VwGH 81/05/0134

VwGH81/05/013422.12.1981

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Draxler, DDr. Hauer, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde der Republik Österreich (Bundeswasserbauverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Singerstraße 17- 19, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. August 1981, Zl. 8 En-421/2/1981, betreffend eine elektrizitätsrechtliche Bau- und Betriebsbewilligung sowie die Einräumung von Leitungsrechten (mitbeteiligte Partei: Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft in Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Normen

ElektrizitätsG Krnt 1969 §11 idF 1978/077;
ElektrizitätsG Krnt 1969 §17 idF 1978/077;
ElektrizitätsG Krnt 1969 §20 idF 1978/077;
ElektrizitätsG Krnt 1969 §7 idF 1978/077;
ElektrizitätsG Krnt 1969 §11 idF 1978/077;
ElektrizitätsG Krnt 1969 §17 idF 1978/077;
ElektrizitätsG Krnt 1969 §20 idF 1978/077;
ElektrizitätsG Krnt 1969 §7 idF 1978/077;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, als die Kärtner Landesregierung die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb der gegenständlichen elektrischen Leitungsanlage erteilt hat; hinsichtlich der Einräumung von Leitungsrechten wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner beschlossen, die Beschwerde, insoweit sie sich gegen den Ausspruch der Entschädigung richtet, zurückzuweisen.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 11. Mai 1981 ersuchte die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beim Amt der Kärntner Landesregierung um die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Trafostation auf dem Grundstück 864 KG Oberdrauburg sowie um den Ersatz einer bestehenden gleichzeitig abzutragenden Leitung durch ein Erdkabel. Weiter wurde um die Einräumung von Leitungsdienstbarkeiten ersucht. Wie dem angeschlossenen Plan und dem technischen Bericht entnommen werden kann, soll unter anderem ein im Eigentum der Beschwerdeführerin stehendes Bachbett (Silbergraben oder Teilberggraben) in bereits verlegten Kunststoffrohren unterkreuzt werden. Die Beschwerdeführerin ist auch Eigentümerin unmittelbar an dieses Bachbett angrenzender Grundstücke.

Bei der am 20. Juli 1981 durchgeführten Augenscheinsverhandlung erklärte der "Vertreter des Wasserbauamtes Spittal", gegen die beabsichtigte Querung des Baches durch ein Erdkabel vom wasserbautechnischen Standpunkt aus keinen Einwand zu erheben. Die erforderliche Verrohrung im Bachbereich sei schon vor zirka zwei Jahren im Zuge der Bachregulierung im Einvernehmen mit dem Wasserbauamt von der Mitbeteiligten vorgenommen worden. Da zur Verhandlung der Verwalter des öffentlichen Wassergutes (Republik Österreich) nicht geladen worden sei, sei über den Abschluss eines Gestattungsvertrages "mit der Republik Österreich, mit der Abteilung 18 zu reden". Der technische Amtssachverständige stellte lediglich fest, dass bei plan- und beschreibungsgemäßer Ausführung und Einhaltung der einschlägigen ÖVE-Vorschriften gegen das Bauvorhaben kein Einwand erhoben werde.

In der Folge erging der in Beschwerde gezogene Bescheid. Im Spruchteil II dieses Bescheides erteilte die Kärntner Landesregierung gemäß § 7 des Kärntner Elektrizitätsgesetzes die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb der Leitungsanlage unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Unter einem wurden gemäß § 12 Abs. 1 lit. a bis d des Gesetzes der Mitbeteiligten die erforderlichen Leitungsrechte eingeräumt sowie Entschädigungen festgesetzt. Zur Begründung führte die Verwaltungsbehörde im wesentlichen aus, die durchgeführte Verhandlung habe ergeben, dass Bedenken gegen das Bauvorhaben im Hinblick auf die von ihr wahrzunehmenden öffentlichen Interessen nicht bestünden. Mit den Grundstückseigentümern sei sowohl hinsichtlich der Entschädigung als auch hinsichtlich der Anlagenerrichtung Einvernehmen erzielt worden. Die Querung des Bachgrabens sei deshalb leicht möglich, weil ein bestehender Rohrzug verwendet werde. Der Mitbeteiligten seien dafür die erforderlichen Leitungsrechte eingeräumt worden, weshalb der Abschluss eines Bestandsvertrages entbehrlich sei. Die Entschädigungsbeträge entsprächen den üblichen allgemeinen Sätzen.

