VwGH 85/07/0156

VwGH85/07/015622.10.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde der D & Co Ges.m.b.H. in T, vertreten durch Dr. Karl Prisching, Rechtsanwalt in St. Pölten, Völklplatz 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. April 1985, Zl. 510.213/03-I 5/85, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Landeshauptmann von Niederösterreich (in der Folge kurz: LH) hat mit Bescheid vom 14. Jänner 1974 der Beschwerdeführerin u. a. die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung von Betriebsabwässern, darunter von "Überschußwasser der Filterreinigung" - gemeint offenbar: Filzreinigung - "von maximal 4 l/sek.", linksufrig in den Werkskanal der T nach Maßgabe der in diesem Bescheid enthaltenen Projektsbeschreibung und bei Einhaltung bestimmter Bedingungen erteilt. Der Projektsbeschreibung ist unter Abschnitt C "Abwasseranfall", Punkt 2 "Überschußwasser der Filzreinigung", zu entnehmen, daß auf Grund der technischen Ausführung der Anlage von der Filzreinigung normalerweise keine Abwässer zur Ableitung kämen, diese könnten jedoch fallweise zwischen 0 l/s und 4 l/s betragen. In der Begründung des Bescheides vom 14. Jänner 1974 bezog sich der LH auf das von ihm eingeholte Gutachten eines technischen Amtssachverständigen, wonach zur Einleitung u.a. folgende Betriebsabwässer gelangten: "b) Überschußwasser der Filter-" gemeint offenbar auch hier: Filz- "-reinigung: fallweise, maximal einmal wöchentlich über 0,5 Stunden im Ausmaß von max. 7,2 m3/d bzw. max. 4 l/sek."

In einer zwecks Überprüfung der Abwasserbeseitigung der Beschwerdeführerin abgehaltenen Verhandlung am 24. Februar 1981 wurde hinsichtlich der Filzwäsche festgestellt:

"Das diesbezügliche Abwasser gelangt zeitweise ohne Belastung im Wege des Kanalsystems Ia ebenfalls in den Werkskanal. Der Anfall beträgt laut Angabe der Vertreter der Unternehmung größenordnungsmäßig 4 l/sek. Es besteht die Möglichkeit, daß dieser Anfall ohne Unterbrechung während der ganzen Betriebsdauer gegeben ist. ..."

In einer weiteren Überprüfungsverhandlung am 18. Mai 1983 wurde seitens des abwasserbautechnischen Amtssachverständigen festgestellt, daß laut Wasserbuch zu Gunsten der Beschwerdeführerin das Recht zur Einleitung folgender Abwässer in den Werkskanal der T bestehe:

"b) Überschußwasser der Filzreinigung von max. 4 l/sec. fallweise einmal wöchentlich über 0,5 Stunden im Ausmaß von max. 7 , 2 m3 /d)

..."

Die Einleitung des Überschußwassers der Filzreinigung im Ausmaß von größenordnungsmäßig 4 l/sec. während der ganzen Betriebsdauer liege also deutlich über dem laut b) erteilten Maß der Wassernutzung.

Mit Bescheid vom 19. August 1983 erteilte der LH der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 9 und 138 Abs. 2 WRG 1959 den Auftrag, bis spätestens 31. Oktober 1983 unter Vorlage geeigneter technischer Unterlagen um die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die gegenwärtige Beseitigung des Überschußwassers aus der Filzreinigung anzusuchen oder aber die diesbezügliche Abwasserbeseitigung auf den mit Bescheid des LH vom 14. Jänner 1974 bewilligten Umfang zurückzuführen. Das Projekt habe zu gewährleisten, daß die Grenzwerte laut den Richtlinien der belangten Behörde vom September 1981 über die Begrenzung von Abwasserimmissionen nicht überschritten würden. Der LH begründete seinen Alternativauftrag mit der Feststellung, daß die derzeit vorgenommene Einleitung des Überschußwassers aus der Filzreinigung die wasserrechtlich bewilligte maximale Abwassermenge überschreite und daher insoweit als Neuerung gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 zu betrachten sei.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bestritt die Beschwerdeführerin die Zuständigkeit des LH für den erlassenen Auftrag. Im übrigen werde zugegeben, daß die Abwassermenge etwas über den bewilligten 4 l/sec liege, die 5 l-Grenze werde jedoch nicht überschritten. Nach dem geplanten Einbau von beweglichen Wasserspritzrohren - dieser sei vorgesehen, sobald es die finanzielle Lage des Betriebes zulasse - würden 4 l/sec für die Filzwäsche ausreichen. Außerdem werde durch die beanstandete Abwassereinleitung nur eine unbedeutende (ungiftige) Zellstoffeinbringung in die T verursacht; jeder Haushalt, der eine Waschmaschine betreibe, verschmutze das T viel stärker. Die vorgesehenen Vorschreibungen seien daher vom Standpunkt des Gewässerschutzes nicht erforderlich.

Die belangte Behörde holte zu dieser Berufung vorerst ein Gutachten ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen ein, der zu dem Ergebnis gelangte, daß die Beschwerdeführerin die nach dem Bewilligungsbescheid vom 14. Jänner 1974 zulässige wöchentliche Abwässerfracht (einmal wöchentlich eine halbe Stunde mit einer Menge von 4 l/sec = 7,2 m3/d) um das ca. 80-fache überschreite, weil sie, wie sie selbst zugegeben habe, derzeit während der gesamten Betriebszeit (ca. 40 Betriebsstunden wöchentlich) Waschwässer aus der Filzreinigung im Ausmaß von 4 l/sec in den Werkskanal ableite. Auch die Berufungsausführungen zur Qualität der Abwässer seien unsachlich.

