VwGH 84/07/0349

VwGH84/07/034926.3.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde

1. der Gemeinde P, vertreten durch den Bürgermeister, 2. der Wassergenossenschaft U, vertreten durch den Obmann JZ, beide vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler, Rechtsanwalt in Wien I, Seilergasse 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 25. September 1984, Zl. 410.714/11-1 4/84, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: E-Kleinkraftwerke Gesellschaft m.b.H. in M, vertreten durch Dr. Richard Kaan, Dr. H. Cronenberg, Dr. H. Radl und Dr. St. Moser, Rechtsanwälte in Graz, Kalchberggasse 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §62 Abs4;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs3;
WRG 1959 §15 Abs1;
WRG 1959 §63 litb;
AVG §62 Abs4;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs3;
WRG 1959 §15 Abs1;
WRG 1959 §63 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 28. Juni 1982 hat die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens um die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage am B-bach angesucht. Mit Eingabe vom 29. Juli 1982 hat FS ebenfalls um die wasserrechtliche Bewilligung für eine Kraftwerksanlage am B-bach angesucht. Da beide Projekte zueinander in Widerspruch standen, führte der Landeshauptmann von Steiermark ein Widerstreitverfahren durch. Mit dem im Instanzenzug ergangenen rechtskräftigen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 30. März 1983 ist dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 17 und 109 WRG 1959 der Vorzug eingeräumt worden.

Der Landeshauptmann von Steiermark führte sodann am 25. Mai 1983 eine mündliche Verhandlung durch, in der die Erstbeschwerdeführerin folgende Stellungnahme abgab:

"Durch den Bau des Kraftwerkes wird ein Großteil des Wassers der B in eine Druckrohrleitung abgeleitet und dadurch der Fischereibetrieb im gegenständlichen Bachverlauf wesentlich beeinträchtigt. Wir verweisen auf das Gutachten des Ing. MT, gerichtlich beeideter Sachverständiger für Jagd-, Forst- und Fischerei. In diesem Gutachten wurde festgestellt, daß z.B. bei 400 l Restwassermenge eine 70%ige Beeinträchtigung der Fischerei erfolgt. Zur Kontrolle der Restwassermenge fordern wir eine Meßstelle beim Solwehr unterhalb der alten P-Brücke. Hier müßte eine Restwassermenge von 400 l/sec gewährleistet werden. Eine zweite Meßstelle müßte oberhalb der alten L-Brücke mit einer garantierten Restwassermenge von 300 l/sec angelegt werden. Während der Bauzeit müssen alle Schäden an der Fischerei ersetzt werden. Der Schaden wird durch einen beeideten Sachverständigen festgestellt. Der Schaden durch die nach dem Bau geringeren Wassermengen in der Fischerei sollen nicht in einer Abfertigung,

sondern in Raten jährlich bezahlt werden. ..................

Außerdem wird für die Löschwasserversorgung der Ortschaft L ein Hydrant direkt an der Druckleitung gefordert, weil durch die geringen Wassermengen in der B eine ausreichende Löschwasserversorgung nicht mehr gegeben ist. Bei den Querungen der Gemeindestraße durch die Rohrleitungen müßte noch eine privatrechtliche Vereinbarung getroffen werden."

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte in dieser Verhandlung folgendes vor:

"Die Wasserwerksgenossenschaft U betreibt auf dem Grundstück Nr. 1075 KG N eine Wasserversorgungsanlage, welche der Trink- und Nutzwasserversorgung für die Ortschaft U dient. Es wird zwar vermutet, daß der Quellzufluß von Nordosten aus dem Hang gegen P erfolgt, doch kann nicht ausgeschlossen werden, daß ein Zusammenhang mit der Wasserführung des B-baches besteht. Die Wasserwerksgenossenschaft U spricht sich daher gegen das vorliegende Projekt aus, da befürchtet wird, daß die Schüttung der Quelle bei Ableitung des Großteils des im B-bach vorhandenen Wassers stark zurückgeht. Auf Grund dieser Befürchtung hat die Vollversammlung der Wasserwerksgenossenschaft U in ihrer Sitzung vom 17.9.1982 einstimmig das gegenständliche Projekt abgelehnt. Sollte das Projekt doch errichtet werden, begehren wir die Bereitstellung einer Ersatzwasserversorgung vor Baubeginn."

