VwGH 83/07/0371

VwGH83/07/03714.12.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde

1. des Bistums XY, 2. des GH in F, 3. des KR in F, alle vertreten durch Dr. Christian Tschurtschentahler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Karfreitstraße 6/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 18. Oktober 1983, Zl. 8 En- 70/3/1983, betreffend Verpflichtung zur Instandhaltung gemäß § 50 WRG 1959 (mitbeteiligte Partei: PG in F, vertreten durch Dr. Friedrich Martin, Rechtsanwalt in St. Veit/Glan), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §50 Abs1;
WRG 1959 §50 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes insoweit aufgehoben, als er den Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides bestätigt hat; im übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit als "Anfrage" bezeichneter Eingabe vom 2. April 1979 an die Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan (BH) führte die mitbeteiligte Partei (in der Folge: mP) Beschwerde darüber, dass ihr Grundeigentum durch das Wasser des Mühlbaches in F infolge Fehlens eines Uferschutzes beeinträchtigt werde. Das mit dieser Eingabe befasste Wasserbauamt Klagenfurt teilte der BH mit, dass seines Erachtens das Verlangen der mP nach einer Ufersanierung sowohl am Mühlbach als auch am Entlastungsgerinne (seitliches Überlaufgerinne des Mühlbaches) zu Recht bestehe, da die bestehenden Uferauswaschungen sich auf das Grundstück des Mitbeteiligten "schon ausgeweitet haben könnten". Da es sich beim Mühlbach um ein "Betriebsgerinne" handle, wären die Wassernutzungsberechtigten zu den Sanierungsmaßnahmen zu verhalten.

2. Nachdem zunächst die drei Wasserberechtigten am Mühlbach (die nunmehrigen Beschwerdeführer) von der BH schriftlich in Kenntnis gesetzt worden waren, dass beabsichtigt sei, sie zu verhalten, die Ufersicherungsmaßnahmen am Mühlbach und am Entlastungsgerinne durchzuführen, hielt die BH im Gegenstand am 23. September 1980 und am 2. Juni 1981 an Ort und Stelle eine wasserrechtliche Verhandlung ab. Im Zuge dieser Verhandlung führte der Mitbeteiligte durch seinen Rechtsvertreter aus, die drei Wasserberechtigten am Mühlbach seien verpflichtet, diese Wasserbenutzungsanlage in einem solchen Zustand zu erhalten, dass Dritte nicht zu Schaden kämen. Die Wasserberechtigten hätten daher die Führung des Mühlbaches so zu gestalten, dass Erdabtragungen und Ausschwemmungen des Grundstückes des Mitbeteiligten nicht eintreten könnten. Im besonderen sei darauf hinzuweisen, dass im Bereich des Mühlbaches entlang der Längsseite des Grundstückes der mP die Holzbrettereinfassung zum überwiegenden Teil vermorscht sei, ein Umstand, der bei der Sanierung mit zu berücksichtigen sein werde. Die drei Wasserberechtigten hätten für den eingetretenen Schaden bzw. für die notwendige Sanierung zu ungeteilten Handen zu haften bzw. wären für die Sanierungsmaßnahmen zu ungeteilten Handen heranzuziehen. Der Vertreter des Erstbeschwerdeführers vertrat die Auffassung, dass der Erstbeschwerdeführer zu Erhaltungsmaßnahmen im Bereich des Grundstückes der mP nicht verpflichtet werden könne, da er seine Wasserbenutzungsanlage (Sägewerk) unterhalb der Anlage des Drittbeschwerdeführers betreibe und somit durch die Beschwerde des Mitbeteiligten nicht berührt werde. Nach Ansicht des Zweitbeschwerdeführers seien die Uferabschwemmungen am Grundstück des Mitbeteiligten hauptsächlich durch die Hochwasserführung der Metnitz und nicht durch den Mühlbach verursacht worden. Die Brettereinfassung sei vom Rechtsvorgänger der mP errichtet worden, wobei dieser die Weidenstöcke und Wurzelstöcke aus dem Naturgerinne eigenmächtig entfernt habe. Auf Grund dessen habe er schon seinerzeit jede Haftung für das Schadhaftwerden der Bretterplanken und für Uferabschwemmungen abgelehnt. Die undichten Stellen "am Holzgerinne bis zum Sandkasten des Ablassschützers" würden hingegen von ihm entsprechend dicht gemacht werden. Im übrigen sei der Mühlbach öffentliches Gut und die Wasserberechtigten daher nur im unmittelbaren Werksbereich für die Instandhaltung verantwortlich. Darüber hinaus hätten für die Ufererhaltung die Anrainer selbst Sorge zu tragen. Der Drittbeschwerdeführer erklärte, er sei nicht bereit, irgendwelche Sanierungsarbeiten am Mühlbach im Bereich der mP durchzuführen. Nach Aussage des wasserbautechnischen Amtssachverständigen sei der Bauzustand der gesamten Sandkasten (Sandfang)Anlage, welche eine Überlastung des Bachlaufes des Mühlbachgerinnes durch mitgeführtes Geschiebe verhindern solle, sehr mangelhaft und könnte bei Belassen des gegebenen Zustandes im Extremfall zu einer Unterspülung der Schützenanlage und zu einem Ausbruch des Mühlbaches führen. Es müsse daher die gesamte Anlage einschließlich des linken Ufers des Mühlbaches aufwärts dieser Sandfanganlage im Bereich des Grundstückes des Mitbeteiligten einwandfrei abgesichert werden. Allfällige kleinere Reparaturen seien in diesem Fall nicht mehr zielführend. Die Ufersicherung auf der ganzen Grundstückslänge müsse holzsicher ausgeführt werden, da ansonsten immer wieder die Gefahr einer Unterspülung gegeben sei. Im Bereich des abgeschwemmten Erdmaterials knapp bachaufwärts der Entlastungsschütze sei ein Steinwurf als Hinterfüllung der Mühlbachverkleidung das Zweckmäßigste.

