VwGH 83/07/0138

VwGH83/07/013820.9.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Linz, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 8. März 1983, Zl. 510.014/01-I-5/83, betreffend Änderung von Schutzgebietsbestimmungen, nach der am 13. September 1983 durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Bruno Binder und des Vertreters der belangten Behörde, MR Dr. RW, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs1;
AVG §68 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 5.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei betreibt auf Grund wasserrechtlicher Bewilligung das Grundwasserwerk Heilham. Mit Bescheid des Reichsstatthalters in Oberdonau vom 28. September 1943 war die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der Berechtigung zur Wasserentnahme aus dem bestehenden Hauptbrunnen der Wasserleitung Heilham erteilt worden. In Punkt II lit. a des Spruches des Bescheides war ein engeres Schutzgebiet festgesetzt und in Punkt II lit. b des Bescheidspruches waren verschiedene Wirtschaftsbeschränkungen in diesem engeren Schutzgebiet ausgesprochen worden.

Mit Eingabe vom 18. Mai 1971 stellte die wasserbenutzungsberechtigte Vorgängerin der Beschwerdeführerin beim Landeshauptmann von Oberösterreich den Antrag, nachstehende Schutzgebietsbestimmungen für die engere Zone des Wasserwerkes Heilham wie folgt zu ändern:

"Zu 1.) Das Verbot der Eingriffe aller Art, die eine Abdeckung des Mutterbodens zur Folge haben, wäre dahin gehend zu ändern, dass Eingriffe, die bis in eine Tiefe von 1,50 m unter die Geländeoberfläche reichen, erlaubt werden können, wenn die abgehobene Bodenschichte mit wasserundurchlässigem Material wiederbedeckt wird. Ausdrücklich verboten sollten bleibende Aufgrabungen, etwa zur Lehm-, Sand- oder Kiesgewinnung werden.

Zu 2.) Das Verbot der Aufbringung von menschlichem und tierischem Dünger jeder Art, fest oder flüssig, wäre in der Weise zu ändern, dass die flächenhafte Aufbringung von animalischem Dünger (Stallmist) erlaubt werden kann. Die Lagerung der benötigten Düngermengen sollte außerhalb des engeren Schutzgebietes erfolgen. Nach wie vor verboten sollte das Aufbringen von flüssigem Dünger (Jauche) sein.

Zu 4.) Das Verbot der Ablagerung von Unrat aller Art wäre dahin gehend zu präzisieren, dass neben der Ablagerung von Haus- und Siedlungsmüll ausdrücklich die Lagerung von Bauschutt, Industrieabfällen und Autowracks sowie die Anlage von Mülldeponien und Müll- oder Altölverbrennungsanlagen bzw. -verwertungsanlagen verboten werden soll.

Zu 10.) Diese Bescheidbestimmung betrifft die Einlagerung von Benzin-, Öl- oder ähnlichen Stoffen, wofür eine besondere w.r. Bewilligung erforderlich ist. Nach Ansicht der Stadtbetriebe Linz könnte die Lagerung von Mineralölderivaten im Rahmen eines WR - Verfahrens in jenem Bereich des engeren Schutzgebietes zugelassen werden, in welchem die dichtende Deckschichte über 4 m mächtig ist. Das ist das Gebiet am westlichen und nordwestlichen Rand des engeren Schutzgebietes. Die Lagerung von Mineralölderivaten sollte nur in der Form gestattet werden, dass oberirdische, von allen Seiten frei zugängliche Tanks, die in einer flüssigkeitsdichten Wanne mit entsprechendem Fassungsraum stehen, zur Anwendung gelangen. Hingegen sollte die Lagerung von Mineralöl in unterirdischen Tanks ausnahmslos verboten werden."

Zur Begründung dieses Antrages wurde im wesentlichen ausgeführt, ein Großteil der seinerzeit erlassenen Wirtschaftsbeschränkungen sei nicht mehr erforderlich. Insbesondere seien in den letzten Jahrzehnten auf den Wissensgebieten der Hydrogeologie, der Bodenkunde und der Grundwasser-Hygiene umfangreiche Forschungen und Untersuchungen durchgeführt worden, die gründlichere und zum Teil neue Erkenntnisse über die Vorgänge, die sich beim Abbau der organischen Substanzen im Boden im Zusammenhang mit der Versickerung von Wasser in den Untergrund abspielen, erbracht hätten.

