VwGH 84/15/0158

VwGH84/15/015817.3.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Brauhart, über die Beschwerde der IG in W, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 2. Juli 1984, Zl. 317/1-9/Pr-1983, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §33 TP16 Abs1;
GebG 1957 §33 TP16 Abs2;
GebG 1957 §33 TP16 Abs1;
GebG 1957 §33 TP16 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 19. November 1980 beantragten die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte R. G. beim Kreisgericht Wels als Handelsgericht bei der im Handelsregister eingetragenen Firma "F" den Eintritt der Beschwerdeführerin als persönlich haftender Gesellschafter und somit die Begründung einer Offenen Handelsgesellschaft rückwirkend mit 1. April 1980 einzutragen. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Linz setzte daraufhin mit vorläufigem Bescheid vom 19. November 1981 unter Zugrundelegung des Einheitswertes des Betriebsvermögens von S 3,787.000,-- gemäß § 33 TP 16 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, in der geltenden Fassung (GebG), die 2%ige Rechtsgebühr in der Höhe von S 75.740,-- fest. Dieser Bescheid wurde mit dem Bescheid dieser Abgabenbehörde vom 18. November 1981 unter Hinweis auf einen am 4. November 1981 verfaßten Prüfungsbericht für endgültig erklärt.

In der dagegen erhobenen Berufung legte die Beschwerdeführerin dar, es habe schon seit dem 1. April 1961 zwischen ihr und ihrem Ehegatten eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht mit einem gewidmeten Vermögen in der Höhe von S 40.000,-- bestanden. Der lediglich mündlich abgeschlossene Gesellschaftsvertrag habe eine Beteiligung der beiden Gesellschafter je zur Hälfte sowie die Belassung der erzielten Gewinne in der Gesellschaft vorgesehen. Das gewidmete Vermögen sei durch Einlagen nicht erhöht worden. Unter Zugrundelegung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1966, Zl. 1988/64 (Slg. Nr. 3505/F), komme der Bemessung der vorgeschriebenen Rechtsgebühr unter Zugrundelegung des gegenwärtigen Einheitswertes des Unternehmens keine Berechtigung zu, da die Erhöhung des Gesellschaftskapitals lediglich durch nicht behobene Gewinne und nicht durch neu gewidmete Einlagen zustande gekommen sei. Im Sinne der zitierten Judikatur dürfe daher lediglich das ursprünglich gewidmete Vermögen in Höhe von S 40.000,-- der Gebührenbemessung zugrunde gelegt werden.

