Normen
ASVG §113 Abs1 Satz1 idF 1986/111;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §410 Abs1 Z5;
ASVG §64 Abs2;
KO §46 Abs1 Z1 idF vor 1982/370;
KO §46 Abs1 Z2 idF 1982/370;
KO §54 Abs1 idF vor 1982/370;
ASVG §113 Abs1 Satz1 idF 1986/111;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §410 Abs1 Z5;
ASVG §64 Abs2;
KO §46 Abs1 Z1 idF vor 1982/370;
KO §46 Abs1 Z2 idF 1982/370;
KO §54 Abs1 idF vor 1982/370;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Im Bescheid der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 21. November 1984 wurde dem HG, per Adresse des Beschwerdeführers, gemäß § 113 Abs. 1 ASVG als Dienstgeber (Bevollmächtigter, meldepflichtige Person bzw. Stelle) im Sinne der §§ 35 f ASVG ein Beitragszuschlag in der Höhe von S 1.000,-- vorgeschrieben. Nach der Begründung dieses Bescheides sei bei einer Beitragsprüfung festgestellt worden, daß der Dienstgeber im überprüften Zeitraum vom Jänner 1982 bis September 1984 gegen die Meldevorschriften verstoßen habe.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit der Begründung Einspruch, daß gemäß den Bestimmungen der Konkursordnung die Verhängung von Beitragszuschlägen während des Konkursverfahrens unzulässig sei und die Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin im Konkursverfahren angemeldet werden müßten.
Dieser Einspruch wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 ASVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 21. November 1984 gemäß §§ 413, 414 und 355 ASVG bestätigt. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei die Forderung des Beitragszuschlages als Masseforderung zu werten, wenn die Vorschreibung des Beitragszuschlages durch Bescheid der Gebietskrankenkasse nach der Konkurseröffnung erfolgt sei.
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Nach den Beschwerdeausführungen sei mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24. Juli 1984 über das Vermögen des HG das Konkursverfahren eröffnet und der Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt worden. Der belangten Behörde sei entgegenzuhalten, daß sie im angefochtenen Bescheid der durch das Inkraftreten des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982 eingetretenen Änderung nicht Rechnung trage. Als entscheidungswesentliches Merkmal sei gegenüber der außer Kraft getretenen Fassung der Konkursordnung nunmehr in die neuen Bestimmungen aufgenommen worden, daß Beiträge zur Sozialversicherung und andere öffentliche Abgaben nur mehr dann eine Masseforderung darstellten, wenn und insoweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt nach der Eröffnung des Konkursverfahrens verwirklicht werde. Ein Beitragszuschlag stelle daher jedenfalls keine Masseforderung dar, soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt nicht während des Konkursverfahrens verwirklicht worden sei. In der vorliegenden Angelegenheit habe es die belangte Behörde jedoch unterlassen, darüber Feststellungen zu treffen. Der Überprüfungszeitraum sei nämlich mit dem Zeitraum nach der Konkurseröffnung nur zum geringen Teil überschneidend.
Somit wäre durch Feststellungen zu erfassen gewesen, welche Verstöße in die Zeit vor bzw. nach der Konkurseröffnung gefallen seien. Für Meldeverstöße des Gemeinschuldners sei unzweifelhaft, daß der verhängte Beitragszuschlag nicht als Masseforderung geltend gemacht werden könne. Weiters halte aber der Beschwerdeführer an seiner Rechtsansicht fest, daß die Verhängung von Beitragszuschlägen im Konkursverfahren überhaupt unzulässig sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, daß HG nach der Konkurseröffnung über sein Vermögen am 24. Juli 1984 nicht mehr Partei des gegenständlichen Beitragszuschlagsverfahrens gewesen sein konnte. Schon deshalb durfte dem Konkursschuldner mit Bescheid der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 21. November 1984 der betreffende Beitragszuschlag nicht mehr vorgeschrieben werden. Der diesbezügliche Bescheidadressat war nur noch der Beschwerdeführer als Masseverwalter. Die auch schon in der obigen Sachverhaltsdarstellung aufgezeigte Vorgangsweise der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse ("HG, p.Adr. Dr. Theodor Strohal, Rechtsanwalt ...") ist daher undeutlich und kann zu Mißverständnissen Anlaß geben. Es ist aber gerade noch erkennbar, daß der Beschwerdeführer als die richtige Verfahrenspartei gemeint war.
