VwGH 81/13/0021

VwGH81/13/002124.11.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. König, über die Beschwerde der P-OHG in W, vertreten durch Dr. Ingrid Martinek-Wehofer, Rechtsanwalt in Wien III, Stammgasse 12, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. November 1980, Zl. 6/1-2330/1/77, betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1973, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §22;
BAO §24 Abs1 litd;
BAO §22;
BAO §24 Abs1 litd;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der Beschwerdeführerin, einer OHG, waren mit einer Kapitaleinlage von je S 1,000.000,-- als Gesellschafter am Gewinn, Verlust und Vermögen beteiligt:

 

a) Dipl.-Ing. H S (Erstgesellschafter) mit

50 %,

b) R S (Zweitgesellschafter) mit

50 %.

 

Mit Stichtag 4. Juni 1973 - für die Schenkungssteuerbemessung und die Einbringung in die GmbH 30. Juni 1973 - wurden zufolge der Schenkungsverträge vom 6. April 1973 - abgeschlossen zwischen dem Erstgesellschafter und seinen Kindern - und vom 26. Juni 1973 - abgeschlossen zwischen dem Zweitgesellschafter und seinen Kindern -

die Beteiligungsverhältnisse wie folgt geändert:

 

a) Erstgesellschafter

30 %

b) M S (Drittgesellschafterin)

10 %

c) A S (Viertgesellschafterin)

10 %

d) Zweitgesellschafter

30 %

e) M R (Fünftgesellschafterin)

10 %

f) R S jun. (Sechstgesellschafter)

10 %

 

Die nunmehr sechs Gesellschafter errichteten mit dem Gesellschaftsvertrag vom 1. Februar 1974 ausschließlich zum Zweck der Fortführung des Unternehmens der Beschwerdeführerin eine GmbH mit einem Stammkapital von S 19,000.000,--. Der Erst- und der Zweitgesellschafter übernahmen eine Stammeinlage von je S 5,700.000,--, die übrigen Gesellschafter eine solche von je S 1,900.000,--. In Anrechnung auf die von den Gesellschaftern übernommenen Stammeinlagen brachten sie mit Sacheinlagevertrag vom 1. Februar 1974 das Unternehmen der Beschwerdeführerin per 1. Juli 1973 unter Ausnützung der Begünstigung der Art. III und VI Strukturverbesserungsgesetz ein.

Für das mit 30. Juni 1973 abgeschlossene Wirtschaftsjahr 1972/1973 wurde neben dem laufenden Gewinn ein Veräußerungsgewinn aus Gewerbebetrieb erklärt; der laufende Gewinn wurde anteilig dem Erst- und dem Zweitgesellschafter zugerechnet; der Veräußerungsgewinn wurde niemand zugerechnet.

Der Betriebsprüfer, der bei der Beschwerdeführerin unter anderem die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 1973 geprüft hatte, kam in seinem darüber erstatteten Bericht zu dem Ergebnis, dass der Veräußerungsgewinn dem Erst- und dem Zweitgesellschafter zuzurechnen sei; aus den in den Schenkungsverträgen bedungenen Vorbehalten und Auflagen ergebe sich, dass diese Gesellschafter als wirtschaftliche Eigentümer der geschenkten Anteile an der OHG anzusehen seien.

In den Schenkungsverträgen war unter anderem vereinbart worden:

Punkt I. (1) Der Geschenkgeber ist persönlich haftender Gesellschafter einer unter dem Firmenwortlaut der Beschwerdeführerin eingetragenen Offenen Handelsgesellschaft. Er ist mit einer Kapitaleinlage von S 1,000.000,-- zu 50 % an der Substanz sowie am Gewinn und am Verlust des Unternehmens beteiligt. (2) Der Geschenkgeber verfügt darüber hinaus über ein privates Verrechnungskonto, welches zum Stichtag ein Guthaben ausweist, dessen Höhe noch zu ermitteln ist.

Punkt II. (1) Der Geschenkgeber schenkt und übergibt aus seinem im Punkt I. dieses Vertrages näher bezeichneten Unternehmensanteil einen Teil, der insgesamt einer 10-%igen Beteiligung am gesamten Unternehmen entspricht, an den Geschenknehmer. Der Geschenknehmer übernimmt den geschenkten Unternehmensanteil und erklärt, die Schenkung dankend anzunehmen.

