Normen
AVG §59 Abs1;
VVG §1 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §21 Abs1;
AVG §59 Abs1;
VVG §1 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §21 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer gehört eine Wasserversorgungsanlage zur Versorgung von drei Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. Hiezu wird auf dem Grundstück 1030 KG K eine Quelle gefaßt. Das Quellwasser wird in einen Tiefbehälter mit zirka 15 m3 Nutzinhalt abgeleitet und von diesem Tiefbehälter mittels einer Unterwasserpumpe den Wohnhäusern zugeleitet. Aus dieser Anlage werden 3,6 l/min für Trink- und Nutzwasserzwecke entnommen.
Die mitbeteiligte Wassergenossenschaft hat um die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Melk unter PZ nn eingetragenen Wasserversorgungsanlage angesucht. Das Projekt sieht die Errichtung eines Tiefbrunnens auf dem Grundstück 1110 KG K vor. In dem über dieses Ansuchen durchgeführten Ermittlungsverfahren holte die Bezirkshauptmannschaft Melk vom Amtssachverständigen für Hydrogeologie ein Gutachten ein, aus dem hervorgeht, daß zwischen den Wasserversorgungsanlagen der mitbeteiligten Partei und des Beschwerdeführers ein Zusammenhang bestehe. Unter Berücksichtigung des Wasserbedarfes des Beschwerdeführers ergebe sich für die mitbeteiligte Partei eine abschätzbare Restmenge von voraussichtlich zirka 5 l/min aus dem Wasserdargebot. Im Hinblick darauf, daß die Anlage des Beschwerdeführers weniger durch die Belastung des Grundwasserhaushaltes zufolge des Betriebes der Anlage der mitbeteiligten Partei als vielmehr durch die dabei erzeugte Spiegelabsenkung durch Zulaufverminderung reagieren werde, werde es aber sicher nicht ausreichen, mit einer Festlegung des Entnahmekonsenses von 5 l/min den Mindestzulauf von 3,6 l/min zur Anlage des Beschwerdeführers zu gewährleisten. Es werde erforderlich sein, die zulässige Absenkung im Brunnen der mitbeteiligten Partei auf Grund von Erfahrungswerten festzulegen. Es werde vorgeschlagen den Entnahmekonsens für die mitbeteiligte Partei mit 5 l/min bei einem noch festzulegenden Absenkmaß zu fixieren. Soweit derzeit festgestellt werden könne, dürfte die Anlage des Beschwerdeführers ab einer Absenkung des Wasserspiegels in der Anlage der mitbeteiligten Partei von zirka 2,5 m unter die natürliche Geländeoberkante eine Zuflußminderung erfahren. Das genaue Maß der zulässigen Absenkung müsse empirisch in den ersten drei, Betriebsjahren der von der Mitbeteiligten benützten Anlage ermittelt werden, wobei entsprechende Wasserstandsmessungen bei der Anlage der Mitbeteiligten und Zuflußmessungen bei der Anlage des Beschwerdeführers vor allem in Trockenzeiten intensiv vorzunehmen sein werden. Derselbe Sachverständige kam schließlich zum Ergebnis, daß gegen die Erteilung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung der mitbeteiligten Partei bei Einhaltung bestimmter von ihm vorgeschlagener Auflagen kein Einwand bestehe. Die für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutsamen Auflagen lauten wie folgt:
"8. Ebenso sind der Wasserrechtsbehörde die Meßprotokolle in dem im Gutachten des hydrogeologischen Amtssachverständigen vorgeschlagenen Umfang vorzulegen. Diese Messungen sind einvernehmlich zwischen Familie K - d.i. die Familie des Beschwerdeführers - und Interessensgemeinschaft D durchzuführen und festzuhalten. Es ist festzuhalten, ab welcher Spiegellage in der Anlage Brunnen D eine Beeinträchtigung des Zuflusses Brunnen K unter 3,6 l/min erfolgt. Diese Messungen werden im Rahmen des wasserrechtlichen Überprüfungsverfahrens beurteilt und sodann das zulässige Maß der Absenkung festgesetzt.
9. Die Wasserentnahme darf nur maximal 5 l/min betragen, wobei jedoch gewährleistet sein muß, daß die Quellschüttung für die Versorgung K nicht unter 3,6 l/min absinkt."
Der Beschwerdeführer erhob gegen das Vorhaben der mitbeteiligten Partei im Verfahren Einwendungen, weil er befürchtete, daß seine Anlage durch die Errichtung und den Betrieb der Wasserversorgungsanlage der Mitbeteiligten beeinträchtigt werde. Das vorhandene Wasserdargebot reiche nicht aus, um den Wasserbedarf der mitbeteiligten Partei und seinen Wasserbedarf zu befriedigen.