3. Mit Bescheid vom 22. Juni 1982 erließ die BH als Wasserrechtsbehörde erster Instanz gegen die drei Wasserberechtigten am Mühlbach (die nunmehrigen Beschwerdeführer) gemäß § 50 Abs. 1 bis 4, 5 2 Abs. 3 und § 98 WRG 1959 einen wasserpolizeilichen Auftrag, dessen Spruch - abgesehen vom Kostenausspruch gemäß den §§ 76 und 77 AVG 1950 - wie folgt lautet:

"l. Herr GH (d. i. der Zweitbeschwerdeführer) wird verpflichtet, die schadhaften Stellen im Holzgerinne, unmittelbar bachaufwärts der Ablassschütze, instandzusetzen und so abzudichten, dass außerhalb der vorgesehenen Schütze kein Wasser mehr austreten kann.

2. Herr KR (d. i. der Drittbeschwerdeführer) wird verpflichtet, das Entlastungsgerinne unterhalb der Ablassschütze bis zur Metnitz, im Bereich der südöstlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers, durch einen Steinwurf derart abzusichern, dass eine weitere Ausschwemmung des Grundstück s nicht mehr möglich erscheint.

3. Zur Instandsetzung des Mühlbachgerinnes im Bereich der südwestlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers (Grenze zwischen Parzelle nnn/2 des Antragstellers und dem Mühlbachgerinne Parzelle nnnn/1), werden die drei Wasserberechtigten am Mühlbach, Bistum XY, KR und GH (das sind die drei Beschwerdeführer), zur ungeteilten Hand verpflichtet."