 

Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt die namens der Republik Österreich (Bundeswasserbauverwaltung) einschreitende Finanzprokuratur, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren, auf Parteiengehör und auf Fällung eines rechtmäßigen Bescheides verletzt. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 des Kärntner Elektrizitätsgesetzes, LGBl. Nr. 47/1969, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 77/1978, hat die Behörde die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer elektrischen Leitungsanlage zu erteilen, wenn diese dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie nicht widerspricht. In der Bewilligung zur Errichtung hat die Behörde durch Auflagen zu bewirken, dass die elektrischen Leitungsanlagen diesen Voraussetzungen entsprechen. Dabei hat eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit den Erfordernissen der Landeskultur, des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Luftraumes und des Dienstnehmerschutzes zu erfolgen. Die zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind, so weit sie betroffen werden, im Ermittlungsverfahren zu hören.

Nach § 11 des Gesetzes sind dem Bewilligungswerber von der Behörde auf Antrag an Grundstücken einschließlich der Privatgewässer, der öffentlichen Straßen und Wege sowie des sonstigen öffentlichen Gutes Leitungsrechte einzuräumen, wenn

a) der dauernde Bestand der elektrischen Leitungsanlage in einem bestimmten Ort aus zwingenden technischen Gründen oder mit Rücksicht auf die unverhältnismäßigen Kosten ihrer Verlegung nicht die Enteignung erfordert (§ 18),

  1. b) öffentliche Interessen (§ 7 Abs. 1) nicht entgegenstehen oder
  2. c) über die Grundbenützung nicht schon privatrechtliche Vereinbarungen vorliegen.

    Nach § 17 leg. cit. hat der Leitungsberechtigte die Grundeigentümer und die an den Grundstücken dinglich Berechtigten für alle mit der Errichtung, der Erhaltung, dem Betrieb, der Änderung und der Beseitigung der elektrischen Leitungsanlagen unmittelbar verbundenen Beschränkungen ihrer zum Zeitpunkte der Bewilligung ausgeübten Rechte angemessen zu entschädigen, wenn den Belasteten ein vermögensrechtlicher Nachteil erwächst. Für das Verfahren gilt § 20 lit. a bis d sinngemäß. Nach § 20 lit. c des Gesetzes kann jede der beiden Parteien binnen drei Monaten ab Erlassung des die Entschädigung bestimmenden Bescheides die Feststellung des Entschädigungsbetrages bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet. Der Bescheid der Behörde tritt hinsichtlich des Ausspruches über die Entschädigung mit Anrufung des Gerichtes außer Kraft. Der Antrag an das Gericht auf Feststellung der Entschädigung kann nur mit Zustimmung des Antragsgegners zurückgezogen werden.

    Die Beschwerdeführerin macht nun geltend, im durchgeführten Verwaltungsverfahren sei nicht geprüft worden, ob und inwiefern die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen, vor allem die laufende Instandhaltung von Gewässer und Ufer (§§ 47 ff WRG), durch die eingeräumten Leitungsrechte beeinträchtigt würden. Es fehlten völlig Feststellungen im Zusammenhang mit der Auswirkung des Bestandes der Leitung auf die Instandhaltung des Gewässerbettes und der Ufer sowie eine Entscheidungsgrundlage für eine Abstimmung mit den Erfordernissen der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes im Sinne des § 7 Abs. 1 des Kärntner Elektrizitätsgesetzes. Die Beschwerdeführerin sei insbesondere dem durchgeführten Verfahren überhaupt nicht beigezogen worden, wodurch es ihr verwehrt gewesen sei, ihre Einwendungen zum maßgeblichen Sachverhalt geltend zu machen. Die Beschwerdeführerin bekämpft dann insbesondere weiter die festgesetzte Entschädigung.

    Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu. Zweifelsfrei steht nämlich fest, dass die Beschwerdeführerin, nämlich die Republik Österreich, vertreten durch den Landeshauptmann von Kärnten, als betroffene Grundeigentümerin dem Verwaltungsverfahren nicht beigezogen wurde, worauf im übrigen der Vertreter der Wasserbauverwaltung im Verfahren ausdrücklich aufmerksam gemacht hat. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, dass für die Kabelverlegung ein bereits nur für diesen Zweck verlegtes Rohr vorhanden gewesen sei, welches mit Zustimmung der Beschwerdeführerin verlegt worden sei, so kann dies nicht bedeuten, dass der Beschwerdeführerin aus diesem Grund ein Mitspracherecht im durchgeführten Verwaltungsverfahren nicht zugekommen wäre. Darüber hinaus betrifft die genehmigte Leitungsanlage auch weitere Grundflächen der Beschwerdeführerin, für die eine solche von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift stillschweigend vorausgesetzte Zustimmung keinesfalls angenommen werden kann. Den Parteien muss im Verwaltungsverfahren die Möglichkeit eingeräumt werden, jene Einwendungen vorzubringen, welche ihrer Meinung nach für die zu erlassende Entscheidung von Bedeutung sind. Auch dann, wenn die Ansicht der belangten Behörde zutrifft, dass der Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages nicht einseitig gefordert werden kann, muss den betroffenen Grundeigentümern in einem Verfahren der vorliegenden Art die Möglichkeit eingeräumt werden, alle jene Umstände vorzubringen, die ihres Erachtens gegen die Erteilung der Bewilligung sprechen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1963, Slg. N.F. Nr. 6128 /A, vom 22. Juni 1961, Slg. N.F. Nr. 5594/A u.a.). Ob das Parteienvorbringen geeignet ist, eine andere als die vom Bewilligungswerber angestrebte Entscheidung herbeizuführen, hat die Verwaltungsbehörde im Ermittlungsverfahren unter Beiziehung von Amtssachverständigen (§ 52 AVG 1950) zu klären. Da die belangte Behörde die Beschwerdeführerin als betroffene Grundeigentümerin dem von ihr durchgeführten Verfahren nicht beigezogen hat, belastete sie ihren Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel. Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der von der belangten Behörde erteilten Bewilligung gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 aufzuheben. Hinsichtlich der Einräumung von Leitungsrechten war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben, weil der Ausspruch über die Einräumung von Leitungsrechten die Erteilung einer zumindest gleichzeitig rechtswirksam werdenden elektrizitätsrechtlichen Baubewilligung voraussetzt.

    Soweit sich die Beschwerde gegen den Ausspruch der belangten Behörde über die Höhe der Entschädigung richtet, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat stets die Rechtsmeinung vertreten (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 13. März 1951, Slg. N.F. Nr. 1988/A, und vom 3. März 1965, Slg. N.F. Nr. 6617/A), dass bei der Anwendung gesetzlicher Bestimmungen, die - wie hier - eine sukzessive Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und Gerichte vorsehen, eine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch den vorläufigen Abspruch über die Höhe der Entschädigung deshalb nicht besteht, weil dieser Ausspruch nur dann der materiellen Rechtskraft fähig ist, wenn der Betroffene die ihm nach dem Gesetz zustehenden Mittel der Rechtsverfolgung ungenützt lässt. Dies gilt auch für den vorliegenden Beschwerdefall, in dem die belangte Behörde eine Entschädigung zuerkannt hat, nicht aber eine Entschädigung dem Grunde nach schlechthin ablehnte (vgl. das zur gleichen Rechtslage ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1978, Zl. 1294/76). Mit der Anrufung des Gerichtes tritt aber der Bescheid hinsichtlich des Ausspruches über die Entschädigung außer Kraft und das Gericht hat die Entschädigung völlig selbstständig zu bestimmen, sodass hier eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Betracht kommt. Diese Zurückweisung hatte ungeachtet des Umstandes zu erfolgen, dass nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Festsetzung der Entschädigung mit der erfolgten Aufhebung des Bescheides betreffend die Leitungsrechte gegenstandslos geworden ist.

    Bei dieser Situation erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

    Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.

    Wien, am 22. Dezember 1981

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