Die Bezirkshauptmannschaft Melk erteilte mit Bescheid vom 3. Juli 1983 gemäß § 10 WRG 1959 der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung ihrer Wasserversorgungsanlage
"dahingehend, daß auf Parzelle 1110 KG K, ein Brunnen errichtet wird. Die Bewilligung beinhaltet die Wasserentnahme von 5 l/min aus diesem Brunnen unter der Voraussetzung, daß die Quellschüttung der Wasserversorgungsanlage K auf Parzelle 1030 KG K nicht unter 3,6 l/min absinkt. Wird die Quellschüttung von 3,6 l/min der Wasserversorgungsanlage K unterschritten, so ist die Entnahmemenge der Wasserversorgungsanlage D - d.i. die der mitbeteiligten Partei - soweit einzuschränken, daß dieser Wert wieder gewährleistet ist. Die Bewilligung wird unter der Voraussetzung erteilt, daß die Anlagenerweiterung nach Maßgabe der mit Hinweis auf diesen Bescheid versehenen Projektsunterlagen ausgeführt wird, sowie daß die in der ha. Verhandlungsschrift (beiliegend), die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildet, enthaltenen Bedingungen erfüllt bzw. eingehalten werden."
Im Spruch dieses Bescheides behielt sich die Wasserrechtsbehörde im Sinne des § 21 Abs. 1 WRG 1959 die spätere Vorschreibung zusätzlicher Maßnahmen vor.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben, in der er im wesentlichen ausführte, der mitbeteiligten Partei sei auf Grund der Auswertung eines äußerst mangelhaft durchgeführten Schöpfversuches im Herbst 1978 die Bewilligung erteilt worden. Dieser Versuch sei damals jedoch nur abgehalten worden, um eine gegenseitige Beeinflussung der bestehenden Anlage des Beschwerdeführers und der im Bau befindlichen Anlage der Mitbeteiligten festzustellen; er könne daher für die Bewilligung der Anlage der Mitbeteiligten als wenig repräsentativ gelten. Der Beschwerdeführer habe am 15. Juli 1983 am Zulauf seiner Quellfassung eine Messung durchführen lassen. Diese habe eine Schüttung von 3,7 l/min ergeben. Dies bedeute, daß schon bei geringen Wasserentnahmemengen der mitbeteiligten Partei die Quellschüttung des Beschwerdeführers stark unter "das ihm bewilligte Maß" von 3,6 l/min absinken und seine Wasserversorgung ernsthaft gefährdet würde. Die der mitbeteiligten Partei bewilligte Entnahmemenge von 5 l/min sei bei dem vorhandenen begrenzten Grundwasserspeicher als völlig unrealistisch anzusehen.
Die belangte Behörde holte neuerlich Gutachten (vom 11. August 1983 und vom 23. November 1983) von ihrem Amtssachverständigen für Hydrogeologie ein, der darin feststellte, daß er keine Veranlassung sehe, die auf Grundlage der Auswertung getroffenen Aussagen im Verfahren vor der Behörde erster Instanz zu revidieren. Es sei durchaus möglich, daß auch die mitbeteiligte Partei aus dem vorhandenen Grundwasservorkommen Wasser im Höchstausmaß von 5 l/min beziehen könne. Es müsse aber darüber hinaus auch ein zulässiges Absenkmaß für die Anlage der mitbeteiligten Partei für den Trockenwetterfall empirisch ermittelt werden. Diese Gutachten wurden nach der Aktenlage dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 11. April 1984 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, auszugehen sei, wie die Behörde erster Instanz anläßlich der Verhandlung am 22. Dezember 1982 richtig festgestellt habe, von einer wasserrechtlich bewilligungsfreien Wasserversorgungsanlage des Beschwerdeführers und einer wasserrechtlich bewilligungspflichtigen Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Partei. Ferner sei davon auszugehen, daß dem Beschwerdeführer der notwendige Haus- und Wirtschaftsbedarf, sofern dazu seine Anlage geeignet sei, gewährleistet bleiben müsse. Mit dieser Frage habe sich der Amtssachverständige für Hydrogeologie in seinen zahlreichen Gutachten auseinandergesetzt; die belangte Behörde schließe sich daher den schlüssigen Ausführungen vollinhaltlich an. Die belangte Behörde vermöge daher nicht den Ausführungen des Beschwerdeführers zu folgen, wonach schon bei einer gewissen Entnahmemenge durch die mitbeteiligte Partei die "Quellschüttung" des Beschwerdeführers ernsthaft gefährdet würde. Gerade zu diesem Zweck habe die Behörde erster Instanz im Spruch ihres Bescheides festgestellt, daß die Entnahmemenge der Wasserversorgungsanlage der Mitbeteiligten, wenn die Quellschüttung von 3,6 l/min der Wasserversorgungsanlage des Beschwerdeführers unterschritten werde, soweit einzuschränken sei, daß dieser Wert wieder gewährleistet werde. In diesem Zusammenhang werde auch auf die Bedingungen 8. und 9. der Verhandlungsschrift vom 22. Dezember 1982 hingewiesen. Eine Erweiterung der Bedingungen sei nicht erforderlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiven Recht auf ausreichende