VwGH 83/07/0145

VwGH83/07/014526.6.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Müller, über die Beschwerde des JP in K, vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Theatergasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 10. März 1983, Zl. 511.153/05 - I 5/82, betreffend wasserrechtliche Bewilligung und Bestimmung eines Schutzgebietes (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Klagenfurt - Stadtwerke, vertreten durch Dr. Anton Knees, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 31), zu Recht erkannt:

Normen

VwRallg impl;
WRG 1959 §117 Abs2;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;
VwRallg impl;
WRG 1959 §117 Abs2;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes insoweit aufgehoben, als darin die erstinstanzliche Bestimmung eines Grundstücke des Beschwerdeführers betreffenden engeren Schutzgebietes unter Vorbehalt der Festsetzung einer Entschädigung bestätigt wurde.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.535,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 28. November 1980 wurde der mitbeteiligten Partei auf Grund der Ergebnisse der vorangegangenen wasserrechtlichen Verhandlung gemäß den §§ 10, 99 Abs. 1 lit. c und d und 111 Abs. 1 und 2 WRG 1959 unter bestimmten Bedingungen und Auflagen die wasserrechtliche Bewilligung erteilt, die auf den Grundstücken Nr. 791/3 und 795/7 KG X errichteten Brunnen für die Versorgung der städtischen Wasserversorgungsanlage zu betreiben und daraus Grundwasser bis zu einer Menge von 130 l/sec zu beziehen. Da eine diesbezügliche Einigung nicht hatte erzielt werden können, wurde in diesem Bescheid ferner gemäß § 63 lit. c WRG 1959 das damals im Eigentum des Beschwerdeführers gestandene Grundstück Nr. 791/3 im Ausmaß von 9.600 m2 gemäß einer Teilungsurkunde gegen eine einmalige Entschädigung in der Höhe von S 759.247,-- enteignet. Schließlich wurde gemäß § 34 WRG 1959 zum Schutze der Brunnen gegen Verunreinigung sowie gegen eine Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens ein auch Grundstücke des Beschwerdeführers umfassendes engeres Schutzgebiet gemäß einem dem erstinstanzlichen Bescheid angeschlossenen Lageplan vom 4. November 1980 bestimmt, welches mit einem zutrittssicheren Zaun zu umgeben und durch Hinweistafeln gegen ein Betreten und gegen jede Verunreinigung abzusichern und in welchem jede Düngung verboten sei. Hiezu behielt sich die Wasserrechtsbehörde erster Instanz im Spruch ihres Bescheides gemäß § 117 WRG die Bestimmung einer Entschädigung für die engeren Schutzgebiete, soweit diese im Eigentum des Beschwerdeführers und eines weiteren Betroffenen verblieben, durch Nachtragsbescheid ausdrücklich vor.

Die wasserrechtliche Bewilligung begründete der Landeshauptmann damit, daß vorangegangene Pumpversuche gezeigt hätten, daß sich im Bereiche der betreffenden Brunnen Grundwasser in für Teile des Stadtgebietes von Klagenfurt ausreichender Menge und in einwandfreier Beschaffenheit erschroten lasse. Dieses Grundwasservorkommen sei auch von sachverständiger Seite positiv beurteilt worden. Den Einwänden der betroffenen Grundbesitzer habe nicht Rechnung getragen werden können, weil die Stadt Klagenfurt dringend zusätzliche Wassergewinnungsstellen benötige. Gegenüber dem Beschwerdeführer seien "Zwangsrechte anzuwenden" gewesen, weil trotz intensiver Bemühungen ein gütliches Übereinkommen nicht habe erzielt werden können. Die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides setzt sich in diesem Zusammenhang ausschließlich mit der Frage der Enteignung des Grundstückes Nr. 791/3 des Beschwerdeführers auseinander, nicht aber mit der Bestimmung des engeren Schutzgebietes. Unerwähnt blieb in der Begründung insbesondere auch, aus welchem Grunde die Bestimmung einer Entschädigung für die Beeinträchtigung der von diesem engeren Schutzgebiet betroffenen Grundflächen einem Nachtragsbescheid vorbehalten worden ist.

