VwGH 87/13/0002

VwGH87/13/000218.3.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro , Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Papierer, über die Beschwerde des Dr. Johannes Patzak , Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. November 1986, Z1. 6/1-1080/86, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1982, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs2;
BAO §192;
BAO §20;
BAO §295 Abs1;
BAO §311 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
AVG §73 Abs2;
BAO §192;
BAO §20;
BAO §295 Abs1;
BAO §311 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärt sich durch den angefochtenen Bescheid ausschließlich dadurch beschwert, daß die belangte Behörde seinem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1982 geänderte Feststellungsbescheide betreffend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Hausgemeinschaften) zugrunde gelegt hat, obwohl diese Bescheide noch nicht in Rechtskraft erwachsen waren. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren beantragt, mit der Änderung des Einkommensteuerbescheides bis zur Rechtskraft der geänderten Feststellungsbescheide zuzuwarten. Die belangte Behörde habe offensichtlich verkannt, daß ihr diesbezüglich durch § 295 Abs. 1 BAO ein Ermessen eingeräumt sei, dessen Übung der Begründungspflicht unterliege.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 192 BAO werden die in einem Feststellungsbescheid enthaltenen Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Meßbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.

§ 295 Abs. 1 BAO lautet:

"(1) Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist."

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß der Abgabenbehörde mit der Bestimmung, wonach sie mit der Änderung (Aufhebung) des abgeleiteten Bescheides zuwarten kann, bis die Änderung (Aufhebung) des Feststellungsbescheides rechtskräftig geworden ist, ein Ermessen eingeräumt wird, und daß sie die Ermessensübung in Fällen zu begründen hat, in denen sie bereits vor Eintritt der Rechtskraft des geänderten Feststellungsbescheides den abgeleiteten Bescheid anpaßt.

Diese Rechtsansicht ist verfehlt. Es entspricht allgemeinen Rechtsgrundsätzen, daß eine zur Entscheidung berufene bzw. zur Entscheidung verpflichtete Behörde den Zeitpunkt ihrer Entscheidung innerhalb allfälliger gesetzlicher Entscheidungsfristen frei bestimmen kann. In diesem zeitlichen Dispositionsrecht ist nicht die Einräumung eines Ermessens zu erblicken, dessen Übung der Begründungspflicht unterliegt. § 192 BAO sieht die Verpflichtung der Abgabenbehörde vor, die in einem Feststellungsbescheid enthaltenen Feststellungen auch dann einem abgeleiteten Bescheid zugrunde zu legen, wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist. § 295 Abs. 1 leg.cit. normiert, daß die Änderung bzw. nachträgliche Erlassung oder Aufhebung eines Feststellungsbescheides für die Abgabenbehörde die Verpflichtung begründet, von Amts wegen den abgeleiteten Bescheid an den neuen Feststellungsbescheid anzupassen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dessen Rechtskraft eingetreten ist oder nicht. Die unmittelbar nachfolgende Bestimmung, wonach mit der Anpassung bis zur Rechtskraft des neuen Feststellungsbescheides zugewartet werden kann, ist ausschließlich von der prozeßökonomischen Erwägung getragen, der Abgabenbehörde eine wiederholte Bescheidanpassung zu ersparen, wenn der geänderte Feststellungsbescheid im Zuge eines Rechtsmittelverfahrens neuerlich geändert wird. Ein Rechtsanspruch des Abgabepflichtigen auf ein Zuwarten der Abgabenbehörde bis zur Rechtskraft des Grundlagenbescheides wird durch diese Regelung jedoch nicht begründet.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. März 1987

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