VwGH 88/10/0035

VwGH88/10/003520.6.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde der W-Gesellschaft mbH in G, vertreten durch Dr. Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, Rechbauerstraße 4/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Jänner 1988, Zl. 6-375/IV Ga 141/10-1988, betreffend Auftrag zur Vorauszahlung von Kosten gemäß § 4 Abs. 2 VVG 1950, zu Recht erkannt.

  

Normen

AVG §68 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs7;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 lita;
VVG §4 Abs1;
VwRallg;
AVG §68 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs7;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 lita;
VVG §4 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

  

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 19. Jänner 1983 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 7 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 (NSchG) der Auftrag erteilt, die auf dem Grundstück Nr. 201, KG. X, neben der Sstraße, außerhalb einer geschlossenen Ortschaft errichtete, nicht bewilligte Ankündigungstafel samt Zubehör binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen. Die wider diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. Juli 1983 abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung von der Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde von diesem mit Erkenntnis vom 15. Dezember 1986, Zl. 83/10/0284, als unbegründet abgewiesen.

Mit Vollstreckungsverfügung des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 21. Mai 1987 wurde der Beschwerdeführerin (nach vorheriger Androhung der Ersatzvornahme) gemäß § 4 VVG 1950 aufgetragen, als Vorauszahlung der Kosten für die Ersatzvornahme (Abtragen der nicht bewilligten Ankündigungstafel samt Zubehör) den Betrag von S 3.000,-- binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides einzuzahlen, da die Beschwerdeführerin der Verpflichtung laut Bescheid des "Stadtsenates" (richtig: des Bürgermeisters) der Stadt Graz vom 19. Jänner 1983 nicht nachgekommen sei.

In der gegen diese Vollstreckungsverfügung erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die im Bescheid vom 19. Jänner 1983 angeführte Plakattafel sei am 5. Juni 1987 entfernt und es sei daher dem Bescheid entsprochen worden.

Aufgrund einer Anfrage der Steiermärkischen Landesregierung (belangte Behörde) teilte die Behörde erster Instanz mit Schreiben vom 21. August 1987 mit, daß "laut Überprüfung" die gegenständliche Plakattafel noch nicht abgetragen worden sei.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Vollstreckungsverfügung als unbegründet ab. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, wie erst vor kurzem wiederum festgestellt worden sei, stehe die gegenständliche Werbetafel nach wie vor an Ort und Stelle, die Behauptung der Beschwerdeführerin in der Berufung, die Werbetafel sei am 5. Juni 1987 entfernt worden, entspreche daher nicht den Tatsachen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei die im Bescheid vom 19. Jänner 1983 genannte Plakattafel am 5. Juni 1987 demontiert worden. Es könne der Beschwerdeführerin daher auch nicht aufgetragen werden, diese Tafel abzutragen bzw. einen Kostenvorschuß für die zwangsweise Abtragung derselben zu erlegen. Bei jener Tafel, die Gegenstand des Bescheides vom 19. Jänner 1983 gewesen sei, handle es sich um die auf den der Beschwerde beigeschlossenen Lichtbildern aufscheinende Plakattafel. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens hätte die belangte Behörde erkennen können, daß sich zwar an der S-straße eine von der Beschwerdeführerin aufgestellte Plakattafel befinde, die aber nicht mit der im Bescheid vom 19. Jänner 1983 genannten ident sei. Die nunmehr an der S-straße befindliche Plakattafel unterscheide sich von der im Bescheid vom 19. Jänner 1983 beschriebenen sowohl in den Ausmaßen als auch insbesondere im Standort. Für eine Abtragung der derzeit aufgestellten Plakattafel bestehe keine Rechtsgrundlage und sohin auch kein Grund für die Leistung eines Kostenvorschusses zwecks zwangsweiser Abtragung derselben.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde mit der Begründung beantragt, aufgrund des Beschwerdevorbringens sei am 28. März 1988 ein Ortsaugenschein vorgenommen worden, wobei Lichtbilder sowie ein aktueller Lageplan angefertigt worden seien. Aufgrund dieser (der Gegenschrift beiliegenden) Unterlagen sei eindeutig erkennbar, daß es sich um eine "mobile" Werbeanlage handle, die jederzeit um einige Meter in jede beliebige Richtung befördert werden könne. Gegenüber den Lichtbildern aus 1983 sei wohl eine geringfügige Standortveränderung im Ausmaß von zwei bis drei Meter feststellbar gewesen. Unbeschadet dessen, daß eine solche Werbeanlage mit Leichtigkeit innerhalb kürzester Zeit zu einem beliebigen Punkt in der Umgebung transportiert werden könnte, stehe die Tafel derzeit nach wie vor auf dem Grundstück Nr. 201, KG. X, neben der S-straße und es habe sich vor allem an den "Umgebungsverhältnissen", wie sie für die "Entfernung" nach § 4 NSchG entscheidungsmaßgeblich seien, durch die unbedeutende Verschiebung der Werbetafel nichts geändert. Trotz dieser geringfügigen Standortveränderung sei das Gesamtumfeld gleichgeblieben, weshalb die belangte Behörde davon ausgegangen sei, daß es sich um eine "entschiedene Sache" handle. Würde man dem Beschwerdevorbringen folgen, wäre der Vollzug des § 4 NSchG unmöglich, da dann jede geringfügige Ortsveränderung einer Werbetafel ein neues und langwieriges Verwaltungsverfahren nach sich ziehe; damit wäre die Entfernung einer nicht bewilligten und naturschutzrechtlich auch nicht bewilligbaren Werbetafel praktisch nicht mehr durchsetzbar.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG 1950 kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag auf Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Der Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 2. Mai 1956, Slg. Nr. 4057/A, und vom 18. Mai 1976, Slg. Nr. 9059/A) einen Bescheid (eine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG 1950) dar.

