VwGH 88/10/0088

VwGH88/10/008821.12.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kirchner, über die Beschwerde des Dr. GW in S, vertreten durch Dr. Franz M. Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 9. März 1988, Zl. LAD-723/1/88, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 (mitbeteiligte Partei: Rechtsanwaltskammer für Kärnten, Purtscherstraße 1/I, Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z6;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z4;
VwGG §21 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z6;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z4;
VwGG §21 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 29. Mai 1987 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, "seit dem 15.5.1986, also seit Abschluss des Dienstvertrages mit der Fa. F Gesellschaft m.b.H. in S, eine umfangreiche Tätigkeit, die offensichtlich einer Winkelschreiberei gleichkommt", zu entfalten und dadurch die Rechtsvorschrift des Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 verletzt zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde deshalb gemäß Art. IX leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall Ersatzarrest in der Dauer von drei Tagen, verhängt. Ferner wurde der vom Beschwerdeführer zu zahlende Verfahrenskostenbeitrag bestimmt (§ 64 VStG 1950).

Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen folgendes aus: Inhalt des im Spruch bezeichneten Dienstvertrages sei die "Beratung in allen Angelegenheiten des österr.

Verwaltungsrechtes", wobei diese Beratung unter eines der Tatbilder des Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 falle, nämlich das Erteilen von Auskünften. Auf Grund dieses Dienstvertrages erhalte der Beschwerdeführer einzelne Aufträge und erteile auf Grund dieser Aufträge einschlägige Auskünfte oder verfasse vollkommen auf sich allein angewiesen schriftliche Eingaben. Diese Verpflichtung nach dem Dienstvertrag allein erfülle schon das Tatbild der Winkelschreiberei. Die Erwerbsmäßigkeit liege gemäß Punkt III des Dienstvertrages zweifellos vor; bei einem Stundensatz von S 200,-- könne nicht von einem geringen, zu vernachlässigenden Entgelt gesprochen werden. Auch eine selbstständige Tätigkeit liege vor, da der Beschwerdeführer in der Erledigung und Durchführung der von ihm übernommenen Aufträge vollkommen auf sich gestellt sei. Er trage zwar kein unternehmerisches Risiko, verschaffe aber seinem Vertragspartner durch die gewerbsmäßige Beratung die Möglichkeit, die Angelegenheiten, die vor einer Behörde auszutragen seien, für Zwecke der Firma optimal zu erledigen. Auch eine nachhaltige, dauernde Tätigkeit sei gemäß Punkt I des Dienstvertrages vereinbart worden, da das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei.

2. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung (vom 15. Juni 1987) gab der Landeshauptmann von Kärnten (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 9. März 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis, änderte jedoch dessen Schuldspruch dahingehend, dass der Beschwerdeführer "seit dem 15. 5. 1986, also seit dem Abschluss des Dienstvertrages mit der Firma F GmbH in Angelegenheiten, in denen er nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, gewerbsmäßig bei der Firma F GmbH eine Beratertätigkeit in allen Angelegenheiten des österreichischen Verwaltungsrechtes ausübt, indem er einschlägige Auskünfte zur Verfassung von Anbringen und Urkunden für den Gebrauch vor inländischen Verwaltungsbehörden erteilt hat"; dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 begangen.

Zur Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde nach zusammengefasster Wiedergabe des Straferkenntnisses und des Berufungsvorbringens sowie Zitierung der von ihr als verletzt erachteten Verwaltungsvorschrift im wesentlichen folgendes aus:

