VwGH 87/04/0022

VwGH87/04/002219.1.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde des WB in N, vertreten durch Dr. Gerhard Hickl, Rechtsanwalt in Wien I, Getreidemarkt 18, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. November 1986, Zl. Ge-30157/2-1986/Pan/Ln, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §189 Abs1 Z3;
GewO 1973 §189 Abs1 Z4;
GewO 1973 §189 Abs2;
GewO 1973 §191 Abs5;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
GewO 1973 §189 Abs1 Z3;
GewO 1973 §189 Abs1 Z4;
GewO 1973 §189 Abs2;
GewO 1973 §191 Abs5;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 13. Juni 1986 erging gegen den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Sie haben am 29.3.1986 in N, P-str. 25, ein sogenanntes 'Privat-Club-Lokal' eröffnet und in diesem u.a. am 31.3.1986 u. a. an Herrn AS aus G um den Betrag von S 100,-- eine Flasche Bier, an Herrn KS aus N am 2.4.1986 um ca. 21.45 Uhr um den Betrag von S 100,-- eine Flasche Bier, am 1.4.1986 gegen 1.30 Uhr an Frau RW aus N um den Betrag von S 500,-- eine (Flasche Sekt, am 1.4.1986 um ca. 20.00 Uhr an Herrn MM aus N um den Betrag von S 100,-- eine Flasche Bier, am 31.3.1986 um ca. 20.30 Uhr an Herrn AL aus S um den Betrag von S 100,-- eine Flasche Bier, am 1.4.1986 um ca. 1.00 Uhr an Herrn FB aus N um den Betrag von S 500,-- eine Flasche Sekt, am 29.4.1986 gegen 24.00 Uhr an Herrn FS aus S um den Betrag von S 100,-- einen Gespritzten, am 29.3.1986 um ca.

17.10 Uhr an OK aus N um den Betrag von S 50,-- ein Glas Cappy, am 1.4.1986 um ca. 22.20 Uhr an Herrn GK aus S um den Betrag von S 150,-- zwei Flaschen Bier und am 30.3.1986 an Herrn KT um den Betrag von S 50,-- eine Flasche Bier verkauft.

Sie haben für diesen Ausschank alkoholischer und nicht alkoholischer Getränke, obwohl dieser offensichtlich mit der Absicht betrieben wurde, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, keine Gastgewerbekonzession besessen."

Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begangen und es werde hiefür über ihn gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe 7,5 Tage) verhängt. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf die Anzeige des Gendarmeriepostens vom 17. April 1986 sowie die im Verwaltungsverfahren durch seinen Rechtsvertreter erstatteten Stellungnahmen des Beschwerdeführers ausgeführt, unbestritten bleibe, daß der Beschwerdeführer Obmann des behördlich anerkannten und registrierten "Geselligkeitsvereines NN", eines Vereines, der innerhalb behördlich genehmigter Statuten seine Vereinstätigkeit wahrnehme, sei. Zutreffend sei die Rechtsauffassung vertreten worden, daß für den vorgenannten Verein das verfassungsgesetzlich garantierte Recht bestehe, die Organisation im Rahmen des Vereinsgesetzes zu bestimmen und seine Tätigkeit auszuüben. Ungeachtet dessen liege eine irrige Rechtsmeinung über die Bestimmung des § 1 GewO 1973 vor. Nach § 1 Abs. 1 fänden die Rechtsvorschriften der Gewerbeordnung 1973 für alle gewerbsmäßig ausgeübten und gesetzlich nicht verbotenen Tätigkeiten Anwendung. Gemäß Abs. 1 werde eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben werde, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welchen Zweck dieser bestimmt sei. Näherhin definiere § 1 Abs. 5 leg. cit., daß die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vorliege, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen solle. Bei Beurteilung der Frage, ob die von einem Verein (als Personenvereinigung) entfaltete Tätigkeit der Gewerbeordnung 1973 unterliege, komme es nicht darauf an, inwieweit der Verein nach dem Vereinsgesetz und nach seinen Statuten befugt sei, Tätigkeiten in der Absicht auszuüben, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, sondern eben darauf, inwieweit eine solche Absicht tatsächlich bestehe. Im gegenständlichen Fall sei die Vereinstätigkeit, insbesondere der Verkauf von Getränken, unbestrittenermaßen nicht bloß auf Vereinsmitglieder beschränkt, sondern vielmehr geradezu auf einen nicht näher bestimmten Personenkreis ausgerichtet. Nach den Angaben der einvernommenen Auskunftspersonen, die sich im "Vereinsgebäude" in N aufgehalten hätten, stehe erwiesenermaßen fest, daß Getränke alkoholischer und nicht alkoholischer Art zu bestimmten Preisen verabreicht worden seien. Es stelle wohl für jeden objektiven Betrachter eine offensichtliche Tatsache dar, daß beispielsweise der Preis für eine Flasche Bier mit S 100,--, nicht wie behauptet, auf Kostendeckungsbasis beruhe, sondern daß bei diesem Preis vielmehr ein deutlicher wirtschaftlicher Vorteil gegeben sei. Hierin sei daher nach Ansicht der Behörde ein krasses Mißverhältnis zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis zu erblicken. Über die Augenfälligkeit des überhöhten Preisverhältnisses bedürfe es sohin keiner näheren Erläuterungen. Der Beschwerdeführer bzw. sein Vertreter hätten im übrigen außer der Behauptung, alle Leistungen, die der Verein erbringe, beruhten lediglich auf Kostendeckungsbasis und seien keinesfalls auf Gewinnabsicht ausgerichtet, keine Gründe dafür anführen können, welche Kosten ihm bei der Verabreichung von Bier, Wein, Sekt, usw. entstünden bzw. warum z.B. eine Flasche Bier, damit sie kostendeckend verkauft werden könne, S 100,-- kosten müsse. Da sohin nach den vorstehenden Ausführungen der auf Gewinn gerichtete Ausschank von Getränken ohne Konzession erfolgt sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 20. November 1986 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i.V.m. § 24 VStG 1950 und § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 keine Folge und bestätigte das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, "daß Herr WB als Obmann des Geselligkeitsvereines NN, in N, P-straße 25, und damit Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG 1950 die gegenständliche Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begangen hat." Dieser Ausspruch wurde damit begründet, zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens bringe der Beschwerdeführer vor, im erstbehördlichen Verfahren seien "Stoffsammlungsmängel" unterlaufen. Die Erstbehörde habe sich nur mit der Einnahmenseite des Vereines, nicht aber mit der Ausgabenseite auseinandergesetzt. Überdies sei die Behörde verpflichtet, dem Beschuldigten die Schuld nachzuweisen. Auch sei keine geeignete Verfolgungshandlung gesetzt worden, weil in der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht ersichtlich sei, daß der Beschwerdeführer als Obmann einer juristischen Person zur Verantwortung gezogen werde. Im übrigen beruhe die Beweiswürdigung bloß auf Behauptungen ohne tatsächliche Nachweise. Die Überprüfung des wirtschaftlichen Vorteils habe nicht nur unter Bedachtnahme auf die Einkaufspreise zu erfolgen, sondern es müßten auch sämtliche Regien (Miete, Einrichtung, Investitionen, usw.) berücksichtigt werden. Überdies enthalte der Preis einer Flasche Bier in Höhe von S 100,-- auch einen Spendenanteil für den Verein, wodurch der Vereinszweck erreicht werde. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auch das Prinzip der amtswegigen Wahrheitsforschung vernachlässigt worden, da bezüglich des Vorbringens über das Kostendeckungsprinzip keine entsprechenden Beweise aufgenommen worden seien. Im Rahmen des von der Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens seien die Auskunftspersonen des erstinstanzlichen Verfahrens als Zeugen befragt und das Erhebungsergebnis dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters zur Gegenäußerung zur Kenntnis gebracht worden. Die Berufungsbehörde gehe davon aus, daß die Tatsache des Ausschankes von Getränken gegen Entgelt unbestritten geblieben sei. Lediglich das Merkmal des Ertrages bzw. wirtschaftlichen Vorteils sei vom Beschwerdeführer in Abrede gestellt worden. Hiezu sei zu bemerken, daß zur Feststellung der Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteils nicht die gesamte Bilanz eines Betriebes heranzuziehen sei, "sondern die Preise der einzelnen Produkte, die gegen Entgelt an den Endverbraucher verabreicht" würden. Im gegenständlichen Fall seien Getränke zu weit überhöhten Preisen an die Besucher des Clublokals verabreicht worden. Es sei eine Erfahrungstatsache, daß ein Bier derzeit ortsüblicherweise nicht um S 100,-- verkauft werden müsse, um die mit dem Ausschank von Bier verbundenen Unkosten zu decken. Deshalb bedürfe es hiezu auch keiner weiteren Beweisführung, daß bei derartigen Preisen ein wirtschaftlicher Vorteil erzielt werde. Auch der Einwand, in dem überhöhten Betrag sei eine Spende an den Verein enthalten, gehe ins Leere, da die Gäste diese Preise nicht freiwillig leisteten, sondern, wie den Zeugenaussagen zu entnehmen sei, vom Beschwerdeführer hiezu aufgefordert worden seien. Damit könne von einer Spende nicht mehr die Rede sein. Dessenungeachtet sei es gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1973 ohne Bedeutung, für welche Zwecke dieser wirtschaftliche Vorteil bestimmt sei. Allein die Tatsache, daß ein Ertrag oder wirtschaftlicher Vorteil entstehe, reiche aus, um dieses Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 2 GewO 1973 als gegeben ansehen zu können. Zum Einwand der mangelhaften Verfolgungshandlung werde bemerkt, daß die Berufungsbehörde berechtigt sei, die Bestrafung eines Beschuldigten mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß ihm die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei. Zum Beweisverfahren sei festzustellen, daß durch die im Berufungsverfahren durchgeführten Zeugeneinvernahmen eindeutig erwiesen sei, daß der Beschwerdeführer als Obmann des "Geselligkeitsvereines NN" das Gastgewerbe ausgeübt habe, ohne im Besitz der erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein. Sämtliche Zeugen bestätigten, für die von ihnen im besagten Lokal konsumierten Getränke überhöhte Preise bezahlt, ohne irgendwelche andere Leistungen dieses Betriebes in Anspruch genommen haben und ohne Vereinsmitglied zu sein. Wie oben dargelegt, im gegenständlichen Fall eine lediglich kostendeckende Gebarung nicht anzunehmen. Weiters habe die Erstbehörde zweifellos auch die Ausgabenseite bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Vorteils dadurch berücksichtigt, daß sie darauf hingewiesen habe, daß ein Preis von S 100,-- für eine Flasche Bier nicht im Rahmen einer kostendeckenden gewerblichen Tätigkeit zu sehen sei, bzw. daß bei der Verabreichung von Bier keine derartigen Unkosten entstünden, daß ein Preis von S 100,-- gerechtfertigt wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe seine Einwendung unbeachtet gelassen, daß eine dem Gesetz entsprechende Verfolgungshandlung nicht vorliege, zumal im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dem Beschwerdeführer die Tatbegehung persönlich und nicht etwa in seiner Eigenschaft als Obmann des in Rede stehenden Vereines (§ 9 Abs. 1 VStG 1950) vorgeworfen sei. Des weiteren könne sich die belangte Behörde bei der von ihr vorgenommenen "Spruchmodifizierung" nicht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1969, Slg. N.F. Nr. 7680/A, berufen, da diesem Erkenntnis ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen sei. Schließlich wird unter Bezugnahme auf Darlegungen in verwaltungsgerichtlichen Erkenntnissen ausgeführt, daß bei der Frage, ob Gewerbsmäßigkeit vorliege, auf den Begriff der "Kostendeckungsbasis" abzustellen sei, wogegen die belangte Behörde ihre Annahme vom Bestehen einer Gewinnabsicht ausschließlich auf die Einnahmenseite ohne nähere Prüfung der Ausgabenseite abgestellt habe. In diesem Zusammenhang werden in der Beschwerde nähere Ausführungen zum Erfordernis einer derartigen Berücksichtigung im Hinblick auf einzeln in Betracht kommende Ausgabenposten erstattet.