Zur Begründung führte die BH nach einer Darstellung der örtlichen Gegebenheiten, Wiedergabe der im Verlauf der mündlichen Verhandlung von der mP und den Beschwerdeführern abgegebenen Erklärungen und Zitierung der Abs. 1 bis 4 des § 50 WRG 1959 im wesentlichen aus, es stehe außer Streit, dass der Mühlbach kein natürliches, sondern ein durch Menschenhand geschaffenes Gerinne darstelle, das dem Betrieb von mehreren Wasserkraftanlagen diene. Die Ausleitung des Mühlbaches aus der Metnitz erfolge durch eine Wehranlage. Außer Streit stehe weiters, dass derzeit am Mühlbach drei Wasserkraftanlagen betrieben würden, und zwar "von oben nach unten" die hydroelektrische Anlage des Zweitbeschwerdeführers, die Mühle des Drittbeschwerdeführers und die Säge des Erstbeschwerdeführers. Seinerzeit hätten am Mühlbach sieben Wasserkraftanlagen bestanden; die Uferlängen seien erhaltungsmäßig, wie aus "alten Akten" ersichtlich, zwischen den Wasserberechtigten aufgeteilt gewesen. Gegenwärtig bestehe eine derartige Regelung nicht mehr. Da der Mühlbach ein künstliches Gerinne darstelle, seien die Wasserberechtigten auch zu dessen Erhaltung verpflichtet. Soweit sich die Erhaltung auf den unmittelbaren Anlagenbereich erstrecke, sei der jeweilige Kraftwerkseigentümer dazu verpflichtet. Außerhalb der Anlagenbereiche seien mangels einer anderweitigen Regelung sämtliche Wasserberechtigte am Metnitzbach (gemeint wohl: Mühlbach) erhaltungspflichtig. Zu den einzelnen Spruchpunkten wurde ergänzend noch folgendes ausgeführt: Im Zuge der Verhandlung habe sich der Zweitbeschwerdeführer bereit erklärt, die ihm in Spruchpunkt 1. aufgetragenen Maßnahmen durchzuführen, weshalb es hiezu keiner weiteren Erörterung bedürfe. Die Ablassschütze befinde sich zwischen der Wasserkraftanlage des Zweitbeschwerdeführers und jener des Drittbeschwerdeführers; sie gehöre weder zum unmittelbaren Anlagenbereich des einen noch des anderen. Die Ablassschütze diene einzig der Wasserkraftanlage des Drittbeschwerdeführers zur Ableitung des Mühlbachwassers im Falle von Reparaturarbeiten an der eigenen Anlage. Aus diesem Grunde sei auch der Drittbeschwerdeführer für die Erhaltung dieser Schütze und die durch diese verursachten Schäden verantwortlich (zu Spruchpunkt 2.). Was Spruchpunkt 3. betreffe, so sei die Ufersicherung entlang der Südwestgrenze des Grundstückes des Mitbeteiligten schon äußerst schadhaft und reparaturbedürftig. Diese Uferstrecke des Mühlbaches befinde sich außerhalb des unmittelbaren Anlagenbereiches einer Wasserkraftanlage. Da somit keiner der drei Wasserberechtigten allein für diese Maßnahme verantwortlich zu machen gewesen sei, habe die Erhaltung allen Wasserberechtigten gemeinsam auferlegt werden müssen.

4. Den gegen diesen Bescheid von den drei Wasserberechtigten (den nunmehrigen Beschwerdeführern) rechtzeitig erhobenen Berufungen gab der LH von Kärnten (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 18. Oktober 1983 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich. Begründend wies die belangte Behörde nach einer zusammengefassten Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens sowie des Berufungsvorbringens zunächst darauf hin, sie könne im Gegenstand ein mängelfreies Ermittlungsverfahren der Erstinstanz erkennen und sehe deren Entscheidung in Übereinstimmung "mit den Bestimmungen und dem Geist des Wasserrechtsgesetzes 1959 getroffen". Es werde daher "prinzipiell" auf die durchaus zutreffende Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen. Dem Einwand der Beschwerdeführer, dass es sich beim Mühlbachgerinne um ein natürliches Gerinne handle, habe sich die belangte Behörde nicht anschließen können. Es sei davon auszugehen, dass der Mühlbach ab der Ausleitung aus der Metnitz, wenn auch schon vor längerer Zeit, einer Vielzahl von Wasserberechtigten zur Wassernutzung gedient habe und diene "und zu diesem Zweck angelegt worden sei. Allein schon der Name Mühlbachgerinne bezeuge eine Wasserzuleitung, welche als Bestandteil der Wasserbenutzungsanlagen anzusehen sei. Häufig werde die Rechtslage dadurch verwickelt, dass durch den Wegfall von Wasserberechtigten, wie im gegenständlichen Fall, die Erhaltungspflicht bezüglich Stützmauer, Böschungssicherungen, Ufermauern "und anderen" strittig werde. Im Zweifelsfall sei aber von der Erhaltungspflicht der (verbliebenen) Wasserberechtigten auszugehen. Es entspreche den Bestimmungen des Abs. 3 des § 50 WRG 1959, wenn die Wasserrechtsbehörde im Bedarfsfall die (Neu-)Bestimmung der Instandhaltungspflicht mit dem zu erfüllenden Verteilungsmaßstab vornehme. Die Erstinstanz habe diesem Erfordernis entsprochen. Durch den Wegfall früherer Wasserbenutzungsberechtigter bleibe die Erhaltungspflicht für die verbliebenen aufrecht, und zwar nicht nur im eigenen Anlagenbereich, sondern auch insoweit, als die Anlage - das Mühlbachgerinne - dem Zweck der Wasserbenutzung diene. Allfällige Regressforderungen seien, wenn eine Einigung nicht "erkennbar" sei, im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.

5. Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht, "nur soweit zu Instandhaltungen des Mühlbaches herangezogen zu werden, als es das Gesetz vorsieht", verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und begehren deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

6. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 haben die Wasserberechtigten, sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, ihre Wasserbenutzungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen sowie sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, dass keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich.

2. Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, dass die Behörde erster Instanz die "zweifellos entscheidungswichtige" Frage, ob der Mühlbach ein natürliches oder ein künstliches Gerinne sei, im Ermittlungsverfahren mit keinem einzigen Wort behandelt habe; sie sei zu dem Ergebnis, es liege ein künstliches Gerinne vor, ohne entsprechende Erhebungen gepflogen und Beweise aufgenommen zu haben, gekommen. Die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides versuche diese entscheidungswesentliche Frage damit zu umgehen, dass sie ohne jede Grundlage im Ermittlungsverfahren - nicht einmal eine diesbezügliche Frage sei an die Beteiligten gerichtet worden - einfach feststelle, "es stehe außer Streit, dass der Mühlbach kein natürliches, sondern ein durch Menschenhand geschaffenes Gerinne darstelle". Diese Feststellung sei von den Beschwerdeführern in ihren Berufungen unter Vorlage von Beweisen bekämpft worden; sie hätten hiezu ausgeführt, dass der Mühlbach ein schon seit Jahrhunderten bestehendes natürliches Gerinne sei, das seinerzeit den Stadtgraben von F gespeist habe und zumindest im Oberlauf das seinerzeitige Bachbett der Metnitz oder doch wenigstens ein Arm der Metnitz gewesen sein müsse. Die dazu von der belangten Behörde in ihrem Bescheid - ohne Ergänzung des Ermittlungsverfahrens - getroffene Feststellung, es sei davon auszugehen, dass der Mühlbach zum Zweck der Wassernutzung angelegt worden sei, könne sich auf keinerlei festgestellten Tatsachen stützen; gleiches gelte für die Schlussfolgerung, schon der Name "Mühlbachgerinne" bezeuge eine Wasserzuleitung, die als Bestandteil der Wasserbenutzungsanlagen anzusehen sei.