Ausgehend von den unbestrittenen Fakten, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsberatungstätigkeit ausübe, sei die Tragweite des Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 zu untersuchen. Das (hier interessierende) Tatbestandsmerkmal "Erteilung einschlägiger Auskünfte" sei nicht bereits durch bloße Sachverhaltsmitteilungen erfüllt; es bedürfte vielmehr einer "Rechtsberatung", die unerfahrenen Parteien Wege zur Erledigung ihrer vor einer Behörde auszutragenden Angelegenheit derart weist, dass im Ergebnis die beratende Tätigkeit berufsmäßiger Parteienvertreter ersetzt werde. Die in einer solchen Rechtsberatung enthaltenen Auskünfte müssten jedenfalls von der Intention her auf eine Verwendung vor Behörden abzielen. Diese Rechtsberatung sei aber vom Gesetzgeber jenen vorbehalten, die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt seien. Insbesondere seien damit die Rechtsanwälte und Notare angesprochen. Zu prüfen sei nunmehr, ob "Gewerbsmäßigkeit" der Tätigkeit, also Regelmäßigkeit, Erwerbsabsicht und Selbstständigkeit, vorliege. Wie sich aus dem Dienstvertrag (Abschluss des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit; Pauschalentlohnung von S 800,-- monatlich, zwölfmal jährlich) ergebe, handle es sich um eine mit Erwerbsabsicht verbundene nachhaltige Tätigkeit. Bei der Beurteilung der Frage der Selbstständigkeit der Tätigkeit sei insbesondere auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit (des Beschwerdeführers von der beratenen Firma) abzustellen; dass letzteres der Fall sei, brauche nicht näher begründet zu werden. Wer das mit der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit verbundene Unternehmerriskio auf sich nehme (vgl. "Rechnung und Gefahr" im § 1 Abs. 3 GewO 1973), sei auf Grund der wirtschaftlichen Gegebenheiten und nicht allein nach den äußeren rechtlichen Formen zu beurteilen, in denen sich diese Tätigkeit abspiele. Im vorliegenden Fall würden Aufträge und Arbeitszuteilungen durch die Rechtsabteilung des Arbeitgebers bzw. durch das beauftragte Rechtsanwaltsbüro vorgenommen. Die vom Beschwerdeführer ausgeübte Beratungstätigkeit stelle eine Konsulententätigkeit als Sachverständiger des österreichischen Verwaltungsrechtes dar und begründet daher für den Beschwerdeführer eindeutig eine Haftung gemäß § 1299 ABGB. Wenn er aber in dieser Form für von ihm erteilte Auskünfte hafte, treffe ihn auch ein erhebliches Unternehmerrisiko, das darin bestehe, dass er entweder einen Gewinn einstreife oder den möglichen Verlust trage. Dies unterscheide den Beschwerdeführer von einem Angestellten. Schließlich sei bemerkenswert, dass der Dienstvertrag nicht dem Angestelltengesetz unterliege (Punkt IV); dies sei ein weiteres Indiz dafür, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers selbstständig sei, da damit offensichtlich zum Ausdruck kommen solle, dass die Firma F GmbH im Rahmen des Vertragsverhältnisses kein Weisungsrecht gegenüber dem Beschwerdeführer habe. Es zeige sich, dass die Bestimmungen des Dienstvertrages, wonach von einem Arbeitsverhältnis die Rede sei, in dessen Rahmen die Rechtsberatungstätigkeit erbracht werde, zu den übrigen, die Regelung des Tatbestandes der Winkelschreiberei betreffenden Bestimmungen, in einem unlösbaren Widerspruch stünden und daher der Vertrag offensichtlich nur deshalb errichtet worden sei, um die zwischen dem Beschwerdeführer und der mehrfach genannten Firma getroffene Vereinbarung auch mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen in Einklang zu bringen. Die Beratungstätigkeit des Beschwerdeführers als Winkelschreiberei sei nach dem Gesagten auch im Hinblick auf das Vorliegen des Merkmales der "Gewerbesmäßigkeit" zu bejahen.

Was die Abänderung des Spruches betreffe, so habe sich die belangte Behörde im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) auf die dem Beschwerdeführer im Verfahren erster Instanz zur Last gelegte Tat (Winkelschreiberei) beschränkt und lediglich die gegenständliche Übertretung genau determiniert bzw. auf die "unbefugte Erteilung einschlägiger Auskünfte" eingeschränkt.

3. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid nach dem gesamten Beschwerdevorbringen in seinem Recht, nicht der ihm angelasteten Übertretung schuldig erkannt und ihretwegen auch nicht bestraft zu werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend und begehrt deshalb die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet und den Antrag gestellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerde, "dass die Behörde das Beweisthema ohne entsprechende Verständigung des Beschwerdeführers ausgedehnt hat". Der Beschwerdeführer habe sich daher auf "die Umstände" nicht einstellen können.

1.2. Die Beschwerde bezieht sich damit offenbar auf die von der Erstbehörde vorgenommene Vernehmung des Dr. Hubert K., des Günter P. und der Margot P. als Zeugen (vgl. Niederschriften jeweils vom 22. Jänner 1987), die zur Klärung des Sachverhaltes bezüglich des den Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens bildenden Tatvorwurfes gegen den Beschwerdeführer nichts beizutragen vermochten. Dementsprechend wurden diese Zeugenaussagen weder von der Behörde erster Instanz noch - was allein bedeutsam gewesen wäre - von der belangten Behörde verwertet. Der behauptete Verfahrensverstoß liegt demnach nicht vor.

1.2. Der Beschwerdevorwurf, es sei im angefochtenen Bescheid nicht angeführt, über welches Rechtsmittel des Beschwerdeführers entschieden worden sei, ist nicht verständlich, wird doch im ersten Absatz des Spruches des bekämpften Bescheides ausdrücklich ausgesprochen, dass der "Berufung" des Beschwerdeführers keine Folge gegeben (wird). Dass es sich hiebei nur um die mit Schriftsatz vom 15. Juni 1987 eingebrachte Berufung handeln kann, musste wohl gerade dem Beschwerdeführer klar sein, da er im vorliegenden Verfahren eine andere Berufung nicht erhoben hat.

3.1. Als Verstoß gegen die ""§§ 58 ff AVG" wertet die Beschwerde den von ihr als solchen bezeichneten Umstand, dass im angefochtenen Bescheid "nicht nur eine Abänderung, sondern eine Neufassung des Spruches erfolgt ist".

3.2.1. Dass die belangte Behörde durch eine Neufassung des Spruches (als solcher) weder gegen das Gebot des § 59 Abs. 1 AVG 1950 noch gegen die in den §§ 58 Abs. 2, 60, 67 leg. cit. verankerte Begründungspflicht verstoßen hat, bedarf keiner näheren Darlegungen.

3.2.2. Sollte mit dem in Rede stehenden Beschwerdevorbringen zum Ausdruck gebracht werden, dass die belangte Behörde - in Überschreitung der ihr durch § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) gesetzten Grenzen - die dem Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Straferkenntnis spruchmäßig angelastete Tat ausgewechselt habe, so erwiese sich auch dieser Einwand als unbegründet.

Wenn die Erstinstanz in ihrem Straferkenntnis vom 29. Mai 1987 dem Beschwerdeführer spruchmäßig die auf Grund des mit der F GesmbH abgeschlossenen "Dienstvertrages" vom 15. Mai 1986 entfaltete "umfangreiche Tätigkeit" zur Last gelegt hat, so hat sie damit zwar zum einen die Tat nicht ausreichend konkretisiert, zum anderen doch - im Zusammenhalt mit der zur Auslegung des insoweit undeutlichen Spruches heranzuziehenden Begründung des Bescheides zum Ausdruck gebracht, dass sie damit das auf Grund des genannten Vertrages gesetzte Gesamtverhalten des Beschwerdeführers, somit jedenfalls auch das "Erteilen von Auskünften", dem Tatbestand des Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 unterstellt wissen wollte. So gesehen stellt die Neufassung des Spruches durch die belangte Behörde - worauf diese in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - lediglich eine auf dem Boden der Sachverhaltsannahme der Erstbehörde stehende und mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Einklang stehende Präzisierung der dem Beschwerdeführer angelasteten Tat dar (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1977, Slg. Nr. 9222/A). Der von der Beschwerde im gegebenen Zusammenhang geäußerten Ansicht, dass der Beschwerdeführer auf Grund des "Dienstvertrages" (Punkt II) eine beratende Tätigkeit vornehme, daher der Vorwurf, er erteile einschlägige Auskünfte zur Verfassung von Anbringen und Urkunden, unzulässig sei, ist entgegenzuhalten, dass die Erteilung solcher Auskünfte wohl zweifellos als durch den umfassenden Begriff der "Beratung in allen Angelegenheiten des österreichischen Verwaltungsrechtes" (Punkt II des "Dienstvertrages") erfasst anzusehen ist. Die präzisierende Einschränkung, auf die Erteilung "einschlägiger Auskünfte" begegnet damit auch unter diesem Gesichtspunkt keinen Bedenken.

