VwGH 85/05/0001

VwGH85/05/00014.6.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schemel, über die Beschwerde der MH in W, vertreten durch Dr. Otto Ackerl, Rechtsanwalt in Wien XXI, Brünnerstraße 37/5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 16. November 1984, Zl. MA 50/S 34152/84, betreffend Abweisung eines Antrages um Gewährung einer Wohnbeihilfe, zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §41 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zuletzt hatte die Wiener Landesregierung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 14. Juni 1984 ab 1. Juni bis 30. September 1984 eine Wohnbeihilfe von monatlich S 3.866,-- gewährt.

Mit einem amtlichen Vordruck ersuchte die Beschwerdeführerin am 15. Oktober 1984 um Weitergewährung der Wohnbeihilfe. Als Bewohner ihrer Wohnung gab sie ihre sechs Kinder und auch ihren Ehegatten an.

Mit Ladung vom 3. November 1984 forderte der Wiener Magistrat (hier als Amt der Wiener Landesregierung) die Beschwerdeführerin auf, bis spätestens 19. November 1984 Pensionsabschnitte und Pensionsbescheide als fehlende Unterlage nachzubringen. Auf einer Ausfertigung dieser Ladung im Akt findet sich der Vermerk "zum Akt geben" und das Datum 13. November 1984. In den Verwaltungsakten erliegt sodann ein Kontoauszug einer Sparkasse, nach welchem der Gatte der Beschwerdeführerin S 21.560,-- als Pension (samt Haushaltszulage und Familienbeihilfe nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen) im Juli 1984 überwiesen erhielt. Ein Aktenvermerk oder eine Niederschrift mit der Beschwerdeführerin betreffend Vorlage dieses Beleges und allfällige Erklärungen hiezu finden sich nicht in den Akten.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 16. November 1984 wies die Wiener Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 15 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 und der Verordnung der Wiener Landesregierung LGBl. Nr. 32/1982 ab. Zur Begründung führte die Verwaltungsbehörde aus, dass das monatliche Familieneinkommen derzeit einen Betrag erreiche - dieser wurde ausdrücklich genannt -, der die Summe der 10. Einkommensstufe übersteige, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. a und b der genannten Verordnung für acht Personen S 25.300,-- betrage.

(In den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erliegt sodann ein Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. Jänner 1985, in welchem sie ihren Gatten nicht mehr als Mitbewohner anführt. In einem ergänzenden Schriftsatz vom 7. Jänner 1985 nahm die Beschwerdeführerin Stellung und erklärte unter anderem, dass ihr getrennt von ihr lebender Gatte seit 27. August 1984 in ihrer Wohnung nicht mehr hauptgemeldet sei, ihr ältester Sohn seit 1. Dezember 1984 in eine eigene Wohnung gezogen sei und sie seit 1. Jänner 1985 Alimente von S 10.000,-- beziehe.)

 

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragte die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

In § 15 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 werden die Voraussetzungen für die Gewährung von Wohnbeihilfe näher geregelt. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist Wohnbeihilfe bei Miet- und Genossenschaftswohnungen dem Mieter oder Nutzungsberechtigten unter Berücksichtigung der durchschnittlich für Bevölkerungsschichten mit geringem Einkommen zumutbaren Wohnungsaufwandbelastung nach dem Familieneinkommen, der Anzahl der im Haushalt lebenden Familienmitglieder und dem danach angemessenen Ausmaß an Nutzfläche unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Abs. 8 zuzuerkennen. Nach dem erwähnten Abs. 8 hat die Landesregierung durch Verordnung die näheren Bestimmungen über die Gewährung der Wohnbeihilfe für alle Förderungswerber nach gleichen Grundsätzen nach Maßgabe der weiteren Bestimmungen dieses Absatzes festzulegen. Die näheren Bestimmungen über die Gewährung der Wohnbeihilfe regelt im Wiener Bereich für den hier in Betracht kommenden Zeitraum die Verordnung der Wiener Landesregierung vom 30. November 1982 LGBl. Nr. 32.