Am 21. Juli 1983 führte der Landeshauptmann eine weitere mündliche Verhandlung durch, in der die Erstbeschwerdeführerin folgendes vorbrachte:

"Auf Grund des überaus bedeutenden Vorhabens für die Region verlangt die Gemeinde eine Beurteilung der Gesamtemissionen im Rahmen eines Gutachtens, welches sich über die Eingriffe der Ökologie, Ökonomie sowie die Sicherheit gegenüber der Bevölkerung befaßt. Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Fischereibestandes wird in Ergänzung zu der Stellungnahme zur ersten Verhandlungsschrift die von dem Bürgermeister verlangte Bereitstellung der Wassermengen an den genannten drei Punkten, und zwar beim Überfallwehr, beim Einlaufbauwerk, bei der L-Brücke sowie bei der P-Brücke die Errichtung von Pegeleinrichtungen mit Mengenschreibern gefordert. Bei Unterschreitung der von der Gemeinde geforderten Teilwassermengen sollte eine kurzfristige Übermittlung an das Einlaufbauwerk erfolgen, so daß ohne händischen Eingriff eine Außerbetriebsetzung des Einlaufbauwerkes erreicht wird. Die Vorlage des vorzitierten Gutachtens sollte die Rechtskraft des Bescheides aufschieben. Bei einer erzwungenen Verlegung der Transportleitung in der Gemeindestraße wird die Gemeinde die Auflagen zur Wiederherstellung der Straße bekanntgegeben. Da es sich hiebei um eine ehemalige Bundesstraße handelt, wird der Aufbau sinngemäß den Richtlinien der RVS zu erfolgen sein. Auf Grund der Vielzahl der offenen Probleme und der noch zu erbringenden Gutachten fordert die Gemeinde eine neue Anberaumung einer örtlichen Verhandlung, um allen Betroffenen im Sinne des Wasserrechtsgesetzes eine weitere Stellungnahme einräumen zu können. Im Hinblick auf das geforderte geotechnische Gutachten wird auf Grund der Aussagen des Gutachters ein statischer Nachweis für die Sicherheit der Leitung vor Bescheiderlassung begehrt."

Der Vertreter der Zweitbeschwerdeführerin hat in dieser Verhandlung folgendes vorgebracht:

"Durch die geänderte Trassenführung im Bereich der Ortschaft U werden auch die Hausanschlüsse zu den Liegenschaften W und G berührt. Sollte dieses Projekt tatsächlich verwirklicht werden, muß verlangt werden, daß eine Versorgung dieser beiden Anwesen mit Trink- und Nutzwasser jederzeit gesichert ist. Dies trifft selbstverständlich auch für die vorher liegenden Liegenschaften, welche am betreffenden Leitungsstrang liegen, zu."

Die belangte Behörde führte schließlich zur Erörterung des von ihr eingeholten geotechnischen Gutachtens über die Steinschlag-Sicherheit der Druckrohrleitungstrasse unter Beiziehung der Erstbeschwerdeführerin eine Verhandlung durch, die hiezu mit Schriftsatz vom 29. September 1983 eine Stellungnahme abgab.

Die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens stellte schließlich mit Schriftsatz vom 23. September 1983 den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, weil der Landeshauptmann von Steiermark bisher über ihr Ansuchen vom 28. Juni 1982 nicht entschieden habe, obwohl das wasserrechtliche Verfahren im Herbst 1983 in der ersten Instanz als abgeschlossen zu betrachten gewesen sei. Die belangte Behörde kam zur Ansicht, daß ihre Zuständigkeit gemäß § 73 AVG 1950 zur Entscheidung über den Antrag der Mitbeteiligten gegeben sei.

