VwGH 87/03/0280

VwGH87/03/028019.10.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde des JS in U, vertreten durch Dr. Roderich Santner, Rechtsanwalt in Tamsweg, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. Oktober 1987, Zl. 9/01-26.766/1987, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §101 Abs1a;
KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §101 Abs1a;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 18. August 1986 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgendarmeriekommando für Tirol, Verkehrsabteilung Außenstelle Lienz, angezeigt, am 15. Juli 1986 die Beladung eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftwagenzuges, dessen Zulassungsbesitzer die Transportfirma G ist, veranlaßt zu haben, wobei dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht um 5320 kg überschritten worden sei. Der mit Schnittholz beladene Kraftwagenzug sei auf der B 100 bei Straßenkilometer 142,2 angehalten und auf der Zollamtswaage Arnbach gewogen worden. Anstatt der höchstzulässigen 38000 kg habe der LKW-Zug ein tatsächliches Gesamtgewicht von 43320 kg aufgewiesen. Der Lenker des Kraftwagenzuges habe angegeben, die Ladung vom Sägewerk S in U geholt zu haben.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens rechtfertigte sich der Beschwerdeführer dahingehend, er habe seine Mitarbeiter, die mit der Zusammenstellung der Schnittholzladungen beauftragt seien, angewiesen, die Schnittholzladungen in Umfang und Größe so zusammenzustellen, daß die Nutzlasten der Transportmittel nicht überschritten würden. Sie seien auch angewiesen, dabei die Kriterien Holzart, Bearbeitung, Dimension, Übermaß und Trockenheit zu berücksichtigen. Er sei überzeugt, daß es sich im gegebenen Fall um eine Fehlabwaage handle. Er lehne es mit aller Entschiedenheit ab, in diesem Falle eine Verantwortung zu übernehmen, da es ihm Art und Umfang seines Unternehmens nicht erlaubten, ständig und jederzeit das Gewicht der einzelnen Schnittholzpakete zu kontrollieren. Diese Stellungnahme wurde auf Kopfpapier der Firma Sägewerk GesmbH JS in U geschrieben.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 10. Dezember 1986 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung nach § 101 Abs. 1a KFG eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt, weil er als Betriebsinhaber und für die Beladung Anordnungsbefugter nicht dafür gesorgt habe, daß ein dem Kennzeichen nach bestimmter Lkw-Zug (Zulassungsbesitzer Firma G, U) ordnungsgemäß beladen worden sei. Anläßlich einer Kontrolle und Abwaage des Lkw-Zuges am 16. Juli 1986 um 07.26 Uhr in Arnbach sei festgestellt worden, daß dieser mit Fichtenbrettern beladene Lkw-Zug um 5320 kg überladen gewesen sei (höchstzulässiges Gesamtgewicht: 38000 kg, tatsächliches Gesamtgewicht: 43320 kg). Dieser Lkw-Zug sei im Betrieb des Beschwerdeführers beladen und für die Ladung - ca. 50 m3 Bretter - ein Gewicht von ca. 24000 kg errechnet und dafür entsprechende Frachtbriefe ausgestellt worden. Tatsächlich aber habe die Ladung über 29000 kg gewogen. In der Begründung wurde hinsichtlich der Verantwortung des Beschwerdeführers ausgeführt, daß die erkennende Behörde der Meinung sei, das Gewicht sei falsch berechnet worden. Einem Sägewerksbesitzer mit langjähriger Erfahrung müsse auch zugemutet werden können, daß er das Gewicht von kammergetrocknetem Holz mit einem bestimmten Feuchtigkeitsgehalt genau errechnen könne. Keinesfalls dürfe bei ca. 50 m3 Bretter eine Fehlrechnung von über 5000 kg entstehen.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung, wobei dies ebenfalls auf einem Briefpapier der Sägewerk GesmbH JS erfolgte und der Beschwerdeführer sich in der Fertigungsklausel als Geschäftsführer auswies. Er wies neuerlich darauf hin, daß es ihm nicht möglich sei, persönlich die Zusammenstellung der über 450 Ladungen Schnittholz, die jährlich sein Werk verließen, zu überwachen. Er legte neuerlich dar, daß das Gewicht der Ladung Schnittholz mit ca. 24000 kg von seinen Mitarbeitern richtig ermittelt worden sei. Desweiteren sei er nachweislich zur Zeit der Vorbereitung dieser Schnittholzladung auf Geschäftsreise in Italien gewesen, von der er am 13. Juli 1986 zurückgekehrt sei. In der Folge sei er wegen schwerer Erkrankung vom 13. bis 17. Juli 1986 in ärztlicher Behandlung gewesen und habe daher seiner Arbeit nicht nachgehen können. Weiters verwies er darauf, daß er für die Holztransporte selbständige Frächter heranziehe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Oktober 1987 wurde der Berufung mit der Maßgabe keine Folge gegeben, daß die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift § 101 Abs. 1a in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 sei. Zum Berufungsvorbringen wurde ausgeführt, daß auf Grund der Stellung des Beschwerdeführers als Betriebsinhaber kein Zweifel darüber bestehen könne, daß er für die Beladung des in Rede stehenden Lastkraftwagenzuges anordnungsbefugt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sich zwar im Zuge des erstinstanzlichen Strafverfahrens dahingehend verantwortet, daß er die entsprechenden Weisungen erteilt habe, er habe aber nicht einmal behauptet, daß er die Einhaltung dieser Weisungen kontrolliert habe. Sofern der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringe, daß es ihm auf keinen Fall möglich sei, persönlich die Zusammenstellung der über 450 Ladungen Schnittholz, die jährlich sein Werk verließen, zu überwachen, so sei dazu zu sagen, daß es nach Auffassung der Berufungsbehörde dem Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Betriebsinhaber jedenfalls zuzumuten sei, wenigstens stichprobenartig Kontrollen vorzunehmen, um so die Einhaltung der Beladungsvorschriften sicherzustellen. Daß er aber solche stichprobenartige Kontrollen vorgenommen habe, habe der Beschwerdeführer nicht behauptet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer verweist im wesentlichen darauf, daß er sich gerade deshalb, weil er zufolge seiner häufigen Auslandsreisen nicht in der Lage sei, persönlich alles zu prüfen, zum Transport des Holzes nicht eigener Fahrzeuge, sondern selbständiger Transportunternehmer bediene. Hinsichtlich eines Frachtführers stehe ihm keine Weisungsbefugnis zu. Desweiteren nahm er auf seine betriebliche Abwesenheit (jedenfalls vom 13. bis 17. Juli 1986, also während der Tatzeit) Bezug. Man hätte den verantwortlichen Belader ausforschen müssen.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Gemäß § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die größte Breite des Fahrzeuges durch die Beladung nicht überschritten werden.