Nach Erlassung einer abweislichen Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin unter Wiederholung ihrer Berufungsausführungen den Antrag auf Vorlage ihres Rechtsmittels an die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Zur Begründung wurde nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens ausgeführt, daß eine Gebührenpflicht hinsichtlich stehen gelassener Gewinne nur dann keiner Widmung bedürfe, wenn dieser Gewinnzuwachs ex lege erfolge und somit auch keiner Widmung bedürfe. Dies sei gemäß § 120 Abs. 2 HGB bei einer Offenen Handelsgesellschaft der Fall. Eine derartige Gewinnzuwachsregelung bestehe aber bei Gesellschaften nach bürgerlichem Recht nicht. Da zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten seit 1. April 1961 eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht bestanden habe, seien die zur Kapitalbildung in der Gesellschaft belassenen Gewinne nicht ex lege, sondern auf Grund einer vertraglichen Widmung gebunden gewesen. Diese Bindung von Vermögenswerten für Gesellschaftszwecke unterliege aber der Gebühr nach § 33 TP 16 GebG, weshalb von einem gebührenfreien "automatischen Gewinnzuwachs" nicht die Rede sein könne. Weder der von der Beschwerdeführerin eingewendete Umstand, daß die zugrunde liegende Anmeldung zum Handelsregister auf einer Aufforderung des Finanzamtes beruhe, noch der Hinweis, daß nach den Bestimmungen des Abgabenänderungsgesetzes 1981 eine Umwandlung nicht mehr notwendig wäre, könnten eine Änderung der gebührenrechtlichen Beurteilung des Falles herbeiführen, da es für die Frage der Entstehung oder des Ausmaßes der Gebührenschuld nicht auf den Beweggrund ankomme, der die Vertragsteile zum Abschluß eines Vertrages bewogen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige Bemessung der Rechtsgeschäftsgebühr für Gesellschaftsverträge verletzt erachtet. In den Beschwerdeausführungen wird erstmals geltend gemacht, daß die ursprüngliche Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten bereits am 1. Jänner 1961 errichtet und durch die im Laufe des Jahres 1961 erfolgte Aufnahme des protokollierten Einzelunternehmens "F" ex lege zur Offenen Handelsgesellschaft geworden sei. Der Anmeldung des Eintritts der Beschwerdeführerin als persönlich haftender Gesellschafterin und damit der Änderung des bisher als Einzelfirma eingetragenen Unternehmens in eine Offene Handelsgesellschaft sei somit nur die Bedeutung einer Anpassung des Registerstandes an die tatsächlichen Verhältnisse beizumessen. Die Beschwerdeführerin wie auch ihr Ehegatte sowie die Gesellschaft hätten alljährlich beim Finanzamt Wels Abgabenerklärungen überreicht, aus denen der Bestand des Gesellschaftsverhältnisses und die wesentlichen Details, nämlich die Aufteilung des Gewinnes und des Kapitals auf die Gesellschafter, ersichtlich gewesen seien. Damit sei aber im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Einreichung einer Abgabenerklärung der Gesellschaft als erstmalige Beurkundung über die Errichtung der Gesellschaft anzusehen. Darauf hätte die Beschwerdeführerin ebenso wie auf das Erfordernis, nicht abgehobene Gewinne vom Gesellschaftsvermögen bei Ermittlung der Gebührenbemessungsgrundlage abzuziehen, bereits anläßlich der durchgeführten Gebührenbetriebsprüfung hingewiesen und entsprechende Beweise angeboten. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe es sich auch schon vor der Eintragung der Offenen Handelsgesellschaft ins Handelsregister auf Grund des von der Gesellschaft betriebenen Handelsgewerbes um eine Offene Handelsgesellschaft gehandelt. Die im bekämpften Bescheid enthaltenen Überlegungen hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung nicht behobener Gewinne bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts und bei Offenen Handelsgesellschaften gingen daher ins Leere.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor. In dieser wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. b GebG unterliegen Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes verbinden, bei Widmung von Vermögenswerten vom Wert der bedungenen Vermögenseinlage oder ihrer Erhöhung einer Rechtsgebühr. Für das Entstehen der Gebührenpflicht ist gemäß § 15 Abs. 1 GebG grundsätzlich Voraussetzung, daß über das Rechtsgeschäft eine Urkunde errichtet wird. Ergänzend hiezu bestimmt § 33 TP 16 Abs. 2 GebG, daß dann, wenn über den Gesellschaftsvertrag ein Schriftstück nicht ausgefertigt wird, für die Entstehung der Gebührenpflicht die Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister als Urkunde über das Rechtsgeschäft anzusehen ist.

Der Beschwerdeführerin ist beizupflichten, wenn sie die Auffassung vertritt, daß die von ihr mit ihrem Ehegatten begründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die Übernahme der ein Handelsunternehmen darstellenden Firma "F" ex lege und nicht erst mit der Eintragung in das Handelsregister zu einer Offenen Handelsgesellschaft geworden ist. Ebenso ist ihr auch darin zuzustimmen, daß die Bemessungsgrundlage der Gebühr bei Ersatzbeurkundung des Gesellschaftsverhältnisses durch Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister zwar nicht nur das bei der Gründung der Offenen Handelsgesellschaft gewidmete Vermögen, sondern auch die seither eingetretenen Erhöhungen umfaßt, allerdings nicht auch Erhöhungen, die auf den Zuwachs nicht abgehobener Gewinne zu den Einlagen der Gesellschafter zurückzuführen waren (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1966, Slg. Nr. 3505/F, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1981, Zl. 15/3433/80). Dennoch kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebracht hat, daß die Gebührenbemessung in Anbetracht des in der Handelsregistereingabe genannten Entstehungstages der Offenen Handelsgesellschaft (1. April 1980) von diesem Stichtag und nicht von der behaupteten Gesellschaftsgründung am 1. April 1961 bzw. wie nunmehr in der Beschwerde erstmals vorgebracht am 1. Jänner 1961 auszugehen habe. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Anmeldung einer Personengesellschaft zur Eintragung ins Handelsregister nach dem Gesetz als Urkunde über das Rechtsgeschäft anzusehen ist, auf die alle Gebührenvorschriften über Urkunden und hier insbesondere die Bestimmungen des § 17 GebG anzuwenden sind (vgl. das bereits angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1981, Zl. 15/3433/80, und die dort angeführte Judikatur). Gemäß Abs. 1 dieser Gesetzesstelle ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Daraus folgt, daß ein zustande gekommenes Rechtsgeschäft bei eindeutigem Urkundeninhalt diesem Urkundeninhalt entsprechend zur Gebührenbemessung heranzuziehen ist. Die Behörde ist danach nicht berechtigt, der Gebührenfestsetzung andere als die in der Urkunde festgehaltenen Umstände zugrunde zu legen, mögen auch solch andere Umstände den tatsächlichen Vereinbarungen der Parteien entsprechen. Hiebei darf nicht übersehen werden, daß eine Urkunde auch nur Beweis über das schafft, was in ihr beurkundet ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 11. September 1980, Zl. 2909/79).

