VwGH 83/06/0055

VwGH83/06/005526.5.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Mag. Onder, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde des Dkfm. J und der I U, beide in G, beide vertreten durch Dr. Margot Tonitz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Pfarrplatz 5/I, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 4. Februar 1983, GZ 8 BauR 1- 61/1/1983, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben, (mitbeteiligte Parteien: 1.) X-Siedlungsgesellschaft m.b.H. in V, vertreten durch Dr. Wilfried Piesch und Dr. Albert Ritzberger, Rechtsanwälte in Villach, Widmanngasse 43, 2.) Gemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §8 impl;
BauansuchenV Krnt 1969 §1;
BauO Krnt 1969 §13 Abs2 lita;
BauO Krnt 1969 §13 Abs2 litb;
BauO Krnt 1969 §13 Abs2 litc;
BauO Krnt 1969 §18;
BauO Krnt 1969 §3;
BauO Krnt 1969 §4;
BauRallg impl;
BauRallg;
AVG §37;
AVG §8 impl;
BauansuchenV Krnt 1969 §1;
BauO Krnt 1969 §13 Abs2 lita;
BauO Krnt 1969 §13 Abs2 litb;
BauO Krnt 1969 §13 Abs2 litc;
BauO Krnt 1969 §18;
BauO Krnt 1969 §3;
BauO Krnt 1969 §4;
BauRallg impl;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- und der Erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 3.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. Dezember 1981 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde G der erstmitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer zweigeschossigen Wohnbauanlage mit ausgebautem Dachgeschoß (18 Wohneinheiten) in Form von zwei versetzten Baukörpern im Ausmaß von 14,00 m x 21,50 m auf den Grundstücken Nr. n1, n2 und n3, KG W, unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen und Bedingungen. Begründend erachtete die Baubehörde erster Instanz die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung als gegeben und die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen als nicht stichhaltig.

Auf Grund der dagegen von den Beschwerdeführern (und anderen Nachbarn) erhobenen Berufung behob der Gemeindevorstand anlässlich seiner Sitzung vom 15. Februar 1982 den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Baubehörde erster Instanz zurück. Die Baubehörde zweiter Instanz vertrat die Ansicht, das Ermittlungsverfahren sei zur Frage, ob eine dem Gesetz entsprechende Zufahrt sichergestellt sei, mangelhaft geblieben.

Der dagegen von der erstmitbeteiligten Partei erhobenen Vorstellung gab die Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom 29. Juni 1982 Folge und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Begründend führte die Aufsichtsbehörde aus, die Bestimmungen des § 66 Abs. 2 AVG 1950 seien zu Unrecht angewendet worden, hätte doch die Berufungsbehörde Ergänzungen des Sachverhaltes selbst vornehmen müssen.

Nach Einholung ergänzender Stellungnahmen und Gewährung des Parteiengehörs bestätigte der Gemeindevorstand mit Bescheid vom 7. Oktober 1982 den erstinstanzlichen Bescheid. Zur Begründung führte die Gemeindebehörde zweiter Instanz aus, auf Grund der eingeholten Stellungnahmen des Amtes der Kärntner Landesregierung und des Landesgendarmeriekommandos sei die Zufahrt entsprechend und eine Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Straßenverkehrs sei nicht zu erwarten. Auch den übrigen von den Beschwerdeführern (und anderen Nachbarn) erhobenen Einwendungen käme keine Berechtigung zu, was im einzelnen näher begründet wurde.

Die von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung wies die Kärntner Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 4. Februar 1983 als unbegründet ab. Die Gemeindeaufsichtsbehörde ging davon aus, den Nachbarn stehe nach der Kärntner Bauordnung kein subjektiv öffentliches Recht darauf zu, dass eine dem Gesetz entsprechende Zufahrt gewährleistet sei. Auch die Bestimmungen des § 3 der Kärntner Bauvorschrift betreffend Bodenbeschaffenheit dienten nicht dem Interesse der Nachbarn. Vorschriften, die den Nachbarn einen Schutz vor Lärm und Geruchseinwirkungen einräumten, seien in den baurechtlichen Normen überhaupt nicht feststellbar. Unbegründet erweise sich auch der Einwand, durch die Errichtung der Wohnhausanlage werde Bachwasser gestaut, welches auf das Grundstück der Beschwerdeführer gelangen könnte. Dafür, dass Abwässer der Wohnhausanlage nicht in den Bach gelangen könnten, sei durch Auflagen vorgesorgt worden. Im übrigen seien die eingeholten Gutachten zu Recht als schlüssig und ausreichend qualifiziert worden.