Gemäß § 10 Abs. 2 VVG 1950 kann eine in diesem Sinne ergangene Vollstreckungsverfügung nur ausnahmsweise, nämlich nur unter der Voraussetzung mittels Berufung bekämpft werden, daß a) die Vollstreckung unzulässig ist, b) die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder c) die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit der Vorschrift des § 2 VVG 1950 im Widerspruch stehen. Als unzulässig im Sinne der vorangeführten lit. a) ist eine Vollstreckung etwa dann anzusehen, wenn die mit dem Titelbescheid ausgesprochene Verpflichtung inzwischen bereits erfüllt worden ist oder seit der Erlassung des Titelbescheides wesentliche Änderungen im Sachverhalt eingetreten sind, so zwar, daß auf der Grundlage des neuen Sachverhaltes ein im Spruch gleichlautender neuer Titelbescheid nicht mehr erlassen werden dürfte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1981, Zlen. 81/05/0073, 81/05/0074).

Die im Titelbescheid der Beschwerdeführerin auferlegte Verpflichtung, die Ankündigungstafel samt Zubehör zu entfernen, beinhaltet das Gebot, den in diesem Bescheid umschriebenen, gesetzwidrigen Zustand auf Dauer (d.h. so oft sich dieser durch die neuerliche Aufstellung einer derartigen Ankündigungstafel verwirklicht) zu beseitigen. Unter diesem Blickwinkel wird auch ein gegenüber dem rechtskräftigen Entfernungsauftrag nur unwesentlich veränderter Sachverhalt von der vollstreckbaren Verpflichtung erfaßt.

Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß die belangte Behörde bei einer "Verschiebung" der Tafel um ca. 2 bis 3 m (bei im wesentlichen unveränderten Umgebungsverhältnissen) zu Recht eine solche "wesentliche" Änderung im Sachverhalt verneinen durfte. Hingegen hat es die Beschwerdeführerin unterlassen, den behaupteten Unterschied im "Ausmaß" sowie im Standort derart zu beschreiben, daß sich auf eine wesentliche Änderung im Sachverhalt schließen ließe.

Die Beschwerde erweist sich aus diesen Erwägungen als unbegründet. Sie ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 20. Juni 1988

  

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