Die belangte Behörde führte am 14. Juni 1984 eine mündliche Verhandlung durch, in der die Erstbeschwerdeführerin - die Zweitbeschwerdeführerin war weder zur Verhandlung geladen noch erschienen - zur Sicherstellung der Löschwassermenge für die Ortschaften die Errichtung von drei Hydranten verlangte. Die Druckrohrleitung quere dreimal die Gemeindestraße, Grundstück Nr. 1137, und werde "vor der Ortschaft U durch eine zirka 100 m lange Längsführung beansprucht". Durch diese Inanspruchnahme dürfe der jetzige Zustand der Straße nicht beeinträchtigt werden. Laut Gemeinderatsbeschluß sei die Gemeinde grundsätzlich gegen die Inanspruchnahme der Straße. Ab der P-Brücke sei eine Restwassermenge von 400 l/sec im Sinne des Naturschutzbescheides vom 25. Februar 1983 sicherzustellen. Für die Sicherung der Wasserversorgung werde eine Beweissicherung sowohl in mengenmäßiger als auch in chemisch-bakteriologischer Hinsicht gefordert sowie die Ausarbeitung eines Projektes einer allfälligen Ersatzwasserbeschaffung an einem geeigneten Standort. Die Beweissicherung sollte mindestens zwei Jahre vor der Entleerung des Gerinnes regelmäßig mindestens dreimal jährlich erfolgen. Für die Gewährleistung der im oberen Gerinneabschnitt vorgesehenen Mindestwasserführung von 150 l/sec werde die Auslegung entsprechend den baulichen Maßnahmen im Einlaufbauwerk gefordert, damit in jedem Fall diese Wassermenge für das Gerinne gesichert sei. Im weiteren forderte die Erstbeschwerdeführerin in Anbetracht des Umstandes, daß eine naturnahe Erhaltung der Gewässer und der Fischerei im öffentlichen Interesse liege, die Durchführung einer Gewässerzustandaufnahme durch Erhebung der durchschnittlichen Wasserführung des mittleren Niederwassers sowie der Gewässergüte, die Erhebung der Auswirkungen des Projektes und eine fachliche Begutachtung der Projektsauswirkungen auf die Gewässerökologie durch Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Limnologie für den Bereich des "Wasserkörpers" und eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Botanik (Ökologie für den Bereich der Ufer und der gewässernahen Zone).

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 25. September 1984 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 9, 13, 21 Abs. 1, 100 Abs. 2, 105, 107 und 111 WRG 1959 sowie § 73 Abs. 2 AVG 1950 auf Grund des bei den wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlungen am 25. Mai 1983, 21. Juli 1983, 15. September 1983 und 14. Juni 1984 vorgelegenen Projektes "Wasserkraftanlage B" die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Ausleitungskraftwerkes am B-bach bei Einhaltung bestimmter Auflagen erteilt. Die Konsenswassermenge wurde mit 4,2 m3 /sec unter Berücksichtigung der vorgeschriebenen Pflichtwasserabgabe begrenzt. Fünf Prozent der jeweiligen Wasserführung wurde gemäß § 13 Abs. 4 WRG 1959 zur Verfügung der Wasserrechtsbehörde für Wasserversorgungs- und Bewässerungszwecke vorbehalten. Gemäß §§ 63 lit. b, 100 Abs. 2, 107 und 111 WRG 1959 in Verbindung mit den §§ 4 bis 7 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 wurde unter anderem die Servitut zur Verlegung der Druckrohrleitung zugunsten der mitbeteiligten Partei auf dem Grundstück Nr. 1137 KG N der Erstbeschwerdeführerin für 150 lfm eingeräumt und hiefür gemäß § 117 WRG 1959 eine Entschädigung von S 450,-- zugesprochen. Ferner wurden die Einwendungen der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin, soweit ihnen nicht durch Bescheidbedingungen Rechnung getragen wurde, abgewiesen.

