VwGH 82/07/0069

VwGH82/07/006914.9.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy über die Beschwerde des Dr. HM in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. März 1982, Zl. Wa-403/3-1982/Spi/Kitz, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. AM,

2. MM, vertreten durch Dr. Alois Nußbaumer, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, Stadtplatz 19), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1976 §35 Abs4;
BauO OÖ 1976 §36 Abs3;
WRG 1959 §10 Abs2;
WRG 1959 §36 Abs1;
BauO OÖ 1976 §35 Abs4;
BauO OÖ 1976 §36 Abs3;
WRG 1959 §10 Abs2;
WRG 1959 §36 Abs1;

 

Spruch:

  1. 1) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
  2. 2) Der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird zurückgewiesen.

    Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,--, dem Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 4.130,-- und der Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 4.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erteilte mit Bescheid vom 7. Oktober 1981 gemäß §§ 10 und 32 WRG 1959 den mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwassernutzung (Grundwasserentnahme und Versickerung des abgekühlten Wassers) für den Betrieb einer Wärmepumpenanlage auf dem Grundstück Nr. 751/22, KG X. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben. In dieser wird im wesentlichen ausgeführt, die Bewilligung zur Ableitung der Abwässer in das Grundwasser hätte nicht erteilt werden dürfen, weil die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Grundwassers bestehe; diese Abwässer hätten in den Ortskanal eingeleitet werden müssen. Mit der erteilten Bewilligung werde eine Gefahr für Gesundheit und Leben seiner Familie, von welcher das Grundwasser regelmäßig als Trinkwasser benutzt werde, heraufbeschworen. Es sei nach der Verfassung nicht zulässig, den Mitbeteiligten aus Bequemlichkeitsgründen und zur Kostenersparnis eine solche Bewilligung zu erteilen. Der Hinweis der Wasserrechtsbehörde erster Instanz auf die Vergütung von eventuellen Schäden gemäß § 26 WRG 1959 sei makaber; denn durch eine Entschädigung könne die ruinierte Gesundheit oder gar der Tod eines Staatsbürgers nicht abgegolten werden.

Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und Wahrung des Parteiengehörs hat der Landeshauptmann von Oberösterreich mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 5. März 1982 die Berufung gemäß § 66 AVG 1950 abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, die Ermittlungen der Behörde erster Instanz und der belangten Behörde hätten ergeben, daß durch die geplante Wasserbenutzung eine Verletzung des öffentlichen Interesses nicht zu erwarten sei. Insbesondere sei durch Festsetzung der Einbringungstemperatur des abgekühlten Wassers (5 Grad Celsius dürfen nicht unterschritten werden) gewährleistet, daß die eingeräumte Wasserbenutzung in einem solchen Rahmen bleibe, daß gesundheitsschädliche Folgen für andere Wasserbenutzer hintangehalten würden. Der beigezogene Amtssachverständige für Hygiene habe auch bestätigt, daß aus der örtlichen Abkühlung des Grundwassers nicht eine generelle Gesundheitsgefährdung abgeleitet werden könne. Vom Genuß kalten Wassers möge in Einzelfällen wegen einer gesundheitlichen Schwächung abzuraten sein, doch würde es zu weit gehen, in der Abkühlung generell eine Ursache für gesundheitliche Schäden und somit eine Verletzung des öffentlichen Interesses zu sehen. Beim Betrieb einer Wärmepumpenanlage erfolge lediglich eine thermische Belastung des abzuleitenden Wassers. Chemikalien könnten nicht zur Ableitung gelangen. Beim Kältemittelkreislauf einer Wärmepumpenanlage handle es sich um einen geschlossenen Kreislauf; beim Auftreten von schadhaften Stellen in diesem Kreislauf sei durch Sicherheitseinrichtungen dafür gesorgt, daß kein Kältemittel in das Grundwasser gelange. Im übrigen handle es sich beim verwendeten Kältemittel um ein sogenanntes Sicherheitskältemittel, dessen toxikologische Unbedenklichkeit auf Warmblüter nachgewiesen sei. Die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Ableitung des abgekühlten Wassers in die Ortskanalisation widerspreche eindeutig dem bestehenden öffentlichen Interesse an der quantitativen Erhaltung des Grundwasserkörpers. Aus diesem Grunde werde im Rahmen von wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für Wärmepumpenanlagen verlangt, daß das genutzte Wasser trotz oftmaliger technischer Schwierigkeiten wiederum zur Gänze in den Entnahmehorizont zurückgeführt werde. Die vom Beschwerdeführer in seinem Brunnen vorgenommenen Nutzung Erfolge auf Grund des § 5 Abs. 2 WRG 1959. Die Wasserversorgungsanlage des Beschwerdeführers werde im Versorgungsbereich der gemeindeeigenen Ortswasserversorgungsanlage betrieben; ein Anschluß an diese sei bereits durchgeführt worden. Daraus folge, daß die Liegenschaft des Beschwerdeführers dem in § 36 WRG 1959 im Grundsatz geregelten und im Oberösterreichischen Gemeindewasserversorgungsgesetz konkret ausgesprochenen Anschlußzwang unterliege. Insbesondere gebe § 2 Abs. 1 des zuletzt genannten Gesetzes dem Anschlußzwang die Wirkung, daß der Bedarf an Trink- und Nutzwasser in den dem Anschlußzwang unterliegenden Objekten ausschließlich aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage gedeckt werden müsse. Diese aus dem Anschlußzwang erfließende Verpflichtung stelle sich sohin im Sinne des § 5 Abs. 2 WRG 1959 als eine durch Gesetz begründete Beschränkung der Nutzung des Grundwassers dar. Da diese Beschränkung im Wasserrechtsverfahren zu berücksichtigen sei, sei dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen, im Zuge eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens seine Nutzungsbefugnis als bestehendes Recht einzuwenden. Die vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren gemachten Einwendungen konnten daher aus dem Titel der Wahrung bestehender Rechte nicht berücksichtigt werden. Selbst eine Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Nutzungsbefugnis könne zu keinem anderen Ergebnis führen, denn nachträgliche Ermittlungen der belangten Behörde hätten bestätigt, daß auf Grund der hydrogeologischen Verhältnisse und der Lage des Brunnens des Beschwerdeführers eine Beeinträchtigung in qualitativer und quantitativer Hinsicht ausgeschlossen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf § 60 AVG 1950 dadurch verletzt, daß das von der belangten Behörde durchgeführte Verfahren mangelhaft geblieben sei, weil die für die Beurteilung des Ansuchens der mitbeteiligten Parteien maßgeblichen Bestimmungen der §§ 1 und 2 des Oberösterreichischen Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes sowie die Bestimmungen der §§ 35 und 36 der Oberösterreichischen Bauordnung nicht berücksichtigt worden seien. Der Beschwerdeführer sei in seinem aus Art. 18 B-VG sich ergebenden Recht dadurch verletzt worden, daß in dem bekämpften Bescheid die Bestimmungen der §§ 1 und 2 des Oberösterreichischen Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes sowie der §§ 35 und 36 der Oberösterreichischen Bauordnung keine Berücksichtigung gefunden hätten. Die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 einerseits stünden zu den Bestimmungen des Oberösterreichischen Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes sowie der Oberösterreichischen Bauordnung andererseits im Verhältnis einer lex generalis zu einer lex specialis; es habe der allgemein anerkannte Rechtsgrundsatz "lex specialis derogat legi generali" zu gelten. Der bekämpfte Bescheid verstoße schließlich gegen den im Art. 2 des Staatsgrundgesetzes verfassungsmäßig festgelegten Grundsatz der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, weil unter Berufung auf das Oberösterreichische Wasserversorgungsgesetz, jedoch unter Mißachtung der Tatsache, daß der Beschwerdeführer eine alte Versorgungsanlage im Sinne des § 2 Abs. 2 Oberösterreichisches Gemeinde-Wasserversorgungsgesetz betreibe, der bekämpfte Bescheid dem Beschwerdeführer die Parteistellung im vorliegenden Verfahren absprechen wolle. Gleichzeitig werde aber den mitbeteiligten Parteien unter Mißachtung der Bestimmungen des Oberösterreichischen Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes eine den Bestimmungen dieses Gesetzes widersprechende Bewilligung zum Bezug von Nutzwasser aus dem Grundwasser erteilt. Die belangte Behörde verlange vom Beschwerdeführer auch, daß er seinen Trink- und Nutzwasserbedarf im Sinne der §§ 1 und 2 des Oberösterreichischen Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Stadt Vöcklabruck decken solle, obwohl er eine völlig einwandfreie alte Wasserversorgungsanlage betreibe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Auch die mitbeteiligten Parteien haben eine Gegenschrift eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Vorhaben der mitbeteiligten Parteien unterliegt der Bewilligungspflicht gemäß §§ 10 Abs. 2 und 32 Abs. 2 lit. b WRG 1959. In dem hierüber durchzuführenden Verfahren war gemäß § 12 Abs. 1 WRG 1959 das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden. Nach Abs. 2 desselben Paragraphen sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren die Einwendung erhoben, daß durch die Versickerung des abgekühlten Grundwassers seine Nutzungsbefugnis nach § 5 Abs. 2 WRG 1959 beeinträchtigt würde. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens kamen auf Grund der eingeholten Gutachten zu dem Ergebnis, daß durch die erteilte Bewilligung weder öffentliche Interessen beeinträchtigt noch bestehende Rechte verletzt werden. Der Beschwerdeführer hat diesen Einwand in der Beschwerde nicht mehr aufrecht erhalten.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren und in der Beschwerde auch behauptet, der erteilten Bewilligung nach § 32 Abs. 2 lit. b WRG 1959 stünden die §§ 35 und 36 der Oberösterreichischen Bauordnung LGBl. Nr. 35/1976, entgegen, da darnach das Wasser in die Gemeindekanalisation abzuleiten wäre. Die belangte Behörde habe zu Unrecht diese Bestimmungen nicht berücksichtigt. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine wasserrechtliche Angelegenheit. Den Bestimmungen der Bauordnung, soweit durch diese der Zuständigkeitsbereich des Bundes berührt wird, kommt keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung zu. Durch sie werden auch die wasserrechtlichen Vorschriften nicht berührt (vgl. §§ 1 Abs. 2 und 35 Abs. 4 der Oberösterreichischen Bauordnung) Diese baurechtlichen Bestimmungen regeln die Ableitung von Abwässern nur aus baurechtlicher Sicht, nicht aber hinsichtlich der Einwirkung auf fremde Rechte und öffentliche Gewässer. Die Wasserrechtsbehörden sind daher nicht berufen, baurechtliche Vorschriften über die Abwasserbeseitigung anzuwenden. Im übrigen ist es Aufgabe der Baubehörde, eine Anschlußpflicht an eine gemeindeeigene Kanalisationsanlage mit Bescheid auszusprechen (§ 36 Abs. 3 erster Satz der Oberösterreichischen Bauordnung). Die belangte Behörde hat daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie für die rechtliche Beurteilung der Ableitung des abgekühlten Grundwassers nicht die §§ 35 und 36 der Oberösterreichischen Bauordnung herangezogen hat.

