VwGH 84/07/0381

VwGH84/07/038117.12.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde des MK in S, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, Ignaz-Harrer-Straße 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vorn 30. Oktober 1984, Zl. 1/01-19.440/24-1980, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §19 Abs2;
VStG §19;
WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Strafausspruches und des Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 30. Oktober 1984, Zl. 1/01-19.440/24-1980, erkannte der Landeshauptmann von Salzburg (die belangte Behörde) den Beschwerdeführer - unter gleichzeitiger Abweisung seiner Berufung schuldig, er habe "am 15.2.1983 um 22.50 Uhr durch die Reinigung des Tankwagenzuges (Zugfahrzeug S nnn.nnn, Auflieger S nn.nnn) auf seinem Betriebsgelände in E eine bewilligungspflichtige Einwirkung auf ein Gewässer (B-bach) vornehmen lassen", und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 begangen. Über den Beschwerdeführer wurde deshalb gemäß § 137 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- verhängt (Ersatzarreststrafe wurde keine festgesetzt); gleichzeitig wurde der vom Beschwerdeführer zu leistende Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens bestimmt.

Begründend führte die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und des Berufungsvorbringens folgendes aus: Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehöre zum Tatbestand einer Verunreinigung von Gewässern nach § 32 in Verbindung mit § 137 WRG 1959 weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr, da es sich um ein Ungehorsamsdelikt handle. Die Verbotswidrigkeit einer Ableitung (von Abwässern) liege einzig und allein im Fehlen der erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung begründet, und zwar unabhängig von der tatsächlichen Zweckbestimmung der einschlägigen Einrichtung und vom wirklichen Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr. Zu beurteilen sei gewesen, ob durch die Einleitung der Abwässer (einer milchigen Flüssigkeit) eine bewilligungspflichtige Maßnahme im Sinne des § 32 Abs. 2 WRG 1959 gesetzt worden sei. Bei Bejahung dieser Frage sei die Bestrafung des Beschwerdeführers zu Recht erfolgt, da "bis dato" für die verfahrensgegenständliche Abwassereinleitung eine wasserrechtliche Bewilligung nicht erteilt worden sei. Bewilligungspflichtig seien nach der vorzitierten Gesetzesstelle Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit beeinträchtigen. Dabei handle es sich um Einwirkungen, die geeignet seien, die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer oder biologischer Hinsicht zu beeinträchtigen bzw. das Selbstreinigungsvermögen zu mindern. Daß die Einleitung einer milchigen Flüssigkeit, die vom Beschwerdeführer selbst zugegeben werde, keine geringfügige Einwirkung auf ein Gewässer darstelle, liege nach dem Vorgesagten auf der Hand. Es genüge, hiezu auf die Gefährdung des Gemeingebrauches (z.B. Waschen, Tränken, Schwemmen) in jenem gewiß nicht sehr kurzen Gewässerbereich zu verweisen, in welchem eine derartige Einleitung die Wasserzusammensetzung zu beeinflussen imstande sei.

2. Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt, "weil die mir vorgeworfene Tat nicht erwiesen werden konnte und der gegen mich gerichtete Vorwurf eine lediglich geringfügige Einwirkung auf ein Gewässer ohne wasserrechtliche Bewilligung darstellt, sodaß diese, selbst wenn ich sie begangen hätte, straflos gestellt bliebe". Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, sind gemäß § 32 Abs. 1 WRG 1959 nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die übliche land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung gelten bis zum Beweis des Gegenteiles nicht als Beeinträchtigung. Der Bewilligung im Sinne des Absatz 1 bedürfen nach § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 u.a. die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen.

