VwGH 83/07/0124

VwGH83/07/012418.2.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde des FR in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. Februar 1983, Zl. 12.322/01-I 2/83, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §8;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §19 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §19 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 14. Mai 1982 beantragte die Agrarbezirksbehörde Klagenfurt bei der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan die Rodung von im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Waldflächen im Ausmaß von 960 m2 für den Ausbau einer Bringungsanlage in einer Länge von 160 m und einer Breite von 6 m für die Hofzufahrt zum Anwesen des FK in Z. Hierauf fand am 21. Juni 1982 eine Verhandlung statt, in welcher unter anderem der Antrag auf 690 m2 (115 m x 6 m) eingeschränkt wurde, der Beschwerdeführer sich gegen das ganze Vorhaben wandte und der forstliche Amtssachverständige ein für den Antrag positives Gutachten abgab. Mit Bescheid vom 27. Juli 1982 erteilte sodann die genannte Bezirkshauptmannschaft gemäß den §§ 17, 18 und 19 des Forstgesetzes 1975 (FG), gestützt auf das erwähnte Gutachten, unter einer Reihe von Auflagen die beantragte Rodungsbewilligung. Mit Bescheid vom 2. November 1982 gab hierauf der Landeshauptmann von Kärnten der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge. Mit Bescheid vom 18. Februar 1983 wies schließlich der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die vom Beschwerdeführer abermals erhobene Berufung ab. In der Begründung des zuletzt genannten Bescheides wurde ausgeführt, die Überprüfung der Verfahrensunterlagen habe ergeben, dass die vorgesehene Wegverbindung die zweckmäßigste, billigste und waldschonendste Art darstelle, während zwei weitere Varianten wegen der unverhältnismäßigen Länge der Zufahrt, wesentlich ungünstigerer Steigungsverhältnisse und des schwierigen Baugeländes sowie problematischer Straßeneinbindung hätten ausgeschieden werden müssen. Den §§ 12 und 17 FG sei zu entnehmen, dass die Erhaltung von Waldboden für die Waldkultur im öffentlichen Interesse liege und eine Rodung nur erlaubt sei, wenn konkurrierende öffentliche Interessen, denen zufolge die Walderhaltung in den Hintergrund zu treten habe, überwiegen. Im Beschwerdefall könne davon ausgegangen werden, dass die betroffene Fläche Wald im Sinne des Forstgesetzes sei, ferner dass die Errichtung eines Hofzufahrtsweges im öffentlichen Interesse liege. Die bisher eingeholten Unterlagen hätten des weiteren ergeben, dass die von der Agrarbehörde gewählte Variante die forstlich, technisch und wirtschaftlich zweckmäßigste Ausführung darstelle. Da der Beschwerdeführer gegen das forsttechnische Amtssachverständigengutachten Einwendungen auf gleicher fachlicher Ebene nicht erhoben und seine forstrechtlichen Bedenken auch nun nicht ausgedrückt habe, könne sich auch der Bundesminister nur den schon im bisherigen Verfahren angestellten Überlegungen anschließen.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer nach seinem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Nichtinanspruchnahme seiner Grundflächen zu der in Rede stehenden Rodung verletzt erachtet. Er ist der Meinung, die geplante Bringungsanlage diene nur einem einzigen Grundeigentümer und liege daher nicht gemäß § 17 Abs. 1 FG im öffentlichen Interesse; eine dem Gesetz entsprechende Interessenabwägung gemäß § 17 FG habe nicht stattgefunden, wobei zu bedenken sei, dass auch die vorgeschriebenen Auflagen gemäß § 18 Abs. 1 lit. c FG die umweltschädliche Beeinflussung der anschließenden Waldflächen nicht hintanhalten könnten; schließlich sei die Rodung nicht gemäß § 18 Abs. 1 lit. b FG an den bezeichneten Verwendungszweck gebunden worden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Eigentümer der von der beantragten Rodung betroffenen Waldfläche und darüber hinaus - nach Lage der Akten - als Eigentümer von an die zur Rodung beantragte Waldfläche angrenzenden Waldflächen Parteistellung im Rodungsverfahren zukam und er gleichermaßen zur Beschwerdeerhebung berechtigt war (vgl. dazu des näheren das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1982, Slg. Nr. 10 835/A).