Im Abschnitt "Bedingungen und Auflagen" im Spruch dieses Bescheides wurde soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung folgendes vorgeschrieben:

"4. An der Entnahmestelle sind das ganze Jahr hindurch bei Tag und Nacht ununterbrochen mindestens 150 l/sec Dotationswasser abzugeben. Am Beginn der unteren Steilstrecke im Bereich der Abzweigung der Straße nach P hat im B-bach und zwar über den ganzen Steilbereich bis zum Krafthaus in den Monaten Juni bis September eine Wassermenge von mindestens 400 l/sec zu verbleiben.

5. Um die Abgabe dieser Wassermenge an der Wehrstelle bzw. den Durchfluß im Bereich zwischen Landesstraße und der Wildbachsperre kontrollieren zu können, sind an möglichst stabilen Gerinneabschnitten Schreibpegel an leicht zugänglichen Stellen anzubringen. Die Messungen sind von der Konsenswerberin im Einvernehmen mit der Gemeinde P durchzuführen, die Aufzeichnungen sind der Wasserrechtsbehörde auf Verlangen zur Einsicht vorzulegen.

6. Wird die geforderte Wassermenge von 400 l/sec bei der P-Brücke zufolge zu geringen Zuflusses der Seitenbäche vor Beginn der unteren Schluchtstrecke nicht erreicht, so hat die Konsenswerberin die fehlende Wassermenge über die Wehranlage oder über die Druckrohrleitung zu dotieren.

7. Mit der Beweissicherung der Quellen S Parz.Nr. 109, KG N und der Wassergenossenschaft U Parz.Nr. 1075 (incl. Zuflüsse zum Hochbehälter, die Überläufe der einzelnen Quellen bzw. Quellstuben) ist unverzüglich zu beginnen. Diese Messungen sind anfangs in wöchentlichen Abständen vorzunehmen. Nach Inbetriebnahme des Kraftwerkes sind die Messungen in gestaffelter Form über einen Zeitraum von 5 Jahren fortzuführen. Die Intervalle der Messungen können dabei in Übereinstimmung mit den Schüttungsschwankungen verlängert werden, dürfen jedoch nicht weniger als 1 x im Monat erfolgen.

8. Sollte sich eine Beeinträchtigung (gemeint der Quellen der Zweitbeschwerdeführerin) in quantitativer Hinsicht ergeben, so ist die Konsenswerberin verpflichtet, einen adäquaten Ersatz zur Verfügung zu stellen (Ersatzwasserleitung). Sollte dies nicht möglich sein, so ist der Betrieb der Anlage einzustellen bzw. der ursprüngliche Zustand wieder herzustellen. Sollte sich eine Beeinträchtigung in qualitativer Hinsicht ergeben, etwa durch Einleitung bewilligter geklärter Abwässer in den B-bach, so wäre diese durch geeignete Maßnahmen zu beheben, so z.B. durch Ableiten der Abwässer in das Unterwasser des Kraftwerkes."

