VwGH 86/07/0271

VwGH86/07/027118.10.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Univ. Ass. Dr. Unterpertinger, über die Beschwerde des FP in D, vertreten durch Dr. Dieter Poßnig, Rechtsanwalt in Villach, Moritschstraße 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 16. Oktober 1986, Zl. 14.680/25-I 4/86, betreffend wasserrechtliche Bewilligung für eine Abänderung einer Bachfassung (mitbeteiligte Partei: Kärntner Elektrizitäts AG in Klagenfurt, Arnulfplatz 2), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §100 Abs2;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §114 Abs2;
WRG 1959 §115 Abs2;
WRG 1959 §100 Abs2;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §114 Abs2;
WRG 1959 §115 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 16. Dezember 1981 wurde die mit Bescheid derselben Behörde vom 14. März 1962 erfolgte Erklärung der Kraftwerksgruppe Fragant-Oscheniksee als bevorzugter Wasserbau durch die Einbeziehung der Beileitung des Draßnitz- und Lamnitzbaches zum Kraftwerk Wölla sowie des Mellen-, Asten- und Sabernitzenbaches zum Großspeicher Wurtenalm erweitert.

Der mitbeteiligten Partei wurde zur Einreichung eines verhandlungsreifen Projektes eine Frist bis 1. Juli 1982 gesetzt. Nachdem vom 17. bis 19. Mai 1982 eine mündliche Verhandlung unter Zuziehung der berührten Parteien durchgeführt worden war, erteilte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 31. August 1982 gemäß §§ 9, 12, 100 Abs. 2, 114 und 115 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für dieses Projekt, wobei der mitbeteiligten Partei aufgetragen wurde, ein Detailprojekt hinsichtlich der Kirschenbachfassung (ein Zubringer des Draßnitzbaches) vorzulegen. Der Landeshauptmann von Kärnten erteilte namens des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 6. Juli 1983 gemäß §§ 9, 100 Abs. 2, 101 Abs. 3, 111, 114 und 115 WRG 1959 der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für dieses Detailprojekt.

In einem an die belangte Behörde gerichteten und mit 10. Oktober 1986 datierten Schreiben teilte die mitbeteiligte Partei mit, daß zufolge der bereits in der Verhandlung dargelegten Schwierigkeiten im geologischen Bereich die nach dem Bewilligungsbescheid zu erzielende Dichtung bei der Bachfassung des Kirschenbaches nicht erreicht werden könne. Im Hinblick auf die dauernde Unter- und Umströmung der Bachfassung (Gefahr eines Grundbruches) und die ständigen Wasserverluste müsse daher eine Sanierung dieses Zustandes erfolgen. Von den technischen Möglichkeiten sei eine Folienabdichtung des Bachbettes oberhalb der Bachfassung ausgewählt worden. Sie bestehe darin, daß im bestehenden Bachbett auf einer Länge von zirka 70 m auf einer Ausgleichsschicht eine Kunststoffolie aufgelegt und überschüttet werde. Diese Methode verspreche den größten Erfolg; außerdem beschränkten sich die Arbeiten im wesentlichen auf das Bachbett. Für die Durchführung dieser Maßnahmen sei es erforderlich, die Grundstücke rund um den Stauweiher zu betreten, zu befahren und auch geländemäßig durch Anschüttungen im Uferbereich (Einengung des bestehenden Beckens) zu verändern. Linksufrig neben dem Kirschenbach (Draßnitzbach Grundstück Nr. n1-öffentliches Gut) lägen die durch die Arbeiten betroffenen Grundstücke n2 Wald und n3 Alpe, EZ. nn, KG X, die im Eigentum des Beschwerdeführers stehen.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 1986 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 9, 100 Abs. 2, 114 Abs. 2 und 115 WRG 1959 "die wasserrechtliche Bewilligung zur Abänderung der mit ho. Bescheid vom 31.8.1982, bewilligten Bachfassung des Kirschenbaches" wie folgt erteilt: "Aufbringung einer Ausgleichsschichte im Bachbett und Verlegung einer Kunststoffolie und Überschüttung auf einer Länge von zirka 70 m". In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, die mitbeteiligte Partei habe mit Eingabe vom 10. Oktober 1986 mitgeteilt, daß die auf Grund des Bescheides vom 31. August 1982 bewilligte Bachfassung des Kirschenbaches sich als undicht erwiesen habe. Sie habe daher um wasserrechtliche Bewilligung der Abänderung des ursprünglichen Projektes angesucht. Eine mündliche Verhandlung habe im Hinblick darauf, daß das gegenständliche Vorhaben gemäß § 114 Abs. 2 zum bevorzugten Wasserbau erklärt worden sei, unterbleiben können. Hingewiesen werde, daß gemäß § 72 Abs. 1 WRG von Gesetzes wegen die Eigentümer von Ufergrundstücken zur Ausführung der gegenständlichen Arbeiten das Betreten und die Benützung ihrer Grundstücke (hier insbesondere der Parzellen n2 und n3, KG X, EZ. nn) gegen Ersatz der ihnen hiedurch verursachten vermögensrechtlichen Nachteile, soweit sich dies als unbedingt notwendig erweise, zu dulden hätten. Die Ersatzansprüche seien gemäß § 72 Abs. 2 WRG 1959 bei sonstigem Verlust binnen drei Monaten nach dem Tage, an dem der Betroffene von dem Schaden Kenntnis erlangt habe, beim Landeshauptmann von Kärnten geltend zu machen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Abführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens mit Wahrung des Parteiengehörs sowie in der Ausübung seines bewilligten Wasserrechtes, an welchem er als Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft beteiligt sei, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Zuge des vorliegenden Verfahrens hat sich der Verwaltungsgerichtshof veranlaßt gesehen, zur Zl. A 40/87 gemäß Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag zu stellen, § 114 Abs. 2 WRG 1959 als verfassungswidrig aufzuheben. Diesem Antrag hat der Verfassungsgerichtshof jedoch mit seinem Erkenntnis vom 27. Juni 1988, Zlen. G 199/87, G 206, 207/87, G 120/88, nicht Folge gegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher im Beschwerdefall, auch § 114 Abs. 2 WRG 1959 seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.