Was zunächst den Einwand des Beschwerdeführers anlangt, in Ansehung des im angefochtenen Bescheid gegen ihn erhobenen Schuldvorwurfes liege deshalb keine geeignete Verfolgungshandlung innerhalb der in Betracht kommenden Verjährungszeit vor, da ihm die Tat in Ansehung seiner eigenen Person und nicht als Obmann des in Rede stehenden Vereins vorgeworfen sei, so ist dem entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0077, dargelegt hat, es sei für die Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 in diesem Stadium des Verfahrens nicht erforderlich, dem Beschuldigten auch vorzuwerfen, die Tat als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG 1950 verantworten zu müssen, daß aber an der Meinung festzuhalten sei, wonach in der Tatumschreibung im Sinne des § 44a lit. a VStG 1950 zum Ausdruck kommen müsse, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortlicher begangen habe.

Von dieser Rechtsansicht abzugehen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen nicht veranlaßt.

Weiters ist der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 28. September 1983, Zl. 81/01/0069, unter diesbezüglicher Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 10. November 1969, Slg. N.F. Nr. 7680/A, davon ausgegangen, daß allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, daß dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, eine Auswechslung der "Sache" oder eine Überschreitung der "Sache" nicht stattgefunden hat.

Ausgehend davon, vermag aber der Verwaltungsgerichtshof eine "Auswechslung der Sache" bzw. eine "Überschreitung der Sache" durch die Berufungsbehörde nicht zu erkennen, wenn sie den angefochtenen Bescheid gegen den Beschwerdeführer als Obmann des in Rede stehenden Vereines und damit als Verantwortlichen im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG 1950 richtete, weil aus der vordargestellten Begründung des erstbehördlichen Straferkenntnisses, in dem sachverhaltsmäßig ausdrücklich auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Obmann des Vereines Bezug genommen wurde, keine Zweifel an der im Beschwerdefall gegebenen "Sachidentität" bestehen.

Der Beschwerde kommt aber im Ergebnis schon aus folgenden Überlegungen Berechtigung zu:

Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in einem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11466/A, dargelegt hat, stellt § 44 a lit. a VStG 1950 das Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auf. Nach § 44a lit. a VStG 1950 ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was hiebei den vorstehenden Punkt

1) anlangt, so sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,--

oder mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen zu ahnden ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

Das von den Verwaltungsbehörden, nach der einleitenden Anführung im erstbehördlichen Straferkenntnis im gegebenen Zusammenhang offenbar ins Auge gefaßte, konzessionierte Gastgewerbe umfaßt gemäß § 189 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen, sowie gemäß Z. 4 den Ausschank von nicht alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in geshlossenen Gefäßen. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen ist unter Ausschank (Abs. 1 Z. 3 und 4) jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, daß die Getränke an Ort und Stelle genossen werden.

Nach der Anordnung des § 191 Abs. 5 GewO 1973 sind Gastgewerbetreibende, die zur Ausübung einer Konzession mit der Berechtigung gemäß § 189 Abs. 1 Z. 3 oder mit der Berechtigung gemäß § 189 Abs. 1 Z. 4 berechtigt sind, im Rahmen ihrer Konzession auch berechtigt, Getränke in handelsüblich verschlossenen Gefäßen zu verkaufen.

Der Verkauf von Getränken in handelsüblich verschlossenen Gefäßen stellt eine Handelstätigkeit dar und fällt im Sinne der dargestellten Gesetzeslage nicht unter den Konzessionsvorbehalt der Gastgewerbetreibenden. Der Verkauf von Getränken in handelsüblich verschlossenen Gefäßen bildet daher kein Merkmal der Ausübung des konzessionierten Gastgewerbes, sondern darf - abgesehen von der Berechtigung der entsprechenden Handelsgewerbe - lediglich im Rahmen einer derartigen Konzession erfolgen.

Soweit daher dem Beschwerdeführer im Sinn der erfolgten Abänderung als Verantwortlichem des in Rede stehenden Vereines gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 - der Verkauf von Getränken in Flaschen angelastet wird, reicht dieser Vorwurf allein nicht aus, um im Sinne der vordargestellten Gesetzeslage die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der (unberechtigten) Ausübung des konzessionierten Gastgewerbes - abgesehen vom erforderlichen spruchgemäßen Vorwurf einer derartigen Gewerbeausübung (vgl. hiezu hg. Erkenntnis vom 15. September 7, Zl. 86/04/0047, u.a.) - als erfüllt ansehen zu lassen.

Daran vermag auch die im letzten Absatz des Schuldvorwurfes des - von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid diesbezüglich übernommenen - erstbehördlichen Straferkenntnis enthaltene Anführung "Sie haben für diesen Ausschank alkoholischer und nicht alkoholischer Getränke, obwohl dieser offensichtlich mit der Absicht betrieben wurde, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, keine Gastgewerbekonzession besessen" nichts zu ändern, da, wie bereits ausgeführt, der u. a. erhobene Vorwurf des Verkaufes von Getränken in Flaschen schlechtin den zusammenfassenden Vorwurf eines "Ausschankes" nicht zuläßt. Des weiteren kam auch die erforderliche Tatumschreibung nicht etwa durch die - im übrigen ungeachtet der erfolgten Spruchänderung - ausschließlich die Person des Beschwerdeführers betreffende Anführung über den Mangel des Besitzes einer Gastgewerbekonzession ersetzt werden.

Schon im Hinblick darauf erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte. Es erübrigte sich daher auch eine Erörterung des darauf nicht Bezug habenden Beschwerdevorbringens.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 19. Jänner 1988

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