Nach § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind Beschädigungen von Wasseranlagen sowie von gewässerkundlichen Einrichtungen (§ 57), ferner Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz oder die zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen, schließlich die Nichteinhaltung der in Bescheiden der Wasserrechtsbehörden getroffenen Anordnungen unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen Ahndung von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis zu S 20.000,-- zu bestrafen. Hat der Täter vorsätzlich gehandelt oder ist er schon wiederholt straffällig geworden, so kann neben der Geldstrafe auch auf eine Arreststrafe bis zu zwei Monaten erkannt werden.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde Feststellungen in bezug auf das Vorliegen bloß geringfügiger (und damit nicht bewilligungsbedürftiger) Einwirkungen auf Gewässer unterlassen habe. Die Aussage in der Begründung des angefochtenen Bescheides, es liege auf der Hand, daß Geringfügigkeit nicht in Betracht komme, vermöge konkrete Tatsachenfeststellungen darüber nicht zu ersetzen, in welcher Hinsicht und in welchem Grad die Beschaffenheit des Wassers beeinträchtigt bzw. das Selbstreinigungsvermögen des Wassers herabgesetzt worden sei. Dazu wäre es jedenfalls erforderlich gewesen, festzustellen, welche Zusammensetzung die eingeleitete milchige Flüssigkeit aufgewiesen habe. Darüber hinaus sei der in der Bescheidbegründung gegebene Hinweis auf die Gefährdung des Gemeingebrauches deshalb völlig ungenügend, da nicht festgestellt worden sei, ob und bejahendenfalls in welchem Gewässerbereich tatsächlich eine solche Gefährdung eingetreten sei.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hiezu die Auffassung, daß die belangte Behörde den für die Subsumtion unter den von ihr herangezogenen Tatbestand der § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 maßgeblichen Sachverhalt ermittelt und die für diese Beurteilung relevanten Überlegungen - wenn auch knapp, so doch ausreichend - dargelegt hat. Die belangte Behörde durfte nach Ausweis der vorgelegten Akten in unbedenklicher Weise von der Annahme ausgehen, daß zu der im Spruch angeführten Zeit im Betrieb des Beschwerdeführers von einem seiner Bediensteten mit einem eine milchigweiße, übelriechende Flüssigkeit erzeugenden Lösungs- (Reinigungs-)mittel ein Tankwagenzug gewaschen und das aus diesem Vorgang entstandene Abwasser in den B-bach (Vorfluter) abgeleitet wurde. Dieser Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens nie bestritten und wird in der Beschwerde vom Beschwerdeführer selbst zugrunde gelegt. Der Schluß von diesem Sachverhalt auf die Verneinung einer bloß geringfügigen Einwirkung im Sinne des § 32 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 entspricht dem Gesetz. Es sei hiezu auf das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1961, Slg. Nr. 5575/A, verwiesen, in dem der Gerichtshof zum Ausdruck gebracht hat, daß Einwirkungen auf Gewässer dann nicht als geringfügig qualifiziert werden könnten, wenn sie einer zweckmäßigen Nutzung derselben entgegenstünden. Unter zweckmäßiger Nutzung der Gewässer sei eine dem Ziel und dem Begriff der Reinhaltung (§ 30 Abs. 1 leg. cit.) entsprechende zu verstehen, demnach u.a. eine solche, die den Gemeingebrauch nicht behindere. Die Auffassung der belangten Behörde, die besagte Einleitung stehe dem Gemeingebrauch im Wege, kann nicht als rechtsirrig angesehen werden, da das Einbringen von aus dem Reinigen (nach der Aktenlage: des Innenraumes) eines Tankwagenzuges entstandenen Abwässern in den genannten Bach zweifellos die Wasserzusammensetzung (die natürliche Beschaffenheit des Wassers) nicht nur unerheblich zu beeinflussen imstande ist. Auf die Frage, ob im Beschwerdefall der Gemeingebrauch tatsächlich und auf welcher Strecke des Gewässers behindert gewesen sei, kommt es demnach - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - nicht an.

Unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen und der - auch in der Beschwerde - unbestritten gebliebenen Feststellung des Fehlens einer wasserrechtlichen Bewilligung für die in Rede stehende Abwassereinleitung mit der dafür vom Beschwerdeführer betriebenen Anlage hat die belangte Behörde nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie den Tatbestand der verbotwidrigen Einbringung im Sinne des § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 als verwirklicht angesehen hat.

3. Zu prüfen bleibt, ob die belangte Behörde die inkriminierte Tat, ohne rechtswidrig zu handeln, dem Beschwerdeführer zurechnen durfte. Dazu bringt der Beschwerdeführer vor, er habe die ihm zur Last gelegte Tat weder als unmittelbarer Täter noch in der Begehungsform der Anstiftung oder Beihilfe begangen, weshalb seine Bestrafung unterbleiben hätte müssen.