Bezüglich der weiteren Behandlung dieses Antrages wird, zur Vermeidung von Wiederholungen, auf das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1979, Zl. 151/78, Slg. Nr. 9892/A, verwiesen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Dezember 1977 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, den rechtskräftigen Bescheid des Reichsstatthalters in Oberdonau vom 28. September 1943 in seinen Bestimmungen über das engere Schutzgebiet abzuändern, gemäß § 68 AVG 1950 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, dass für eine materielle Behandlung und Entscheidung kein Raum gegeben sei, weil bereits die verfahrensrechtliche Prüfung ergeben habe, dass die Abänderung des rechtskräftigen Schutzgebietsbescheides nicht zulässig sei. Demnach könne die Behörde erster Instanz das bei ihr anhängige Verwaltungsverfahren nur im Grunde der Bestimmungen des § 68 Abs. 1 AVG 1950 durch Zurückweisung des mehrfach erwähnten Antrages der Beschwerdeführerin wegen entschiedener Sache abschließen.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin berufen. In der Berufungsschrift führt sie im wesentlichen aus, ihrer Auffassung nach liege deshalb keine entschiedene Sache vor, weil der Schutzgebietsbescheid aus 1943 einer anderen bescheidmäßigen Absprache über die Schutzgebietsbestimmungen auf Grund eines geänderten Sachverhaltes nicht im Wege stehe. Voraussetzung der res judicata sei die Identität der Sache. Durch den geänderten Sachverhalt verliere die Rechtskraftwirkung des Bescheides aus 1943 ihre Bedeutung, weil sie gebunden sei an den Sachverhalt zum Zeitpunkt der Entscheidung. Wenn sich auch im vorliegenden Falle nicht der maßgebliche Sachverhalt selbst - im buchstäblichen Sinne des Ausdruckes - geändert habe, so werde man eine später erst möglich gewordene, nähere Sachverhaltsermittlung, die sich überdies auf geänderte wissenschaftliche Erkenntnisse stütze, einer Änderung des Sachverhaltes selbst gleichsetzen müssen.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft hat mit Bescheid vom 28. Februar 1980 gemäß § 66 AVG 1950 der Berufung nicht Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtete die Beschwerdeführerin eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 7. Juli 1980, Zl. 977/80, den Rechtsmittelbescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hat. In der Begründung dieses Erkenntnisses wird ausgeführt, der Landeshauptmann von Oberösterreich habe mit Bescheid vom 9. Dezember 1977 den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für eine Abänderung des Schutzgebietsbescheides aus 1943 nach § 68 Abs. 2 und 3 AVG 1960 nicht gegeben seien. Diesen Bescheid habe die belangte Behörde bestätigt. Die Beschwerdeführerin habe aber im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und in der Beschwerde vorgebracht, die Sach- und Rechtslage habe sich seit dem Jahre 1943 geändert. Weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde hätten aber in den Begründungen ihrer Entscheidungen dargelegt, warum keine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten sei. Mit dem Hinweis auf die Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz und auf das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1979, Zl. 151/78, habe die belangte Behörde der Begründungspflicht im Sinne des § 58 Abs. 2 AVG 1950 nicht entsprochen, da sie damit nicht auf alle in den Rechtsmitteln vorgebrachten Tatsachen und Rechtsausführungen eingegangen sei. Die belangte Behörde hätte nur dann die Zurückweisung durch Abweisung der Berufung bestätigen dürfen, wenn sie auf Grund ihrer Sachverhaltsannahme zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass keine Änderung der Sach- und Rechtslage vorliege.

Der Sachverhalt bedürfe sohin in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung; es sei nicht ausgeschlossen, dass die belangte Behörde bei Bedachtnahme auf die Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Zu dem von der belangten Behörde sodann durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahren brachte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 1980 hinsichtlich der Sachverhaltsänderungen im wesentlichen folgendes vor:

1.) Neue geologische Forschungsarbeiten im weiteren und engeren Bereich des Wasserschutzgebietes hätten genauere Aufschlüsse über die Bodenbeschaffenheit erbracht, die nunmehr eine korrektere Festsetzung der Wasserschutzbestimmungen erlaubten.

2.) Neue sachliche Erkenntnisse auf dem Gebiete des Wasserschutzes ließen heute allgemein andere Aussagen über die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen treffen, als dies vor 30 Jahren der Fall gewesen sei.

