VwGH 84/07/0114

VwGH84/07/011419.6.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Müller, über die Beschwerde der Firma M-Gesellschaft m.b.H., vertreten durch OM in E, diese vertreten durch Dr. Alois Nussbaumer, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, Stadtplatz 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. Jänner 1984, Zl. Wa - 7119/38 - 1983/Kes, betreffend Kostenersatz nach § 31 Abs. 3 WRG 1959, zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
WRG 1959 §31 Abs3;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
WRG 1959 §31 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.930,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden stellte im Mai 1982 fest, daß auf den Grundstücken Nr. 899 und 902/1 KG. X, Gemeinde Y, die Beschwerdeführerin ohne wasserrechtliche Bewilligung in einer Grube, die früher der Gewinnung von Steinmaterial diente, Schwermetallschlämme, die sie von einer anderen Firma übernommen hatte, abgelagert hat. Mit einstweiliger Verfügung dieser Behörde vom 14. Juni 1982 ist jede weitere Ablagerung von Metallschlämmen auf dieser Deponie untersagt worden. Dieselbe Behörde hat sodann mit Bescheid vom 30. Juni 1982 gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Deponie bis 2. August 1982 zur Gänze von diesem Sonderabfall zu räumen und zu sanieren oder bis zum genannten Zeitpunkt ein von einem Zivilingenieur erstelltes Sanierungsprojekt zur wasserrechtlichen Bewilligung vorzulegen. Dieses sollte auf die Behebung der vorhandenen Mißstände abzielen und nicht dem Weiterbetrieb der Deponie dienen. Nach den unbestrittenen Feststellungen der Wasserrechtsbehörde hat die Beschwerdeführerin von der zweiten Möglichkeit Gebrauch gemacht und ein Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligung für ein von ihr vorgelegtes Sanierungsprojekt gestellt. Aufgrund von Überprüfungen dieser stillgelegten Industriemülldeponie durch Amtssachverständige wurde am 4. August 1982 bei der Entnahme von Proben aus dem Bereich unterhalb der 1,5 bis 2,0 m starken Schlammschicht ein deutlicher Lösungsmittelgeruch wahrgenommen. Bei der Analyse der entnommenen Proben konnten chlorierte Kohlenwasserstoffe nachgewiesen werden. Bei der Untersuchung der umliegenden Trinkwasserbrunnen wurde bei drei Brunnen ebenfalls Chlor-Kohlenwasserstoff nachgewiesen und bei den folgenden weiteren Untersuchungen ein rasches Ansteigen dieser Chlor-Kohlenwasserstoffkonzentration im Grundwasser festgestellt.

Mit Verständigung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. August 1982 wurde für 12. August 1982 eine mündliche Verhandlung anberaumt, wobei in dieser Verständigung darauf hingewiesen wurde, daß anläßlich der Erstellung eines Sanierungskonzeptes festgestellt worden sei, daß mit den Metallschlämmen auch andere Stoffe (vermutlich Halogen-Kohlenwasserstoffe) auf die Deponie verbracht worden seien, die eine Gefahr für das Grundwasser darstellen würden und dieses verunreinigt hätten. Aus diesem Grunde werde zur weiteren Sachverhaltsfeststellung und um eventuell erforderliche Verfügungen treffen zu können, im Grund der Bestimmungen der §§ 30 bis 33, 99, 105, 122 und 138 WRG 1959 und §§ 40 bis 44 AVG 1950 eine Verhandlung anberaumt. Nach Anhörung der Amtssachverständigen für Geologie, für Verfahrenstechnik, für Chemie, für Hygenie und für Abfallbeseitigung und des Vertreters der Beschwerdeführerin wurde in der Verhandlungsschrift (Seite 8) festgestellt, daß ein Verursacher der Kohlenwasserstoffverunreinigung im Grundwasser nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne. Im weiteren wurde in dieser Verhandlungsschrift (Seite 9) folgendes festgehalten:

"Obwohl keinem Verantwortlichen die zur Reinhaltung des Grundwassers erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung weitestgehender Gewässerverunreinigungen wegen Gefährdung öffentlicher Interessen als unbedingt notwendig aufgetragen werden können, wird von Seiten der Amtssachverständigen festgestellt, daß wegen Gefahr in Verzug folgende Maßnahmen zu treffen wären:

1. Die Deponie ist unmittelbar von den in ihr gelagerten Materialien restlos zu räumen. Sowohl Metallschlamm als auch mit den Lösemitteln kontaminierte Bereiche oder durchsetzte Bodenschichten sind abzutragen und ebenso wie die Hauptmenge des Abfalls (Metallschlamm) auf eine behördlich bewilligte gefahrlose Art zu beseitigen.