Gegen diesen Bescheid haben der Beschwerdeführer und ein weiterer Grundeigentümer Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die belangte Behörde) erhoben. Die belangte Behörde holte dazu vorerst ein Gutachten ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen ein und gab den Berufungswerbern Gelegenheit, diese Gutachten zur Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer machte von dieser Möglichkeit allerdings keinen Gebrauch.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. März 1983 hat die belangte Behörde beiden Berufungen gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge gegeben. Begründend verwies die belangte Behörde unter wörtlicher Wiedergabe desselben auf das eingeholte Gutachten, welches sich sowohl mit der Frage des Wasserbedarfes der mitbeteiligten Partei und der Deckung dieses Bedarfes als auch mit der Notwendigkeit der Enteignung und der Bestimmung des engeren Schutzgebietes ausführlich auseinandergesetzt hatte. Mit diesem durch kein Gegengutachten widerlegten, sondern vielmehr durchaus überzeugenden und schlüssigen Amtsgutachten sei die Notwendigkeit sowohl des Wasserversorgungsvorhabens schlechthin und auch des Schutzgebietes und der dort getroffenen Schutzanordnungen, ebenso aber auch die einer Enteignung des Grundstückes Nr. 791/3 hinreichend dargetan. Die gesetzlichen Kriterien hiefür seien dabei insofern gegeben, als sich nur durch die hier in Rede stehenden Schutzgebietsbestimmungen der Zweck eines entsprechenden Schutzes im Sinne des § 34 Abs. 1 WRG 1959, nämlich gegen Verunreinigung, wirksam erreichen und die Wasseranlage im Vergleich zu den Nachteilen der Zwangsrechte eindeutig überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse im Sinne des § 63 WRG 1959 erwarten lasse. Im übrigen sei es, wenn - wie hier - die Frage der konkret angemessenen Entschädigungen noch nicht im Zeitpunkt der - sich vordringlich erweisenden - Bewilligungserteilung und Schutzgebietsfestsetzung einwandfrei beantwortet werden könne, sehr wohl zulässig, die Festsetzung der Entschädigungen gemäß § 117 Abs. 2 WRG 1959 einer gesonderten Nachtragsentscheidung vorzubehalten.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 25. März 1983 zugestellt. Bereits am 8. Februar 1983 hatte der Beschwerdeführer einen Kaufvertrag unterfertigt, mit welchem er jenen Teil des Grundstückes Nr. 791/3 (nunmehr neu als Grundstück Nr. 1837/2 bezeichnet) im Ausmaß von 9.600 m2 der mitbeteiligten Partei um den vereinbarten Kaufpreis von S 1,344.000,-- verkaufte, dessen Enteignung zugunsten der Anlage der mitbeteiligten Partei im angefochtenen Bescheid bestätigt worden ist. Dieser Vertrag wurde in der Stadtsenatssitzung vom 1. März 1983 genehmigt und am 15. März 1983 von den Vertretern der mitbeteiligten Partei unterfertigt und im Anschluß daran sowohl gemäß § 1 des Kärntner Grundverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 70/1974, als auch gemäß § 3 Abs. 5 des Kärntner Wohnsiedlungsgesetzes, LGBl. Nr. 59/1976, genehmigt.

Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und erachtet sich in seinen Rechten durch die Enteignung, durch die Einräumung der "sonstigen Zwangsrechte", durch die Festlegung des Schutzgebietes und durch den Vorbehalt der dafür festzusetzenden Entschädigungen verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie, u.a. unter Hinweis auf den oben angeführten Kaufvertrag, die Zurück- bzw. die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift eingebracht und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die vorliegende Beschwerde ist ungeachtet des Verkaufes des von der Enteignung umfaßten Teiles des Grundstücks Nr. 791/3 an die mitbeteiligte Partei zulässig, weil im angefochtenen Bescheid nicht nur diese Enteignung, sondern auch die Bestimmung des - weitere, im Eigentum des Beschwerdeführers verbleibende Grundflächen umfassenden - engeren Schutzgebietes - und zwar vorerst ohne Festsetzung einer Entschädigung - bestätigt worden ist. Im Hinblick auf den Abschluß des oben beschriebenen Kaufvertrages zwischen dem Beschwerdeführer und der mitbeteiligten Partei vermochte der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, inwieweit der Beschwerdeführer durch die Enteignungsmaßnahme in einem subjektiven Recht verletzt worden ist, sodaß sich insofern weitere Erörterungen zum Beschwerdevorbringen erübrigen.

Zu den Fragen der wasserrechtlichen Bewilligung und der Bestimmung eines engeren Schutzgebietes sowie der für dieses Schutzgebiet anzuordnenden Wirtschaftsbeschränkungen hat sich die belangte Behörde mit Recht auf das von ihr eingeholte, im Verwaltungsverfahren unbekämpft gebliebene, und auch vom Verwaltungsgerichtshof als durchaus schlüssig erachtete Gutachten ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen berufen. In der Wiedergabe der Ausführungen dieses Gutachtens in der Begründung des angefochtenen Bescheides und in seiner Verwendung als Tatsachengrundlage der rechtlichen Beurteilung kann entgegen dem Beschwerdevorbringen keine gesetzwidrige Vorgangsweise der belangten Behörde erkannt werden. Auf der anderen Seite stellt sich die erstmalige Bekämpfung von auf dieses Gutachten gegründeten Feststellungen der belangten Behörde in der Beschwerde als ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG 1965) unzulässiger Versuch des Beschwerdeführers dar, im Verwaltungsverfahren versäumtes Vorbringen nachzuholen. Auch die Bestätigung der Bestimmung des engeren Schutzgebietes in dem von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz beschriebenen Umfang durch die belangte Behörde kann daher nicht als gesetzwidrig erkannt werden.