In einer Stellungnahme zu diesem Gutachten sowie zu vom betroffenen Fischereiberechtigten erstattetem Vorbringen bestritt die Beschwerdeführerin neuerlich eine durch ihre Abwässer herbeigeführte Beeinträchtigung der Wasserqualität bzw. der der Fischerei. Die Beschwerdeführerin werde aber um eine vorläufige Erhöhung der Abwassermenge ansuchen, da derzeit noch nicht absehbar sei, wann der geplante Einbau von Rundsieben durchgeführt werden könne, der mit einer Verminderung der Abwassermenge und des Zellstoffgehaltes verbunden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. April 1985 hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge gegeben, die Frist zur Durchführung der aufgetragenen Alternativmaßnahmen aber bis 30. Juni 1985 neu bestimmt. Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß Abweichungen vom wasserrechtlichen Konsens bei Ausführung der Anlage als unerlaubte Neuerungen im Sinne des § 138 Abs. 2 WRG 1959 anzusehen seien. Eine solche Abweichung habe der wasserbautechnische Amtssachverständige der belangten Behörde in seinem Gutachten festgestellt. Aus den gutächtlichen Ausführungen lasse sich absehen, daß eine beträchtliche Überschreitung der im seinerzeitigen Bewilligungsbescheid festgesetzten Abflußmenge bei der Filzreinigung erfolge. Diese Tatsache sei auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden, diese habe vielmehr in Aussicht gestellt, daß sie im Sinne des Alternativauftrages in Bälde um eine vorläufige Erhöhung der Abwassermenge ansuchen werde. Der - auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1981, Zl. 81/07/0131, zuständigerweise - vom LH erteilte Alternativauftrag sei daher zu Recht ergangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 138 Abs. 2 WRG 1950 hat die Wasserrechtsbehörde zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes in allen anderen (als den durch Abs. 1 geregelten) Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

Erstmals in ihrer Beschwerde versucht die Beschwerdeführerin aus dem Bewilligungsbescheid vom 14. Jänner 1974 eine Berechtigung dafür abzuleiten, "daß die 4 l/sek. der Filzwäsche dauernd als Abwasser eingeleitet werden können, weil dies betrieblich nicht anders möglich ist". Nun ist zwar der Spruch des Bescheides vom 14. Jänner 1974 hinsichtlich der zulässigen Abwassermenge aus der Filzreinigung nicht in einer jeden Zweifel ausschaltenden Weise formuliert, im Zusammenhang mit der damaligen Projektsbeschreibung und dem damals eingeholten Gutachten jedoch keinesfalls so zu verstehen, daß der Beschwerdeführerin die dauernde Einleitung von Abwässern aus der Filzwäsche im Ausmaß von 4 l/sec. bewilligt werden sollte. Daß auch die Beschwerdeführerin selbst offenbar den Bewilligungsbescheid anders verstehen mußte und auch verstanden hat, geht daraus hervor, daß ihr daraus abgeleitetes Recht zur Abwassereinleitung unbestritten im Wasserbuch nur mit dem ihr nach dem damals eingeholten Gutachten zustehenden Maß (max. 4 l/sec fallweise einmal wöchentlich über 0,5 Stunden im Ausmaß von max. 7,2 m3/d, vgl. dazu die Feststellungen in der vor dem LH abgehaltenen Überprüfungsverhandlung vom 18. Mai 1983) eingetragen worden ist.

Die Beschwerdeführerin hat aber, wie bereits im Verwaltungsverfahren auch in ihrer Beschwerde, zugestanden, sogar die Dauereinleitung von 4 l/sec "geringfügig ..., aber kaum über 5 l/sek. hinaus" überschritten zu haben. Es liegt daher selbst bei Unterstellung des von der Beschwerdeführerin zuletzt behaupteten Maßes der zulässigen Abwassereinleitung aus der Filzwäsche eine Abweichung vom wasserrechtlichen Konsens vor, die den angefochtenen Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 gerechtfertigt hat.

Wenn die Beschwerdeführerin ferner behauptet, sie habe "die Alternative gewählt und stützt sich auf den Bescheid vom 14. Jänner 1974 weil in diesem Bescheid keine Qualitätsvorschreibungen für das Abwasser enthalten sind und weil diese Abwässer die 4 l/sec. kaum überschreiten", dann ist ihr einerseits entgegenzuhalten, daß die Wahl einer Alternative durch den Adressaten eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 gegen die Berechtigung dieses Auftrages überhaupt nichts auszusagen vermag, andererseits aber auch, daß jedes Überschreiten der 4 l/sec. die Behörde zur Erlassung eines solchen Auftrages berechtigt hat.

Die Beschwerdeführerin macht schließlich als Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend, daß der erteilte Auftrag im Gegensatz zur wasserrechtlichen Bewilligung vom 14. Jänner 1974 Qualitätsvorschreibungen vorsehe. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, daß sich der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte wasserpolizeiliche Auftrag nicht auf die davon unberührte ursprüngliche Bewilligung, sondern nur auf die diese übersteigende unzulässige Neuerung bezieht.

Die behauptete Rechtswidrigkeit haftet daher dem angefochtenen Bescheid nicht an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Der vom Beschwerdeführer nach Einbringung der Beschwerde gestellte, beim Verwaltungsgerichtshof am 14. Oktober 1985 eingelangte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erweist sich damit als gegenstandslos.

Wien, am 22. Oktober 1985

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