VwGH 83/05/0054

VwGH83/05/005420.9.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Dr. Draxler, DDr. Hauer, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des FB in W, vertreten durch Dr. Erhart Weinberger, Rechtsanwalt in Wien I, Kohlmarkt 9, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. März 1983, Zl. II/2- V-8317, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) RG in W, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwalt in Wien I, Stubenring 20, 2) Stadtgemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8 impl;
BauO NÖ 1976 §118 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §121 Abs2 idF 8200-1;
BauRallg impl;
BauRallg;
VwRallg;
AVG §8 impl;
BauO NÖ 1976 §118 idF 8200-1;
BauO NÖ 1976 §121 Abs2 idF 8200-1;
BauRallg impl;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bundesland Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. Oktober 1973 erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde L der erstmitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Baubewilligung zur Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes auf dem Grundstück Nr. 41/2,

KG. H.

In einer Eingabe vom 16. März 1982 beanstandete der Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstückes Nr. 41/3, KG. H, dass ihm der Bescheid vom 24. Oktober 1973 nicht zugestellt worden sei, obwohl er zum Zeitpunkt der "Bescheiderstellung" noch grundbücherlicher Eigentümer des verbauten Grundstückes gewesen sei.

Nach Zustellung des Bescheides erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Berufung, in welchem er ausführte, er sei im Jahre 1973 noch Miteigentümer des Grundstückes Nr. 41/2 KG. H, gewesen und habe der Errichtung des bewilligten Gebäudes nicht zugestimmt. Er sei weder als Miteigentümer noch als Anrainer zu einer Bauverhandlung geladen worden. Das angebliche Wirtschaftsgebäude werde als Wohnhaus für ständige Unterbringung von Personen verwendet. Der Beschwerdeführer beantrage auf Grund der angeführten Tatsachen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Dieser Berufung gab der Gemeinderat der Stadtgemeinde L mit Bescheid vom 19. Jänner 1983 keine Folge. Zur Begründung führte die Baubehörde zweiter Instanz aus, der Beschwerdeführer sei zur Bauverhandlung nicht geladen worden, weshalb ihm der Baubewilligungsbescheid zuzustellen gewesen sei. In der Berufung hätte der Beschwerdeführer zwar erklärt, dass er seine Rechte im Verfahren nicht hätte wahrnehmen können, er habe jedoch nicht dargetan, in welchen Rechten er durch die Bauführung beeinträchtigt werde, sodass dem Rechtsmittel ein Erfolg zu versagen gewesen sei.

In seiner dagegen erhobenen Vorstellung wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen betreffend fehlender Zustimmung zum Bauvorhaben und betreffend Benützung des Wirtschaftsgebäudes als Einfamilienwohnhaus. Weiters führte er aus, das Objekt befinde sich im Waldbereich und enthalte zwei Kamine, sodass eine Brandgefahr entstehen könnte. Da es sich nicht mehr um ein Wirtschaftsgebäude sondern um ein Wohnhaus handle, ersuche er, den Bescheid vom 24. Oktober 1973 aufzuheben und ein neues Verfahren einzuleiten.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 11. März 1983 wies die Niederösterreichische Landesregierung die Vorstellung als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens vertrat die Gemeindeaufsichtsbehörde die Ansicht, dass seinerzeit das Baubewilligungsverfahren im Hinblick auf die fehlende Zustimmung des Beschwerdeführers als Miteigentümer mangelhaft geblieben, dieser Mangel jedoch dadurch saniert worden sei, dass der Erstmitbeteiligte nunmehr Alleineigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstückes sei. Dem Beschwerdeführer sei der Baubewilligungsbescheid zugestellt worden und er habe sohin die Möglichkeit erhalten, seine baurechtlich geschützten Anrainerrechte geltend zu machen. Eine Verletzung von solchen Rechten habe der Beschwerdeführer aber weder in der Berufung noch in der Vorstellung behauptet. Die Aufsichtsbehörde hätte auch nicht feststellen können, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in baurechtlich geschützten Rechten verletzt worden sei.

