VwGH 83/07/0176

VwGH83/07/01765.7.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde des Dr. U O in W, vertreten durch Dr. Dietrich Roschmann - Hörburg, Rechtsanwalt in Innsbruck, Museumstraße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. April 1983, Zl. 511.400/01-I 5/83, betreffend Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Gemeinde W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwRallg impl;
WRG 1959 §27;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwRallg impl;
WRG 1959 §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde läßt sich in Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid folgender Sachverhalt entnehmen:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29. Oktober 1982 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 21, 32, 99 Abs. 1 lit. c und 111 WRG 1959 das Recht zur Ableitung ihrer Abwässer nach N bewilligt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, dessen Rechte als Grundstückseigentümer zufolge Inanspruchnahme durch den sogenannten Strang 4 berührt werden sollten, Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17. Jänner 1983 stellte dieser fest, daß die für den Strang 4 ab Schacht 13 in der bezeichneten Angelegenheit erteilte wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 27 Abs 1 it. a WRG 1959 erloschen sei; gleichzeitig wurde gemäß § 29 Abs. 5 WRG 1959 ausgesprochen, daß die durch dieses Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen Dienstbarkeiten erloschen seien. Auch gegen diesen Bescheid berief der Beschwerdeführer.

Mit Bescheid vom 18. April 1983 wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft in Spruchpunkt I die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom 17. Jänner 1983 gemäß § 66 AVG 1950 mangels Parteistellung als unzulässig zurück und stellte in Spruchpunkt II aus Anlaß der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom 29. Oktober 1982 gemäß § 66 AVG 1950 fest, daß die Spruchabschnitte I und II dieses Bescheides des Landeshauptmannes, soweit durch sie der Beschwerdeführer berührt werde, als gegenstandslos zu entfallen hätten. In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer wende sich aus verschiedenen Gründen gegen die Bewilligung als solche und stelle das Verlangen, für den Fall, als der Kanal schließlich doch über seine Parzellen geführt werden sollte, hätte dies unter möglichster Schonung der Gartenanlagen und an der Liegenschaftsgrenze zu erfolgen, wobei bloß händisch gegraben werden dürfte; in bezug auf den Bescheid vom 17. Jänner 1983 habe der Beschwerdeführer eingewendet, es sei ihm nicht nur um die Dienstbarkeiten hinsichtlich seiner Liegenschaften, sondern auch um die öffentlichen Interessen gegangen, in bezug auf die er nun, wie er meine, offensichtlich als Beteiligter ausgeschaltet werden sollte. Eine Beeinträchtigung aus dem Titel des Grundeigentums - andere wasserrechtlich geschützte Rechte habe der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht -

liege jedoch nur dann vor, wenn ein projektsgemäß vorgesehener Eingriff in die Substanz des Grundeigentums vorgenommen werde. Durch das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes würden die zunächst bewilligten Anlagen nicht auf Grundstücke des Beschwerdeführers errichtet; ein solcher Eingriff findet daher nicht mehr statt, weshalb es keine Beeinträchtigung für den Beschwerdeführer mehr gebe und ihm somit auch eine Parteistellung nicht mehr zukomme. Sollte die Anlage künftig dennoch in einer das Grundeigentum des Beschwerdeführers berührenden Weise erweitert werden, würde er Parteistellung besitzen, und es wäre aufgrund dieser über seine Einwendungen abzusprechen. Die Prüfung der durch ein Vorhaben berührten öffentlichen Interessen im Sinne der §§ 104 bis 106 WRG 1959 sei ausschließlich der Wasserrechtsbehörde überantwortet; der Beschwerdeführer habe insoweit keinen Rechtsanspruch, daß seinen öffentlichen Interessen betreffenden Forderungen Rechnung getragen werde. Durch die Verzichtserklärung der mitbeteiligten Partei entfalle nicht nur die hiefür erteilte wasserrechtliche Bewilligung, sondern es entfielen gleichermaßen die in diesem Zusammenhang eingeräumten Dienstbarkeiten; soweit der Beschwerdeführer hiedurch betroffen worden sei, habe die Berufungsbehörde jene daher als gegenstandslos zu erklären gehabt.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer nach seinem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Sachentscheidung verletzt erachtet. Die mitbeteiligte Partei, so führt er aus, habe ihm offensichtlich deshalb durch ihren Verzicht die Parteistellung zu entziehen versucht, weil er in dem bis dahin abgeführten Verwaltungsverfahren zu viele Fehler und Unregelmäßigkeiten, die ihm als Gemeindebürger und Beteiligtem aufgefallen seien, aufgedeckt habe. Zum Zeitpunkt der Berufung sei er jedoch bis zum Einlangen der Eingabe der mitbeteiligten Partei vom 14. Jänner 1983 noch Partei gewesen, weshalb sich die belangte Behörde mit seinen Berufungsausführungen hätte befassen und die Vorgangsweise auf Ihre Gesetzmäßigkeit prüfen müssen. Die mitbeteiligte Partei wolle offensichtlich den in Rede stehenden Strang bis zur bezeichneten Stelle errichten. Sollte dieses Bauvorhaben in der geplanten Form verwirklicht werden, wären alle erhobenen und noch vorzubringenden Einwände vergeblich da jener einmal so weit gediehen, im Sinn des ursprünglichen Planes weitergeführt und vollendet werden müßte. Nur bei einem Einfluß auf den Gesamtverlauf des Stranges könnte der Beschwerdeführer seine Bedenken und Einwände anbringen. Im übrigen habe die mitbeteiligte Partei schon in anderer Hinsicht zu erkennen gegeben, daß sie sich Projekte nachträglich genehmigen lasse.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die unter Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides erledigte Berufung betraf einen wasserrechtlichen Erlöschensbescheid. Im Verfahren über das Erlöschen von Wasserrechten sind gemäß § 102 Abs. 1 lit. c WRG 1959 Parteien nur die im § 29 Abs. 1 und 3 - nicht die im Absatz 5 - genannten Personen, das sind neben dem Berechtigten andere Wasserberechtigte und Anrainer, die an der Beseitigung der Anlagen, Wiederherstellung des früheren Wasserlaufes oder an durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen Interesse haben (Absatz 1) sowie "die öffentlichen Körperschaften" und Beteiligte, in deren Interesse die Erhaltung einer Anlage nach Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes liegt (Absatz 3), Voraussetzungen, die in bezug auf den Beschwerdeführer und den Beschwerdefall - in dem nichts wiederhergestellt zu werden braucht und in dem es (noch) keine erhaltenswerten Anlagen gibt - nicht zutreffen. Der Beschwerdeführer besaß daher im Erlöschensverfahren - das im übrigen nicht zu Recht durchgeführt wurde, weil das Erlöschen eines bewilligten Wasserbenutzungsrechtes gemäß § 27 WRG 1959 die Rechtskraft der Bewilligung voraussetzt - keine Parteistellung und deshalb auch kein Berufungsrecht (vgl. das Erkenntnis vom 7. Juni 1971, Slg. Nr. 8032/A), so daß die Zurückweisung der Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom 17. Jänner 1983 nicht als rechtswidrig zu erkennen ist.