Dennoch erweist sich der angefochtene Bescheid bezüglich der dem Beschwerdeführer für die Inanspruchnahme ihm gehöriger Grundflächen für das engere Schutzgebiet zu leistenden Entschädigung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet:

Gemäß § 34 Abs. 4 WRG 1959 ist, wer nach den vorstehenden Bestimmungen (dieses Paragraphen) seine Grundstücke und Anlagen nicht weiter auf die Art oder in dem Umfange nutzen kann, wie es ihm auf Grund bestehender Rechte zusteht, dafür vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen (§ 117).

Nach § 117 Abs. 2 WRG 1959 sind bei Ansuchen um Verleihung einer wasserrechtlichen Bewilligung oder um Einräumung eines Zwangsrechtes die im Abs. 1 bezeichneten Leistungen in der Regel schon in dem über das Ansuchen ergehenden Bescheide festzusetzen und nur, wenn dies nicht möglich ist, binnen angemessener, ein Jahr nicht überschreitender Frist durch Nachtragsbescheid zu bestimmen. Diesem Nachtragsbescheid hat eine eigene mündliche Verhandlung (§ 107) voranzugehen.

Die Trennung des Ausspruches über die Verpflichtung zur Duldung von Beschränkungen in der Bewirtschaftung und Benutzung von Grundstücken nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 von der Bestimmung einer Entschädigungsleistung soll demnach dem Gesetz entsprechend nur ausnahmsweise erfolgen; dies schon deshalb, weil der Betroffene in diesem Falle für die Beschränkung seines Eigentums zunächst keine Gegenleistung erhält (vgl. dazu Krzizek, Kommentar zum WRG, S. 471, sowie Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, Anm. 14 zu § 117 auf S. 561 f). Nun hat die Wasserrechtsbehörde erster Instanz im Beschwerdefall ihren Vorbehalt hinsichtlich der Festsetzung der Entschädigung völlig unbegründet gelassen; die belangte Behörde hat hiezu nur darauf verwiesen, daß das Gesetz die Möglichkeit eines solchen Vorbehaltes vorsehe, wenn die Frage der konkret angemessenen Entschädigungen im Zeitpunkt der Schutzgebietsfestsetzung noch nicht einwandfrei beantwortet werden könne. Eine Begründung dafür, warum im Beschwerdefall die Festsetzung der Entschädigung im Zeitpunkt der Schutzgebietsbestimmung nicht möglich gewesen sei, wird damit jedoch nicht nachgetragen. Der Beschwerdeführer macht daher mit Recht geltend, daß die belangte Behörde hinsichtlich der Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruches gemäß § 117 Abs. 2 WRG 1959 offenbar in Verkennung der Rechtslage von der gesetzlichen Regel abgewichen ist, die Entschädigung schon in dem über das Ansuchen ergehenden Bescheide festzusetzen.

Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als darin die erstinstanzliche Bestimmung eines Grundstücke des Beschwerdeführers betreffenden engeren Schutzgebietes unter Vorbehalt der Festsetzung einer Entschädigung bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben; im übrigen jedoch war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Zum Beschwerdevorbringen, dem Beschwerdeführer werde auch in eigener Person durch die Formulierung der Schutzgebietsanordnungen das Betreten seiner zum Schutzgebiet zählenden Grundflächen verboten, ist noch darauf zu verweisen, daß die danach den Wasserberechtigten treffende Pflicht, das engere Schutzgebiet mit einem zutrittssicheren Zaun zu umgeben und durch Hinweistafeln mit der Aufschrift "Brunnenschutzgebiet, Betreten und jede Verunreinigung verboten" tatsächlich dahin verstanden bzw. mißverstanden werden kann, daß auch dem Grundeigentümer selbst das Betreten seiner Grundflächen verboten werden sollte. Zur Vermeidung von Unklarheiten über den tatsächlich von der Wasserrechtsbehörde beabsichtigten Umfang der den Beschwerdeführern treffenden Wirtschaftsbeschränkungen im engeren Schutzgebiet und über das davon abhängige Ausmaß der ihm zu gewährenden Entschädigung wird im Falle der neuerlichen Bestimmung des engeren Schutzgebietes im fortgesetzten Verfahren auch für eine unmißverständliche Formulierung der Schutzgebietsanordnungen Sorge zu tragen sein.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b sowie 50 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 26. Juni 1984

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