Normen
AlVG 1977 §56 Abs3;
AVG §18 Abs4;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art89 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2 impl;
AlVG 1977 §56 Abs3;
AVG §18 Abs4;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art89 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2 impl;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid des Arbeitsamtes Klagenfurt vom 13. Juli 1981 wurde der Beschwerdeführer zum Rückersatz bezogenen Arbeitslosengeldes verpflichtet, weil er vom 2. August bis 31. August 1980 Arbeitslosengeld bezogen habe, obwohl er in einem Dienstverhältnis gestanden sei.
Der Beschwerdeführer hat gegen diesen Bescheid berufen.
1.2. Mit Datum vom 8. Februar 1982 hat das Landesarbeitsamt Kärnten unter der GZ. IVa-7022 B einen Bescheid erlassen, dessen Vorspruch und Spruch wie folgt lauten:
"Über Ihre Berufung vom 24. 8. 1981 gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Klagenfurt vom 13. 7. 1981 hat der gemäß § 56 Abs. 3 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/77 vom 21. 12. 1977, in der zuletzt geltenden Fassung, bestellte Unterausschuss der Verwaltungskommission (Verwaltungsausschuss) beim Landesarbeitsamt Kärnten wie folgt entschieden:
Der Berufung wird
keine Folge gegeben
und der angefochtene Bescheid des Arbeitsamtes Klagenfurt bestätigt. Ein Tatbestand gemäß § 25 Abs. 1 AlVG liegt vor."
Der Bescheid weist eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung auf und ist gefertigt: "Für den Leiter:" Unterschrift "(Abteilungsleiter)". Im Kopf der Bescheidausfertigung scheint das "Landesarbeitsamt Kärnten" auf.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Insbesondere wird die Rechtswidrigkeit des Bescheides unter Bezugnahme auf die §§ 38 Abs. 4 und 43 Abs. 3 UOG darin erblickt, dass die belangte Behörde ein Dienstverhältnis angenommen habe, obwohl ein solches durch die Erteilung eines remunerierten Lehrauftrages nicht begründet werde. Überdies fehlten Ermittlungen darüber, für welchen Zeitraum der remunerierte Lehrauftrag erteilt worden sei.
1.4. Mit Berichterverfügung vom 2. April 1982 hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren eingeleitet und die Beschwerde der belangten Behörde mit der Aufforderung zugestellt, binnen acht Wochen eine Gegenschrift einzubringen; gleichzeitig wurde der belangten Behörde unter Hinweis auf die Säumnisfolgen nach § 38 Abs. 2 VwGG 1965 aufgetragen, binnen der gleichen Frist die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie einen Nachweis über die kollegiale Beschlussfassung im Verwaltungsausschuss (Auszug aus dem Sitzungsprotokoll) vorzulegen. Die Berichterverfügung enthielt außerdem die Bemerkung, dass über die Gegenschrift der belangten Behörde kollegial Beschluss zu fassen sei.
Mit Schriftsatz vom 17. Mai 1982 hat das Landesarbeitsamt Kärnten durch seinen stellvertretenden Leiter die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Ein Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Verwaltungsausschusses ist den Verwaltungsakten nicht angeschlossen worden.
1.5. Auf Grund neuerlicher Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof hat das Landesarbeitsamt Kärnten mit Schreiben vom 4. August 1982 mitgeteilt, dass die Vorlage eines Nachweises der kollegialen Beschlussfassung über den in Beschwerde gezogenen Berufungsbescheid "dem Landesarbeitsamt in direkter Art und Weise nicht möglich" sei. Das Landesarbeitsamt nehme spezielle kollegiale Beschlussfassungen über Bescheide gemäß § 56 Abs. 3 AlVG im Einvernehmen mit dem im § 56 Abs. 3 erwähnten Ausschuss aus Rationalitätsgründen nicht in jedem Fall vor. In einer, als in dieser Angelegenheit grundsätzlich zu bezeichnenden Sitzung dieses Ausschusses vom 13. Dezember 1951 sei festgehalten worden, dass das Landesarbeitsamt bei Berufungen, welchen nach den gesetzlichen Bestimmungen (gemeint gewesen seien hier insbesondere Fälle, in denen keine "Kannbestimmungen" gegeben seien) keine Folge bzw. Folge gegeben werden könne, ohne spezielle Vorlage an den Berufungsausschuss vorgehen dürfe. In der Anlage zu diesem Schreiben vom 4. August 1982 hat das Landesarbeitsamt Kärnten eine Ablichtung des genannten Protokolles vom 13. Dezember 1951 vorgelegt. Darin heißt es wörtlich: "Dem Antrag des Vorsitzenden, wonach eingebrachte Berufungen, welchen nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Folge bzw. Folge gegeben werden kann (Nichterfüllung der Anwartschaft, Arbeitsunfähigkeit usw.) ohne Vorlage an den Berufungsausschuss gleich durch das Landesarbeitsamt bearbeitet werden können, wurde einhellig zugestimmt."