Die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bewilligungsbescheid wurde von der belangten Behörde nicht ausdrücklich ab- oder zurückgewiesen, jener wurde aber auch nicht ausdrücklich Folge gegeben. Dennoch hat ein bescheidmäßiger Abspruch gemäß § 66 AVG 1950 stattgefunden und ist nicht etwa Säumnis eingetreten - die im übrigen mit der vorliegenden Beschwerde auch nicht geltend gemacht wurde. Der Beschwerdeführer hat die Berufung, als Partei des Bewilligungsverfahrens gemäß § 102 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 12 Abs 2 WRG 1959, zu einem Zeitpunkt erhoben, da das Begehren der mitbeteiligten Bewilligungswerberin noch nicht verändert (eingeschränkt) worden war. Eine Berufung kann nun nicht infolge einer nach ihrer Erhebung eingetretenen Änderung des Sachverhaltes unzulässig, sie kann allerdings inhaltslos werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 1962, Slg. Nr. 5741/A). Die Feststellung in der Begründung des angefochtenen Bescheides, durch den "Verzicht" - die Einschränkung des Begehrens - der mitbeteiligten Partei könne der Beschwerdeführer sachverhaltsbezogen in seinen Rechten nicht mehr berührt werden und es mangle ihm daher nunmehr an der Parteistellung - denn die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer diese, solange sie dem "Verzicht" vorausging, nicht abgesprochen - ist ebensowenig als rechtswidrig zu erkennen wie die Unterlassung des Eingehens auf Einwände, die vom Beschwerdeführer unter dem Titel des vorgesehen gewesenen, inzwischen weggefallenen Eingriffes in seine Rechte - das Grundeigentum - erhoben worden waren; die belangte Behörde war nämlich verpflichtet, nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetretene Änderungen der Sachlage in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. das Erkenntnis vom 19. September 1978, Zl. 2082/75). Die Rechtsmittelbehörde darf allerdings dann, wenn im Zuge eines Berufungsverfahrens das Parteibegehren abgeändert wird, so daß die Identität der Sache verlorengeht, nicht über ein Begehren absprechen, über das die Unterinstanz noch nicht abgesprochen hat (vgl. das Erkenntnis vom 20. Mai 1976, Zl. 1651/74). Durch die geringfügige Einschränkung des Begehrens der mitbeteiligten Partei - in erster Instanz wurde die Ableitung der Abwässer mittels eines Verbindungskanales bzw. von vier Strängen bewilligt, während die Einschränkung nur die letzte, etwa 150 m lange Strecke eines dieser Stränge (4) betrifft - ist im Beschwerdefall diese Identität nicht berührt worden (vgl. das Erkenntnis vom 18. März 1980, Zl. 2841/79). Die Entscheidung der belangten Behörde in Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides kann daher gleichfalls nicht für rechtswidrig befunden und es kann in der Änderung des erstinstanzlichen Bescheides ein Eingriff in Rechte des Beschwerdeführers nicht erblickt werden.

Zum Beschwerdevorbringen ist darüber hinaus noch zu bemerken, daß eine vom Beschwerdeführer befürchtete bewilligungsbedürftige und konsenslose, dabei sein Grundstück berührende Anlagenerrichtung zu einem späteren Zeitpunkt auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides keinen Einfluß haben könnte und daß ferner die Wahrnehmung öffentlicher Interessen der Wasserrechtsbehörde obliegt (vgl. das Erkenntnis vom 13. April 1982, Zl. 82/07/0064), so daß auch kein Anspruch besteht, solche öffentliche Interessen unabhängig von Eingriffen in subjektive Rechte zur Geltung zu bringen; schließlich stehen dem Beschwerdeführer im Fall künftiger Inanspruchnahme seines Grundes (oder zu erwartender Beeinträchtigung sonstiger, durch das Gesetz geschützter Rechte) alle gesetzlich zulässigen Einwendungen offen.

Die behauptete Rechtsverletzung liegt somit nicht vor, was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ: diese war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen, mag auch die belangte Behörde mit einer teilweise nicht zutreffenden Begründung zu dem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis gelangt sein (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 8. Februar 1952, Slg. Nr. 544/F).

Soweit im vorstehenden auf Erkenntnisse verwiesen wurde, die nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlicht sind, ist an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung BGBl. Nr. 45/1965 zu erinnern.

Wien, am 5. Juli 1983

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