4.1. Hauptangriffspunkt der Beschwerde unter dem Titel inhaltlicher Rechtswidrigkeit ist die Beurteilung des inkriminierten Verhaltens des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde als "gewerbsmäßig". Nach Auffassung des Beschwerdeführers seien im Falle seiner Beratungstätigkeit die für die "Gewerbsmäßigkeit" wesentlichen Merkmale (Selbstständigkeit und Ertragsabsicht) nicht gegeben.

4.2.1. Wer in Angelegenheiten, in denen er nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, gewerbsmäßig für den Gebrauch vor inländischen oder ausländischen Behörden (Gerichten oder Verwaltungsbehörden) schriftliche Anbringen oder Urkunden verfasst, einschlägige Auskünfte erteilt, vor inländischen Behörden Parteien vertritt oder sich zu einer dieser Tätigkeiten mit schriftlichen oder mündlichen Kundgebungen anbietet (Winkelschreiberei), begeht gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 232/1977 eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde entsprechend dieser Gesetzesstelle zu bestrafen.

4.2.2. Mangels eigener Begriffsumschreibung im vorstehend wiedergegebenen Tatbestand, ist zur inhaltlichen Bestimmung des Begriffes "gewerbsmäßig" § 1 Abs. 2 bis 5 GewO 1973 heranzuziehen. Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Gemäß § 1 Abs. 3 leg. cit. liegt Selbstständigkeit im Sinne dieses Gesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

4.2.3. Außer Streit gestellt wird in der Beschwerde das Vorliegen des Tatbestandsmomentes der Regelmäßigkeit. Vom Beschwerdeführer wird indes in Abrede gestellt, dass seine Tätigkeit für die F GesmbH mit der Absicht der Ertragserzielung verbunden sei, zumal das monatliche Entgelt von S 1.000,-- (laut Vertrag: S 800,--) im Verhältnis zu seinem sonstigen Einkommen von S 35.000,-- monatlich unerheblich sei. Demgegenüber hat die belangte Behörde die Gewinnabsicht des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf Punkt III des "Dienstvertrages" begründet, wonach der Beschwerdeführer eine bestimmte Leistung im Ausmaß von durchschnittlich einer Wochenstunde gegen eine "Pauschalentlohnung von S 800,-- monatlich, zwölfmal jährlich" zu erbringen habe; allein durch die Vereinbarung einer monatlichen Entlohnung sei, unabhängig von deren Höhe, die Gewinnabzielungsabsicht gegeben. Was schließlich das Tatbestandselement der Selbstständigkeit anlangt, so wurde das Vorliegen desselben im angefochtenen Bescheid im wesentlichen mit der Begründung bejaht, dass der Beschwerdeführer auf Grund des "Dienstvertrages" eine Konsulententätigkeit als Sachverständiger ausübe und ihn daher eine Haftung gemäß § 1299 ABGB treffe, mit der Folge, dass er für eine beratende Tätigkeit das Unternehmerrisiko, also vornehmlich auch (bei Erteilung unrichtiger Auskünfte) einen Verlust, zu tragen habe. Demgegenüber vertritt die Beschwerde zusammengefasst die Ansicht, dass im gesamten Verfahren die Tragung eines Unternehmerrisikos durch den Beschwerdeführer nicht hervorgekommen sei, er vielmehr ein Pauschalentgelt unabhängig davon erhalte, ob die von ihm erbrachte Leistung für den Vertragspartner einen Gewinn oder Verlust erbringe; das Vorliegen des in Rede stehenden Dienstvertrages schließe die Selbstständigkeit seiner Tätigkeit aus.

