Normen
AVG §56 impl;
AVG §59 Abs1 impl;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs1;
AVG §56 impl;
AVG §59 Abs1 impl;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. November 1979 wurde gemäß §§ 9 Abs. 1, 32 Abs. 1, 99 Abs. 1 lit. a, 107 und 111 WRG 1959 der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung
"a) für die Abänderung und Erweiterung des im Wasserbuch des Bezirkes Graz-Umgebung unter PZ. nn eingetragenen Wasserbenutzungsrechtes zur Ausnutzung der Wasserkraft des Murflusses durch Errichtung eines Ausleitungskraftwerkes in der Mur mit der Wehranlage in Fluß-km 211,845 für eine Ausbauleistung von 60 m3/s mit automatischer Stauregelung
b) zur Einwirkung auf die Wasserbeschaffenheit der Mur " bei Einhaltung bestimmter Nebenbestimmungen erteilt. Unter
dem Abschnitt "Auflagen und Bedingungen" wurde zu a) - soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung - unter Punkt 1 ausgesprochen:
"Alle Anlagenteile sind nach der im Befund enthaltenen Beschreibung und den vorgelegten Unterlagen, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt wird, auszuführen."
Zu b) wurde unter Punkt 2. folgendes ausgesprochen:
"Die im Projekt vorgesehenen Maßnahmen zur Umleitung der derzeit in der Mur und in den Oberwasserkanal ausmündenden Kanäle sind projektsgemäß auszuführen. Die nicht mehr benützten Ausmündungsstellen sind sodann wasserseitig zu verschließen oder zu entfernen."
Schließlich wurde unter "Baufristen" nachstehendes ausgesprochen:
"Gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959, BGBl. Nr. 215, i.d.g.F., wird für den Baubeginn eine Frist bis zum 31. Dezember 1981, für die Bauvollendung der Anlage eine Frist bis 31. Dezember 1985 bestimmt. Auf die Rechtsfolgen des § 27 Abs. 1 lit. f des Wasserrechtsgesetzes 1959 BGBl. Nr. 215, i.d.g.F., wird hingewiesen, wonach durch Unterlassung der Inangriffnahme des Baues oder der Fertigstellung das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes eintritt."
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Februar 1982 wurde gemäß § 27 Abs. 1 lit. f und § 99 Abs. 1 lit. a WRG 1959 festgestellt, daß die mit Bescheid vom 8. November 1979 erteilte wasserrechtliche Bewilligung für die Abänderung und Erweiterung des im Wasserbuch des Bezirkes Graz-Umgebung unter PZ. nn eingetragenen Wasserbenutzungsrechtes sowie Einwirkung auf die Wasserbeschaffenheit der Mur infolge Unterlassung der Inangriffnahme des Baues als erloschen anzusehen ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Schreiben vom 25. Jänner 1982 habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß mit der Errichtung der Wasserkraftanlage noch nicht begonnen worden sei. Somit sei die wasserrechtliche Bewilligung ex lege erloschen und sei dieser Umstand bescheidmäßig festzustellen gewesen.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der Begründung berufen, es sei richtig, daß der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. November 1979 bewilligte Umbau der Wasserkraftanlage noch nicht begonnen worden sei. Jedoch enthalte das damals verliehene Wasserbenutzungsrecht zwei miteinander in engem Zusammenhang stehende Komponenten, die rechtlich nicht zu trennen wären. Hinsichtlich der gemäß § 32 WRG 1959 erteilten Bewilligung, die deshalb erforderlich gewesen sei, weil bei projektsgemäßer Verwirklichung der Wasserkraftanlage die vorhandene Abwasseranlage habe geändert werden müssen, aber auch eine Veränderung des Sauerstoffgehaltes des Murwassers eintrete, sei mit der Errichtung der Abwasseranlage nachweislich vor dem 31. Dezember 1981 begonnen worden. Die Behörde erster Instanz gehe daher bei der Erlöschensfeststellung von einer unrichtigen Sachverhaltsdarstellung aus. Der Bewilligungsbescheid sage nämlich nichts darüber aus, mit welchen Anlagenteilen zu beginnen gewesen wäre. Auch seien gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 keine Teilfristen festgesetzt worden, weswegen die Beschwerdeführerin bei Verwirklichung ihres Vorhabens an keine bestimmte Reihenfolge der zu setzenden Maßnahmen gebunden gewesen wäre. Innerbetriebliche und wirtschaftliche Gründe hätten es erfordert, die notwendigen Änderungen im Bereich der Abwasseranlage zunächst vorzunehmen. Die Behörde erster Instanz hätte auch vor Erlassung ihres Bescheides an Ort und Stelle Erhebungen durchführen müssen, die zur Klärung der Frage der durchgeführten Arbeiten zweckmäßig gewesen wären. Die im Bewilligungsbescheid vom 8. November 1979 vorgenommene Fristensetzung differenziere nicht zwischen dem in Abschnitt a) und b) verliehenen Wasserrecht. Das unter b) verliehene Wasserrecht sei keinesfalls als Wasserbenutzungsanlage, für die ausschließlich die Setzung einer Frist für Baubeginn und Bauvollendung zulässig wäre, zu qualifizieren.