errichtung und Betrieb der Anlagenteile im zivilrechtlichen Sinn ersessen. Gemäß § 38 AVG 1950 ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen - was im vorliegenden Fall zutrifft -, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Die Beschwerdeführer sind im Recht, daß es sich bei der bezeichneten um eine Frage des Privatrechts handelt, zu "deren" Entscheidung" - zur Abgrenzung einer solchen von einer bloßen Beurteilung im Sinne des § 38 AVG 1950 siehe die Ausführungen bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1987, S. 339 f. - die Verwaltungsbehörde nicht zuständig gewesen wäre. Eine "Entscheidung" hat die Wasserrechtsbehörde aber auch nicht getroffen, sondern sich ausdrücklich im Rahmen der eben angeführten Vorfragenbeurteilung gehalten, wobei das Vorliegen der dort geforderten Voraussetzungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides (Seite 9 f.) dargetan und von den Beschwerdeführern nicht entkräftet wurde. Im Gegenstand diente die Vorfragenbeurteilung der im Zusammenhang rechtlich bedeutsamen Feststellung, ob der mitbeteiligte Antragsteller, der nicht Eigentümer der betroffenen Quelle ist, der Einwilligung des Grundeigentümers bedurfte - weil diesem gemäß § 5 Abs. 2 WRG 1959 die Benutzung seines Privatgewässers, allerdings mit dem durch Gesetz oder durch besondere Rechtstitel begründeten Beschränkungen, zusteht - oder ob es einen Titel gab, der dem Mitbeteiligten ein Bezugsrecht im angestrebten Umfang einräumte (worauf sodann nach § 9 Abs. 2 WRG 1959 vorzugehen war); ein derartiger Rechtstitel könnte auch ein ersessenes Wasserbezugsrecht sein.
Die belangte Behörde hat nun eine inhaltliche Prüfung, ob die genannte Vorfrage richtig beurteilt, im einzelnen, "wie lange" bereits das Wasser aus dem Grundstück der Beschwerdeführer für das Gut des Mitbeteiligten abgeleitet wurde und um "welches Quellwasser" es sich dabei handelt, nicht vorgenommen, weil sie das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer insofern, und darüber hinaus in der Entschädigungsfrage, als präkludiert angesehen hat. Die Beschwerdeführer haben jedoch bei der mündlichen Verhandlung am 27. September 1985 eine Stellungnahme folgenden Inhaltes abgegeben:
"Es fehlt an der Antragslegitimation des Konsenswerbers und an der Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde. Bei den konsensgegenständlichen Wässern handelt es sich um Privatgewässer, die im Eigentum der (Beschwerdeführer) als Eigentümer der GP. 454/1 stehen. Ein privatrechtlicher Titel für die Nutzung dieses Quellwassers durch den Konsenswerber liegt nicht vor.
Die bisherige Nutzung der Quellwässer durch den Konsenswerber, wie sie sich beim heutigen Augenschein dargestellt hat, wurde nur prekaristisch, also als Bittleihe, von den Grundeigentümern geduldet. Daraus kann ein Rechtsanspruch auf Nutzung in der konsensgegenständlichen Form, vor allem auch im konsensgegenständlichen Umfang, nicht abgeleitet werden. Die Grundeigentümer sprechen sich gegen die Erteilung eines Wasserbenutzungsrechtes und gegen eine wasserrechtliche Genehmigung einer Wasserversorgungsanlage aus, da dadurch ihre Eigentumsrechte an der Gp. 454/1, insbesondere ihre Rechte auf Nutzung der auf dieser Grundparzelle entspringenden Quellwässer, weiters ihre Rechte auf landwirtschaftliche Nutzung der Grundparzelle (beispielsweise auch durch Urbarmachung, wie dies im Sommer dieses Jahres geschehen ist) wesentlich beeinträchtigt werden.
Zum Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen wird ausgeführt, daß durch die dem Konsenswerber auferlegten Baumaßnahmen ebenfalls die Eigentumsrechte der (Beschwerdeführer) beeinträchtigt werden und daß dies insbesondere für das vorgesehene Quellschutzgebiet gilt. Dabei ist auch zu bedenken, daß überhaupt nicht feststeht, woher jene Gewässer, welche der Konsenswerber derzeit nutzt, zufließen, sodaß auch nicht abgegrenzt werden kann, welche allfälligen zukünftigen Maßnahmen der Grundeigentümer eine Beeinträchtigung der Quellschüttung hervorzurufen geeignet sind.
Es besteht weder ein Rechtsanspruch noch eine sachliche Notwendigkeit dafür, daß der Konsenswerber Wasser in einer täglichen Menge von 5.300 l bezieht, zumal das Halten einer Freibrunnenanlage nicht erforderlich ist und allein dadurch mehr als die Hälfte der als notwendig erachteten Schüttung beansprucht würde.
Die fehlende Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde leiten die Grundeigentümer daraus ab, daß als fremde Rechte, welche durch die konsensgegenständliche Anlage möglich beeinträchtigt werden könnten, ausschließlich jene Rechte in Betracht kommen, welche aus dem Eigentumsrecht der (Beschwerdeführer) am Grundstück 454/1 erfließen. Hiebei handelt es sich jedoch um eine reine Privatsache, die nicht von der Wasserrechtsbehörde geklärt werden darf.
Zusammenfassend wird daher beantragt:
1. den Antrag wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen, in eventu
2. die wasserrechtliche Bewilligung aus den dargestellten Gründen zu versagen."
Mit diesem Vorbringen haben die Beschwerdeführer mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, daß und warum sie sich schon dem Grunde nach gegen eine Bewilligung des betreffenden Vorhabens wenden. Die Beschwerdeführer waren in diesem Zusammenhang nicht verhalten, dem Befund in jeder Einzelheit zu widersprechen oder, da sich ihr Einwand gegen das Vorhaben als Ganzes richtete, auf die Höhe einer allfälligen Entschädigung für den Fall einer dennoch erteilten Bewilligung einzugehen. Eine inhaltliche Prüfung der Berechtigung des Berufungsvorbringens der Beschwerdeführer durfte daher rechtens nicht unterbleiben.
Obwohl unter dieser Voraussetzung auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden braucht - weil die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, soweit nicht Präklusion angenommen wurde, für sich allein den Spruch nicht zu tragen vermögen -, sei aus Gründen der Prozeßökonomie für das fortzusetzende Verfahren noch darauf hingewiesen, daß ein Quellschutzgebiet, wie es in Auflage II.1.3 des erstinstanzlichen Bescheides ohne Bezugnahme auf planliche Unterlagen umschrieben wurde, schon deswegen der gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 in Verbindung mit § 59 Abs. 1 AVG 1950 erforderlichen hinreichenden Bestimmtheit entbehrt, weil dessen Lage nicht eindeutig angegeben ist und Varianten vorbehalten blieben ("Sollte sich die Quellfassung lagemäßig gegenüber dem Bestand nicht wesentlich verändern, so
würde ... Sollte die Quellfassung jedoch an wesentlich anderer
Stelle erfolgen, so wäre ...").
Zur Festsetzung der Entschädigung ist zu bemerken, daß dieses Beschwerdeverfahren auch ein Anlaßfall für die Aufhebung einzelner die Entschädigung betreffender Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 - hier: in § 117 und § 34 - durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1988, Zl. G 1/88 ff, war (siehe die Kundmachung BGBl. Nr. 509/1988 sowie ferner die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1988, BGBl. Nr. 693).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.
Wien, am 19. September 1989
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