Dieser Verfahrensrüge kommt Berechtigung zu. Die von der Erstinstanz angenommene Außerstreitstellung der Eigenschaft des Mühlbaches als eines künstlichen Gerinnes steht mit der Aktenlage insofern nicht in Einklang, als der Zweitbeschwerdeführer im Rahmen seiner Erklärungen anlässlich der Wasserrechtsverhandlung am 23. September 1980 den Mühlbach ausdrücklich als Naturgerinne bezeichnete (siehe Verhandlungsschrift, Seite 2). Zur Beurteilung der im Hinblick auf § 50 Abs. 1 WRG 1959 rechtserheblichen Frage, ob der Mühlbach ein künstliches Gerinne darstellt - der Frage, ob dieser Bach ein öffentliches Gewässer ist oder zum öffentlichen Wassergut zählt, kommt entgegen den Ausführungen in den Bescheiden der Behörde erster und zweiter Instanz wie auch in den Berufungen der Beschwerdeführer keine rechtliche Relevanz zu -, war die belangte Behörde vielmehr gehalten, in einem ordnungsgemäß, unter Beachtung der Grundsätze der Erforschung der materiellen Wahrheit und der Amtswegigkeit durchgeführten Ermittlungsverfahren (§§ 37, 39 Abs. 2 AVG 1950) den für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt festzustellen. Dieser Verpflichtung hat weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde, die unter Hinweis auf die "durchaus zutreffende Begründung des erstinstanzlichen Bescheides" von der Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens absehen zu können glaubte, entsprochen. Daraus folgt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt - diesbezügliche Anhaltspunkte hätten sich vor allem auch durch Einsichtnahme in das Wasserbuch und die dazugehörigen Urkunden (einschließlich jener über die nicht mehr bestehenden Wasserbenutzungsrechte am Mühlbach) gewinnen lassen nicht erhoben worden ist. Der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid "ergänzend" unternommene Begründungsversuch musste als Folge des Fehlens entsprechender Sachverhaltsfeststellungen zwangsläufig scheitern.

Die von der Beschwerde im gegebenen Zusammenhang geltend gemachte Verletzung des Parteiengehörs liegt nicht vor. Dies deshalb, weil zum einen den Beschwerdeführern Gelegenheit geboten war, zur Frage, ob der Mühlbach ein künstliches oder ein natürliches Gerinne darstellt, im Rahmen ihrer Berufung Stellung zu nehmen (was sie tatsächlich auch getan haben), zum anderen die von der belangten Behörde übernommene Bezugnahme in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides auf nicht näher bezeichnete "alte Akten", deren Inhalt den Beschwerdeführern nicht zur Kenntnis gebracht wurde, nicht ins Gewicht fällt, ist doch darin ein lediglich erläuternder Hinweis auf eine in früheren Zeiten für die damaligen Wasserberechtigten geltende Erhaltungs-Regelung zu erblicken, dem von der belangten Behörde - was sich der Begründung des angefochtenen in Verbindung mit der des erstinstanzlichen Bescheides ohne weiteres entnehmen lässt - keine für den Ausgang des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens entscheidende Bedeutung beigemessen wurde.

3. Soweit die Beschwerde einen Verfahrensmangel darin erblickt, dass die belangte Behörde es unterlassen habe festzustellen, dass der Rechtsvorgänger der mP die Bretterplanken aufgeführt habe, die instandzusetzen den Beschwerdeführern aufgetragen worden sei, so kann diesem Vorbringen schon deshalb nicht beigepflichtet werden, weil die belangte Behörde im Wege des von ihr bestätigten Spruchpunktes 3. des erstinstanzlichen Bescheides eine derartige Verpflichtung nicht ausgesprochen hat, sondern unter Abstandnahme der Vorschreibung konkreter von den Wasserberechtigten zu setzender Sanierungsmaßnahmen sich damit begnügt hat, eine Verpflichtung zur Instandsetzung des Mühlbachgerinnes (in einem bestimmten Bereich) schlechthin auszusprechen. Diese Vorgangsweise kann indes im vorliegenden Fall - wie noch zu zeigen sein wird (siehe II. 6.) - nicht als (inhaltliche) Rechtswidrigkeit aufgegriffen werden. Unbeschadet dessen sei bemerkt, dass der in Rede stehende Instandsetzungsauftrag so unbestimmt - im übrigen auch ohne die nach § 59 Abs. 2 AVG 1950 gebotene Fristbestimmung - gefasst ist, dass er einer allenfalls notwendig werdenden Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung nicht zugänglich ist.