4.2.4. Der Verwaltungsgerichtshof ist einer Beurteilung der Frage enthoben, ob die nach der GewO 1973 für den Begriff der "Gewerbsmäßigkeit" konstituierenden Merkmale der Selbstständigkeit und Gewinnerzielungsabsicht - die Regelmäßigkeit wird vom Beschwerdeführer, wie erwähnt, nicht in Zweifel gezogen - vorliegen oder nicht. Denn auch dann, wenn die inkriminierte Tätigkeit des Beschwerdeführers als "gewerbsmäßig" im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 GewO 1973 und damit auch im Sinne des Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 zu qualifizieren wäre, stünde der bekämpfte Bescheid mit dem Gesetz nicht im Einklang. Dies aus nachstehenden Gründen.

5. Bei dem Straftatbestand der Winkelschreiberei handelt es sich um eine Angelegenheit der Notare, der Rechtsanwälte und verwandter Berufe (bzw. deren gesetzlicher Schutz) gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1964, Zl. 10/64). Die Regelung des Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 dient demnach dazu, die genannten Berufe bzw. - in der Terminologie dieser Norm - die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Personen vor der Tätigkeit solcher Personen, denen diese Befugnis nicht zukommt, zu schützen. Nun ist es aber Wesensmerkmal der hier angesprochenen so genannten freien Berufe, dass sie ihre Dienste im selben Zeitraum einem von vornherein unbegrenzten, ständig wechselnden Personenkreis anbieten, sohin mit einer unbestimmten größeren und deshalb auch häufig wechselnden Zahl von Auftraggebern zu tun haben. Von diesem dem Berufsbild der Rechtsanwälte, Notare u.s.w. immanenten Merkmal her erfährt der durch Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 garantierte Schutz der zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Personen seine spezifische Ausprägung. Verpönt im Grunde der vorzitierten Bestimmung und von deren Schutzzweck erfasst ist demnach eine - wenn auch gewerbsmäßig ausgeübte - Tätigkeit wie das Erteilen einschlägiger Auskünfte durch nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung Befugte nur dann, wenn diese Tätigkeit das vorhin bezeichnete Charakteristikum aufweist, also "einschlägige Auskünfte" im selben Zeitraum einer von vornherein nicht begrenzten Zahl von Auftraggebern erteilt werden. Gerade dies trifft im Beschwerdefall nicht zu. Vielmehr hat die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht als erwiesen angenommen und dies konsequenterweise auch im Spruch des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht, dass der Beschwerdeführer seine von ihr als Winkelschreiberei gewertete Beratungstätigkeit in Form der Erteilung einschlägiger Auskünfte im Tatzeitraum ausschließlich - auf der Grundlage eines "Dienstvertrages" - für die F GesmbH ausgeübt habe.

Da nach dem Gesagten die rechtliche Qualifikation der Erteilung von Auskünften als Winkelschreiberei - auch bei Zutreffen der sonstigen Tatbestandsmerkmale - dem Tatbild des Art. IX Abs. 1 Z. 4 EGVG 1950 nicht entspricht, wenn die Auskünfte nur einem einzigen (vertraglich bestimmten) Auftraggeber erteilt werden, somit nur für diesen einen Vertragspartner eine - mit den Worten der belangten Behörde - "Konsulententätigkeit" entfaltet wird, hat der Beschwerdeführer durch das ihm spruchmäßig zur Last gelegte Verhalten den Tatbestand der Winkelschreiberei nicht verwirklicht.

6. Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid, ohne dass es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, dass an Stempelgebühren lediglich S 690,-- (Eingabengebühr S 360,--, Vollmachtgebühr S 120,--,Beilagengebühr S 210,--) zu entrichten waren.

Wien, am 21. Dezember 1988

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