(2) Der geschenkte Unternehmensanteil geht mit allen Rechten und Pflichten wie sie bisher der Geschenkgeber innehatte - sofern dieser Vertrag nicht selbst Einschränkungen vorsieht - mit Stichtag 4. Juni 1973 in das Eigentum und in den Besitz des Geschenknehmers über, sodass dieser ab Stichtag alle mit dem geschenkten Firmenanteil verbundenen Lasten und Gefahren trägt, ihm andererseits aber alle ab Stichtag erzielten, auf die geschenkte Beteiligung entfallenden Gewinne und Verluste zustehen.

(3) Gegenstand des Geschenkes ist auch der entsprechende Anteil an dem privaten Verrechnungskonto des Geschenkgebers, wobei der Stand dieses Kontos per Stichtag noch zu ermitteln ist.

Punkt III. (1) Die Vertragsteile vereinbaren, dass der Geschenknehmer innerhalb eines Jahres erklären kann, dass seine Haftung beschränkt wird. Der Geschenknehmer ist berechtigt, innerhalb dieser Frist sein Kapitalkonto ganz oder teilweise in eine Kommanditeinlage umzuwandeln. Diese Berechtigung hat der Geschenknehmer nur dann, wenn innerhalb der oben genannten Frist das Unternehmen nicht in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird. (2) Der Geschenkgeber stellt folgende Bedingungen und behält sich ausdrücklich vor, im Falle des Zuwiderhandelns durch den Geschenknehmer die Schenkung jederzeit zu widerrufen:

a) Der Geschenknehmer hat sich unter Verzicht auf sein Widerspruchsrecht allfälligen Beschlüssen der Gesellschafter der Beschwerdeführerin des Inhaltes, dass die Gesellschaft unter Ausnützung der Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird, zu unterwerfen.

b) Der Geschenknehmer ist zu Lebzeiten des Geschenkgebers nicht berechtigt, die durch diese Schenkung erworbenen Gesellschaftsanteile ohne Zustimmung des Geschenkgebers zu veräußern, zu verpfänden oder sonst zu belasten.

c) Der Geschenkgeber behält sich an dem geschenkten Unternehmensanteil ein lebenslängliches Fruchtgenussrecht vor; die Rechte des Geschenkgebers umfassen alle von dem Unternehmen erzielten Erträgnisse, soweit sie auf den geschenkten Unternehmensanteil entfallen, sowie die Ausübung aller Gesellschafterrechte (Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung).

(3) Der Geschenknehmer bekennt sich zu den ihm auferlegten Bedingungen.

Punkt IV. Der Geschenknehmer anerkennt, dass der geschenkte Gesellschaftsanteil eine Zuwendung darstellt, die eine Vorwegnahme seiner seinerzeitigen Pflichtteils- und gesetzlichen Erbansprüche gegenüber dem Geschenkgeber darstellt. Es gilt daher als vereinbart, dass im Sinne der Bestimmungen der §§ 787 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches der geschenkte Unternehmensanteil bei Ableben des Geschenkgebers sowohl auf einen allfälligen Pflichtteil wie auch für die Festlegung des Erbteils bei der gesetzlichen Erbfolge einzurechen ist, bzw. es dem Geschenkgeber als Erblasser freisteht, letztwillig diesbezüglich Anordnungen in jeder ihm zweckmäßig erscheinenden Form zu treffen.

Punkt V. Der Geschenknehmer erklärt, dass er in alle für das Unternehmen bestehende gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen Einsicht genommen hat, dass er sich demgemäß verpflichtet, in alle wie immer gearteten gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen so einzutreten, wie diese bisher dem Geschenkgeber gegenüber gegolten haben.

Das Finanzamt folgte bei der Erlassung des Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1973 der Auffassung des Betriebsprüfers.