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. Februar 1984 wurde der Berufung gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge gegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund des Ansuchens der Beschwerdeführerin um die wasserrechtliche Bewilligung zum Umbau der Wasserkraftanlage habe die Behörde erster Instanz das wasserrechtliche Verfahren eingeleitet. Verhandlungsgegenstand sei daher entsprechend dem Parteienantrag ausschließlich die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Erweiterung der bestehenden Wasserkraftanlage gewesen. Dieser Umstand gehe aus der Kundmachung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 6. Juli 1979 eindeutig hervor. Im Zuge des Wasserrechtsverfahrens habe sich aufgrund eines Gutachtens herausgestellt, daß mit der Verwirklichung des Projektes auch Einwirkungen auf die Wasserbeschaffenheit der Mur, die sich als unmittelbare Auswirkung des Aufstaues der Mur darstellten, verbunden seien. Infolgedessen habe die Behörde erster Instanz hiefür auch die wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 32 WRG 1959 erteilt. Entgegen dem Berufungsvorbringen könne dem Akteninhalt keineswegs entnommen werden, daß die Änderung einer Abwasserbeseitigungsanlage verfahrensgegenständlich gewesen sei. Schon aus diesem Grunde komme der von der Beschwerdeführerin gestellten Frage, mit welchen Anlageteilen im Sinne der erteilten Bewilligung vom 8. November 1979 der Baubeginn gesetzt werden solle, keine Bedeutung zu. Sowohl hinsichtlich des Parteienantrages als auch auch der darauf erfolgten wasserrechtlichen Bewilligung sei zweifellos ersichtlich, daß sich die gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 festgesetzten Fristen nur auf das gegenständliche Bewilligungsprojekt, nämlich den Umbau der Wasserkraftanlage (einschließlich der damit verbundenen Einwirkung auf die Gewässerbeschaffenheit) beziehen könnten. In der Berufung habe die Beschwerdeführerin ihr Schreiben vom 25. Jänner 1982 bestätigt, wonach sie bisher keine Umbauarbeiten vorgenommen habe. Da die Frist für den Baubeginn bereits mit 31. Dezember 1981 abgelaufen sei, habe die Behörde erster Instanz zu Recht das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes festgestellt. Die gemäß § 32 WRG 1959 bewilligte Einwirkung stelle sich nur als Folge der Änderung der Wasserkraftanlage dar, d.h., daß mit dem Eintritt der Einwirkungen nur dann zu rechnen gewesen sei, wenn das Bewilligungsprojekt zur Ausführung gelangt wäre. Im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand komme ihr daher keine trennbare Selbständigkeit zu. Unberührt könnten bleiben auf andere Bescheide gestufte (gemeint offenbar gestützte) Maßnahmen im Bereich der Abwasserbeseitigung; diese seien nicht Gegenstand des Bescheides vom 8. November 1979 gewesen und daher auch nicht Gegenstand des hier angefochtenen Bescheides.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem gemäß § 12 WRG 1959 bestehenden Wasserbenutzungsrecht, das im Wasserbuch des Bezirkes Graz-Umgebung unter PZ nn eingetragen ist, im Umfange der wasserrechtlichen Bewilligung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. November 1979 verletzt. Durch die rechtswidrige Feststellung des Erlöschens dieses Wasserrechtes werde der Beschwerdeführerin die rechtliche Grundlage für die am 8. November 1979 bewilligte Abänderung und Erweiterung ihres unter PZ. nn im Wasserbuch des Bezirkes Graz-Umgebung eingetragenen Wasserbenutzungsrechtes entzogen, sodaß weitere Bau- und Umgestaltungsmaßnahmen aufgrund des Bescheides vom 8. November 1979 Rechtens nicht mehr durchgeführt werden könnten.