4. Was schließlich die gleichfalls unter dem Titel der Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgebrachte Nichtberücksichtigung der Aussage des von der Erstinstanz beigezogenen Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen, Dipl.- Ing. Roland F., anlangt, es habe im Bereich des Mühlbachgerinnes noch keine Ausspülung über die Mappengrenze hinausgehend festgestellt werden können, so ist der Beschwerde - abgesehen davon, dass der Genannte von der Behörde nicht als Sachverständiger (weder als amtlicher noch als nicht amtlicher) der Verhandlung zugezogen wurde - insoweit die Stellungnahme des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik entgegenzuhalten, derzufolge eine umfassende Sanierung des Mühlbachgerinnes im Bereich des Grundstückes der mP dringend notwendig sei. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht erkennen, dass die belangte Behörde dadurch, dass sie in dieser Hinsicht der - im übrigen von den Beschwerdeführern unbekämpft gebliebenen - Äußerung des Amtssachverständigen gefolgt ist, rechtswidrig gehandelt hat.

5. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sehen die Beschwerdeführer zunächst darin, dass die belangte Behörde zwar von der Eigenschaft des Mühlbaches als eines künstlichen Gerinnes ausgehe, aber doch zugeben müsse, dass die Entstehung des Mühlbaches nicht mehr eindeutig feststellbar sei. In jenen Fällen aber, in denen die Art der Entstehung eines Gerinnes nicht mehr eindeutig feststellbar sei, sei § 47 und nicht § 50 WRG 1959 anzuwenden, sofern nur ausgeschlossen werden könne, dass das Gerinne zu einer Anlage gehöre, bezüglich der Erhaltungspflichten der im § 50 WRG 1959 angeführten Art bestehen. Dieser unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1959, 3367/54, S1g. Nr. 4996/A, formulierte Einwand ist schon deshalb verfehlt, weil die belangte Behörde entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ausdrücklich und ausschließlich von der Qualifikation des Mühlbaches als eines künstlichen Gerinnes im Sinne des § 50 WRG 1959 ausgegangen ist und in keiner Weise "zugegeben" hat, dass die Art der Entstehung unbestimmt sei. Der den Beschwerdeführern insoweit möglicherweise vorschwebende Hinweis darauf, dass der Mühlbach "wenn auch schon vor längerer Zeit" einer Vielzahl von Wasserberechtigten gedient und zu diesem Zweck angelegt worden sei, kann nicht in dieser Richtung gedeutet werden, da auch in dieser Passage der Begründung zweifelsohne die Annahme der Behörde, es handle sich um ein künstliches Gerinne, zum Ausdruck kommt und das Moment der Ungewissheit sich allein auf den Zeitpunkt und nicht die Art der Entstehung bezieht.

6. Gleichfalls unter dem Titel inhaltlicher Rechtswidrigkeit rügen die Beschwerdeführer die Außerachtlassung der Problematik des Erlöschens früherer Wasserbenutzungsrechte und des ihrer Meinung nach daraus resultierenden Umstandes, dass das Mühlbachgerinne im Bereich jener Wasserbenutzungsanlagen als natürliches Gerinne anzusehen sei, und weiters die im Spruchpunkt 3. des von der belangten Behörde bestätigten erstinstanzlichen Bescheides ausgesprochene Verpflichtung der Beschwerdeführer zur Instandhaltung zur ungeteilten Hand.

Dazu ist folgendes zu sagen: Die Überprüfung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem der Mühlbach als ein künstliches Gerinne qualifiziert wird - soweit die Beschwerdeführer zur ungeteilten Hand verpflichtet worden sind, ist hiefür nach der Argumentation der belangten Behörde eben diese Qualifikation maßgebend -, setzt voraus, dass einerseits der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt, auf Grund dessen (im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte) vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 diese Inhaltskontrolle vorzunehmen ist, weder in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde noch in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, und dass anderseits nicht Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 lit. c Z. 1 bis 3 VwGG 1965). Da, wie oben (II. 2.) dargetan, die belangte Behörde den von ihr als maßgeblich erachteten Sachverhalt in einem mangelhaften Verfahren festgestellt hat, ist der Gerichtshof im derzeitigen Stadium nicht in der Lage, den angefochtenen Bescheid in den von den Beschwerdeführern angeführten zwei Punkten einer inhaltlichen Überprüfung zu unterziehen. Gleiches gilt für die mangelnde Konkretisierung der von den Beschwerdeführern im Rahmen der ihnen gemeinsam auferlegten Verpflichtung vorzunehmenden Instandsetzungsmaßnahmen. Auch in dieser Hinsicht ist die Eigenschaft des Mühlbaches als eines künstlichen Gerinnes entscheidungswesentlich, da nach den Erwägungen der belangten Behörde die Inpflichtnahme der Wasserberechtigten (in welcher Form auch immer) allein vom Vorliegen der besagten Qualifikation abhängt.