 

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht als Anrainer auf eine den geltenden Bestimmungen entsprechende Bebauungsweise des Nachbargrundstückes verletzt, weil mit dem angefochtenen Bescheid seine Vorstellung mit unzureichender Begründung abgewiesen worden sei. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, dass mit der Zustellung des Bescheides aus dem Jahre 1973 im Jahre 1982 das Bewilligungsverfahren nicht derart saniert worden sei, dass Einwendungen, welche sich aus der Sach- und Rechtslage zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides ergeben hätten, nunmehr unbeachtlich wären. Komme im Baubewilligungsverfahren hervor, dass die Bewilligung zu versagen wäre, so habe dies auch dann zu geschehen, wenn die Umstände durch Einwendungen der Anrainer hervorgekommen seien. Die Baubewilligung wäre aber wegen Verletzung des Raumordnungsgesetzes gemäß § 100 Abs. 4 der NÖ Bauordnung zu versagen gewesen. Insofern sei der Bescheid im Sinne des § 118 Abs. 4 der NÖ Bauordnung nichtig. Schon deshalb wäre der Vorstellung Folge zu geben gewesen, allerdings nicht durch Linderung des Bescheides, sondern durch Aufhebung. Offensichtliche Verstöße gegen verfahrensrechtliche Bestimmungen seien im Rechtsmittelverfahren nicht aufgegriffen worden. Dem Beschwerdeführer selbst sei die nachträgliche baubehördliche Bewilligung zur Errichtung von Gerätehütten auf seinem benachbarten Grundstück nicht erteilt worden, wobei sich dieser Bescheid ausdrücklich auf § 100 Abs. 4 der NÖ Bauordnung gestützt habe, weil das Gelände seit 1975 als Grünland mit landwirtschaftlicher Nutzung ausgewiesen sei; Neu- und Umbauten dürften nach § 19 Abs. 2 und 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 nur zugelassen werden, wenn sie für die Grünlandnutzung erforderlich seien. Dasselbe treffe für die Bauführung des Mitbeteiligten zu. Der Beschwerdeführer habe gemäß § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung als Anrainer ein subjektives öffentliches Recht darauf, dass die dem Flächenwidmungsplan und dem Raumordnungsgesetz entsprechende Bebauungsweise eingehalten werde.

Zu diesem Vorbringen ist zunächst zu bemerken, dass der Beschwerdeführer als Anrainer nach den Bestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nur dann einen Rechtsanspruch auf Versagung der Baubewilligung des Bauvorhabens besitzt, wenn er eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte geltend macht. Der Beschwerdeführer wurde von der Gemeindebehörde als übergangene Partei angesehen und in dieser Eigenschaft wurde ihm nachträglich im Jahre 1982 der Baubewilligungsbescheid vom 24. Oktober 1973 zugestellt. Dem Beschwerdeführer wurde sohin die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen seiner Berufung und im Rahmen des Berufungsverfahrens seine ihm zustehenden Rechte geltend zu machen. In seiner Berufung hat der Beschwerdeführer, wie in der Sachverhaltsdarstellung aufgezeigt, zunächst geltend gemacht, er habe der Errichtung des Gebäudes als damaliger Miteigentümer der Liegenschaft nicht zugestimmt und er sei überdies als Anrainer zur Bauverhandlung nicht geladen worden. Hinsichtlich dieses Vorbringens hatte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt, dass diese Mängel des damaligen Baubewilligungsverfahrens nunmehr dadurch saniert würden, dass einerseits - hinsichtlich der Zustimmung der Grundeigentümer zur Bauführung - der Erstmitbeteiligte nunmehr Alleineigentümer des Grundstückes ist und andererseits - hinsichtlich des Mitwirkungsrechtes der Nachbarn - dem Beschwerdeführer der Baubewilligungsbescheid nunmehr zugestellt worden ist. Der bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer seinerzeit zur Bauverhandlung nicht geladen worden ist, begründet keinen Rechtsanspruch auf Aufhebung des das Verfahren abschließenden Bescheides. Insofern verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage.

Mit dem weiteren Vorbringen in der Berufung, die Baubehörde hätte ein Wirtschaftsgebäude genehmigt, das angebliche Wirtschaftsgebäude werde jedoch als Wohnhaus für die ständige Unterbringung von Personen verwendet, hat der Beschwerdeführer gleichfalls eine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes nicht dargetan. Wenn nämlich lediglich ein Wirtschaftsgebäude bewilligt worden ist, dann kann im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nicht eine später erfolgte widmungswidrige Verwendung mit Erfolg gerügt werden. Im übrigen hat der Beschwerdeführer selbst dargelegt, dass erst seit dem Jahre 1975 die Widmung Grünland mit landwirtschaftlicher Nutzung im Flächenwidmungsplan ausgewiesen sei, sodass sie für die 1973 erteilte baubehördliche Bewilligung keine Bedeutung besitzt. Ausdrücklich bestimmt nämlich § 121 Abs. 1, Satz 2, der NÖ Bauordnung 1976, in der Fassung der Novelle 1981, LGBl. 8200-1, dass Rechtsmittel übergangener Nachbarn nach den zur Zeit der angefochtenen Entscheidung gültigen Bestimmungen zu behandeln sind.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 20. September 1983

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