2. Die Deponiesohle ist in der Folge nach dem Ausräumen in geeigneter Weise mit einer Abdeckschicht zu versehen und zu rekultivieren.

3. Wie bereits im Befund angeführt, sind die geforderten Wasseruntersuchungen durchzuführen. Diese Beweissicherung (siehe oben) ist unabhängig von den Erfordernissen aus sanitätshygienischer Sicht, jedenfalls nicht kürzer als über eine Frist von sechs Monaten, nach Beendigung der Sanierungsarbeiten durchzuführen."

Im weiteren wurde festgehalten, daß die vorgeschlagenen Maßnahmen die Gefahr der Gewässerverunreinigung beseitigen würden, durch die Räumung der Deponie in der vorgeschlagenen Weise werde eine weiter zunehmende bzw. künftige Gewässerverunreinigung vermieden bzw. diese gemindert.

Der Landeshauptmann von Oberösterreich führte am 3. September 1982 über diesen Gegenstand eine weitere Besprechung durch. Nach der darüber aufgenommenen Niederschrift behauptete der Vertreter der Beschwerdeführerin wieder, daß das in der Schlammdeponie enthaltene Trichloräthylen und 1.1.1.-Trichloräthan nicht von der Beschwerdeführerin in die Deponie eingebracht worden sei. Im Galvanikschlamm sei kein derartiger Stoff enthalten. Von der Beschwerdeführerin würden die von einer anderen Firma übernommenen anfallenden chlorierten Kohlenwasserstoffe gemeinsam mit dem Altöl abtransportiert, jedoch keinesfalls zur Deponie gebracht. Die Tanks würden nach Entleerung von diesem Altöl (vermischt mit chlorierten Kohlenwasserstoffen) jedesmal verläßlich entdampft, sodaß mit Sicherheit auszuschließen sei, daß bei einem nachherigen Transport von Galvanikschlämmen dieses Gemisch noch im Tank enthalten sei. Das Deponiegelände sei weder eingezäunt noch abgeschrankt, sodaß es jedermann möglich sei, das Deponiegelände ungehindert zu betreten. Die Verunreinigung durch chlorierte Kohlenwasserstoffe sei nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von einem Dritten verursacht worden. Der Vertreter der Beschwerdeführerin weigerte sich, einen Teil der notwendigen Sanierungsarbeiten zu übernehmen. Der ärztliche Amtssachverständige führte bei dieser Besprechung u.a. aus, die Gefahr, daß der kritische, in Österreich bindend anerkannte Grenzwert für Trinkwasser von 25 mg/l an chlorierten Kohlenwasserstoffen erreicht werde, müsse sofort gebannt werden. Der oben genannte Grenzwert könne jederzeit und rasch erreicht werden, weil die letzten Wasseruntersuchungen vom 26. August 1982 bereits maximale Werte von 15,85 bzw. 15,51 mg/l (gesamte Konzentration der chlorierten Kohlenwasserstoffe) ergeben hätten. Am Ende dieser Niederschrift wurde festgehalten, daß der Leiter der Wasserrechtsabteilung des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung schließlich telefonisch, nachdem ihm das Besprechungsergebnis bekanntgemacht worden sei, seine Zustimmung dafür gegeben habe, daß noch am selben Tage die Firma A, O, mit der Durchführung der Transporte der Galvanikschlämme zur NÖ. Umweltschutzanstalt beauftragt werde; die Überwachung dieser Arbeiten sei vorzusehen. Anschließend werde sodann die Firma B mit der Durchführung des Ausglühens zu beauftragen sein. Die Auftragserteilung an die Firma A sei am gleichen Tage telefonisch erfolgt. Gleichzeitig werde Kontakt mit der Gemeinde Y bezüglich der Zurverfügungstellung eines Baggergerätes aufgenommen werden.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. November 1982 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 verpflichtet, die Kosten in der Höhe von S 720.685,73 für die ersatzweise durch die Wasserrechtsbehörde aufgetragenen Sanierungsmaßnahmen der mit Halogen-Kohlenwasserstoffen durchsetzten Metallschlammdeponie auf den Grundstücken Nr. 899 und 902/1, KG. X, Gemeinde Y, zu tragen und den Gesamtbetrag binnen vierzehn Tagen nach Rechtskraft des Bescheides zur Einzahlung zu bringen.