3.) In der Zwischenzeit seien die das Schutzgebiet durchziehenden Bäche "Dießenleitenbach" und "Schießstättenbach" reguliert worden. Im Zuge dieser Regulierung seien die Bäche so ausgebaut worden, dass ein Versickern des Bachwassers in das Grundwasser nicht mehr möglich sei.

4.) Schließlich habe das Donaukraftwerk Abwinden/Asten im Jahre 1979 seinen Betrieb aufgenommen. Dadurch sei ein konstant hoher Grundwasserstand bewirkt worden, der eine neue Beurteilung der Erfordernisse des Schutzgebietsbescheides möglich und erforderlich mache.

Die belangte Behörde holte weiters ein Gutachten ihres Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und des ärztlichen Sachverständigen beim Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz ein. Die angehörten Sachverständigen kamen zu dem Ergebnis, dass seit 1943 in den einschlägigen allgemeinen wissenschaftlichen Erfahrungen und Erkenntnissen hinsichtlich der Wasserversorgungsanlage der Beschwerdeführerin keine solche Änderung der Beurteilungskriterien und der Sachlage eingetreten sei, dass eine Abänderung des rechtskräftigen wasserrechtlichen Bescheides aus 1943 im Sinne der von der Beschwerdeführerin für das engere Schutzgebiet beantragten Erleichterungen vertretbar erschiene. Der Beschwerdeführerin wurden die eingeholten Gutachten zur Kenntnis gebracht mit der Möglichkeit, hiezu Stellung zu nehmen, wovon sie auch Gebrauch gemacht hat.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 8. März 1983 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge gegeben. In der Begründung wird nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der eingeholten Gutachten ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe nicht mit einem stichhältigen Gegengutachten, insbesondere in hygienischer Fachrichtung, den eingeholten Gutachten entgegenzutreten vermocht. Seitens der ärztlichen Amtssachverständigen, und zwar nicht nur der belangten Behörde, sondern auch der Wasserrechtsbehörde erster Instanz, werde, wenn dem Antrag der Beschwerdeführerin stattgegeben werden würde, eindeutig eine im öffentlichen Interesse wahrzunehmende Verunreinigung im Sinne des § 105 lit. a, e und f, in Verbindung mit § 34 Abs. 1 WRG 1959 befürchtet. Dieser medizinisch-wissenschaftlich keineswegs entkräfteten Fachmeinung komme aber Vorrangigkeit zu, sie lasse maßgebende Änderungen in der Sachlage ausgeschlossen erscheinen. Im übrigen habe sich aber auch der Amtssachverständige für Wasserwirtschaft und Hydrographie der Behörde erster Instanz klar dahin geäußert, dass bei der derzeitigen Grundwassersituation und der ständig zunehmenden Umweltbelastung eine Verkleinerung des engeren Schutzgebietes sowie auch eine Erleichterung der Schutzgebietsbestimmungen aus ökologischer Sicht nicht vertretbar sei. Selbst der von der Beschwerdeführerin für angeblich neue wissenschaftliche Erkenntnisse ins Treffen geführte Amtssachverständige für Geologie der Behörde erster Instanz habe schließlich einräumen müssen, dass die Herausnahme von Grundstücken, gleichgültig welcher Größe und Form, aus den bestehenden Schutzgebietszonen ebenso abzulehnen sei wie die Errichtung von Bauwerken in der Zone II des engeren Schutzgebietes ohne Einschränkung auf den Verwendungszweck und die Fundierungstiefe sowie auf die Lagerung von Mineralölderivaten im engeren Schutzgebiet. Wesentlich sei auch die Aussage des Amtssachverständigen, dass bisher das Wasserwerk Heilham rund 70 % Uferfiltrat von der Donau bezogen habe und dass nach Adaptierungsmaßnahmen im Rückstauraum des Donaukraftwerkes Abwinden/Asten durch die Kraftwerksgesellschaft dieses Wasser nur mehr auf Umwegen eingezogen werden könne, weswegen sich ein größeres Fließgefälle und damit größere Fließgeschwindigkeiten einstellen würden. Daraus ergebe sich, dass weder Verkleinerungen des Schutzgebietes noch sonstige Änderungen der bisherigen Schutzanordnungen in Betracht gezogen werden könnten. Da sich sohin an der für die Rechtskraft maßgebenden Sach- und Rechtslage nichts ins Gewicht Fallendes geändert habe, sei die Entscheidung der Behörde erster Instanz zu Recht getroffen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf zweckadäquate Wasserschutzbestimmungen gemäß § 34 WRG 1959 verletzt. In Ausführung der Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin wie in ihrem Schriftsatz vom 12. Dezember 1980 vor, dass in den neuen geologischen Forschungsarbeiten, den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, in der Regulierung des Dießenleitenbaches und des Schießstättenbaches und in der Errichtung des Donaukraftwerkes Abwinden/Asten eine Änderung des Sachverhaltes gelegen sei. Das verwaltungsbehördliche Beweisverfahren habe wesentliche Sachverhaltsänderungen bestätigt. Im bekämpften Bescheid seien keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden. Ihm könne nicht entnommen werden, von welchen Sachverhaltsdaten die belangte Behörde ausgehe. Zur Frage der Veränderung der Rechtslage seien weder Erhebungen angestellt noch Feststellungen getroffen worden. Der bekämpfte Bescheid zitiere lediglich die in diversen Verfahren eingeholten Gutachten, doch sei eine gehörige Beweiswürdigung nicht einmal ansatzweise vorhanden. Ein Gutachten hygienischer Fachrichtung sei von der belangten Behörde nicht eingeholt worden, sodass von einem Gegengutachten, das die Beschwerdeführerin hätte beibringen können, von vornherein nicht die Rede sein könne. Schließlich habe die belangte Behörde auch die beantragte Beischaffung eines Gutachtens vom 5. Jänner 1971 unterlassen, in dem ein Vertreter der belangten Behörde die Ansicht vertreten habe, dass eine Aufhebung des Verbotes der animalischen Düngung vertretbar erscheine.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG 1965 die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren an das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Juli 1980, Zl. 977/80, gebunden gewesen.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 - auf diese Bestimmung stützt sich der den Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigende angefochtene Bescheid - sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Die Verwaltungsbehörden haben, wie aus dem oben wiedergegebenen Sachverhalt entnommen werden kann, keinen Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG 1950 gefunden.