Was den an die Spitze der Beschwerdeausführungen gestellten Vorwurf betrifft, im vorliegenden Fall sei ein öffentliches Interesse schon deswegen auszuschließen, weil die projektierte Bringungsanlage nur einem einzigen Interessenten diene, ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, dass die Einräumung eines Bringungsrechtes im Sinne des § 1 des Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1969, LGBl. Nr. 46, auch zu Gunsten der Verkehrserschließung nur eines einzelnen landwirtschaftlichen Betriebes eine Maßnahme der Agrarstrukturverbesserung darstellt, die gemäß § 17 Abs. 3 FG ein öffentliches Interesse an einer Rodung zu begründen vermag (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1983, Zl. 82/07/0222, wobei an Art 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert sei). Zutreffend wurde im angefochtenen Bescheid auch ausgeführt, dass der Feststellung eines - im Beschwerdefall somit dem Grunde nach rechtens als gegeben angesehenen - öffentlichen Interesses an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche gemäß § 17 Abs. 2 FG eine Interessenabwägung zu folgen habe. Eine solche wurde indessen von den Forstbehörden und daher auch von der belangten Behörde, wie in der Beschwerde zu Recht bemängelt, in Wahrheit nicht vorgenommen. Gemäß § 17 Abs. 2 FG kann die Rodungsbewilligung nur erteilt werden, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt. An Stelle der damit gebotenen Interessenabwägung wurden im hier durchgeführten Rodungsverfahren (sowohl vom Sachverständigen wie von den Forstbehörden) ausdrücklich nur die von der Agrarbehörde in Betracht gezogenen Varianten untereinander verglichen, von denen die gewählte durchaus die relativ, d. h. im Verhältnis zu den anderen - im übrigen in ihrem Verlauf nur angedeuteten, nicht klar ersichtlich gemachten - Varianten zweckmäßigste sein mag, ohne dass deswegen schon feststeht, dass das öffentliche Interesse an ihrer Realisierung jenes an der Walderhaltung überwiegt; denn daraus, dass FK einen Bringungsweg benötigt, weil die derzeit bestehende Hofzufahrt unzureichend ist, ergibt sich noch nicht, dass ein solcher Bringungsweg nur in Form einer der erwähnten Varianten in Frage kommt und das dabei vorgesehene - für den Umfang der Rodung bedeutsame - Ausmaß (so insbesondere eine Trassenbreite von 6 m) besitzen muss. Die zu Ende der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides enthaltene allgemeine Bemerkung, "eine zeitgemäße Erschließung" liege "im überwiegenden öffentlichen Interesse", ist nach dem Vorgesagten, da auch das Gutachten insofern keine weiteren Anhaltspunkte aufweist, nicht stichhaltig und wird daher dem Gesetz nicht gerecht (vgl. hiezu auch die beiden schon angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes).

Da die Forstbehörden die unerörtert gebliebenen Fragen offensichtlich in Verkennung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen unterlassen haben, erweist sich der angefochtene Bescheid als seinem Inhalt nach rechtswidrig. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass zur Bestimmung der Rodungsfläche im Spruch des erstinstanzlichen - im Rechtsmittelverfahren bestätigten - Bescheides wohl auf den "vorgelegten Lageplan" verwiesen, dieser aber nicht zum Bescheidbestandteil erklärt wurde, was zur eindeutigen Kennzeichnung der Rodungsfläche, die auch mit Worten nicht umschrieben worden war, gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 erforderlich gewesen wäre.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 18. Februar 1986

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