Aufgrund der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung wurde der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. November 1982 gemäß § 66 AVG 1950 wegen Unzuständigkeit der Unterbehörde vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft aufgehoben, weil der Landeshauptmann in unzulässiger Weise die Zuständigkeit zur Erlassung des Kostenersatzbescheides in Anspruch genommen habe.

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat sodann mit ihrem Bescheid vom 4. Juli 1983 die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Kosten von S 720.685,73 für die ersatzweise durch die Wasserrechtsbehörde aufgetragenen Sanierungsmaßnahmen bei der mit chlorierten Kohlenwasserstoffen versetzten Metallschlammdeponie auf den Grundstücken Nr. 899 und 902/1, KG. X, Gemeinde Y, zu tragen. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin abermals im wesentlichen mit der Begründung berufen, daß sie nicht mit chlorierten Kohlenwasserstoffen versetzte Schlämme und Stoffe in die Deponie eingebracht habe. Sie sei daher nicht die Verursacherin der Gewässerverunreinigung. Eine Kostenauferlegung nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 würde voraussetzen, daß die zuständige Behörde, somit die Bezirkshauptmannschaft Gmunden, selbst und nicht eine unzuständige, ihre Zuständigkeit rechtsirrig annehmende Behörde unmittelbar wegen Gefahr im Verzug entsprechende Maßnahmen angeordnet und deren unverzügliche Durchführung veranlaßt hätte. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden habe keine solchen Anordnungen erlassen; ihr seien deshalb auch keine der Ersatzpflicht unterliegenden Kosten entstanden. Die Erlassung einer notstandspolizeilichen Anordnung im Sinne des § 31 WRG 1959 würde auch voraussetzen, daß die Zeit für die Durchführung eines ordentlichen Verfahrens nicht gegeben sei. Im vorliegenden Falle wäre jedoch ein entsprechender Zeitraum zur Verfügung gestanden. In einem solchen Verfahren hätte die Beschwerdeführerin bezüglich des tatsächlichen sachlich notwendigen Aufwandes der Beseitigung der unmittelbaren Gefahr Stellung nehmen können. Die Behörde habe auch keinen Nachweis für die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des tatsächlichen Aufwandes, und zwar ausschließlich für die Beseitigung der unmittelbaren Gefahr im Sinne des § 31 WRG 1959 erbracht. Bei der Anordnung entsprechender Maßnahmen habe die Behörde auch zu berücksichtigen, ob der Beschwerdeführerin der zu erwartende Aufwand wirtschaftlich zugemutet werden könne.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. Jänner 1984 wurde der Berufung nicht Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen ausgeführt, aus den Gutachten der Amtssachverständigen für Hydrologie und Hygiene ergebe sich, daß eine unmittelbar drohende Gefahr für Wasserversorgungsanlagen bestanden habe. Die erforderlichen Sofortmaßnahmen "zur Vermeidung bzw. Erhöhung" der unmittelbar drohenden Gefahren für Wasserversorgungsanlagen (Gefahr im Verzug gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959) hätten daher unmittelbar angeordnet werden müssen. Nur aus diesem Grunde sei die unmittelbare Einschaltung der Bezirksverwaltungsbehörde bzw. die Einleitung eines ordentlichen Verwaltungsverfahrens zu diesem Zeitpunkt unterblieben und hätte einen nicht mehr vertretbaren Zeitverlust zur Folge gehabt. Aufgrund der eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen sei auch erwiesen, daß, wie anhand von Proben des Galvanikschlammes festgestellt habe werden können, in diesem chlorierten Kohlenwasserstoffe enthalten seien. Somit sei auch als erwiesen anzunehmen gewesen, daß die gegenständliche Grundwasserverunreinigung von der Beschwerdeführerin verursacht worden sei. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, nach § 39 AVG 1950 sei die Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes Sache der erkennenden Behörde, gehe ins Leere. Denn diese Bestimmung normiere für die Gestaltung des Ermittlungsverfahrens die Offizialmaxime und sehe vor, daß die Verwaltungsbehörden - sofern in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt sei - im Rahmen des Ermittlungsverfahrens von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung nach den Bestimmungen der §§ 40 bis 44 AVG 1950 durchführen könnten. Für das Ermittlungsverfahren selbst gelte weitgehende Formfreiheit. Dies gehe soweit, daß nach § 55 Abs. 1 leg. cit. Beweisaufnahmen und sonstige Erhebungen auch durch andere Verwaltungsbehörden vorgenommen werden könnten. Jedenfalls sei dem Verwaltungsverfahren der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme fremd. Die Sachverhaltsermittelung könne somit durch andere - auch zur Entscheidung unzuständige - Behörden erfolgen. Diesen Möglichkeiten entsprechend seien die erforderlichen notstandspolizeilichen Veranlassungen durch Organe des Amtes der Landesregierung aufgrund des Ergebnisses ihrer Ermittlungen und Sachgutachten erfolgt. Da § 31 WRG 1959 vom Verursacherprinzip ausgehe, sei die Verpflichtung zur Vornahme der zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen vom Verschulden unabhängig. Die bei der konkreten Gefahr einer Gewässerverunreinigung vom Verpflichteten unverzüglich zu treffenden Maßnahmen bestünden ganz allgemein in Vorkehrungen, die eine schadlose Beseitigung der vorhandenen gewässergefährdenden Stoffe gewährleisten. Diese Vorkehrungen seien im konkreten Fall nach vorhergegangenen umfangreichen Ermittlungen, gestützt auf entsprechende Sachgutachten, festgelegt worden. Die unmittelbar drohende Gefahr für Menschen, die das durch die gegenständliche Grundwasserverunreinigung betroffene Wasser konsumieren würden, sei in den Sachgutachten aufgezeigt worden, sodaß, letztlich auch im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin unmißverständlich ausgesprochene Verweigerung der Maßnahmensetzung, die erforderlichen Sofortmaßnahmen bei Gefahr in Verzug von den befaßten Amtsorganen zu veranlassen gewesen seien und kein Zweifel über deren Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und technische Erfordernisse aufkommen könnte und schließlich auch in der Berufung nicht behauptet worden sei. Auch die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit sei im Gegenstand nicht zu prüfen gewesen. Das Wasserrechtsgesetz kenne nur einen Fall der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit im § 33 Abs. 2 leg. cit. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, mangels Verursachereigenschaft von Kostenersatz für die durchgeführten Sanierungsarbeiten befreit zu sein, und in ihrem Recht auf gesetzmäßige Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben, oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG 1959 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist. Nach Absatz 3 desselben Paragraphen hat, wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzug eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen - soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden - unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 7. Juli 1972, Slg. N. F. Nr. 8269/A, und vom 15. März 1974, Slg. N.F. Nr. 8575/A) zu dieser Gesetzesstelle ausgeführt hat, kommt es angesichts der gegebenen Rechtslage bei der Verpflichtung zum Kostenersatz nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 nicht darauf an, ob der Verpflichtete die in § 31 Abs. 1 WRG 1959 normierte Vorsorge schuldhaft unterlassen hat, sondern entscheidend darauf, ob durch sein Verhalten objektiv die Gefahr der Gewässerverunreinigung eingetreten ist.

Als durch sachverständige Feststellungen bekannt wurde, daß auf der von der Beschwerdeführerin ohne wasserrechtliche Bewilligung betriebenen Deponieanlage, auf der sie Galvano(Metallhydroxid-)Schlämme im Ausmaß von ca. 200 m3 abgelagert hatte, chlorierte Kohlenwasserstoffe in das Grundwasser ausgetreten sind und die Gefahr der Verunreinigung von Wasserversorgungsanlagen bestanden hat, trat der Landeshauptmann von Oberösterreich als Wasserrechtsbehörde in das Verfahren zur Auferlegung aller jener Maßnahmen ein, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung für notwendig befunden worden waren. Diese Maßnahmen umfaßten nach den unbestrittenen Festellungen das Errichten einer behelfsmäßigen Zufahrt zur Deponie; Ausbaggerungen und Abtransport des Schlammes zur niederösterreichischen Sondermülldeponie in Schönkirchen-Reiersdorf; Abschieben der Humusdecke auf dem an die Deponie angrenzenden Feldgrundstück in einer Fläche von ca. 1.000 m2; Ausbaggerung von 100 m3 kontaminiertem Erdreich; Zwischenlagerung auf dem Feldgrundstück und Abdeckung desselben mit PE-Folie; Ausglühen des zwischengelagerten Erdreiches mittels Drehrohrofens und Einbringen des Erdgutes in die Deponiegrube.