Der Beschwerdeführer behauptet in der Beschwerde auch, daß der Erteilung der Bewilligung gemäß § 10 Abs. 2 WRG 1959 die §§ 1 und 2 des Oberösterreichischen Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes LGBl. Nr. 38/1956 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 25/1971 entgegenstünden, da nach diesem Gesetz eine Anschlußpflicht bestünde, nämlich derart, daß die mitbeteiligten Parteien das Wasser für ihre geplante Anlage aus der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde Vöcklabruck beziehen müßten. Das Wasserrechtsgesetz als lex generalis gegenüber dem Gemeinde-Wasserversorgungsgesetz als lex specialis habe seine Gültigkeit im Versorgungsbereich der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde Vöcklabruck verloren.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Wasserrechtsbehörden bei einer zu erteilenden Bewilligung auf den Anschlußzwang Rücksicht zu nehmen haben, nicht einzugehen war, weil die Wärmepumpe einschließlich der zu ihrem Betrieb erforderlichen Wasserentnahme keine Wasserversorgungsanlage im Sinne des § 36 Abs. 1 WRG 1959 (s. a. § 1 Abs. 1 Oberösterreichisches Gemeinde-Wasserversorgungsgesetz) darstellt, da eine solche Anlage ihrem Zweck nach nicht auf den Wasserverbrauch gerichtet ist.

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b und Abs. 3 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Für das Begehren, diese Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung weiterzuleiten, mangelt es an einer gesetzlichen Grundlage. Der Antrag war daher zurückzuweisen.

Wien, am 14. September 1982

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