In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, die Forderungen der Erstbeschwerdeführerin enthielten zum überwiegenden Teil Einwendungen, die in anderen Verfahren (Naturschutz, Energierecht) zu berücksichtigen seien. Hinsichtlich der erforderlichen Ersatzlöschwasserversorgung sei den Forderungen der Erstbeschwerdeführerin durch entsprechende Auflagen (Nummer 11) Rechnung getragen worden. Bei den im Rahmen des § 105 WRG 1959 zu wahrenden Interessen des Landschafts- und Naturschutzes ist die Wasserrechtsbehörde von der Tatsache ausgegangen, daß die Naturschutzbehörde des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung mit rechtskräftigem Bescheid vom 23. Mai 1983 (richtig wohl 25. Februar 1983) eine Ausnahmegenehmigung für die Errichtung des Kraftwerkes bei Einhaltung gewisser Auflagen (Abgabe von 150 l/sec an der Entnahmestelle und Belassung von 400 l/sec im B-bach in den Monaten Juni bis September im unteren Bereich) erteilt habe. Da aus den von der Wasserrechtsbehörde zu wahrenden Interessen eine Erhöhung der Restwassermenge nicht geboten gewesen sei, habe sich die entscheidende Behörde der Beurteilung der Sachlage durch die zuständige Naturschutzbehörde angeschlossen und ebenfalls analoge Auflagen in ihren Bescheid aufgenommen. Die Einräumung der Servituten für die Verlegung der Druckrohrleitung sei laut Gutachten des wasserbautechnischen Sachverständigen erforderlich gewesen. Gegen die Festlegung der Entschädigung hätten die betroffenen Grundeigentümer keine fachlich begründeten Einwände erhoben. Soweit seitens der Erstbeschwerdeführerin zusätzliche Erhebungen hydrologischer oder biologischer Art gefordert worden seien, hätten diese Anträge abgewiesen werden müssen, da sich aus den eingeholten einschlägigen Gutachten, die in keiner Weise widerlegt worden seien, eindeutig ergebe, daß eine Entscheidung ohne zusätzliche Erhebungen getroffen habe werden können. Auf Grund der geäußerten Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Druckrohrleitung vor Steinschlag sei ein geologisches Gutachten eingeholt worden, aus dem unwidersprochen hervorgehe, daß bei Einhaltung gewisser Baumaßnahmen ein ausreichender Schutz der Druckrohrleitung gegeben sei. Die diesbezüglichen notwendigen Auflagen seien im Bescheid aufgenommen worden. Zu den Einwendungen der Fischereiberechtigten sei grundsätzlich festzuhalten, daß diese laut ständiger Rechtsprechung nur im engen Rahmen des § 15 WRG 1959 berücksichtigt werden könnten. Im Anlaßfall gingen sie darüber hinaus und hätten daher keine Berücksichtigung finden können. Jedoch stehe es den Fischereiberechtigten frei, entsprechende Schadenersatzforderungen im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Da eine Beeinträchtigung der Wasserversorgungsanlage der Zweitbeschwerdeführerin zwar nicht wahrscheinlich sei, aber auch nicht unbedingt ausgeschlossen werden könne, sei eine strenge Beweissicherung (Auflage Nr. 7) vorgeschrieben worden. Sollte tatsächlich wider Erwarten eine Beeinträchtigung auftreten, so sei die Konsenswerberin verpflichtet, diese zu beseitigen und falls keine andere technische Möglichkeit gegeben erscheine, sogar den Betrieb einzustellen. Die Einholung zusätzlicher Gutachten oder die Erstellung des Projektes einer Ersatzwasserversorgung erscheine auf Grund des Ermittlungsergebnisses nicht gerechtfertigt. Abschließend sei festzuhalten, daß aus dem Ergebnis des Beweisverfahrens, insbesondere den Gutachten der beigezogenen Sachverständigen es gewährleistet erscheine, daß bei Berücksichtigung der Empfehlungen und Hinweise unter Einhaltung der im Bescheid enthaltenen Bedingungen und Auflagen sowie bei ständiger Fühlungsnahme mit den Behörden und ihren Sachverständigen während des wesentlichen Baugeschehens gegen das Projekt und seine Ausführung, vor allem auch bezüglich der Sicherheit der geplanten Bauwerke, keine Bedenken bestünden. Die Konsenswerberin sei von sich aus verhalten, alle erforderlichen Bewilligungen nach anderen Rechtsvorschriften vor Baubeginn zeitgerecht einzuholen sowie Landschaft und fremdes Eigentum möglichst zu schonen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem Recht nach § 13 Abs. 3 WRG 1959 verletzt, weil das Maß und die Art der Wasserbenutzung nicht im Sinne dieser Gesetzesstelle festgelegt worden sei, weiters im Recht auf Festsetzung einer Frist für die Auszahlung der Entschädigung, im Recht auf Regelung der Trockenlegung von Gerinnen gemäß § 15 WRG 1959 und Zuspruch einer Entschädigung, im Recht auf Parteiengehör und schließlich in dem gemäß § 31 a Z. (richtig wohl Absatz) 5 WRG 1959 gewährleisteten Recht auf Unterlassung jeder Beeinträchtigung von Gemeinden bei der Trinkwasserversorgung ihrer Bewohner.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eine Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde erblicken die Beschwerdeführerinnen darin, daß die belangte Behörde die Ermittlungsergebnisse der säumigen Behörde herangezogen hat. Unbestritten ist, daß der Landeshauptmann von Steiermark, als die gemäß § 99 Abs. 1 lit. b WRG 1959 in erster Instanz zuständige Behörde zur Entscheidung über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine Wasserkraftanlage säumig und auf Grund des Devolutionsantrages die belangte Behörde zur Entscheidung über jenen Antrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 zuständig geworden ist, der im Spruch des angefochtenen Bescheides auch angeführt ist. Unrichtig ist jedoch die Zitierung des § 100 Abs. 2 WRG 1959 im Spruch des Bescheides, da sich dieser nur auf bevorzugte Wasserbauten bezieht; ein solches Vorhaben - die belangte Behörde könnte diesfalls auch nicht als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde tätig werden - liegt offensichtlich nicht vor. Hingegen liegt in der Heranziehung der Ermittlungsergebnisse der säumig gewordenen Behörde erster Instanz durch die belangte Behörde keineswegs eine Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit, da einerseits die belangte Behörde in der Kundmachung zu der von ihr angeordneten ergänzenden mündlichen Verhandlung auf die bisherigen Ermittlungsergebnisse und die Erstbeschwerdeführerin selbst in dieser mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 1984 in ihrer Stellungnahme auf ihr bisheriges Vorbringen hingewiesen haben, andererseits der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahmen dem Verwaltungsverfahren fremd ist und die Wiederholung von unter Mitwirkung der Parteien durchgeführten Ermittlungen den Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens der Raschheit und Kostenersparnis widersprechen würde. Auf die Frage, ob diese Ermittlungsergebnisse ausreichend sind, wird noch einzugehen sein.