Gemäß Abs. 1a der zitierten Bestimmung hat, sofern ein von der Person des Lenkers oder des Zulassungsbesitzers verschiedener für die Beladung eines Kfz oder Anhängers Anordnungsbefugter vorhanden ist, dieser - unbeschadet der §§ 102 Abs. 1 und 103 Abs. 1 - dafür zu sorgen, daß Abs. 1 lit. a bis c eingehalten werden.

Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift die Meinung vertritt, es handle sich beim Vorbringen des Beschwerdeführers, in seinem Betrieb würden nicht eigene Kraftfahrzeuge für die Transporte verwendet, sondern man bediene sich eines Frachtführers, um eine unzulässige Neuerung, so widerspricht dies nicht nur der Aktenlage (vgl. insbesondere den erstinstanzlichen Bescheidspruch sowie die Berufung), sondern erscheint dies auch wenig verständlich. Der Beschwerdeführer wurde nämlich nicht nach § 103 Abs. 1 KFG (allenfalls in Verbindung mit § 9 VStG) als Zulassungsbesitzer zur Verantwortung gezogen, sondern als Anordnungsbefugter im Sinne des § 101 Abs. 1a KFG bestraft.

Zum Begriff "Anordnungsbefugter" des § 101 Abs. 1a KFG hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 85/03/0046, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien sowie unter Berufung auf das Verständnis der Worte in ihrem Zusammenhang ausgeführt, daß unter Anordnungsbefugtem eine Person zu verstehen ist, die damit befaßt ist, die Beladung vorzunehmen und den Ablauf des Beladungsvorganges zu gestalten und solcherart insbesondere die Menge des Ladegutes zu bestimmen. An diese unmittelbare Einflußnahme knüpft das Gesetz die zusätzliche, neben der des Lenkers und des Zulassungsbesitzers bestehende (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 12. Februar 1986) Verantwortlichkeit für eine dem § 101 Abs. 1 KFG entsprechende Beladung. Wenn jemand, wie der Beschwerdeführer in seinem Betrieb - was unbestritten geblieben ist - allgemeine Anweisungen in der Richtung gegeben hat, daß nur die zulässige Menge zu laden sei, er bei der tatsächlichen Beladung nicht anwesend war und damit keinen (unmittelbaren) Einfluß auf die Menge des aufzuladenden Gutes genommen hat, so kann er nicht als Anordnungsbefugter im Sinne des § 101 Abs. 1a KFG zur Verantwortung gezogen werden. Eine weitergehende Überprüfungspflicht bei jemandem, der einen selbständigen Frächter mit der Durchführung eines Transportes beauftragt, kann aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht abgeleitet werden.

In Verkennung der Rechtslage hat sich die belangte Behörde mit der Verantwortung des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt, weshalb sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Bemerkt wird, daß eine weitere Rechtswidrigkeit darin zu erblicken ist, daß der Beschwerdeführer wegen Überladung eines "LKW-Zuges" nach § 101 Abs. 1 lit. a KFG bestraft wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1988, Zl. 85/18/0068).

Der Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zuviel entrichtete Stempelgebühren für die Beschwerdeausfertigungen (die Gebühr beträgt pro Ausfertigung S 120,--).

Wien, am 19. Oktober 1988

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