Die Beschwerdeführerin behauptet nun, im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei darauf hingewiesen worden, dass ihr Ehegatte von ihr getrennt lebe, seit 27. August 1984 woanders gemeldet sei und nicht mehr mit ihr im gemeinsamen Haushalt wohne, obwohl er in der Wohnung noch zweitgemeldet sei. Das Einkommen des Ehegatten hätte daher bei Ermittlung des Familieneinkommens nicht berücksichtigt werden dürfen. Die belangte Behörde habe jedoch bei Ermittlung des Familieneinkommens das Einkommen des von ihr getrennt lebenden Mannes herangezogen. Dadurch sei sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides und wegen Rechtswidrigkeit durch Verletzung von Verfahrensvorschriften verletzt worden.

Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift entgegen, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag vom 15. Oktober 1984 weder schriftlich noch mündlich darauf hingewiesen habe, ihr Gatte sei nicht mehr Mitbewohner der Wohnung. Auch aus den Meldezetteln, die sie anlässlich der Antragstellung vorgewiesen habe, sei dies nicht ersichtlich. Auch sei die Beschwerdeführerin der Aufforderung vom 3. November 1984, einen Einkommensnachweis ihres Gatten vorzulegen, kommentarlos nachgekommen. Da die Beschwerdeführerin sohin der Behörde nicht bekannt gegeben habe, dass ihr Gatte seinen ordentlichen Wohnsitz verlegt habe, sei auch sein Einkommen bei der Ermittlung des Familieneinkommens zu berücksichtigen gewesen.

Nach § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu überprüfen. Neues Sachverhaltsvorbringen im Zuge des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist nach § 41 Abs. 1 VwGG unzulässig (vgl. VwSlg. Nr. 6883/A u.a.). Der Verwaltungsgerichtshof hat insbesondere den angefochtenen Bescheid nach der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung gegebenen Sach- und Rechtslage zu überprüfen (vgl. etwa VwSlg. Nr. 617/A u.a.). Wenn auch durch die Rechtsprechung klargestellt ist, dass der Verwaltungsgerichtshof zu prüfen hat, ob der Sachverhalt ausreichend ist und in einem einwandfreien Verfahren ermittelt wurde (vgl. insbesondere VwSlg. Nr. 9723/A - verstärkter Senat), so bedeutet doch das aus § 41 Abs. 1 ableitbare Neuerungsverbot, dass der Gerichtshof nicht Rechtsausführungen überprüfen darf, deren Richtigkeit nur auf Grund von Feststellungen überprüft werden kann, die im Verwaltungsverfahren deswegen unterblieben sind, weil der Beschwerdeführer in diesem Verfahren untätig geblieben ist (vgl. VwSlg. Nr. 6883/A). Gerade dies trifft aber auf den Beschwerdefall zu, weil die Beschwerdeführerin, wie im Sachverhalt dargestellt, in ihrem Antrag vom 15. Oktober 1984 nicht angegeben hat, dass ihr Gatte nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt, und auch sonst im Verwaltungsverfahren vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nach der Aktenlage dies der Behörde nicht bekannt gegeben hat. Dass aber der angefochtene Bescheid unter der Voraussetzung, dass ihr Ehegatte mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebt, der Rechtslage entspricht, hat die Beschwerdeführerin selbst nicht bestritten. Bei dieser Situation konnte dahingestellt bleiben, ob überhaupt das Vorbringen in der Beschwerde zutrifft, dass ihr Gatte nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt, ein Umstand, den die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift bestritten hat.

Wenn die belangte Behörde auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin davon ausgehen durfte, dass das Familieneinkommen der im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienmitglieder eine Wohnbeihilfe nicht mehr rechtfertigt, dann kann bei dieser Sach- und Rechtslage die Beschwerdeführerin nicht zu Recht die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides behaupten. Ihre Beschwerde erweist sich vielmehr gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 4. Juni 1985

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