Dem weitwendigen Beschwerdevorbringen unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß das Vorhaben der mitbeteiligten Partei öffentlichen Interessen widerspreche, weil für Anlageteile die erforderliche Sicherheit gegen Steinschlag nicht gegeben sei, eine Rentabilitätsrechnung für das Kraftwerk nicht vorliege, auf die Reinhaltung der Gewässer und auf die naturnahe Erhaltung der Gewässer und Fischerei nicht hinreichend Bedacht genommen worden sei, ist entgegenzuhalten, daß der gesetzlich verankerte Schutz öffentlicher Interessen (§ 105 WRG 1959) niemandem einen Rechtsanspruch auf Druchsetzung dieses Schutzes vermittelt. Die Wahrung dieser Interessen ist vielmehr den damit befaßten Behörden überantwortet. (Vgl. hiezu Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 9. Februar 1967, Zl. 1212/66, und vom 7. Februar 1969, Slg. N. F. Nr. 7506/A.) Zur Wahrung wasserrechtlich geschützter Rechte Dritter kommt den Beschwerdeführerinnen keine Ingerenz zu. Es widerspricht auch nicht dem Wasserrechtsgesetz, ein den formellen gesetzlichen Erfordernissen entsprechendes Projekt durch Bestimmungen des Maßes der Wasserbenutzung und durch Auflagen zu beschränken und zu modifizieren und allenfalls auch Mängel des Projektes während des Verfahrens zu verbessern. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Unterlassung eines Auftrages an die mitbeteiligte Partei, ein neues der zu erteilenden bzw. erteilten Bewilligung entsprechendes Projekt vorzulegen, nicht zu erblicken, mögen auch die wasserrechtlich irrelevanten Angaben im Projekt über den zu erzeugenden Strom nicht mehr zutreffen. Unzutreffend ist auch die Ansicht der Beschwerdeführerinnen, es hätte im bekämpften Bescheid sichergestellt werden müssen, was mit den eingeräumten Servitutsrechten nach Erlöschen des Wasserrechtes durch Zeitablauf zu geschehen habe; dies ist ausschließlich Sache des seinerzeit durchzuführenden Erlöschungsverfahrens. Auch ein Fall des § 31 a Abs. 5 WRG 1959 liegt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen nicht vor, da Gegenstand des Vorhabens nicht die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Lagerung und Leitung wassergefährdender Stoffe oder die Gewinnung von Sand und Kies ist.