Nach dem eindeutigen Wortlaut der die Gebührenpflicht auslösenden Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister ist "ab 1. April 1980 aus dieser Einzelfirma eine Offene Handelsgesellschaft geworden". Daß dieser in einer in den Verfahrensakten befindlichen Durchschrift des Eintragungsansuchens enthaltene Wortlaut mit dem Original des Eintragungsansuchens übereinstimme, ist von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden. Im übrigen wurde laut einem Aktenvermerk die besagte Firma als Offene Handelsgesellschaft "seit 1. April 1980" im Handelsregister eingetragen. Bei diesem Sachverhalt war daher die belangte Behörde verpflichtet, von dem im Eintragungsansuchen genannten Gründungstermin für die Offene Handelsgesellschaft (1. April 1980) auszugehen und die zu diesem Stichtag der Gesellschaft gewidmeten Vermögenswerte als Grundlage der Gebührenbemessung heranzuziehen. Durch die eindeutige Angabe des Gesellschaftsbeginnes in der Handelsregistereingabe unterscheidet sich der Beschwerdefall im übrigen von dem im Erkenntnis Slg. Nr. 3505/F behandelten Fall, sodaß in dieser Hinsicht aus diesem Erkenntnis - wie dies die Beschwerdeführerin getan hat - keine analogen Schlüsse auf den dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Sachverhalt gezogenen werden können.

Soweit die Beschwerdeführerin erstmals in ihrer Beschwerde darauf hinweist, daß infolge des Betreibens eines Handelsgewerbes bereits seit 1. April 1961 auch eine Offene Handelsgesellschaft bestanden habe, ist festzuhalten, daß - unabhängig von der dargelegten, durch die zugrunde liegende Handelsregistereingabe beurkundeten Rechtslage - durch dieses Vorbringen für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen ist. Denn auch unter Zugrundelegung einer in gebührenrechtlicher Hinsicht relevanten Gründung der Offenen Handelsgesellschaft im Jahre 1961 wären die seither in der Gesellschaft zur Kapitalbildung belassenen Gewinne deshalb für die Gebührenermittlung heranzuziehen, weil gemäß dem durch die Handelsregistereingabe beurkundeten Vertragsinhalt ausdrücklich auf die Entnahme erzielter Gewinne verzichtet worden ist. Das hat zur Folge, daß unabhängig von den Bestimmungen des § 120 Abs. 2 HGB über die Zuschreibung von Gewinnen auf die Kapitalkonten der Gesellschafter eine vertragliche Beschränkung des den Gesellschaftern gemäß § 122 HGB zustehenden Gewinnentnahmerechtes und somit eine Widmung von Vermögenswerten für die Gesellschaft vorliegt. Diese Widmung ist trotz der Regelung des § 120 HGB für die Gebührenbemessung maßgebend, da Parteienvereinbarungen auch dann Gegenstand einer Gebühr sind, wenn der vereinbarte Erfolg auch ohne Vorliegen der Vereinbarung kraft Gesetzes einträte (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 11. Juni 1981, Zl. 15/3182/80).

Ebenfalls erstmals in der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin geltend gemacht, daß das Bestehen der Offenen Handelsgesellschaft schon durch vor der Handelsregistereingabe abgegebene Abgabenerklärungen beurkundet worden sei. Sie hat in dieser Hinsicht auch ausgeführt, anläßlich der am 4. November 1981 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung Beweise für dieses Vorbringen angeboten zu haben. Hiezu ist festzuhalten, daß es bei Zutreffen des Vorbringens über das Anbieten von Beweisen - wofür allerdings die Verwaltungsakten keinerlei Anhaltspunkte bieten - im Hinblick darauf, daß die Überprüfung bereits vor Erlassung des erstinstanzlichen endgültigen Gebührenfestsetzungsbescheides erfolgte, Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen wäre, die Nichtberücksichtigung ihres Vorbringens in ihrer Berufung bzw. im Zuge des Berufungsverfahrens geltend zu machen. Dieser ihr obliegenden Mitwirkungspflicht ist die Beschwerdeführerin aber nicht nachgekommen. Damit erweist sich dieses Tatsachenvorbringen ebenso wie auch die Rechtsausführungen über eine durch Abgabenerklärungen bereits erfolgte Beurkundung der Offenen Handelsgesellschaft, deren Richtigkeit nur auf Grund weiterer, im bisherigen Verfahren infolge der Untätigkeit der Beschwerdeführerin unterbliebener Ermittlungen überprüft werden kann, als gemäß § 41 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 14. März 1966, Slg. N. F. Nr. 6883/A, und vom 21. Dezember 1970, Slg. N. F. Nr. 7937/A).

Da sich sohin zusammenfassend die Beschwerde zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da bei der gegebenen Sachlage die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten läßt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 17. März 1986

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