Im vorliegenden Fall ist allein die Frage zu prüfen, ob die belangte Behörde auf Grund des von ihr durchgeführten und ergänzten Ermittlungsverfahrens zur Annahme kommen durfte, dass sich die dem Schutzgebietsbescheid von 1943 zugrundeliegende Sach- und Rechtslage - soweit sie für den Antrag der beschwerdeführenden Partei maßgebend ist - seither geändert hat oder nicht. Im letztgenannten Fall musste die belangte Behörde davon ausgehen, dass dem Begehren der beschwerdeführenden Partei die Rechtskraft des Bescheides aus dem Jahre 1943 entgegengestanden ist.

Der Schutzgebietsbescheid vom 28. September 1943 gründet sich auf § 31 des Wasserrechtsgesetzes 1934. Nach dieser Bestimmung konnten Verfügungen zum Schutze des Trink- und Nutzwassers gegen Verunreinigung und gegen eine Beeinträchtigung der Ergiebigkeit getroffen werden. Auch die nunmehr in Geltung stehende Bestimmung des § 34 Abs. 1 WRG 1959 sieht wie bisher Anordnungen zum Schutz von Wasserversorgungsanlagen vor. Die Wasserrechtsnovelle 1959 hat diese Möglichkeit noch erweitert: während bisher nur Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken getroffen werden konnten, kann nunmehr auch die Errichtung bestimmter Anlagen untersagt und gegen bestehende Anlagen und Unternehmungen eingeschritten werden. Der Verwaltungsgerichtshof ist insoweit der Ansicht, dass sich die Rechtslage seit dem Jahre 1943 in dem für den vorliegenden Fall relevanten Umfang nicht geändert hat. Auch in der Beschwerde ist diesbezüglich nichts Gegenteiliges vorgebracht worden.

Die Beschwerdeführerin behauptet zunächst, dass neue geologische Forschungsarbeiten und neue wissenschaftliche Erkenntnisse eine Änderung des Sachverhaltes bewirkt hätten, weil diese eine korrektere Bestimmung von Schutzgebietsanordnungen für das Wasser erlauben würden.

Dazu ist zu sagen, dass keine nachträgliche Änderung des Sachverhaltes vorliegt, wenn im Zuge einschlägiger Forschungsarbeiten eine neue fachkundige Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen erfolgt und sich die Meinung der geologischen Sachverständigen über den Einfluss der Umwelt auf das Wasser geändert hat. Die Einrichtung der materiellen Rechtskraft soll u.a. Rechtssicherheit gewährleisten, solange nicht öffentliche Interessen anderes erfordern (vgl. etwa § 68 Abs. 3 und 4 AVG 1950) oder die Voraussetzungen der Wiederaufnahme nach § 69 AVG 1950 vorliegen.