Wasserversorgung durch die von ihm errichtete Wasserversorgungsanlage verletzt. Durch die bloße Auflage an die mitbeteiligte Partei, daß nicht mehr Wasser entnommen werden dürfe, als daß seiner Anlage 3,6 l/min an Wasser zur Verfügung stehe, könne eine Gefährdung bzw. ein Eingriff in sein Recht nicht hintangehalten werden, da nämlich jede auch noch so geringe Wasserentnahme aus der Brunnenanlage der mitbeteiligten Partei einen Eingriff in sein Recht darstelle; wie sämtliche durchgeführten Messungen gezeigt hätten, sei er einer stetigen Gefahr eines akuten Wassermangels ausgesetzt, weil man schließlich nicht erwarten könne, daß aus der Brunnenanlage der mitbeteiligten Partei niemals Wasser entnommen werde. Das Verfahren sei auch insofern mangelhaft geblieben, als keine ausreichenden Untersuchungen und Versuche über das Wasserdargebot durchgeführt worden seien.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 WRG 1959 bedarf der Grundeigentümer zur Benutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf keiner Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn die Förderung nur durch handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke erfolgt oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grund steht. Nach Abs. 2 desselben Paragraphen ist in allen anderen Fällen zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich. Gemäß § 11 Abs. 1 WRG 1959 sind bei Erteilung einer nach §§ 9 oder 10 Abs. 2 erforderlichen Bewilligung jedenfalls der Ort, das Maß und die Art der Wasserbenutzung zu bestimmen. Gemäß § 12 Abs. 1 WRG 1959 ist das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden. Nach Abs. 2 desselben Paragraphen sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit der Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.
Das Vorhaben der mitbeteiligten Partei bedarf, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, der wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 10 Abs. 2 WRG 1959. Die belangte Behörde hat auch zutreffend erkannt, daß das Maß der wasserrechtlichen Bewilligung für die mitbeteiligte Partei derart zu bestimmen ist, daß die Wasserversorgungsanlage des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt wird. Nun hat die Behörde erster Instanz in ihrem Bescheid, den die belangte Behörde bestätigt hat, das Maß der der mitbeteiligten Partei zustehenden Nutzung des Grundwassers unter der Bedingung (Voraussetzung) bestimmt, daß die Quellschüttung in der Wasserversorgungsanlage des Beschwerdeführers nicht unter 3,6 l/min absinke, wobei das Maß der Wasserbenutzung auf Grund des bindenden Hinweises auf die Verhandlungsschrift erst zu einem späteren Zeitpunkt durch Festsetzung von Spiegellagen im Brunnen der mitbeteiligten Partei, bei deren Erreichen keine Nutzung mehr stattfinden dürfte, endgültig bestimmt werden sollte. Eine solche verklausulierte Bestimmung des Maßes der Wasserbenutzung ist im Gesetz nicht gedeckt. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu wiederholten Malen ausgesprochen hat (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 21. Dezember 1973, Zl. 1491/73, vom 3. März 1977, Zl. 1697/76, und vom 16. Juni 1977, Zl. 1754/74) ist es auch gesetzwidrig, die Verhandlungsschriften, soweit darin von Bedingungen, die der Antragsteller erfüllen müsse, die Rede ist, zum Inhalt des behördlichen Abspruches zu machen. Die Forderung des Sachverständigen auf Untersuchungen zur endgültigen Bestimmung des Maßes der Wasserbenutzung kann weder als Auflage noch als Teil der Bestimmung des Maßes der Wasserbenutzung gewertet werden. Ebensowenig nützt die Heranziehung des § 21 Abs. 1 WRG 1959 dem Rechtsstandpunkt der belangten Behörde, weil der Vorbehalt der Vorschreibung zusätzlicher Maßnahmen nur aus dem Gesichtspunkte der aus öffentlichen Interessen gebotenen besonderen und dauernden Absicherung solcher Anlagen gegen anlagengefährdende Umstände gesetzentsprechend sein kann (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 20. Oktober 1972, Zl. 1727/71, Slg. N. F. Nr. 8301/A).
Konnte auf Grund der Verfahrensergebnisse aber kein solches Maß der Wasserbenutzung bestimmt werden, daß fremde Rechte nicht verletzt werden, (dann zeigt sich auch, daß der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben ist.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da eine gesonderte Vergütung der Mehrwertsteuer im Gesetz nicht vorgesehen ist und jede Ausfertigung der Beschwerde nur mit S 120,-- Stempelmarken zu versehen war und eine Stempelmarke für die Vollmacht eines Rechtsanwaltes zur Rechtsverfolgung notwendig war.
Wien, am 30. Oktober 1984
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