Nach den unbedenklichen Feststellungen im Verfahren lag ein Fall von Gefahr im Verzug vor, weil insbesondere Wasserversorgungsanlagen gefährdet waren. Nach der Rechtslage konnten daher die entsprechenden Maßnahmen unmittelbar angeordnet werden und diese gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten unverzüglich durchgeführt werden, zumal sich kein Verpflichteter fand, der diese Maßnahmen selbst durchgeführt hätte. Die rechtliche Beurteilung der Beschwerdeführerin als in solchem Sinne "Verpflichteter" war nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofes durchaus geboten, weil es sich im Gegenstand unbestritten um eine nicht abgeschrankte oder eingezäunte, jedermann zugängliche Deponieanlage der Beschwerdeführerin handelte, in die von der Beschwerdeführerin Metallhydroxidschlämme eingebracht worden sind. Daß eine solche Anlage eine Einwirkung auf Gewässer hervorrufen kann, ist nicht nur selbstverständlich, sondern auch durch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens hinlänglich erwiesen worden. Die im Verfahren und in der Beschwerde vorgebrachte Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe in dieser Deponie keine solchen kohlenstoffhältigen Emulsionen eingebracht, welche die in den Brunnenproben festgestellten Verunreinigungen durch chlorierte Kohlenwasserstoffe bewirken könnten, ist schon deshalb im vorliegenden Fall rechtlich bedeutungslos - sieht man von den gegenteiligen Feststellungen der belangten Behörde ab -, weil die Beschwerdeführerin kraft der Vorschrift des § 31 Abs. 1 WRG 1959 bereits aus dem Betrieb ihres zuvor beschriebenen Deponieplatzes die nach § 31 Abs. 1 bis 3 WRG 1959 "Verpflichtete" ist, wenn - so wie hier - eine Sorgfaltspflicht nach dieser Gesetzesstelle für den Betrieb der Anlage besteht.

Demgemäß hat auch § 31 WRG 1959 einen Ersatz von Kosten nur für jenen Teil vorgesehen, in dem die Wasserrechtsbehörden oder der Bürgermeister bei Gefahr im Verzug die entsprechenden Maßnahmen unmittelbar zur Durchführung bringen lassen und die dafür aufgelaufenen Kosten vom Verpflichteten hereinholen müssen. Der Landeshauptmann von Oberösterreich war aber für eine Anordnung von Sanierungsmaßnahmen nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 unzuständig, weil § 98 Abs. 1 WRG 1959 der Bezirksverwaltungsbehörde die Generalkompetenz zuordnet und die sonst allein allenfalls in Betracht zu ziehende Kompetenzvorschrift des § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 nicht von Maßnahmen bei der Gefahr einer Wasserverunreinigung, sondern ausschließlich von Einwirkungen auf die Beschaffenheit von Gewässern handelt, also von einer projektmäßig vorgesehenen solchen Einwirkung. Hier lag aber eindeutig ein Fall der Gefahr einer Gewässerverunreinigung vor.

Da im Beschwerdefall die Bezirkshauptmannschaft als allein zuständige Wasserrechtsbehörde erster Instanz Maßnahmen nicht angeordnet hat, entsprach es nicht dem Gesetz, ein bescheidmäßige Kostenvorschreibung überhaupt vorzunehmen (vgl. diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1980, Zlen. 369, 370/80). Die belangte Behörde hätte somit als Berufungsinstanz den Bescheid der Behörde erster Instanz gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zur Gänze ersatzlos aufheben müssen. Da sie dies nicht erkannt hat, war ihr Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet; jener war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b und 59 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 19. Juni 1984

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