Die von der Beschwerdeführerin weiters vorgebrachte Tatsache der Regulierung des Dießenleiten- und Schießstättenbaches war eine Vorbedingung für den wirksamen Schutz des Wasservorkommens gegen Verunreinigung und führte zu einem im Bescheid vom 28. September 1943 enthaltenen Auftrag zur Regulierung dieser Bäche an die Beschwerdeführerin. Sachverhaltsbezogen hat sich daher auch diesfalls seit der Rechtskraft des Bescheides vom Jahre 1943 nichts geändert, stellt doch die Erfüllung einer mit Bescheid vorgesehenen Auflage nicht eine Änderung des Sachverhaltes im Sinne oben stehender Ausführungen dar, sondern dient vielmehr der Umsetzung dieses Bescheides in die Wirklichkeit.

Schließlich erblickt die Beschwerdeführerin in der Errichtung des im Jahre 1979 in Betrieb genommenen Donaukraftwerkes Abwinden/Asten eine Änderung des Sachverhaltes; dadurch sei ein konstant hoher Grundwasserstand bewirkt worden, der eine neue Beurteilung der Erfordernisse des Schutzgebietes möglich und erforderlich mache.

Zwar hat nach Meinung der eingeholten Sachverständigengutachten dieses Donaukraftwerk auf das Grundwasser des Wasserwerkes Heilham einen Einfluss, doch übersieht die Beschwerdeführerin, dass dieser nicht wesentlich für die aus einer rechtlichen Betrachtungsweise vorzunehmende Beurteilung des Begriffes "Identität der Sache" oder "unveränderte Sachlage" ist. Wie der Begründung des bekämpften Bescheides zu entnehmen ist, war im Jahre 1943 für die Beurteilung der Bestimmung der Grenzen des Schutzgebietes eine Verweildauer des Wassers von 60 Tagen zu Grunde gelegt worden. Eine Änderung dieser Sachverständigenmeinung ist, wie bereits dargelegt, für den Beschwerdefall rechtlich bedeutungslos. Die im nunmehrigen Verfahren angehörten Sachverständigen haben in ihren an sich schlüssigen Gutachten jenen Einfluss des Donaukraftwerkes auf das Grundwasser in der Richtung beurteilt, dass es durch die Errichtung des genannten Kraftwerkes zu einer Erhöhung der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers und damit zur Verkürzung der Verweildauer kommt. Diesen sachkundigen Aussagen - welche keineswegs für die von der Beschwerdeführerin angestrebte Erleichterung der Schutzgebietsbestimmungen sprechen - ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten. Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin die Wiederaufrollung des Verfahrens zur Festsetzung von Schutzgebietsbestimmungen nur in dem Umfang der Erleichterung der in obiger Sachverhaltsdarstellung wiedergegebenen bestimmten Verbote begehrte und nicht eine Änderung der Schutzgebietsgrenzen anstrebte, geht es aber heute wie im Jahre 1943 um den Schutz des Wasservorkommens gegen Verunreinigung und gegen die Beeinträchtigung der Ergiebigkeit. Die belangte Behörde hat somit nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie zu der Ansicht gelangte, dass keine für den Beschwerdefall rechtlich bedeutsame Änderung des Sachverhaltes seit dem Jahre 1943 eingetreten ist.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist der erhobenen Verfahrensrüge der Boden entzogen. Insbesondere war ein Eingehen "auf das Gutachten des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 5. 1. 1971", das im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1974, Zl. 1380/72, wiedergegeben ist, entbehrlich, da die darin vertretene Ansicht der Landwirtschaftlich-Chemischen Bundesversuchsanstalt in Wien II, eine Aufhebung des Verbotes der animalischen Düngung erscheine vertretbar, schon deshalb für den vorliegenden Beschwerdefall ohne Bedeutung ist, da dieses in einem anderen Verfahren abgegebene Gutachten noch keine abschließende Beurteilung der im Zusammenhang zu beantwortenden Fragen unter dem Gesichtspunkt der Humanhygiene erlaubt hat. Die Beurteilung solcher Fragen kommt in erster Linie dem ärztlichen Sachverständigen zu (vgl. § 108 Abs. 6 WRG 1959).

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG 1965, in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 20. September 1983

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