Die Beschwerdeführerin und deren sechs Gesellschafter erhoben gegen diesen Bescheid Berufung mit dem Antrag auf "Abänderung des Bescheides unter steuerlicher Anerkennung der Beteiligung" der Dritt- bis Sechstgesellschafter "und entsprechende Änderung der Gewinnzurechnung". Die Einbringung des Unternehmens der Beschwerdeführerin in eine GmbH sei im Zeitpunkt des Abschlusses der Schenkungsverträge keine "beschlossene Sache" gewesen; es könne keine Rede davon sein, "dass der Veräußerungsgewinn durch einen Verkauf erzielt wurde, der von den Geschenkgebern im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits beschlossen war". Durch die Bindung der Veräußerung, Verpfändung und sonstigen Belastung an die Zustimmung der Geschenkgeber sollte lediglich das vereinbarte Fruchtgenussrecht gesichert werden. Das vereinbarte Fruchtgenussrecht selbst rechtfertige die Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht, weil dazu "kommen müsste, dass die Geschenkgeber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Herrschaft über den Schenkungsgegenstand ausüben und dies auch im tatsächlichen Verhalten der Beteiligten zum Ausdruck kommt". Die Geschenknehmer hätten über die Anteile an den privaten Verrechnungskonten verfügen können und auch verfügt und sie hätten ihr Stimmrecht ausgeübt, vor allem aber aktiv an der Umwandlung mitgewirkt. Im Zuge der Umwandlungsgespräche sei klargestellt worden, "dass sämtliche das Eigentumsrecht beschränkenden Auflagen des Schenkungsvertrages, mit Ausnahme des Fruchtgenusses an den Dividenden, im Zuge der Umwandlung hinfällig werden und von den Regelungen des GmbH-Vertrages abgelöst werden sollten"; dies sei am 12. Februar 1974 "schriftlich gleich lautend an alle Geschenknehmer bestätigt" worden. Die den Geschenkgebern laut den Schenkungsverträgen vorbehaltenen Rechte seien "niemals tatsächlich ausgeübt worden".

In dem die GmbH betreffenden Gesellschaftsvertrag vom 1. Februar 1974 war unter anderem vereinbart worden:

§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung. (1) Die Gesellschafter sind im Verhältnis ihrer Beteiligung am Stammkapital am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt.

§ 12 Übertragung von Geschäftsanteilen. (2) Die Gesellschafter räumen einander gegenseitig bezüglich ihrer Geschäftsanteile ein Übernahmsrecht nach Maßgabe der folgenden Bedingungen ein. (3) Der veräußerungswillige Gesellschafter hat das Kaufanbot eines Nichtgesellschafters, demgegenüber das Übernahmsrecht ausgeübt werden kann, unter Nennung des Käufers und aller Modalitäten des Kaufes urkundlich nachzuweisen. (4) Die Gesellschafter haben dem veräußerungswilligen Gesellschafter innerhalb von 60 Tagen nach Erhalt des Verständigungsschreibens die Ausübung des Übernahmsrechtes zu erklären. Den einzelnen Gesellschaftern steht das Übernahmsrecht im Verhältnis ihrer Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft und zu den im Abs. 9 festgelegten Preisen zu. (5) Üben einzelne Gesellschafter das ihnen zustehende Übernahmsrecht innerhalb der 60 Tage-Frist nicht aus, so wächst es den übrigen Gesellschaftern, die ihr Übernahmsrecht fristgerecht ausgeübt haben, im Verhältnis ihrer Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft zu. Diese haben sich binnen einer weiteren Frist von 30 Tagen nach erfolgter Verständigung über die nur teilweise Ausübung des Übernahmsrechtes durch den veräußerungswilligen Gesellschafter gegenüber diesem zu erklären, ob sie das ihnen zugewachsene Übernahmsrecht ausüben wollen oder nicht. (6) Übt innerhalb der oben genannten Fristen keiner der Gesellschafter das ihm zustehende Übernahmsrecht aus, oder wird das Übernahmsrecht nur teilweise ausgeübt, so ist der veräußerungswillige Gesellschafter berechtigt, den angebotenen Anteil zur Gänze an den im Anbot genannten Käufer zu den bekannt gegebenen Modalitäten zu veräußern. (7) Erfolgt der das Übernahmsrecht auslösende Veräußerungsvorgang innerhalb eines Jahres nach Freiwerden der Anteile nicht, so lebt das Übernahmsrecht sämtlicher Gesellschafter an den freigewordenen Anteilen wieder auf. (8) Werden Geschäftsanteile in einer das Übernahmsrecht gemäß Abs. 2 nicht auslösenden Weise unter Lebenden oder von Todes wegen, entgeltlich oder unentgeltlich, an Personen übertragen, die nicht Gesellschafter sind oder die zum Überträger nicht im Verhältnis von Eltern, Geschwistern oder Kindern stehen, so räumen die Gesellschafter einander an den zur Übertragung gelangenden Geschäftsanteilen ein Übernahmsrecht ein, welches analog zu den vorstehenden Bestimmungen gemäß Abs. 3 bis 7 auszuüben ist.

