VwGH 87/12/0140

VwGH87/12/014012.10.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach, und die Hofräte Seiler, Dr. Drexler, Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janistyn, über die Beschwerde des P M in L , vertreten durch Dr. Christian Slana und Dr. Günter Tews, Rechtsanwälte in Linz, Volksfeststraße 32, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 31. Juli 1987, Zl. 211.591/53-2.2/87, betreffend Gewährung von Akteneinsicht, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §17;
AVG §17;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Partei eines bei der belangten Behörde seinerzeit anhängigen Berufungsverfahrens wegen Rückzahlung von Haushaltszulage. Nach Aufhebung des im ersten Rechtsgang erlassenen Bescheides der belangten Behörde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1987, Zl. 86/12/0148, wurde der Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 1987 Folge gegeben und festgestellt, daß der Beschwerdeführer die empfangenen Leistungen nicht zu ersetzen habe.

Mit Schreiben vom 27. Juli 1987 begehrte der Beschwerdeführer Einsicht in eine mit seiner geschiedenen Ehegattin im fortgesetzten Verfahren aufgenommene Niederschrift über die Frage der Verschweigung ihrer Berufstätigkeit.

Diesen, nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides zum Zwecke der Erstattung einer disziplinarrechtlichen Anzeige gegen den Rechtsanwalt der geschiedenen Gattin des Beschwerdeführers bzw. zwecks Geltendmachung allfällig bestehen der zivilrechtlicher Ansprüche gestellte Begehren des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 17 Abs. 1 AVG 1950 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 199/1982 abgewiesen.

Nach Wiedergabe des Sachverhaltes und des § 17 Abs. 1 AVG 1950, erster Teil des Satzes, wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter ausgeführt: Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei der Begriff "Sache" im Sinne des AVG 1950 dahin gehend auszulegen, daß hierunter nur jene Angelegenheit zu verstehen sei, die den Inhalt des jeweiligen Bescheidspruches darstelle.

Da mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 1987 über die Nichtverpflichtung des Beschwerdeführers zur Erstattung eines bestimmten Betrages an den Bund abgesprochen worden sei, sei diese Tatsache als "Sache" im Sinne des § 17 Abs. 1 AVG 1950 zu werten. Wie der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 27. Juli 1987 ausgeführt habe, habe er die Akteneinsicht nicht im Zusammenhang mit dem vorerwähnten Bescheidspruchinhalt begehrt, sondern deswegen, um gegen den Rechtsanwalt seiner geschiedenen Gattin disziplinarrechtliche Anzeige erstatten bzw. allfällig bestehende zivilrechtliche Ansprüche geltend machen zu können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach seinem gesamten Vorbringen sieht sich der Beschwerdeführer in seinem aus § 17 Abs. 1 AVG 1950 abgeleiteten Recht auf Akteneinsicht verletzt. Als Begründung bringt die Beschwerde im wesentlichen vor, daß in der gesetzlichen Bestimmung des § 17 Abs. 1 AVG 1950 nicht auf die Motive des Akteneinsichtswerbers Bezug genommen werde. Wenn ihm die Akteneinsicht deshalb verwehrt werde, weil er diese aus Gründen begehre, die mit der (ursprünglichen) Sache nichts mehr zu tun hätten, so sei diese Auffassung verfehlt.

Nach § 17 Abs. 1 AVG 1950 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 199/1982 hat die Behörde, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten.

Voraussetzung für das Recht auf Akteneinsicht ist also, daß der die Akteneinsicht begehrenden Person im betreffenden Verfahren Parteistellung zukommt. Das Recht auf Akteneinsicht steht im engsten Zusammenhang mit dem Recht auf Gehör und soll es den Parteien ermöglichen, genaue Kenntnis vom Gang des Verfahrens und von den Entscheidungsgrundlagen der Behörde zu erlangen. Der spezifische Sinn des § 17 Abs. 1 AVG 1950 liegt also darin, daß er ein subjektiv-prozessuales Recht der Partei schafft (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, dritte Auflage, Seite 58 f).

Auch nach rechtskräftigem Abschluß des betreffenden Verwaltungsverfahrens haben die Parteien beispielsweise wegen allfälliger Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder wegen Erhebung einer Beschwerde einen Anspruch auf Akteneinsicht (vgl. Erkenntnis des Bundesgerichtshofes vom 18. Dezember 1937, Zl. A 673/37).

Im Beschwerdefall begehrt der Beschwerdeführer Akteneinsicht nicht, um seine bereits rechtskräftig abgeschlossene Sache, nämlich die Abhandlung der Frage eines Übergenusses an Haushaltszulage, zu betreiben, sondern um allenfalls eine Disziplinaranzeige erstatten bzw. allfällige zivilrechtliche Ansprüche auf Grund einer vermuteten falschen Zeugenaussage geltend machen zu können.

Wenn die belangte Behörde, dem vorher dargelegten Sinne des § 17 Abs. 1 AVG 1950 Rechnung tragend, die Wortfolge " .... in die

ihre Sache betreffenden .... " nur bezogen auf die durch den

Inhalt des Bescheidspruches abgesteckte Angelegenheit sieht, also sinngemäß davon ausgeht, daß ein Recht auf Akteneinsicht nur einer Partei bei der Rechtsverfolgung in ihrer den Gegenstand des Verfahrens bildenden Sache zukommt, ist diese Rechtsauffassung nicht als rechtswidrig zu erkennen. Da im Beschwerdefall eine solche Rechtsbeziehung aber nicht vorliegt und dies bereits auf Grund des Beschwerdevorbringens erkennbar war, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 35 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 12. Oktober 1987

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