Mit einem weiteren Schreiben vom 25. August 1982 hat das Landesarbeitsamt Kärnten über weitere Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof mitgeteilt, dass der erwähnte Beschluss des Ausschusses vom 13. Dezember 1951 "des öfteren öffentlich kundgemacht" worden sei. Diese Kundmachung sei dergestalt erfolgt, "dass in den an die Öffentlichkeit Jahresberichten (sic!) des Landesarbeitsamtes Kärnten auf die in diesem Beschluss festgelegte Art und Weise der Berufungsentscheidungen hingewiesen wurde". Als Nachweis wurden die Jahresberichte für 1969 und 1970 vorgelegt, in denen es auf Seite 39 bzw. Seite 22 im Berichtstext heißt: "Gegen ablehnende Bescheide wurden 50 Berufungen eingebracht, wovon in 4 Sitzungen 31 Fälle im zuständigen Unterausschuss der Verwaltungskommission und 19 Fälle auf Grund einer Ermächtigung vom Büro erledigt werden konnten" (Text aus dem Bericht 1970).
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 56 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609, ist gegen Bescheide des Arbeitsamtes in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes die Berufung an das Landesarbeitsamt zulässig. Gegen die Entscheidung des Landesarbeitsamtes ist eine weitere Berufung unzulässig. Nach § 56 Abs. 3 AlVG trifft das Landesarbeitsamt die Entscheidung in einem Unterausschuss der zuständigen Verwaltungskommission.
Gemäß § 76 AlVG werden die in diesem Bundesgesetz bezeichneten Verwaltungskommissionen der Landesarbeitsämter und Verwaltungsausschüsse der Arbeitsämter durch ein besonderes Bundesgesetz errichtet. Bis zu ihrer Errichtung sind die Aufgaben, die nach diesem Bundesgesetz den Vermittlungskommissionen der Landesarbeitsämter bzw. den Verwaltungsausschüssen der Arbeitsämter obliegen, von den derzeit bestehenden Verwaltungsausschüssen der Landesarbeitsämter bzw. den Vermittlungsausschüssen der Arbeitsämter zu besorgen.
Über Inhalt und Umfang dieser Rezeptionsnorm gilt für die Rechtslage nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz BGBl. Nr. 609/1977 dasselbe, was der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 1959, Slg. Nr. 3662, auf dem Boden der gleichen Bestimmung im Rahmen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1958, BGBl. Nr. 199, ausgeführt hat.
Gemäß Art. II Abs. 2 lit. D Z. 30 EGVG 1950 findet das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950, dessen § 64 jedoch nur, wenn nicht anderes ausdrücklich bestimmt ist, auf das behördliche Verfahren der Arbeitsämter und der Landesarbeitsämter Anwendung.
2.2. Wie sich aus der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ergibt, liegt dem angefochtenen Bescheid eine kollegiale Beschlussfassung durch den Unterausschuss der zuständigen Verwaltungskommission (Verwaltungsausschuss) nicht zu Grunde.