Dennoch erweist sich die Beschwerde aus folgenden Erwägungen als berechtigt.

Gemäß § 12 Abs. 1 WRG 1959 ist das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden. Nach Abs. 2 desselben Paragraphen sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 leg. cit. und das Grundeigentum anzusehen. Gemäß § 13 Abs. 3 WRG 1950 dürfen das Maß und die Art der Wasserbenutzung keinesfalls so weit gehen, daß Gemeinden, Ortschaften oder einzelnen Ansiedlungen das für die Abwendung von Feuergefahren, für sonstige öffentliche Zwecke oder für Zwecke des Haus- und Wirtschaftsbedarfes ihrer Bewohner erforderliche Wasser entzogen wird.

Die Erstbeschwerdeführerin hat im Verfahren Einwendungen als berührte Grundeigentümerin (die Druckrohrleitung wird zum Teil auf ihrem Grundstück verlegt), als Gemeinde zur Wahrung der ihr nach § 13 Abs. 3 WRG 1959 zustehenden Anspruches und als Fischereiberechtigte erhoben. Die Zweitbeschwerdeführerin hat Einwendungen als berührte Wasserberechtigte erhoben.

Was nun die Einwendungen der Erstbeschwerdeführerin hinsichtlich der geplanten Beanspruchung ihrer Grundstücke für die Verlegung der Druckrohrleitung anlangt, so besteht unter den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Einigkeit, daß projektsgemäß tatsächlich das Grundeigentum der Erstbeschwerdeführerin in einem weit größeren Umfange beansprucht werden soll als im bekämpften Bescheid ausgesprochen worden ist (150 Laufmeter). Gemäß § 111 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 hat der Ausspruch über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang von Zwangsrechten (§ 60) nach Möglichkeit in demselben Bescheid (mit dem die wasserrechtliche Bewilligung erteilt wird), sonst mit gesondertem Bescheid zu erfolgen. Darnach sind zugleich mit der Erteilung der Bewilligung grundsätzlich auch die zur Ausführung des Vorhabens erforderlichen Zwangsrechte zu bestimmen und die hiefür gebührende Entschädigung im Sinne des § 117 WRG 1959 zuzusprechen. Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid nicht dargelegt, warum dies nicht möglich gewesen wäre. Die (versehentliche) Unterlassung des Ausspruches der erforderlichen Zwangsrechte bildet aber entgegen der Ansicht der belangten Behörde keinen Fall, in dem mit Berichtigungsbescheid gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 vorgegangen werden könnte. Dazu kommt, daß es bei Einräumung einer Servitut zur Verlegung einer Druckrohrleitung nicht ausreichend ist, nur die Länge der Leitung zu bestimmen. Vielmehr ist auch die Breite des mit einer Servitut belasteten Grundstreifens zu bestimmen, zumal diese auch auf den Umfang der Belastung und die Höhe der Entschädigung von Einfluß sein kann. Schließlich muß füglich bezweifelt werden, ob ein "landwirtschaftlicher Sachverständiger" die erforderliche Fachkunde für die Schätzung der Belastung eines Straßengrundstückes aufweist; in einem solchen Fall erscheint ein Sachverständiger für allgemeine Grundschätzungen eher geeignet.