7. Der Zweitbeschwerdeführer hält die ihm durch den von der belangten Behörde übernommenen Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides auferlegte Instandhaltungsverpflichtung für rechtswidrig, weil er sich zur Sanierung der undichten Stellen des Holzgerinnes nur unter der Voraussetzung bereit erklärt habe, daß ihn sonst keine Pflichten treffen würden. Die Rechtsrüge besteht im Ergebnis zu Recht.

Die vom Zweitbeschwerdeführer anlässlich der mündlichen Verhandlung am 23. September 1980 abgegebene Zusage, bestimmte Erhaltungsmaßnahmen durchführen zu wollen, vermochte eine dem Gesetz (§ 50 Abs. 1 WRG 1959) - unter der Annahme, es wäre anzuwenden gewesen - entsprechende Vorgangsweise der Behörde nicht zu ersetzen. Die belangte Behörde ist in Verkennung der Rechtslage jegliche Begründung dafür schuldig geblieben, weshalb sie trotz Vorhandenseins von drei Wasserberechtigten am Mühlbach die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Instandhaltung des Holzgerinnes unmittelbar bachaufwärts der Ablassschütze - dafür, dass dieser Bereich des Mühlbaches zum unmittelbaren Anlagenbereich des Zweitbeschwerdeführers zu rechnen sei, bietet die Aktenlage keine Anhaltspunkte - dem Zweitbeschwerdeführer allein auferlegen durfte.

8. Nach dem Gesagten hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit -

diese geht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer solchen wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften vor - belastet, als sie den Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides bestätigt hat; der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben. Im Umfang der Bestätigung der Spruchpunkte 2. und 3. des Bescheides der Behörde erster Instanz haftet dem bekämpften Bescheid Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde, der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben ist und die Begründung des Bescheides wesentliche Mängel aufweist; der angefochtene Bescheid war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 1, 2 und 3 VwGG 1965 aufzuheben.

Da auch für den auf die §§ 76 und 77 AVG 1950 gestützten, von der belangten Behörde übernommenen Kostenausspruch des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die Beschwerdeführer zur Zahlung von Kommissionsgebühren verpflichtet worden sind, nach den Ausführungen in der Begründung der Bescheide der Erstinstanz und der belangten Behörde die Qualifikation des Mühlbaches als eines künstlichen Gerinnes ausschlaggebend war, teilt der Ausspruch über die Kosten das Schicksal der von der belangten Behörde bestätigten Spruchpunkte 2. und 3. des erstinstanzlichen Bescheides, weshalb auch jener - gleich diesen - nach den vorzitierten Bestimmungen wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden musste.

9. Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. c und f VwGG 1965 abgesehen werden.

10. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch zu dem Hinweis veranlasst, dass von der belangten Behörde im fortzusetzenden Verfahren - unter der Voraussetzung, dass im Ermittlungsverfahren die Eigenschaft des Mühlbaches als eines künstlichen Gerinnes festgestellt wird - auf die Bestimmung des § 50 Abs. 3 WRG 1959 Bedacht zu nehmen sein wird. Entgegen der im angefochtenen Bescheid geäußerten Auffassung wurde bislang eine Regelung der Kostenaufteilung nach den in der genannten Gesetzesstelle vorgesehenen Kriterien nicht getroffen.

11. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das die Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da zur gehörigen Rechtsverfolgung die Vorlage lediglich einer Ausfertigung des angefochtenen Bescheides erforderlich war (vgl. § 28 Abs. 5 VwGG 1965).

12. Im Hinblick darauf, dass bereits in der Hauptsache eine Entscheidung getroffen worden ist, erübrigt es sich, über den (neuerlichen) Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu entscheiden.

Wien, am 4. Dezember 1984

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