Am 12. Februar 1974 war nach den Berufungsausführungen von jedem Geschenkgeber seinen Geschenknehmern bestätigt worden:

"Bezugnehmend auf den Schenkungsvertrag vom ... möchte ich

hiemit feststellen, dass mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages vom 1. Februar 1974 die Veräußerungsrechte sowie Gesellschafterrechte neu geregelt wurden, somit die in Abs. III Z. (2) b und c des Schenkungsvertrages enthaltenen Auflagen - mit Ausnahme meines Rechtes auf die, dem geschenkten Anteil entsprechende, Dividende - als überholt zu betrachten sind."

Das Finanzamt wies mit seiner Berufungsvorentscheidung die Berufung ab. Die Geschenkgeber hätten über die Gesellschaftsanteile eine Herrschaft ausgeübt, die wirtschaftlich der Stellung des privatrechtlichen Eigentümers gleichgekommen sei.

Die Beschwerdeführerin und ihre sechs Gesellschafter beantragten, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.

Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die Berufung ab. Kurz vor Einbringung einer OHG in eine GmbH Anteile an der OHG zu schenken, sei ein ungewöhnlicher Weg. Dieser ungewöhnliche Weg sei nur gewählt worden, um den bei der Einbringung der OHG in eine GmbH entstehenden Veräußerungsgewinn auf mehrere Personen aufzuteilen. Im Abschluss der Schenkungsverträge sei daher die Verwirklichung des Missbrauchstatbestandes zu erblicken. Dies bewirke, dass die Abgaben so zu erheben seien, als ob es die Schenkungsverträge gar nicht gebe. Abgesehen davon hätten die Geschenkgeber die Herrschaft über die geschenkten Anteile an der OHG gleich einem Eigentümer ausgeübt. Sie hätten sich nicht nur das Fruchtgenussrecht vorbehalten, sondern überdies das Stimmrecht der Geschenknehmer in der Gesellschafterversammlung beschränkt, ihnen ein Belastungs- und Veräußerungsverbot auferlegt und schließlich alle Erträgnisse sowie die Ausübung aller Gesellschafterrechte beansprucht. Den Geschenkgebern seien alle Erträgnisse, also auch der Veräußerungsgewinn, zugeflossen. Wirtschaftlich betrachtet seien die Schenkungsverträge solche auf den Todesfall. Selbstverständlich sei es, dass aus den "Verrechnungskonten die Personensteuern der Geschenknehmer bezahlt wurden, da es dem mit einem Fruchtgenussrecht belasteten bzw. jenem Eigentümer, dem nur mehr das nudum ius an einer Sache verbleibt, wohl nicht im Ernst zugemutet werden kann, die Personensteuern des Fruchtgenussberechtigten bzw. des wirtschaftlichen Eigentümers zu entrichten". Die anderweitige Entnahme durch die Drittgesellschafterin am 19. Dezember 1975 führe keineswegs zu dem Schluss, dass 1973 kein wirtschaftliches Eigentum des Erst- und des Zweitgesellschafters an den Anteilen der OHG bestanden habe. Die Ausübung des Stimmrechtes in der Generalversammlung der GmbH durch die Geschenknehmer spreche nicht gegen das wirtschaftliche Eigentum der Geschenkgeber. Es liege in der Natur der Sache, dass die Schenkungsverträge durch den nachträglichen Abschluss eines GmbH-Vertrages "obsolet" geworden seien. Der GmbH-Vertrag enthalte aber ohnehin "ein de facto Veräußerungs- und Belastungsverbot von Geschäftsanteilen, wobei im Schreiben des Zweitgesellschafters an die Fünftgesellschafterin vom 12. Februar 1974 ausdrücklich festgehalten wurde, dass sein Recht auf die dem geschenkten Anteil entsprechende 'Dividende' aufrecht bleibt". Die Geschenkgeber seien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als wirtschaftliche Eigentümer anzusehen, weswegen den Geschenknehmern kein Anteil am Veräußerungsgewinn zugerechnet werden könne.