Gemäß § 114 Abs. 2 WRG 1959 ist vor Erteilung der Bewilligung eine mündliche Verhandlung nur dann erforderlich, wenn sie entweder vom Unternehmer ausdrücklich verlangt oder von der Behörde für notwendig erachtet wird. § 107 Abs. 2 leg. cit. findet keine Anwendung. Gemäß § 115 Abs. 1 WRG 1959 haben die durch einen bevorzugten Wasserbau berührten Dritten grundsätzlich nur den Anspruch auf angemessene Entschädigung. Nach Abs. 2 derselben Gesetzesstelle können, wenn vor Bewilligung des Bauvorhabens eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, die Beteiligten Abänderungen und Ergänzungen des Entwurfes verlangen, durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird.

Die belangte Behörde vertritt die Rechtsansicht, daß für das vorliegende Abänderungsprojekt ohne weiteres deshalb von einer Verhandlung abgesehen habe werden können, weil dieses zum bevorzugten Wasserbau nach § 100 Abs. 2 WRG 1959 erklärt worden sei. Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Denn die Behörde hat - abgesehen von dem Fall, in dem der Unternehmer selbst eine Verhandlung verlangt - zu prüfen, ob sie im Einzelfall nach der Sachlage eine Verhandlung als notwendig erachtet. Wenn schon einmal über ein als bevorzugter Wasserbau erklärtes Vorhaben vor dessen Bewilligung eine mündliche Verhandlung gemäß § 114 Abs. 2 in Verbindung mit § 115 Abs. 2 WRG 1959 durchgeführt worden ist, muß auch im Falle der späteren auch nur teilweisen Abänderung des Projektes eine mündliche Verhandlung im Sinne des § 107 Abs. 1 WRG 1959 mit den durch die Abänderung des Projektes berührten Parteien durchgeführt werden (vgl. auch die hg. Erkenntnisse VwSlg 6087/63 und 12.188/86, S 378). Daß der Beschwerdeführer durch die mit dem angefochtenen Bescheid bewilligte Abänderung des Projektes nicht berührt werde, hat weder die mitbeteiligte Partei behauptet noch die belangte Behörde im bekämpften Bescheid einsichtig dargetan. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, daß die mit dem angefochtenen Bescheid erteilte Bewilligung in Wahrheit auf eine Abänderung des der belangten Behörde zuzurechnenden Bescheides des Landeshauptmannes von Kärnten vom 6. Juli 1983 hinausläuft.

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 und 48 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Eine besondere Vergütung der Umsatzsteuer ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Da bereits in der Sache selbst eine Entscheidung getroffen worden ist, erübrigt es sich, über den Antrag der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu entscheiden.

Wien, am 18. Oktober 1988

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