Daß die Masse grundsätzlich Zurechnungssubjekt der Verpflichtung zur Leistung eines Beitragszuschlages ist, ist für die nach Konkurseröffnung dem Masseverwalter unterlaufenen Meldeverstöße evident (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1983, Zl. 82/08/0088, auf das unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird). Gemäß diesem Erkenntnis ergab sich auf Grund des § 46 Abs. 1 Z. 1 der Konkursordnung, in der Fassung vor dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982, BGBl. Nr. 370, diese Zurechnung der Verpflichtung aus § 113 Abs. 1 ASVG allerdings auch für die vor Konkurseröffnung erfolgten Meldeverstöße des Dienstgebers, wenn die Vorschreibung des Beitragszuschlages durch Bescheid der Gebietskrankenkasse nach der Konkurseröffnung erfolgte. Entsprechend der durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982 außer Kraft getretenen Formulierung des § 46 Abs. 1, nämlich "einschließlich der die
Masse treffenden ... Beiträge zur Sozialversicherung und anderen
öffentlichen Abgaben, die während des Konkurses fällig werden", kam es nicht darauf an, auf welche Beitragszeiträume sich die Meldeverstöße bezogen, die zum Anlaß einer Beitragszuschlagsvorschreibung genommen wurden. Maßgebend war der im Zuschlagsbescheid festgesetzte Fälligkeitszeitpunkt.
Gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 der Konkursordnung, in der Fassung des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982, sind Masseforderungen alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung
der Masse verbunden sind, einschließlich ... der die Masse
treffenden ... Beiträge zur Sozialversicherung und anderen
öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht wird.
Nach § 113 Abs. 1 erster Satz ASVG, in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung vor der 41. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 111/1986, konnte den im § 111 angeführten Personen (Stellen), die Anmeldungen zur Pflichtversicherung nicht oder verspätet erstatteten oder ein zu niedriges Entgelt meldeten, ein Beitragszuschlag bis zum zweifachen Ausmaß der nachzuzahlenden Beiträge vorgeschrieben werden.
Die Sachverhalte, die die rechtliche Möglichkeit zur Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach der zuletzt zitierten Bestimmung bzw. die damit korrespondierende Abgabepflicht auslösten, waren die Nichtanmeldung zur Pflichtversicherung, die verspätet erstattete Anmeldung oder die Meldung eines zu niedrigen Entgelts. Diese Handlungen und Unterlassungen sind jeweils auch die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes im Sinne des § 46 Abs. 1 Z. 2 der Konkursordnung, in der Fassung BGBl. Nr. 370/1982. Dies auch unter Beachtung der Regelung des § 113 Abs. 1 erster Satz ASVG, in der oben zitierten Fassung, wonach ein Beitragszuschlag vorgeschrieben werden kann und nicht - wie gemäß § 4 Abs. 1 BAO - schon mit der Verwirklichung des Abgabentatbestandes auch der Abgabenanspruch entsteht. Nach dem zitierten § 113 Abs. 1 erster Satz ASVG wird die Abgabenpflicht erst mit dem Vorschreibungsbescheid begründet. Der Zeitpunkt, in dem dieser erlassen wird, ist aber für die Lösung des gegenständlichen Problems unmaßgeblich, weil unter dem die strittige Abgabenpflicht auslösenden Sachverhalt im Sinne des § 46 Abs. 1 Z. 2 der Konkursordnung, in der Fassung BGBl. Nr. 370/1982, nicht erst der sie begründende Bescheid, sondern bereits der ihr zugrunde liegende Sachverhalt zu verstehen ist.
Entsprechend der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 21. November 1984, der ohne jede Abänderung oder teilweise Behebung mit dem angefochtenen Bescheid bestätigt wurde, handle es sich um Verstöße gegen Meldevorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes im Zeitraum vom Jänner 1982 bis September 1984.
Die belangte Behörde, die den gegenständlichen Beitragszuschlag trotz der Konkurseröffnung über das Vermögen des HG am 24. Juli 1984 zur Gänze deshalb als Masseforderung wertete, weil die bescheidmäßige Vorschreibung erst nach dieser Konkurseröffnung erfolgt sei, ging bei dieser rechtlichen Beurteilung noch von der Bestimmung des § 46 Abs. 1 der Konkursordnung, in der Fassung vor der Novelle, BGBl. Nr. 370/1982, aus. Im angefochtenen Bescheid wurde daher nicht zwischen Konkursforderung einerseits und Masseforderung anderseits unterschieden. Eine solche Differenzierung wäre aber schon wegen des ungleichen Verschuldens und den von einander abweichenden Ausmaßen der jeweils nachzuzahlenden Beiträge erforderlich gewesen. Im Hinblick auf die unterschiedlichen konkursrechtlichen Konsequenzen der Zuordnung als Masse- oder als Konkursforderung hätte es überdies einer ziffernmäßigen Trennung im Spruch des angefochtenen Bescheides bedurft.
Mangels einer diesbezüglichen, insbesondere ziffernmäßigen Trennung im angefochtenen Bescheid ist dieser zur Gänze mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Der Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985, die gemäß ihrem Art. III Abs. 2 auf das gegenständliche Verfahren anzuwenden ist. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens erfolgte im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 110 ASVG.
Wien, am 20. Mai 1987
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