 

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid dadurch in ihren Rechten verletzt, dass der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben sei, der von den Unterbehörden festgestellte Sachverhalt den Spruch des Bescheides nicht rechtfertigen könnte und insbesondere der, erstmitbeteiligten Partei auf Grund der von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen in Verbindung mit den Bestimmungen der Kärntner Bauordnung sowie der Kärntner Bauvorschriften die beantragte Baubewilligung nicht hätte erteilt werden dürfen. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei erstattete Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Breiten Raum in der Beschwerde nehmen die Ausführungen ein, welche dartun sollen, dass die Zufahrt zu dem bewilligten Bauvorhaben deshalb nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspreche, weil sie in einem bestimmten Bereich nur eine Breite von 3,92 m aufweise. Diesen Ausführungen halten die belangte Behörde und die erstmitbeteiligte Partei in ihren Gegenschriften entgegen, dass Fragen des Zuganges oder der Zufahrt nicht Gegenstand eines subjektiv öffentlichen Nachbarrechtes seien. Der Verwaltungsgerichtshof teilt auf Grund der Bestimmungen der Kärntner Bauordnung diese Auffassung.

Nach § 13 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung hat die Behörde die Baubewilligung zu erteilen, wenn dem Vorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung öffentliche Interessen, insbesondere solche der Sicherheit, der Gesundheit, der Energieersparnis, des Verkehrs, des Fremdenverkehrs sowie die Erhaltung des Landschaftsbildes und des Schutzes des Ortsbildes nicht entgegenstehen.

Gemäß § 13 Abs. 2 der Kärntner Bauordnung darf die Baubewilligung bei Vorhaben nach § 4 lit. a bis c - im Beschwerdefall handelt es sich um die Errichtung von Gebäuden im Sinne der lit. a - darüber hinaus nur erteilt werden, wenn kein Grund nach § 9 Abs. 2 entgegensteht und eine Art, Lage und Verwendung des Vorhabens entsprechende

  1. a) Verbindung zu einer öffentlichen Fahrstraße,
  2. b) Wasserversorgung und
  3. c)

    Abwasserbeseitigung

    sichergestellt ist. Nach § 9 Abs. 2 lit. f des Gesetzes hat die Behörde schon bei der Vorprüfung festzustellen, ob dem Vorhaben offensichtlich unbehebbare Hindernisse einer Verbindung mit einer öffentlichen Fahrstraße entgegenstehen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Verwaltungsbehörden, dass den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Bestimmungen des § 13 Abs. 2 lit. a der Kärntner Bauordnung nicht zusteht (vgl. das Erkenntnis vom 19. November 1981, Zl. 06/0640/80; auf die Bestimmungen des Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, wird hingewiesen). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Vorschriften über das Erfordernis eines bestimmten Zuganges oder einer bestimmten Zufahrt keine Nachbarrechte begründen, dient doch eine solche Vorschrift nicht auch dem Interesse Nachbarschaft (vgl. etwa die Erkenntnisse Slg.N.F. Nr. 618 /A, 9373/A, u.a.). Der Gerichtshof hält an dieser Rechtsprechung fest, zumal die Beschwerdeführer nicht aufzeigen konnten, aus welchen Gründen ihrer Meinung nach die bisherige Rechtsprechung der aufgezeigten Rechtslage nicht gerecht werde. Kam aber den Beschwerdeführern in dieser Beziehung ein subjektivöffentliches Nachbarrecht gar nicht zu, erübrigte sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die eingeholten gutachtlichen Äußerungen einer Ergänzung bedurft hätten oder nicht. Die prozessualen Rechte der Nachbarn gehen nämlich nicht weiter als ihre materiellen Rechte (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse Slg. N.F. Nr. 8070/A, vom 8. November 1977, Zl. 2177, 2178/77, u.a.). Die belangte Behörde konnte daher auch die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten verletzen, wenn sie in diesem Zusammenhang gestellten Beweisanträgen nicht näher getreten ist.