Die Ermächtigung, die der Verwaltungsausschuss dem Landesarbeitsamt Kärnten mit Beschluss vom 13. Dezember 1951 erteilt hat, bestimmte Berufungsangelegenheiten ohne Vorlage an den Ausschuss zu erledigen, stellt ihrem Inhalt nach einen zuständigkeitsbegründenden generellen Verwaltungsakt dar und wäre daher als Rechtsverordnung entsprechend kundzumachen gewesen. Die wiedergegebene statistische Erwähnung von Erledigungsfällen in Jahresberichten des Landesarbeitsamtes, aus der ersichtlich ist, dass bestimmte Fälle "auf Grund einer Ermächtigung vom Büro erledigt werden konnten", vermag eine gehörige Kundmachung des Beschlusses selbst und seines normativen Inhaltes im Sinne des Art. 89 Abs. 1 B-VG keinesfalls zu ersetzen, wobei schon aus diesem Grund auf die grundsätzliche Eignung der Jahresberichte des Landesarbeitsamtes Kärnten, die Erreichbarkeit aller Normadressaten sicherzustellen und damit als mögliches amtliches Publikationsorgan zu dienen, nicht eingegangen zu werden brauchte. Eine andere Form der Kundmachung hat die belangte Behörde weder behauptet noch ist dies im Verfahren hervorgekommen. Der Beschluss des Verwaltungsausschusses vom 13. Dezember 1951 ist somit keine vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Rechtsnorm: eine Antragstellung vor dem Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung dieses Delegierungsbeschlusses mangels gesetzlicher Deckung (§ 51 Abs. 3 AlVG 1949, BGBl. Nr. 184, § 56 Abs. 3 AlVG 1958, BGBl. Nr. 199/1958, § 56 Abs. 3 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977) musste aus diesem Grund unterbleiben.
2.3. Der angefochtene Bescheid ist für den Leiter des als monokratische Verwaltungsbehörde eingerichteten Landesarbeitsamtes Kärnten von einem Abteilungsleiter gezeichnet; der Spruch enthält die Intimierungsfloskel, über die Berufung des Beschwerdeführers habe "der gemäß § 56 Abs. 3 AlVG ..... bestellte Unterausschuss der Verwaltungskommission (Verwaltungsausschuss) beim Landesarbeitsamt Kärnten wie folgt entschieden: ........ "
Liegt einem Bescheid dieser Art, welcher - nach seinem Erscheinungsbild - intendiert, einem Kollegialorgan zugerechnet zu werden, kein entsprechender Beschluss dieses Organes zu Grunde, dann ist der Bescheid so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1975, Zl. 1250/75, worin noch begründend hinzugefügt wird, in einem solchen Fall - dort handelte es sich um einen für den Gemeinderat gefertigten Bescheid - fehle es nämlich an der Ermächtigung zur Ausfertigung des Bescheides; vgl. ferner das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1978, Zl. 816/78).
Der Verwaltungsgerichtshof gibt bei, der Beantwortung der Frage nach der Fehlerfolge bei Fehlen der kollegialen Willensbildung in jenem Organ, dem der Bescheid zugerechnet werden soll - die Fehlerfolge hiefür hat im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz keine ausdrückliche Regelung gefunden - , in Abwägung der im österreichischen Verwaltungsverfahrensrecht in gleicher Weise zum Ausdruck kommenden Zielsetzungen, Rechtsrichtigkeit und Rechtssicherheit zu gewährleisten, im vorliegenden Fall der vorstehenden Lösung den Vorzug und stellt damit den zweitgenannten Aspekt über den erstgenannten; - dies trotz der Schwere des Fehlers, mangelt es doch zum einen völlig an der Offenkundigkeit des Mangels für den Adressaten. (vgl. Winkler, Die absolute Nichtigkeit von Verwaltungsakten, Tübingen 1960, 3o, 32, der die absolute Nichtigkeit an das Vorliegen von zwei Voraussetzungen bindet, nämlich an Gravität und Evidenz des Fehlers) und liegt zum anderen doch wenigstens der Akt eines unzweifelhaft zu behördlichem Handeln an sich ermächtigten staatlichen Organes vor. Der Fehler erscheint dem Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall aus den genannten Gründen nicht so schwer, dass trotz seiner mangelnden Offenkundigkeit absolute Nichtigkeit angenommen werden müsste (a. A. unter kritischer Bezugnahme auf das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1975, Zl. 1250/75, offenbar Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts2, 141) .
2.4. Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde - der Verwaltungsgerichtshof hatte diesen Mangel gemäß § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG 1965 von Amts wegen wahrzunehmen - gemäß § 42 Abs. 2 lit. b VwGG 1965 aufzuheben.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 8. Oktober 1982
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