Dieser Ansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Er verweist auch dazu auf sein Erkenntnis Slg. Nr. 5575/A, demzufolge als strafbarer Täter im Sinne des in § 32 Abs. 1 WRG 1959 enthaltenen Verbotes (nur) jene Person in Betracht kommt, die eine Einwirkung auf ein Gewässer vornimmt oder durch andere Personen vornehmen läßt, obwohl sie zur vorausgehenden Einholung einer Bewilligung verpflichtet gewesen wäre. Das in jenem Erkenntnis zu § 32 Abs. 1 WRG 1959 Gesagte gilt im Hinblick auf die im Einleitungssatz des § 32 Abs. 2 leg. cit. enthaltene Verweisung auf Absatz 1 in gleicher Weise für alle im Absatz 2 (demonstrativ) aufgezählten Tatbestände. Da der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren (und auch in der Beschwerde) nicht nur nicht bestritten, sondern zugegeben hat, daß die Ableitung der Abwässer aus dem Gelände des von ihm geführten Betriebes mit seinem Wissen und Willen durchgeführt wurde, haftet der von der belangten Behörde vorgenommenen Zurechnung der Tat - Verwirklichung durch den Beschwerdeführer als unmittelbaren Täter wegen unechter Unterlassung (Verletzung der Garantenpflicht) - Rechtswidrigkeit nicht an.

4. Nach dem Gesagten ist der Beschwerdeführer durch den bekämpften Schuldspruch nicht in dem vom Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) umfaßten Rechten verletzt worden.

5. Demgegenüber kann der belangten Behörde in Ansehung des Strafausspruches der Vorwurf, subjektive Rechte des Beschwerdeführers beeinträchtigt zu haben, nicht erspart werden.

Dies aus folgenden Gründen:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1950 hat die Behörde die dort genannten objektiven Kriterien ihrer Strafbemessung zugrunde zu legen. Diesbezügliche Ausführungen fehlen in der Begründung des angefochtenen Bescheides zur Gänze. Wohl ist davon auszugehen, daß die belangte Behörde sich die Begründung der Strafzumessung durch die Erstinstanz zu eigen gemacht hat. Indes ist damit für die belangte Behörde nichts gewonnen, da die Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in diesem Punkt lediglich ausführt, daß die Festsetzung der Strafhöhe "im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Beschuldigten - der bekanntermaßen schon des öfteren ungereinigte Waschwässer in den B-bach und dann in weiterer Folge in die Salzach ableiten ließ - schuldangemessen (sei)". Eine Wertung der Tat im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG 1950 kann darin keineswegs erblickt werden. Über den Beschwerdeführer wurde (ausschließlich) eine Geldstrafe verhängt. Im Grunde des § 19 Abs. 2 leg. cit. wäre es deshalb erforderlich gewesen, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Dies ist nicht geschehen. Der Hinweis im erstinstanzlichen Bescheid, der Beschwerdeführer habe diesbezügliche Angaben verweigert, kann von der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Berücksichtigung der besagten Umstände nicht entbinden. Die belangte Behörde wäre vielmehr gehalten gewesen, eine Einschätzung vorzunehmen und diese in einer nachprüfender Kontrolle zugänglichen Weise in der Bescheidbegründung darzulegen (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1981, Zl. 3033/80).

Die aufgezeigten Verfahrensmängel werden allerdings durch folgende inhaltliche Rechtswidrigkeit in den Hintergrund gedrängt:

Im bekämpften Bescheid wurde im Wege der Übernahme der bezüglichen Begründung des Straferkenntnisses auf das "bisherige Verhalten" des Beschwerdeführers, und zwar das mehrmalige Ableiten von Abwässern in den Vorfluter, Bedacht genommen. Die damit erkennbar vorgenommene Wertung dieses Umstandes als Erschwerungsgrund widerspricht dem Gesetz, da als erschwerend bei der Strafbemessung nur Strafen berücksichtigt werden dürfen, die rechtskräftig verhängt wurden (§ 19 Abs. 2 VStG 1950 in Verbindung mit § 33 Z. 2 StGB). Das Bekanntsein (allenfalls) strafbarer Abwassereinleitungen kann dieses Erfordernis nicht ersetzen.

6. Aus den vorstehenden Überlegungen (II.5.) war der angefochtene Bescheid im Umfang des Strafausspruches und des damit untrennbar verbundenen Kostenausspruches gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im übrigen, d. h. in Ansehung des Schuldspruches, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen (vgl. II.4.).

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A

Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 17. Dezember 1985

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