Die Beschwerdeführerin behauptet in der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde, sie sei in ihrem Recht auf Zurechnung des Aufwertungsgewinnes in Übereinstimmung mit den durch die Schenkungsverträge geschaffenen Beteiligungsverhältnissen verletzt worden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Gemäß § 22 Abs. 1 BAO kann durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden. Gemäß § 22 Abs. 2 leg. cit. sind, wenn ein Missbrauch vorliegt, die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.

Grundsätzlich ist der Steuerpflichtige nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts so einzusetzen, dass er die geringste Steuerbelastung erzielt. Dies gilt auch dann, wenn er bestimmte rechtliche Wege ausschließlich zum Zweck der Steuerersparnis einschlägt. Was demgegenüber als Missbrauch anzusehen ist, kann aus § 22 Abs. 2 BAO abgeleitet werden: Es muss eine rechtliche Gestaltung sein, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet; es ist zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt oder ob er ohne das Resultat der Steuerminderung einfach unverständlich wäre. Können daher beachtliche außersteuerliche Gründe für eine - wenn auch ungewöhnliche - Gestaltung angeführt werden, ist ein Missbrauch jedenfalls auszuschließen (Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, II, 133 f).

Der belangten Behörde ist nicht zu folgen, dass "im Abschluss der Schenkungsverträge über die Anteile an der OHG die Verwirklichung des Missbrauchstatbestandes im Sinne der Bestimmung des § 22 BAO zu erblicken ist".

Dass Eltern ihren Kindern Gesellschaftsanteile schenken, ist ebenso wenig ungewöhnlich, wie der dabei vereinbarte Vorbehalt des Fruchtgenussrechtes. Das in diesem Zusammenhang auferlegte Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbot entspringt dem Bedürfnis, den Bestand der OHG zu sichern; die Geschäftsführung muss nicht allen Gesellschaftern übertragen sein (§ 114 Abs. 2 HGB) und zur Vertretung der Gesellschaft müssen nicht alle Gesellschafter ermächtigt sein (§ 125 Abs. 1 HGB).

Dass "die Schenkungen der Anteile an der OHG unmittelbar vor Einbringung der OHG in eine zum Zwecke der Fortführung der OHG neu errichtete GmbH unter Anwendung der Bestimmungen des § 8 Strukturverbesserungsgesetz erfolgten", könnte nur dann bedenklich sein, wenn die Schenkungen ohne das von der belangten Behörde unterstellte Resultat der Steuerminderung unverständlich wären. Gerade das trifft aber schon allein deshalb nicht zu, weil die Geschenknehmer ihre Anteile an der OHG in Anrechnung auf die von ihnen übernommenen Stammeinlagen in die GmbH einbrachten und sich nach der Aktenlage an ihrer Eigenschaft als Gesellschafter dieser GmbH bis zum Abschluss des abgabenbehördlichen Verfahrens nichts änderte.

Gemäß § 24 Abs. 1 lit. d BAO werden Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet.

In aller Regel ist der zivilrechtliche Eigentümer auch zugleich wirtschaftlicher Eigentümer, weil er die umfassende Sachherrschaft ausübt. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum wird jedoch dann anzunehmen sein, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind - Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung -, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem Eigentümer auf Dauer, d. h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann (Doralt/Ruppe, Steuerrecht, II, 137).

Der belangten Behörde ist auch nicht zu folgen, wenn sie ausführt, dass den Geschenkgebern "alle von der OHG erzielten Erträgnisse, somit auch der Veräußerungsgewinn, zuflossen".

Die Geschenknehmer verpflichteten sich zwar in den Schenkungsverträgen, "allfälligen Beschlüssen der Gesellschafter der" OHG "des Inhaltes, dass die Gesellschaft unter Ausnützung der Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird, zu unterwerfen", doch bestätigt dies nur, dass durch die Schenkungen das Verfügungsrecht an den geschenkten Gesellschaftsanteilen auf die Geschenknehmer überging. Der Vorbehalt "des Geschenkgebers", "im Falle des Zuwiderhandelns durch den Geschenknehmer" "die Schenkung jederzeit zu widerrufen", hinderte nicht, dass es die Geschenknehmer und nicht die Geschenkgeber waren, die die geschenkten und dann aufgewerteten Gesellschaftsanteile als die ihren in Anrechnung auf die von ihnen übernommenen Stammeinlagen an der GmbH in diese einbrachten.

Der angefochtene Bescheid ist deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 24. November 1982

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