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nachdem die Beschwerdeführerin am 5. März 1979 unter Vorlage eines Projektes den Ausbau ihres bestehenden Murkraftwerkes beantragt hatte, hat der Landeshauptmann von Steiermark nach vorläufiger Überprüfung dieses Projektes gemäß § 104 WRG 1959 die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 3. Mai 1979 gemäß § 106 WRG 1959 aufgefordert, das Projekt u.a. durch die Darstellung der Abwassereinleitungen im Entnahmebereich und der vorgesehenen Maßnahmen zur Umleitung und durch die Darstellung und Beschreibung der sonstigen Maßnahmen zur Erhöhung des Sauerstoffgehaltes zu ergänzen. Die Beschwerdeführerin legte sodann ein diesem Auftrag entsprechendes Projekt mit Schriftsatz vom 21. Mai 1979 vor (siehe Stellungnahme des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik vom 28. Juni 1979, Seite 15 Revers des Aktes, in der auch der Anschluß der Akten betreffend die Abwassereinbringung gefordert wurde). Der Landeshauptmann von Steiermark hat sodann mit Kundmachung vom 6. Juli 1979 unter Hinweis auf die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 21. Mai 1979 hierüber eine örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung gemäß § 107 WRG 1959 angeordnet. In diesem Projekt war, wie die Beschwerdeführerin in der Beschwerde unter Hinweis auf das Projekt (Punkt 7.3, Seite 36 ff) unbedenklich ausführt - die belangte Behörde ist diesen Ausführungen in der Gegenschrift nicht entgegengetreten und hat auch die Projektsunterlagen der Beschwerdeführerin nur unvollständig vorgelegt, da die Teile 1 - Technischer Bericht, und 17 - Wassergüte, fehlen - u.a. die Verlegung der Ausmündungen der Kanäle 4, 6, 7 und 13 aus dem Bereich der Entnahmestrecke in den Unterwasserkanal vorgesehen. Die zuvor im Sachverhalt wiedergegebene Auflage zu lit. b) 2. im Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. November 1979 verweist überdies auf im Projekt vorgesehene Maßnahmen zur Umleitung der Kanäle; gerade diesem Zweck dient die erwähnte Auflage. Damit ist aber klargestellt, daß sich das Ansuchen der Beschwerdeführerin auch auf die Bewilligung zur Änderung bestehender Abwasserbeseitigungsanlagen bezog und entgegen der Ansicht der belangten Behörde auch diese Änderung der Abwasseranlagen durch die Kundmachung - die ohne Einschränkung auf die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 21. Mai 1979 verweist - erfaßt war.
Die bauliche Veränderung der Kanalausmündungen - mit diesen sind neue Einwirkungen auf Gewässer nicht verbunden - wurde mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. November 1979 tatsächlich bewilligt. Dieser enthält keinerlei Feststellung, daß das eingereichte Projekt nur teilweise bewilligt worden wäre. Mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Erweiterung der bestehenden Wasserkraftanlage im Spruchteil a) des zuvor genannten Bescheides wurde gleichzeitig auch die Änderung der Abwasseranlage (Verlegung der Ausmündungen von Kanälen), und zwar gemäß § 9 Abs. 1 WRG 1959 bewilligt, da für die Bewilligung der Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen nur diese Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes in Betracht kommt. § 32 Abs. 1 WRG 1959 befaßt sich ausschließlich mit der Bewilligung der Einwirkungen auf Gewässer, enthält aber keinen Bewilligungstatbestand für die bloße Änderung von baulichen Anlagen. Aus der im Spruch des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. November 1979 erteilten Bewilligung "zur Einwirkung auf die Wasserbeschaffenheit der Mur" nach § 32 Abs. 1 WRG 1959 - sie betrifft nach den Feststellungen der Verwaltungsbehörden nur die unmittelbare Auswirkung des Aufstaues der Mur und wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht ausdrücklich begehrt - läßt sich für den Rechtsstandpunkt der belangten Behörde nichts gewinnen.
Die im mehrfach erwähnten Bewilligungsbescheid vom 8. November 1979 bestimmte Baubeginnfrist bezog sich demnach auf das gesamte eingereichte und bewilligte Projekt. Die Beschwerdeführerin hat unbestritten mit der Verlegung der Kanalausmündungen vor Ablauf der mit 31. Dezember 1981 festgesetzten Baubeginnfrist begonnen. Teilfristen für wesentliche Anlageteile wurden im Sinne des § 112 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 nicht gesondert festgelegt. Somit war der festgestellte Erlöschenstatbestand nicht eingetreten.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b, VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren an Aufwandersatz für Stempelmarken war abzuweisen, da jede Ausfertigung der zweifach einzubringenden Beschwerde nur mit Stempelmarken von S 120,-- zu versehen war und ein weiterer Aufwand für Beilagen, abgesehen von den Ausfertigungen des bekämpften Bescheides, zur Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.
Wien, am 26. Juni 1984
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