Den unter dem Gesichtspunkt des § 13 Abs. 3 WRG 1959 erhobenen Einwendungen der Erstbeschwerdeführerin wurde im Punkt 11 der Auflagen des bekämpften Bescheides zwar weitestgehend entsprochen, doch fehlen Feststellungen darüber, auf welchen Grundstücken die Hydranten errichtet, mit welchem Wasser diese gespeist werden sollen und warum der Forderung der Erhaltung des Kolkes im Bereich der Wehranlage zum Zwecke der Entnahme von Löschwasser nicht entsprochen worden ist.

Die Forderung der Erstbeschwerdeführerin nach einer Fischereientschädigung für die geringere Wasserführung im Vorfluter ist zufolge des § 15 Abs. 1 WRG 1959 nicht berechtigt (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 8. November 1956, Slg. Nr. 4190/A, und vom 31. März 1977, Zl. 2355/76).

Der Erstbeschwerdeführerin stand allerdings auch das Recht zu, Vorschreibungen von Kontrollmaßnahmen zu begehren, die dazu angetan sein konnten, eine konsenswidrige Verletzung ihrer Rechte jederzeit zu erkennen. Die belangte Behörde hat zwar in diesem Sinne der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung Auflagen in den Punkten 5 und 6 beigefügt, doch fehlt es diesen an der erforderlichen Bestimmtheit, da nicht feststeht, an welchen Gerinnestellen und in welcher Anzahl Schreibpegel herzustellen sind. Ob eine für die mit 400 l/sec bestimmte Restwassermenge fehlende Wassermenge über die Wehranlage oder über die Druckrohrleitung dem Gerinne zugeführt wird, ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ohne rechtliche Bedeutung.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat im Verfahren vorgebracht, daß ihr Wasserrecht (Trink- und Nutzwasserversorgung) durch das geplante Vorhaben beeinträchtigt werde. Der dazu in der Verhandlung vom 25. Mai 1983 angehörte Sachverständige für Wasserbautechnik hat dazu ausgeführt, daß eine gewisse Beeinflussung des Wasserstandes in der Quellfassung, welche als Brunnen ausgebildet sei, durch den begleitenden Grundwasserstrom des B-baches zu erwarten sein werde. Bei Reduktion der Wasserführung im B-bach sei eine Absenkung des begleitenden Grundwasserspiegels und damit auch eine geringfügige Beeinflussung des Wasserstandes im Brunnen zu erwarten. Generell könnten die oberirdischen Quellaustritte in ihrer Ergiebigkeit eingeschränkt werden. Es werde die Vornahme einer Beweissicherung zweckmäßig sein. Daraus geht hervor, daß der Sachverständige eine Beeinträchtigung des Wasserrechtes der Zweitbeschwerdeführerin nicht ausgeschlossen hat. Die Ausführung in der Begründung des bekämpften Bescheides, wonach eine Beeinträchtigung der Wasserversorgungsanlage der Zweitbeschwerdeführerin nicht wahrscheinlich sei, entbehrt einer fachlich fundierten Aussage im Verfahren. Auflage 8 ist auch deshalb verfehlt, weil eine Bewilligung nur dann erteilt werden darf, wenn nach fachmännischer Voraussicht mit einer Beeinträchtigung fremder Rechte nicht zu rechnen ist oder im Falle der Annahme der Verletzung fremder Rechte diese durch Einräumung von Zwangsrechten beseitigt oder beschränkt werden können (§ 12 Abs. 3 WRG 1959). Keinesfalls ist es rechtlich zulässig, in einem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid für den Fall der Beeinträchtigung fremder Rechte den Entzug der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung durch Betriebseinstellung zu verfügen. Aus der Auflage 7 geht, worauf die Beschwerdeführerinnen zutreffend hingewiesen haben, insbesondere nicht hervor, daß Beweissicherungsmaßnahmen bezüglich der qualitativen Eigenschaft des Quellwassers durchzuführen wären.

Da die belangte Behörde insoweit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da Stempelmarken für die Ausfertigungen der Beschwerde zur Rechtsverteidigung nicht erforderlich waren.

Wien, am 26. März 1985

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