    Die Beschwerdeführer erachten sich ferner dadurch in ihren Rechten verletzt, dass Baupläne und Baubeschreibung ihrer Meinung nach mangelhaft geblieben seien. Auch in dieser Beziehung verkennen die Beschwerdeführer die Rechtslage. Der Nachbar besitzt nämlich keinen Rechtsanspruch darauf, dass die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig und der Rechtslage entsprechend der Baubehörde vorgelegt werden, sondern nur darauf, dass die vorgelegten Unterlagen ausreichen, um dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte benötigt. In dieser Beziehung konnte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, dass die vorgelegten Unterlagen ausreichten, das Bauvorhaben unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Nachbarrechten zu beurteilen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse Slg.N.F.Nr. 8579/A, vom 8. November 1977, Zl. 2177, 2178/77, u. a.).

    Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Orts- und Landschaftsbildes geltend machen, übersehen sie, dass auch in dieser Beziehung ihnen ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht nicht zusteht (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg.N.F. Nr. 3600/A. u.a.). Das gleiche gilt hinsichtlich der Behauptung, Abstellplätze seien in unzureichendem Umfang vorgesehen (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes N.F.Nr. 7510/A, und vom 4. Juli 1978, Zl. 452/76), sowie des Vorbringens, die Abwasserbeseitigung sei nicht sichergestellt (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg.N.F. Nr. 9007/A, und vom 7. Dezember 1976, Zl. 1987, 1988/76).

    Wenn die Beschwerdeführer weiter die Bodenqualität des Geländes in Zweifel ziehen, auf welchem das Bauvorhaben verwirklicht werden soll, so wird in diesem Zusammenhang nicht etwa eine Rutschgefahr behauptet, vielmehr wurde auf Verwaltungsebene dargetan, es bestünde Gefahr, dass Abwässer in das Grundwasser gelangen könnten. Auch sei es nicht möglich, so wurde etwa in der Berufung behauptet, bei der gegebenen Bodenqualität überhaupt ordnungsgemäß die beabsichtigten Objekte zu errichten. Abgesehen davon, dass das durchgeführte Ermittlungsverfahren keinen Hinweis für die Richtigkeit dieser Behauptungen erbracht hat, vermag der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführer nicht zu erkennen, inwieweit sie in dieser Hinsicht behaupten, in einem subjektivöffentlichen Nachbarrecht verletzt worden zu sein. Wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt wurde, dürfen gemäß § 3 der Kärntner Bauvorschriften 1980, LGBl. Nr. 61, Gebäude und sonstige bauliche Anlagen nicht auf Grundstücken errichtet werden, die sich im Hinblick auf die Bodenbeschaffenheit, die Grundwasserverhältnisse oder wegen einer Gefährdung durch Hochwasser, Lawinen, Steinschlag oder wegen ähnlicher Gefahren für eine Bebauung nicht eignen; dies gilt insofern nicht, als diese Gefahren durch geeignete Maßnahmen abgewendet werden oder keine Gefährdung von Menschen eintritt oder wenn es sich um bauliche Anlagen zur Abwehr oder Verringerung von Gefahren handelt. Eine mangelnde Bodenqualität, welche keine Auswirkungen auf Rechte von Nachbarn hat, kann nicht zu einer Versagung des Bauvorhabens führen; im übrigen hätte die Behörde bei schlechter Bodenbeschaffenheit Maßnahmen zu ergreifen, die gegebene Gefahren abwenden können, was der Aktenlage nach gar nicht erforderlich war. Dass aber die konkret vorgesehene Abwasserbeseitigung gesetzlichen Bestimmungen widerspricht, konnten auch die Beschwerdeführer nicht aufzeigen.

    Soweit schließlich geltend gemacht wird, durch die abgestellten Pkw trete eine Geruchs- und Abgasbelästigung in gesetzlich nicht tolerierter Form ein, haben die Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, welche gesetzlichen Bestimmungen hier verletzt worden sein sollen. Schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführer entgegengehalten, dass Vorschriften, die einen Schutz der Nachbarn vor Lärm und Geruchseinwirkungen der geltend gemachten Art einräumten, nach den hier maßgeblichen Regelungen des Kärntner Baurechtes nicht feststellbar seien. Einen Immissionsschutz dieser Art kennt das Kärntner Baurecht tatsächlich nicht (vgl. etwa den 11. Abschnitt der Kärntner Bauvorschriften betreffend Garagen, sowie das hg. Erkenntnis vom 5. November 1974, Zl. 1037/72).

    Zusammenfassend konnten sohin die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte durch den angefochtenen Bescheid nicht dartun, weshalb ihre Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

    Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

    Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft einen Betrag von S 200,-- an Stempelgebühren (es waren lediglich S 100,-- pro Ausfertigung erforderlich).

    Wien, am 26. Mai 1983

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